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4 No. 1. 1897/98. XV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU“. Ueberlastung einer Tragfeder auf die andere überträgt. Die Feder gehänge sind mit Muttern versehen, wodurch der Bufferstand jederzeit leicht reguliert werden kann. Die Bremse wird je nach Wunsch entweder als Spindel- oder als Exter’sche Wurfbremse ausgebildet und wirkt mit je 2 Brems klötzen auf jedes der 4 Räder. Es besteht keine Schwierigkeit, die Lokomotive mit Luftdruck-Bremse auszustatten. Die erforderliche Druckluft würde alsdann durch eine mittels besonderen Elektromotors betriebene Luftpumpe beschafft werden. 3. Führerhaus. Das zum Schutze gegen Witterungsunbilden rings geschlossene und mit der genügenden Anzahl von Fenstern versehene Führerhaus ist derart mitten auf das Untergestell aufgebaut, daß vorn und hinten noch je ein Perron frei bleibt, von welchem aus das Führerhaus in gleicher Weise durch eine Drehthür zugänglich ist. Dasselbe besitzt eine Breite von 3 Metern, so daß ein Ueber- sehen des ganzen Zuges von der Lokomotive aus möglich ist. Als Schutz gegen Hinabfallen ist jeder Perron mit einem Geländer aus Eisenrohr versehen. Zum Besteigen dienen an jeder Seite 2 an dem Trittblech befestigte eiserne Tritte. Das Führerhaus besteht der besseren Isolation wegen in seiner oberen Hälfte aus Holz und enthält im Innern die weiter unten beschriebenen elektrischen Einrichtungen, sowie die Anzugvorrichtung für die Bremse. Diese ist in einer entsprechenden gußeisernen Säule gelagert und gestattet jedesmal das Anziehen sämtlicher 8 Bremsklötze. An den Wänden unterhalb der Fenster befinden sich die schon erwähnten Ballastkästen, sowie ein verschließbarer Schrank zur Aufnahme der nötigen Werkzeuge etc. Zum Signalgeben wird die Lokomotive mit einer durch Druckluft betriebenen Pfeife ausgerüstet. Die zum Pfeifen erforderliche Luft wird durch eine kleine Handpumpe auf dem Führerstande erzeugt, welche beim Ziehen der Pfeife in Funktion tritt, oder — falls die Lokomotive mit selbstthätiger Luftdruckbremse versehen ist — dem Hauptluftbehälter entnommen. Der Fußboden ist größerer Annehmlichkeit wegen aus Holz hergestellt und enthält Klappen, durch welche man leicht an die zu schmierenden Teile der Motoren etc. gelangen kann. Die an den beiden Stirnwänden des Führerhauses außen an gebrachten oberen Laternenstützen dienen zum Einstecken von 2 Petroleum-Signallaternen, falls aus irgend welchen Gründen eine besondere Signalisierung erforderlich sein sollte. 4. Elektrische Ausrüstung. Um der Lokomotive die elektrische Energie zuzuführen, dient eine der Länge nach über dem Gleise ausgespannte Arbeitsleitung. Die Stromabnahme erfolgt durch zwei auf dem Dache angebrachte Walzen aus Bronze, welche, auf Blattfedern befestigt, von unten in senkrechter Richtung gegen die Arbeitsleitung drücken. Von der Anwendung einer Kontaktrolle üblicher Konstruktion mußte mit Rücksicht auf die häufig wechselnde Fahrtrichtung, sowie wegen der in diesem Falle erstrebenswerten Vermeidung von Luftweichen, Abstand genommen werden. Ebenso wenig durfte ein Kontaktbügel verwendet werden, weil derselbe, zumal bei größerer Fahrgeschwindigkeit, einen starken Verschleiß der Arbeitsleitung mit sich bringt. Was endlich die Stromabnahme durch einen sogen. Kontakt schuh von einer etwa in Höhe der Fahrschienen angebrachten Strom- zuführungsschiene betrifft, so kann auch diese allenfalls für Hochbahnen brauchbare Art für vorliegenden Zweck nicht in Betracht kommen, weil einerseits die Isolation Schwierigkeiten bereiten würde und andererseits eine Berührung der Fahr- und Stromleitungsschiene nicht ungefährlich ist. Bei Weichen, Kreuzungen und Wegübergängen müßte außerdem stets eine Unterbrechung eintreten. Um zwischen Arbeitsleitung und Stromabnehmer eine genügende Berührungsfläche zu erhalten, mußten möglichst schmiegsame, d. h. dünne Drähte verwendet werden. Aus diesem Grunde besteht die Arbeitsleitung aus zwei in einem wagrechten Abstande von 150 mm angebrachten, je 8 mm starken Drähten aus Hartkupfer, welche gegen einander nicht isoliert sind. Die Arbeitsleitung wird an besonderen Drahtseilen derart aufgehängt, daß ihr tiefster Punkt 4430 mm über Schienenoberkante liegt. Es beträgt also der senkrechte Abstand zwischen dem höchsten Punkte der Umgrenzungslinie für Betriebsmittel und der Arbeitsleitung mindestens noch 4430 — 4280 = 150 mm. Zum Tragen der Arbeitsleitung dienen Holz- oder Eisenmaste mit Auslegern, welche in Entfernungen von 40 bis 80 Metern längs der Bahn aufgestellt sind. Der tiefste Punkt der Ausleger liegt 4800 mm über Schienenoberkante, ragt also nicht in die Umgrenzungslinie für die freie Bahn hinein. Um die Arbeitsleitung von der Erde zu isolieren, trägt jeder Ausleger zwei Porzellan-Isolatoren, über welche die vorher erwähnten Drahtseile geführt sind. Auf diese Weise wird es möglich, letztere zur Stromleitung mitzubenutzen. Die Rückleitung erfolgt durch die Fahrsehienen, welche zu diesem Zwecke leitend verbunden sind und erforderlichen Falles an besondere Rückleitungs kabel angeschlossen werden. Die Lokomotive besitzt zwei Motoren unserer Normaltype für Vollbahnen. Die Motoren sind einerseits unmittelbar auf den Lauf radachsen gelagert, andererseits an dem Untergestell derart federnd aufgehängt, daß nur etwa 'U des Motorgewichtes als nicht abgefederte Last auf die Achse wirkt. Der Antrieb der Laufachsen erfolgt mittelst eines Zahnräderpaares, dessen Uebersetzungsverhältnis im Allgemeinen 1 : 3 beträgt. Das auf der Ankerwelle sitzende Trieb besteht aus Phosphorbronze, das große zweiteilige Rad auf der Lauf radachse dagegen aus Gußstahl. Zur Erzielung ruhigeren Ganges sind die Zähne als Winkelzähne oder als versetzte Zähne ausgebildet und auf Spezialmaschinen hergestellt. Zum Schutze gegen Sand und andere Unreinigkeiten, sowie zur Ermöglichung einer Schmierung, erhalten die Zahnräder einen Sehutzkasten aus Eisenblech. Die Motoren sind Hauptstrom-Motoren, deren Magnetgestell derart aus Stahl gegossen ist, daß es gleichzeitig als Schutzgehäuse dient und die Lager für die Ankerwelle, sowie diejenigen für die Laufachse trägt. Das Motorgehäuse ist zweiteilig hergestellt und so konstruiert, daß es einerseits den Motor sicher vor Feuchtigkeit und Staub schützt, andererseits aber aufgeklappt werden kann, um eine Zugänglichkeit zu den im Innern liegenden Teilen zu gestatten. Der Kommutator ist durch besondere Klappen zugänglich. Die Draht windungen des Ankers sind als Spulen ausgebildet, welche in Nuthen des Ankerkerns eingedrückt und sorgfältig befestigt werden. Etwa notwendig werdende Reparaturen können daher selbst von wenig geübtem Personal besorgt werden. Es ist möglich, die Motoren ohne Entfernung des Führerhauses oder Anheben der Lokomotive nach unten herauszunehmen. Die normale Tourenzahl unserer Vollbahn-Motoren beträgt ca. 840 in der Minute bei einer Strom spannung von 500 Volt. An der einen Längswand ist im Innern des Führerhauses der Umschalter angebracht und die Einrichtung so getroffen, daß mittels desselben sowohl vorwärts als auch rückwärts in gleicher Weise ge fahren werden kann. Der Umschalter hat zu diesem Zwecke 2 Kurbeln; mittels der einen geschieht lediglich die Regulierung der Fahrgeschwindigkeit, während die andere Kurbel nur ein Stromwender ist, mittels dessen der Arbeitsstrom sowohl der jeweiligen Fahrt richtung entsprechend umgekehrt, als auch ganz abgesehaltet werden kann. Bei dieser letzteren Stellung werden die Motoren nach einem der A. E. G. geschützten Verfahren als Stromerzeuger auf den Widerstand geschaltet und ermöglichen so eine wirksame elektrische Bremsung. Werden die Kurbeln abgenommen, was nur in der Halt stellung geschehen kann, so sind hierdurch gleichzeitig die Kontakt walzen mechanisch arretiert, um misbräuchliche Anwendung bei Nichtbenutzung der Lokomotive auszuschliessen. Die verschiedenen Geschwindigkeiten werden im Wesentlichen durch verschiedenartige Schaltung der Motoren, sowie durch Aenderung der Stärke des magnetischen Feldes erreicht. Für die geringeren Fahrgeschwindigkeiten werden die Motoren hintereinander, für größere parellel geschaltet. Gegenüber dem System der Reduzierung der Ge schwindigkeit durch Verwendung vorgeschalteter Widerstände gewährt die beschriebene Schaltungsweise eine bedeutende Energieersparnis. Bei unserem System verbraucht der Motor von der elektrischen Energie nur soviel, als zur Verrichtung der jeweilig vorliegenden Zugarbeit erforderlich ist. Bei der Einschaltung der Motoren wird ein Widerstand vorgeschaltet, nm ein ruckloses Anfahren zu erzielen. Sobald jedoch die Lokomotive in Bewegung gesetzt ist, wird der Widerstand ausgeschaltet und damit jeder weitere unnötige Verlust vermieden. Dieser Widerstand erhält seinen Platz in der Mitte des Führerhauses in einem Kasten aus durchbrochenem Eisenblech. Der normale Stromverbrauch bei 500 Volt Spannung beträgt für jeden Motor etwa 110 Ampere. Jeder Motor leistet hierbei etwa 84 P. S., während die maximale Leistung ca. 150 P. S. beträgt. Die elektrische Ausrüstung der Lokomotive besteht außer den Stromabnehmern, den beiden Motoren und dem Umschalter, sowie den erforderlichen Kabelverbindungen noch aus: 1. Sicherungen zum Schutze der Motoren gegen schädliche Ueberlastungen; dieselben finden ihren Platz innerhalb des Führerhauses an einer leicht zugänglichen Stelle, 2. einer Blitzschutzvorrichtung mit selbstthätiger Funkenlöschung, bei welcher bewegliche, dem Einrosten etc. ausgesetzte Teile vermieden sind, 3. einer Vorrichtung zur Ausschaltung der einzelnen Motoren im Falle eines Defektes, 4. dem schon erwähnten Widerstand zur Erzielung eines ruck losen Anfahrens und zur Bethätigung der elektrischen Bremsung, 5. der elektrischen Beleuchtung nebst den zugehörigen Aus schaltern und Anschlußdosen. Die Beleuchtung der Lokomotive geschieht durch 8 elektrische Glühlampen, von denen je 4 in einen Stromkreis hintereinander ge schaltet sind. Die Verteilung der Lampen ist folgende: Wird die Lokomotive zur Zugförderung benutzt, so erhält sie vorn über den Buffern 2 Laternen mit je 2 Glühlampen; wird sie dagegen zum Rangieren verwendet, so wird vorn und hinten über einem Buffer je eine Laterne mit je 2 Glühlampen angebracht. Die eine oder andere Beleuchtungsweise kann durch Umstecken der Laternen je nach Erfordernis ohne weiteres ausgeführt werden. Zu diesem Zwecke ist jede der 4 unteren Laternenstützen mit einer An schlußdose für die Stromzuleitung versehen. Das Innere des Führer hauses wird in beiden Fällen durch 4 Glühlampen erleuchtet, welche unter dem Dache angebracht sind. Die Schaltung ist so getroffen, daß auch beim Versagen eines Stromkreises in den beiden Signal laternen noch je eine und im Führerhaus 2 Glühlampen brennen.