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619 Erzstufen für 18i1. Ein novellistisches Jahrbuch von der kürzlich mit einem Band „Feldblumen" aufgetretenen jungen Dichterin Ida Frick (Dresden, bei Tr. Bromme). Eine be- achtenswerthe Erscheinung.. Die Verfasserin scheint sich tiefer in historische Studien versenkt zu haben, als man bei Frauen gewohnt ist. Der Inhalt der Erzstufen sind drei Erzählungen: „Der Mariastcig," eine norwegische Sage, „die Hostienver schwörung" und „die Geschwister." Ole Bull, der nordische Violinvirtuos, befindet sich jetzt zum ersten Male in Leipzig und entzückt das musikliebende Publikum. Er ist bereits dreimal ausgetreten. Wie wir hören, wird er den größten Thcil des Winters hier zubringen. Seine jugendliche Gattin — dieß darf wohl in einem „Salon" bei läufig gesagt werden — zieht Mer Augen durch ihre Schön heit und ihre eben so prächtige, als geschmackvolle Kleidung auf sich. Die Frauen Sachsens. Von diesen sagt ein Schrift steller, der unter dem Kurfürsten August ll. schrieb, Folgendes: „Ihr Frauenzimmer streitet an Schör heit, angenehmen Wesen, guter und annehmlicher Aufführung und trefflichen Gewächsen, mit den Englischen fclber um den Vorzug, sonterlich unter scheidet unter Hirsen allen dasjenige, so Dresden und Leipzig aus die Welt bringet, wiewohl die übrigen Städte sich der Töchter ihres Landes wahrlich auch nicht schämen dürfen, und man siehet das ganze Land mit vielen irdischen Engeln erfüllt, jedoch müssen bei den Ausländern die Leipziger Frauen sich noch sagen lassen, als ob sie die Verliebtesten unter Allen , und der Himmel sie sonderlich mit solchen Herzen begabt, die nach der Männer Conversation jederzeit ein sehnliches Verlangen tragen. Ob nun dieses wahr," setzt der Verfasser sehr naiv hinzu, „werden sie am besten sagen und beweisen können." Vergleicht man die so geschilderten Damen von damals mit den jetzigen, was ist der Unterschied? wir meinen, kein bedeutender; die Sachsinnen sind noch immer hübsch, und die Leipzigerinnen sind noch immer' verliebt. Ob dieß die Dresdnerinnen sind, ist bei der Behutsamkeit derselben schwer zu entscheiden. Die Nomanschriftstellcrin 2. Satori (Neu männl hat bereits neu »und neunzig Bände geschrieben. Ihr hundertster soll eine Erzählung aus der Geschichte Preu ßens werden. Beiläufig eine Bemerkung. Der Roman 8 t. kioolrs von einer andern, jedesfalls sehr bedeutenden Ver fasserin, wird vom Lesepublikum verschlungen, und mit Recht, Niemand aber hat an den grammatischen Fehler im Titel ge dacht. Was soll das männliche 8aint zu dem weiblichen Kords? Eine Frage an die Theatcrdirectioncn? Warum bringt man nicht einmal wieder Go elhe's Stella auf das Repcrtoir? Diese Tragödie ist gänzlich auf den Bühnen ver schollen. Wir sind nicht so reich an Stücken, daß wir ein solches zurückschlagen dürften. In Leipzig z. B. würde die Besetzung sehr gut ausfallen; Madame Dessoir und Herr Düringer würden ihre Rollen vortrefflich spielen. DaS Königstädtische Theater in Berlin gedenkt der König von Preußen ausschließlich zu einer Volksbühne um zugestalten. Es wäre sehr vortheilhaft, wenn dieses Zwitter institut endlich rine bestimmte Tendenz erhielte, wie z. B. die Volkstheatcr in Wien — nur müßte das Berliner Volksleben anders, wie bisher, aufgcfaßt werden, frivole Witze und der gemeine Dialekt machen noch keine Volksstücke aus. Das Theater der I'ortO-r-inint-^Inrtin in Pa ris, welches längere Zeit geschlosstn gewesen, soll unter einer neuen Direction nächstens wieder eröffnet werden. Das Innere hat eine Umwandlung erlitten und auch die Bühne ist erneut. Der Vorhang stellt eine Allegorie, und zwar die drei Genrc's dieses Theaters, das Drama, das Vaudeville und das Ballet dar. Unter den cngagirtcn Künstlern und Künstlerinnen sollen sich sehr talentvolle Mitglieder befinden. Die Eröffnung des neuen Dresdner Theaters geschieht nun, wie es heißt, bestimmt am 26. Decembcr, als am zweiten Weihnachtsfeiertage, und zwar mit Goethe's Tasso. Der Prolog dazu soll von Theodor Hell gedichtet werden. Ucbrigcns wird dem Vernehmen nach die Anzahl des Lhea'.erpersonals bedeutend erhöbt werden, so daß man künftig während der Urlaubsreisen der Schauspieler sich nicht mehr bloß auf das Sommcrkheater und dessen beschränktes Reper torium beschränken wird. Bei der ncucn Einrichtung werden auch hie Leipziger gewinnen, wenn es wahr ist, daß die Direk tionen in beiden Städten einen Contract abgeschlossen haben, nach welchen die Schauspieler der zwei Bühnen öfters gegen seitig zu Gastrollen ansgetauscht werden sollen, was vermöge der Eisenbahnlinie leicht in's Werk zu setzen ist. Edclmuth der Deutscher». As mehren Orten Deutsch lands sind Collccten für die armen Ueberschwemmten in Lyon angestellt worden. Während man überall „das Rheinlied" singt, kommt man den französischen Nothlcidendcn zu Hilfe. Dieß ist in der Thal ein glorreicher Zug im deutschen Nationalcharaktcr l Leipziger Concer t. In dem Eoncert zum Besten des Institut-Fonds für alte und kranke Musiker (Donnerstags, den 3. Decbr.) ward die (zur Feier des Gutenbergsfestcs compcnirtc) Symphonic- Eantate von Mcndelsohn-Bartholdy aufgeführt, unstreitig eins der imposantesten Werke des Meisters, dessen allgemeine Verbreitung man angelegentlich wünschen muß. Der Tert ist mit Worten aus der Bibel zusammengesetzt und beginnt mit dem Ausruf: „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!" Es kann nicht Erhebenderes gedacht worden, als dieser Chorgesang, den die Posaunen mit gewaltigen Tönen begleiten. Nun wird man durch die einzelnen Sätze, wo Chor und einzelne Stimmen wechseln, zu der Katastrophe des Ganzen hingeleitet, welche von der unvergleichlichsten Wirkung ist. Der Tenor (Herr Schmidt) singt: „Wir riefen in der Finsterniß: Hüter, ist die Nacht bald hin? Hüter, ist die Nacht bald hin? Der Hüter aber sprach: Wenn der Morgen schon kommt, so wird es doch Nacht sein;