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Der Salon. .4L' 24. Unter Verantwortlichkeit der Nedaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. Z840. Neuestes Bülletin der Moden. Paris, den 4. Juni I84Ü. Nachdem nun der Sommer stabil geworden, beginnen na türlich auch die Moden einen festen Standpunkt einnehmen zu wollen, trotzdem daß Künstler und Manufakturistcn sich thätigst bemühen, den Stachel des Schwankens und der Veränderungs sucht noch immer mehr zu schärfen. Ein Stillstand darf ja nie eintrcten, und so kommt es denn, daß wir auch in dieser Woche wieder so manches Neue und Geschmackvolle haben auf tauchen sehen. — So bemerkten wir bei einer im Salon der brasilianischen Gesandtschaft Statt gefundenen Reunion die Lady W .... mit einer Robe aus Lüstrine de Coeur, einem aus Lyon uns zugekommcnen Seidenstoffe von blutrether Farbe mit blauen Punkten in höchst zahlreicher Masse, die allerdings einen sehr ansprechenden Eindruck machte. Diese Robe war außerdem sehr kunstreich und geschmackvoll verfertigt. Sie zeigte ein Leibchen, das rundgcschneppt auslief und woran eine reiche und -ziemlich große Goldfädenquaste hing, dann stieg dasselbe strahlenförmig zu beiden Seiten den Schultern entlang in die Höhe, wo es mit den daselbst angebrachten, aus kleinen Falten bestehenden Bauschen verschmolz. Die Aermel dieses Kleides waren knapp und nur mit einer Naht versehen; sie liefen vorn sehr eng aus, dann hatten sie schmale Aufschläge von schwefelgelbem Satin de Bourgois. Der Rock zeigte einen sehr breiten Vo lant aus echten und schweren Points. Zu dieser Robe stand in schönster Harmonie die Coiffure, mit welcher genannte Dame geschmückt war. Das Haar nämlich wand sich terrassenförmig dreifach bis auf den SLeitcl, wo cs durch eine Brillantnadcl, welche die Form eines Ankers hatte, festgehaltcn wurde. An den beiden Schläfengegcndcn waren weiße Scidenrosen von wirklich überraschender Zartheit angebracht. Di« Handschuhe dieser Dame waren nicht minder geschmackvoll. Sie waren von mattrother Dämmerfarbe aus gckm'tteter Seide und oben an den Fingcrcndcn mit cingewcbten Verzierungen versehen. Man erhält solche jedenfalls empfehlenswerthe Handbedeckungen in dem Modenmagazin der Gebrüder Bund in in der Rue St. Honorö Nr. 74l bis. Nun muß ich noch eines Anzuges gedenken, der sowohl durch seine höchst geschmackvolle Einfachheit, als auch durch seine sehr schöne reizende und anmuthige Trägerin sehr vieles und gdrechtcs Aufsehen in den Salons des Baron von Fr... machte. Denken Sie sich eine Robe von schwarzem Gros de Naples mit einem recht hervortretcnden Schncppcnleibchcn, welches beidseitig in breite Falten schräg nach oben und in gewölbter Form verlief und einen ziemlich tiefen und ovalen Einschnitt des Halsthcils zeigte. Die Aermel waren noch weit gefertigt, schlossen sich unten jedoch eng. Die Robe hatte gar keine Volants. Dazu wurde um den Hals eine weiße Seiden- pallia getragen und grauseidene Handschuhe. Dann gehörte hierzu noch ein liliengelber breiter Shawl mit Blumenkanten von dunkler Farbe und ein Basthütchen von sehr kleiner Facon, das sich etwas tief nach dem Hinterkopfe' hinabneigte, mit einem Halbjchlcicr und Rosabandbesatz'versehen war und dessen Wangenkhcile eine ziemliche Breite hatten. Schön damit kon- trastirten die rabenschwarzen Locken und das dunkle Fcuerauge der Dame: her schon mehrfach erwähnten glänzend schönen Sidonia de PH... — Die Negliges zum Landleben bewahren noch immer jene koquette Einfachheit, hinter der sich nur allzusehr die Kunst und der Berechnungsgeist verbergen. Die Damen höhern und höchsten Ranges tragen größtentheils eine Art Oberrock von Lüstrine, dessen dunkelgrauer Grund mit schnee weißen Streifen durchstrahlt ist und sich allerdings sehr schön und sauber ausnimmt. Dicß Gewand, welches man hier und da Campagnette zu nennen beliebt, hat weite Aermel, die bis zum Ellnbogen so geschlitzt sind, daß sie vermittelst zierlich an gebrachter Crinolinknöpfe je nach dem Wunsche zu - und auf gemacht werden können, dann haben sie einen mäßig umfang reichen Halskragen, der nicht angenäht, sondern angcknöpft ist. Im Rücken läuft bei diesem Kleidungsstücke bis zur Taille noch eine breite Falbel herab, welche sehr entsprechend die zu geschnürten Gewandtheile verhüllt. Diese sogenannten Cam- pagnettes bieten gewiß viele Bequemlichkeiten dar und sind auch bei den Badereisen als in vielfacher Hinsicht nützlich zu empfehlen. — Das Haus Delisle bietet jetzt auch in seinen reichhaltigen Modenmagazinen Reiseshawls feil, die sehr geschmackvoll sind. Sie sind aus seiner Wolle gefertigt und auch unter dem Namen Electoralshawls bekannt. Man hat sie in allen Farben. Unten an den Kanten sind sie mit weißseidenen und etwas langen Büschelfranzcn besetzt. Ihr Hauptvorzug besteht in ihrer gediegenen Haltbarkeit, wodurch sie jeglichem Wetter Trotz zu bieten vermögen. — Zu den Roben mit kurzen Acrmeln, die doch nun all gemach «n voxus werden und wovon wir nächstens berichten wollen, finden wir die halblangcn Handschuhe aus schwarzer Seide, welche quadratförmig geknotet ist, sehr passend. Hier und da findet man solche mit Blonden besetzt. — — Was die Sonnenschirme betrifft, so scheint sich der Ge schmack dicß Jahr noch nicht ganz entschieden zu haben. Knicker in sehr kleiner Facon haben wir in jüngster Zeit am meisten zu bemerken Gelegenheit gehabt. Ihre u. s. w. Melanie.