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Der ganze Aufbau der Anstalt ist parkähnlich angelegt, um auch milieu mäßig positiv auf die Patienten einzuwirken. Auf Mauern wurde ver zichtet bis auf die Stationen, in denen ausgesprochen unruhige Kranke untergebracht waren. 1914 war der Auf- und Ausbau der Heil- und Pflegeanstalt in Zschadraß abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Anstalt bis zu 600 Pa tienten aufnehmen. Während des Krieges ging die Patientenzahl sowohl in Zschadraß als auch im Schloß Colditz erheblich zurück. 912 Patienten kamen infolge der schlechten Nahrungsverhältnisse in den Kriegsjahren um. Dadurch war es zuletzt nicht mehr möglich, die psychiatrischen Stationen voll zu belegen, so daß zwei Männerhäuser und ein Frauenhaus als Kurheim für Lungenkranke eingerichtet wurden. Nach dem ersten Weltkrieg stieg dann aber die Zahl der Geisteskranken wieder an, so daß 1924 die Häuser für Lungenkranke als psychiatrische Stationen eingerichtet wur den. Gleichzeitig zwang der Geldmangel im Staat kurz nach der Infla tion dazu, die Stationen im Schloß Colditz zu räumen. Sie standen zwei Jahre leer, und erst 1926 zog die Landeskorrektionsanstalt in Colditz ein. Gleichzeitig wurde damals die Bewahranstalt für Asoziale in Sachsenburg aufgelöst. 1933 diente das Schloß Colditz den Faschisten als Konzentrationslager, wobei besonders Angehörige der Arbeiterparteien eingekerkert wurden. Hier begann der Leidensweg für zahlreiche aufrechte Antifaschisten. Zschadraß erlebte genau wie die anderen psychiatrischen Einrichtungen die furchtbaren Auswirkungen der Erbkrankheits-, Sterilisations- und Euthanasiegesetze. In den Kriegsjahren wurden Patienten in großen Gruppen in die faschistischen Gaskammern geschleust. Während des zweiten Weltkrieges wurde Schloß Colditz in ein Offiziers gefangenenlager umgewandelt, überwiegend für Franzosen und Eng länder. Der Anfang nach der Kapitulation 1945 war sehr schwer. Die Stationen standen zum Teil leer, weil ein großer Teil der Patienten durch die faschistischen Gewaltmaßnahmen vernichtet worden war. Ärzte und Personal mußten, sofern sie am Euthanasieprogramm mitgewirkt hat ten, durch geeignete fortschrittliche Kräfte ersetzt werden. Doch all mählich füllten sich die Stationen wieder mit Patienten. Trotz der täg lichen Erschwernisse in den einfachsten Dingen des Lebens während der ersten Nachkriegsjahre wurde durch den unermüdlichen Einsatz der Ärzte, des Pflege- und Wirtschaftspersonals eine ausreichende Ver sorgung der psychiatrischen Patienten gesichert. 1947 wurden dann auch wieder im Schloß Colditz psychiatrische Sta tionen eingerichtet. Unter der tatkräftigen Leitung des inzwischen verstorbenen OMR. Dr. Reinhard Carriere entwickelte sich die psychia- 21 321