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61 XV. Jahrgang. No. 7. 1897/98. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ Hierbei sind: L die Linienleitungen, W die Wechselstrommotoren, G die Gleichstrommotoren, M die Feldmagnete der letzteren, B die Akkumulatorenbatterie, R der Regulierungswiderstand und U die Umschalter für Wechselstrom und Gleichstrom. Wir entnehmen einer Beschreibung in der „Zeitschrift für Elektrotechnik“ 1 } Folgendes : Die Linienleitungen L sind mit den Sekundärspulen der Trans formatoren verbunden, in welche Verbindungsleitungen sekundäre Zuleitungen S — nahe bei jedem Transformator der automatische Schalter m eingeschaltet wird. Dieser Apparat besteht aus einem kleinen Elektromagneten, dessen Spule mit der sekundären Leitung stets verbunden ist, und welcher einen Anker d bethätigt, um mit Hilfe desselben die Verbindung der primären Leitungen P zur Primärspule des Transformators durch den Kontakt c herzustellen, bezw. zu unterbrechen. Der Impuls zur Aktivierung der selbstthätigen Schaltung wird durch den Umschalter U gegeben. Dieser wird nämlich außer mit den Kontakten a, mit welchen die Leitungsverbindungen zur Umkehr der Stromrichtung gewechselt wird, noch mit den Hilfskontakten b versehen, welche es bei der entsprechenden Sehaltestellung (Siehe Anordnung I) möglich machen, daß in der Trolleyleitung und durch diese in die sekundäre Transformatorspule Batteriestrom eingeleitet wird. In die betreffende Leitung ist noch eine Widerstandsroller eingeschaltet. Diese ist so bemessen, daß durch m fließender Gleich strom eine gewisse Stärke nicht überschreiten kann, und besitzt selbe eine bedeutende Selbstinduktion, um den aus dem Transformator rückfließenden Wechselstrom abzuschwächen. Durch die Kontakte b des Umschalters wird demnach der Apparat m bethätigt und dadurch der Primärstromschluß hergestellt. Sobald dann darauffolgend in den Sekundärleitungen Wechselstrom fließt, wird der Kontakt c durch diesen Strom festgehalten und der Stromsehluß hergestellt bleiben, so lange bis der Wechselstrom wieder ausgeschaltet wird (siehe Anordnung II) oder bis beim Verlassen der Leitungsstrecke die Trolley stromlos wird. Die Kontakte, welche für die Bethätigung des automatischen Fig. 2 Schalters die Leitungsverbindungen herstellen, können am besten an dem Kontroller angebracht sein, in der Weise, daß diese Kontakte stets unmittelbar vor Einleitung des Wechselstroms in die Wechsel strommotoren eingeschaltet werden. Ob die Verbindung der Batterie leitungen mit den Sekundärleitungen und der letzteren mit dem Wechselstrommotor gleichzeitig erfolgt oder nicht, ist von keinem Belang, nachdem der Widerstand, bezw. die Drosselspule r jedesmal gegen Kurzschlüsse oder gegen übermäßige Stromstärken Schutz bietet. Es steht ohne Zweifel fest, daß das gemischte Drehstrom-Gleich stromsystem auf dem Gebiete der elektrischen Traktion als eine Er findung von großer Bedeutung zu kennzeichnen ist, obwohl auch hier zwei oberirdische Leitungen zur Anwendung gelangen müssen. Es wurden verschiedene Vorschläge gemacht, welche darauf hinausgehen, zum Betriebe von elektrischen Bahnen einfachen Wechsel strom anzuwenden. In diesem Falle könnte man mit einer einzigen oberirdischen Leitung auskommen. Ein dahingehender Vorschlag rührt beispielsweise von dem Elektriker Ricardo Arno her. 2 ) Es wird hierbei das von diesem und Herrn Prof. Galileo Ferraris erfundene Verfahren, Einphasenstrom in Mehrphasenstrom zu verwandeln, angewendet Dieses Verfahren ist in der Patentschrift des D. R. P. No. 84812 näher beschrieben. Es entsteht bei synchronem Laufe eines Einphasenmotors durch Rückwirkung der im Anker erzeugten Wechselströme auf das Wechsel feld ein resultierendes Drehfeld von konstanter Stärke, wie in Mehr phasenmotoren. Dieses Feld ersetzt uns die rotierenden Magnetpole in einem Mehrphasengenerator. Man kann somit durch Anordnung der Wickelungen wie in diesem Zwei- als auch Dreiphasenstrom er halten. Der feststehende Teil des Einphasenmotors ist gleichzeitig Feld für die Erzeugung des Drehfeldes und Armatur für die er zeugten Drehströme, der Spannungsabfall in den vom Drehfeld aus erzeugten Phasen ist jedoch ungemein groß. Ferner entsteht aus der Notwendigkeit, einen leerlaufenden Wechselstrommotor als *) Zeitschr f Elektrotechn. Wien 1897. S 411. 2 ) Die Beschreibung- dieses Systems ist der E, T. Z. 1897. S. 35 entnommen. Vgl. auch „Electrical World“ Bd. 28. No. 22. „Phasentransformator“ zu verwenden, eine Komplikation des ganzen Systems. Die Anwendung des Verfahrens von Ricardo Arno auf den Betrieb einer elektrischen Wagens zeigt Figur 2. A bezeichnet die Luft leitung, B die Erdleitung. Zwischen diesen Leitungen ist die Feld spule s, des Phasentransformators T eingeschaltet. Die Spulen M der beiden Zweiphasenmotoren sind ebenso geschaltet. Der Einfach heit halber sind in der Figur zweipolige Motoren und ein zweipoliger Phasentransformator angenommen. Die zweite Phase der Motoren ist durch die Drähte C und D mit der Spule s 2 des Phasentrans formators verbunden. Rotiert der Kurzsehlußanker K des Phasen transformators T synchron, so entstehen in den Spulen s, und s 2 elektromotorische Kräfte, deren Phasen um 90° gegeneinander ver schoben sind, die Motoren M erhalten somit Zweiphasenstrom. Die Spule s 2 muß behufs Kompensation des Spannungsabfalles mehr Windungen als s ( erhalten. Zur Regulierung der Zugkraft und Fahrgeschwindigkeit dienen die in die Anker H der Drehstrommotoren eiegeschalteten Widerstände R. Sie sind, um die Skizze nicht unnötig zu komplizieren, einphasig gezeichnet. In Wirklichkeit müßten sie natürlich dreiphasig ausge führt werden. Die Anlaßvorrichtung für den als Phasentransformator dienenden Wechselstrommotor T ist in der Skizze fortgelassen worden. a Fig 3. In Praxis dürfte sich dieses System schon deswegen nicht be währen, weil es, da es eine große Anzahl von Apparaten erfordert, teuer und kompliziert ist. Nun kommt noch hinzu, daß ein leer laufender, rotierender Phasentransformator erforderlich ist. Dieser dürfte den Wirkungsgrad der ganzen Anlage nicht unbedeutend herabsetzen und ist bei elektrischen Bahnen nicht zu empfehlen. Der einfachste Weg wäre wohl der, daß man auf die Phasen transformation überhaupt ganz verzichten könnte. Es wäre dies bei Wechselstrom mit bloß einer oberirdischen Leitung (also bei Ein phasenwechselstrom) dann möglich, wenn man einen Einphasen wechselstrommotor hätte, der mit voller Belastuug anläuft. Motoren, die diesen Zweck erfüllen sollen, gibt es eine ganze Menge. So rühren Konstruktionen von Arnold, C. E. L. Brown, Helios, Schuckert etc. her. Ferner ist hier der Wechselstrommotor von Elihu Thomson, von Ferranti und Wright, von Mordey, Ganz etc. erwähnenswert. Ein neuer Wechselstrommotor (D. R. P. No. 93 i 66: Wechsel strommotor, dessen Feld von größerer Phasenverschiebung stärker ist als das von geringerer Verschiebung) rührt ferner von A. Heyland her, dessen Prinzip ein wesentlich neues ist. Man hat jedoch bei keinem der bis jetzt bekannt gewordenen Wechselstrommotoren so günstige Resultate erhalten, daß er außer dem Gleichstrom- und Drehstrommotor zum Bahnbetrieb herangezogen und mit letzteren rivalisieren könnte. Die Ursache hiervon ist die geringe Anlaufzugkraft. So ent wickelt beispielsweise der Gleichstrommotor beim Anlaufen eine Zug kraft, die bis zum 8—10 fachen der normalen ansteigt; es ist wünschens wert, daß ein Wechselstrommotor beim Anlaufen sich ebenso ver hält, wenn er beim Bahnbetrieb Verwendung finden soll. Dieser Bedingung entsprechen, mit Ausnahme des Drehstrommotors, die anderen Wechselstrommotoren nicht annähernd. Auf gänzlich neuem Wege wollen die nun angeführten Ver fahren das Problem lösen, elektrische Bahnen mit Wechselstrom und bei nur einer einzigen oberirdischen Leitung zu betreiben. Man kann dieselben als Kombinationen zwischen gewöhnlichen einphasigen Wechselstrom und dreiphasig verketteten Wechselstrom auffassen. Das erste Verfahren rührt von der Union-Elektrizitäts-Gesell- schaft in Berlin her, welches derselben durch D. R. P. No. 92672 patentiert wurde.’) ) Vergl. Elektrot. Anz. 1897. No. 61. S 1311.