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Der Verf. theilt einige Resultate der Arbeit von v. Wirknek, die auf seine Veranlassung durchgeführt ist, mit. Während für die früher untersuchten fetten Säuren und für eine grosse Anzahl aller möglichen chemischen Individuen die Regel, wenn nicht absolut, so doch mit grosser Annäherung galt, dass, je höher der Siedepunkt eines Stoffes, um so grösser auch die Ab nahme der Siedetemperatur für ein gleich grosses Druckintervall ist, so ist von einer auch nur annäherungsweisen Geltung dieser Regel bei den untersuchten Benzolderivaten keine Rede, wie die im folgenden Referat mitgetheilte Uebersicht lehrt. Bei den Benzolderivaten hat also z. B. das Brombenzol bei gleicher Druckabnahme eine noch etwas höhere Siedetemperatur abnahme, als die fast 100° höher siedende Benzoesäure. Es folgt, dass sich die Siedecurven der Benzolderivate und des Alkohols mannigfach durchschneiden. Das Sichdurchschneiden der Siedecurven führt nun zu der Er- kenntniss, dass der Einfluss, den der Eintritt des gleichen Atom- complexes auf den Siedepunkt eines Stoffes ausübt, allein abhängig ist von dem Drucke, unter welchem der Siedepunkt beobachtet wird. Wird z. B. beim Phenol die OH-Gruppe durch das Nitril CN ersetzt, so wird unter dem Drucke 760 mm der Siedepunkt um 9,2° erhöht, unter dem Drucke 6 mm dagegen um 5,4° erniedrigt. Aehn- liches zeigen die anderen Stoffe; unter 250mm z. B. haben Phenol und Anilin den gleichen Siedepunkt, während bei 760 mm das Anilin um 2,5° höher, bei 6 mm dagegen um 6,8° tiefer siedet als das Phenol. Auch die Siedecurven der normalen fetten Säuren nähern sich bei Druckabnahme einander, so dass die Kopp’sche Regel (Siedepunktsdiflerenz 18° für CH 2 ) nicht vollgültig bleibt. Ver folgt man den Einfluss einzelner Atomcomplexe, so treten, wie an einzelnen Beispielen dargelegt wird, bei Aenderung des Druckes in den Siedepunktsregelmässigkeiten Abweichungen ein, sowie auch der Eintritt derselben Atomgruppen nicht immer dieselbe Wirkung in Bezug auf Siedepunktsänderung hat. Um über diese Verhältnisse einen Ueberblick für theoretische Darlegungen zu gewinnen, bedarf es noch weiteren Materials. Das Erscheinen des zweiten Bandes „Studien über Dampfspannkraftmessungen“ von Kahlbaum ist in Aussicht gestellt. Sch. G. W. A. Kahlbaum. Mesure des tensions de vapeurs du benzene et de quelques derives. Arch. sc. phys. (3) 32, 284—291, 1894 f.