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Der Salon. 29. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. Z840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den S. Juli 1840. Noch immer weht die Fahne der leichten Stoffe aus den Wällen unserer Modenstadt und es erfreut in der That den sommerlich flatterhaft gestimmten Beschauer, wenn er so durch die Straßen und auf den Promenaden lustwandelt und nur Feengespinnste und formcnverrätherische Luftgewebe erblickt und den zarten Schnitt der Frauengestalten mehr noch als ahnt. Was ist doch die Sommersaison so lieblich und günstig für die Pariser! Sie sollten nur einmal hier sein und das mit anschauen können, obwohl ich für Ihre geschmackvolle, reichdecorirte Lindenstadt allen möglichen Respekt habe, wäre es auch nur darum, weil sie so emsiglich sich nach unserem einzigen Paris richtet und mit Blitzeseile die kühnen Kompo sitionen unserer phantasiereichcn Modisten nachbildet und be spricht. Heute muß ich Ihnen wohl vor allen Dingen berichten, wie man jetzt wieder einmal sein Hauptaugenmerk auf die feine Wäsche und ihre Anhängsel, ich möchte sagen Stief kinder richtet. Verwundern darf das nicht, wenn man erstlich bedenkt, in welch' hohem Ansehn bei uns Franzosen dieser Artikel seit je steht, und dann, daß dieß nothwendig so kommen mußte, da die Kleidung, namentlich die Negligegcwänder fast »ur in einem Drittclverhältnisse die Körpertheile bedecken. Man koquetiirt mit dem beinahe freien Halse u. s. w. und so vervielfältigen sich die Jabot's, die Fichu's, die Manschetten und Oberhemdchcn. Batist reicht nicht mehr dazu hin, man nimmt Florgewebe aus Seide in den strahlendsten Farben, die man, ist daraus ein Brusttüchlcin oder Fichu gebildet worden, mit einer einzigen großen Blume auf der Vorderseite verziert, jedoch nur aus Schönheitssinn und nicht etwa um die Auf merksamkeit nach diesem Orte hinzulenken. Die kostbarsten Schleiergewebe in milchweißer Farbe mit Points beseht, werden in größerm Umfange zu Sommermorgentüchern benutzt; eine Tracht, die sich sehr malerisch ausnimmt. Auch fallen mir 'bei jene niedlichen einladenden Morgenmützchen ein, die nur Hintcrkopf bedecken und aus Zephyrienne, einem Leinentüll, Lyon producirt, gefertigt sind. Diese Mützchen sind mit enspitzen eigener Art garnirt und zeigen an der Parthie, nach dem Nacken zu verläuft, zwei breite Seidenbandenden, durchweg von weißer Farbe sind. Zum Frisiren trägt man Mäntelchen aus Rosaseide der leichtesten Art. Sic sind himmelblauen Schnüren versehen und können mit einem le zugezogen werden. Ich finde das elegant und bequem zleich. — Was die Coiffüren anbetrifft, so ist namentlich her vorzuheben, daß man jetzt wieder recht häufig das Haar mit Bändern durchschlungen antrifft. Man fügt diesen Bändern auch wohl kleine Phantasieblumen hinzu, die mit der Farbe des Bandes in einem milden Kontraste stehen müssen. Das Haar selbst wird entweder terrassenförmig in dünnen Flechten auf den Scheitel steigend, oder in breiten glatten Lagen zur linken Seite hin getragen. Edelsteine und Juwelen werden weniger darin bemerkt, es ist dieß wohl der Jahreszeit zuzu schreiben. — Armbänder, jedoch nur auf einem Arme getragen, sind ebenfalls wieder sehr en voxue. Die meisten sind von durchbrochenem Golde mit weißen Emailpunkten und blauen Umschreibungen. Sie sind gliederartig componirt. Roben bemerkten wir in den letzten Tagen aus indischem Mousselin, brodirt mit hohen Palmzweigen in goldfarbenem Caschemir. Sie haben meist griechischen Zuschnitt, sind mit kurzen, flachen Acrmcln versehen und mit Spitzen garnirt. Auch einfachere sahen wir in Orßanili uni, mit drei großen Spitzenvolants verziert, so wie deren aus kohlgrünem Crepe mit sehr schmalen, Vförmigen Leibchen, an denen große Sei denknöpfe zu beiden Seiten hinanliefen. — Die beliebteste Robenverfertigerin ist heutzutage die Madame Sedille, auf dem Boulevard Bonne Nouvelle Nr. 31. — Für Herren ist die Mode nicht sehr verändert worden. Zu ihren Habits werden am meisten die Farben in Melange oder in ooulkur Illaraßran getragen. Die Aufschläge werden wieder etwas breiter angefertigt; dasselbe gilt auch von den Batten. Die Basquen werden mit Seide doublirt. Zu Cere- monicntoiletten bleibt immer der Habit en «Irap caebemir noir gäng und gebe. Shawlgilcts, oben breit, unten enge, mit schneppenförmigcn Ausläufen, in Pique von dunkelgelber Farbe oder in marmorirten und punktirten Seidenzcugen oder wohl auch in Sommercaschemirs wurden in der jüngsten Zeit am meisten bemerkt, Die Pantalons bieten nur wenig Va riationen dar. — Gott mit Ihnen! so wünscht in Ehrfurcht und Hochachtung Ihre u. s. w. Mclaiii c. Feuilleton. Seltene Todesursache. Vor Kurzem erbte eine arme Frau in einem französischen Departement einige Tausend Fran ken. Aus Freude darüber wurde sic verrückt und erhing fick.