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Feuilleton. Unter der Presse: „Eine Sommerreise von Robert Heller," welche die Tour dieses beliebten Novellisten durch Böhmen, Oesterreich, Stcyermark, Illyrien, Obcritalien, Tyrol, Salzburg und Baiern schildert. Das Ganze wird 'circa 20 Bogen stark. Der Tarantcltanz ist keineswegs eine fabelhafte Krank heit, wie ost behauptet worden; sie kommt im Gegentheil in der Provinz Ortranto, im südöstlichen Theile von Neapel sehr häufig vor. Die Tarantel gehört den Spinnen an und ist von verschiedener Größe, von der einer Fliege bis zu der eines Mistkäfers, bald gelb, bald schwarz, bald roth, bald grau von Farbe; ja bei einigen Arten ist die Farbe gemischt. Ihr Biß verursacht eine Enkzündungsgeschwulü von bald kleineren, bald größerm Umfange. Einige Stunden nach dem Bisse zeigen sich die Wirkungen des Giftes auf Las Nervensystem. Der Mensch wird trübe gestimmt, traurig und schweigsam und von einer besonder» Art Monomanie befallen. Es stellen sich Be ängstigungen, Brustbeklemmungen, Schwindel, Zittern, Uebel- keit und . Erbrechen ein, der Puls ist fieberisch und wenn keine ärztliche Hülfe in Anspruch genommen wird, dauert der An fall einige Tage mit. Heftigkeit fort und der Kranke fällt in eine Art von Stumpfsinn. Die bloße Erinnerung an sein Unglück veranlaßt heftige hypochondrische Anfälle. Die Rückkehr der Sommerhitze und der Anblick eines andern von derselben Krankheit Befallenen, bringen den Kranken in furchtbare Wuth. Die Volksbehandlung dieser Krankheit besteht darin, daß der Gebissene nach dem Tone einer Violine oder Schalmeie tanzen muß (wobei das Volk glaubt, die Tarantel, welche den Biß verursacht, tanze mit); dadurch geräth der Kranke in Schweiß und durch die Wirkung der Musik auf das Nervensystem wird seine Einbildungskraft zerstreut, daher auch der Ursprung des Namens Tarantella, welchen man einem neapolitanischen Volks tänze gegeben hat. So ist die gute Wirkung dieses Tanzes gar nichts Abergläubisches, sondern ganz natürlich, durch die Energie, welche im Nervensystem hervorgcrufcn wird, durch die Aufreizung 'in den Muskeln und der Haut und die reichliche Transpiration. Das Volk schreibt einem Brunnen bei einem Kloster unfern Neapel eine Wunderkraft zur Heilung dieser Krankheit zu. — Die Tarantel hat ihren Namen daher, daß man sie früher häufig in der Gegend von Tarent wahrgenom- mcn hat. Sie kommt aber im ganzen südlichen Europa vor. Es giebt zweierlei Arten: „Vagabundircndc" die umherschwci- fcn und keine Höhle haben, und solche, welche in einem unter irdischen Baue, den sie graben, leben. Am Eingänge dieses Baues sitzt die Spinne aus der Lauer, ihre Augen funkeln wie Diamanten und leuchten wie Katzenaugen im Dunkeln. — Die Tarantel läßt sich leicht zähmen. Fliegen saugt sie nicht wie andere Spinnen am Kopfe aus, sondern verschlingt sie ganz. Sperrt man zwei Taranteln in ein Glas, so greisen sie sich an, stellen sich auf die Hinterbeine, umkrallen sich und suchen sich mit den Haken ihrer Kinnladen umzubringcn. Der Sieger verzehrt in der Regel den besiegten Lheil, Der längste Prozeß, von dem man wohl je gehört hat, wurde in England zwischen den Erben des Sir Thomas Talbots und den Erben Lord Belteleys wegen einer Besitzung in der Grafschaft Gloucester geführt. Er begann zu Ende der Regierung Eduard IV. und dauerte bis zur Regierung Jacob I-, wo endlich ein Vergleich zu Stande kam, nachdem er nicht länger denn ein hundert und zwanzig Jahre gewährt hatte. Wie viele Advokaten haben bei diesem Prozesse in's Gras beißen müssen! Nnpoleons Menschenkenntnis!. Als Bonaparte den Oberbefehl über die Armee in Italien übernahm, fand er die selbe in einem erbärmlichen Zustande. Die Soldaten litten an Allem Mangel und gingen in Lumpen. Am Tage nach seiner Ankunft stellte sich ihm ein Grenadier vok und beklagte sich, daß er gänzlich abgerissen sei. Bonaparte, welcher wußte, daß weder Geld noch Abhülfe da wär, sagte zu dem anwesenden Equipirungscommissär: „Die Klage dieses Mannes ist voll kommen gegründet; geben Sie auf der Stelle Befehl, daß er neue Kleidung erhalte. Aber Eins thut mir leid, wenn dieser Brave in neuer Uniform erscheint, so wird man ihn für einen Rekruten und keinen Veteranen mehr halten." — „Generali" rief sogleich der Grenadier, „ich will -nicht gekleidet sein." Entscheidungen des alten Fritz. Das Generaldi- rcktorium frägt im Jahre 1753 den König, wie der Sohn des verstorbenen Klevschen Kanzlers von Hymnen, der um eine Versorgung gebeten, zu bescheiden sei? Antwort des Königs: „Sollen examiniren ob er Verstand und guten Xog, hat er das soll er in Kur illurlr Kris Dom Kamer zu führen sind, und soll da vleißig habilitiren; ist er ein vummcr Dcvik«! sollen Ihm zum Klevschen Rath machen, dazu ist er gutt genuch. F. W." > Ein General meldet dem König, daß es zwischen einem Bürger und einem Lieutenant seines Regiments zur Thätlichkcit gekommen sei, welcher letztere um Satisfaction nachsuche. Antwort des Königs : „Er soll den Ilürxer auf die Haupt wache setzen 8 vag« bei Wasser und Brot, wan das geschehen, soll er dem Offizier abbitten und sagen:. Daß er ein grober Flegel gewehscn wehre und bitt um l'arllon, so soll cs abge macht sein, F. W." Altes Sprichwort. Zur Zeit Franz I. von Frankreich hieß es sprichwörtlich: Steh auf um fünf und iß Mittag um neun, Besp're um fünf und geh zu Bett um neun. So kannst du's bringen zu neunzig und neun. Davon wollen die heutigen Franzosen nichts mehr hören. Die Toilette ist die älteste Erfindung der Damen. Schon Eva soll im Paradiese sich im Spiegel eines Baches wohlge fällig betrachtet und ihr Haar zierlich geflochten haben. Seit dem haben die Frauen aller Nationen, sie mögen so wild siin wie sie wollen, ihre Toilette. Die Europäerin schminkt sich, die Amerikanerin tätowirt sich, die Malagin durchbohrt de« Nasenknorpel, dis Samojedin drückt die Nase platt, die Jroke- sin bestreicht sich mit Thran u. s. w,, das gehört Alles zur Toilette.