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71 XIV. Jahrgang ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. No. 4. 1896/97. von den Winden bezüglich der Elektromotoren, Rheostate und Schalt-Apparate Gesagte in demselben Maße auch für die Schiffskrähnen. 3. Ventilation. Gute Ventilation an Bord, sowohl in Wohn- als in Ladungsräumen kann jetzt als eine allgemein zugestandene Notwendigkeit betrachtet werden, ab gesehen von der Ventilation der Maschinen- und Heizräume, welche wir als selbstverständlich betrachten wollen. Die natürliche Ventilation im Schiffe durchweg einzuführen, bietet so unendlich viel Schwierigkeiten, daß man mit Freuden zu den Mitteln greift, welche eine künstliche Ventilation erleichtern können. Die Anordnung einer Zentral-Ventilation wäre entschieden die vorteil hafteste, wenn ihrer Durchführbarkeit nicht soviel Hindernisse entgegenständen. Man denke daran, daß, wollte man die gesamten Ventilationsrohre an einem gemeinsamen Punkte aus dem Schiffe herausführen, es erforderlich wäre, die Wände und wasserdichten Schotten zu durchbrechen und gerade dieser Umstand macht eine Zentral-Ventilation unmöglich. Der Schiffbauer ist deshalb gezwungen, das ganze Ventilationssystem in verschiedene Teile zu teilen, von denen der eine unabhängig vom anderen. Zum Betriebe dieser einzelnen Zweige diente bisher oder dient auf den meisten Schiffen zur Zeit noch die Dampfmaschine, welehe häufig in äußerst schwer zugänglichen Ecken untergebracht werden muß, und alle jenen Mängel, welche der Dampfbetrieb, wie oben näher ausgeführt, hat, kommen hier ganz besonders in Frage. Hier ist der Elektromotor vorzüglich am Platze. Von beliebiger Stelle aus kann er in Gang gesetzt werden und läuft dann fortdauernd ohne jegliche Wartung, nur daß von Zeit zu Zeit das Schmiermaterial in den Schmiergefäßen wieder erneuert wird. Die Motoren für Ventilation können die denkbar einfachsten sein, verschiedene gute Konstruktionen sind in jüngster Zeit für diesen speziellen Zweck eingeführt worden, unter welchen jene mit variabler Tourenzahl, erreicht durch einfache Schaltung der Motoren als zweipolige, vierpolige, sechspolige Maschinen, hier erwähnt werden mögen, da sie aus gezeichnet der jeweilig notwendigen Ventilation angepaßt werden können, ohne daß die Begulierung der Tourenzahl einen entsprechend größeren oder kleineren Energieverbrauch durch den Rheostaten bedingt; die Motoren arbeiten also bei jeder Geschwindigkeit mit größtmöglichstem Nutzeffekt. Kommen nur kleinere Ventilatoren in Frage, so können die Elektro motoren derselben an die bestehende Lichtleitung ohne Weiteres angeschlossen' werden. Größere Ventilatoren von 800—1500 mm Flügeldurchmesser und 2- 5 PS. Kraftverbrauch, erhalten zweckmäßig besondere Zuleitungen. Die Leichtigkeit, mit welcher die Ventilationsmotoren den Ventilatoren angepaßt und der Umstand, daß sie von jedem Orte aus angelassen werden können, dürften Gelegenheit geben, daß die mit Elektromotoren ausgerüsteten Ventilatoren auch baldigst in solchen Räumen Aufstellung finden werden, welche bisher ihrer Unzugänglichkeit halber von der Ventilation ausgeschlossen, dennoch einer solchen sehr nötig bedurft hätten. Auch die Gebläse für die Kesselfeuerung bei forciertem Luftzug mit einem Kraftverbrauch von 15 bis 25 PS. werden vorteilhaft durch Elektromotoren angetrieben, ebenso die etwa 8 bis 12 PS. konsumierenden Maschinenraum- Ventilatoren, um jede unnötige Vermehrung der Hitze in diesen Räumen, welche ohnedies schon sehr groß ist, zu vermeiden. Hier kommt noch hinzu, daß die Aufstellung der Ventilatoren in diesen Räumen oft derartig ist, daß die Wartung der Dampfmotoren sehr erschwert ist, für den Elektromotor bestehen diese Schwierigkeiten wenig- oder garnicht. Es ist nur zu beachten, daß in diesen Räumen, wo die Elektromotoren besonders schweren Einwirkungen von Kohlen dunst und Hitze ausgesetzt sind, dieselben nach Möglichkeit hiergegen geschützt werden, um stets einen in gutem Zustand befindlichen Motor zu haben. Es kann dieses dadurch geschehen, daß man den Motor in das Ventilationsrohr einbaut und frische Luft durch ein besonderes Luftsaugerohr zuführt. Der Motor wird auf diese Weise gut geschützt und kalt gehalten werden. 4. Heizung. Die elektrische Heizung ist über das Stadium des Versuches noch nicht hinausgekommen, indessen werden diese Versuche in jüngster Zeit mit besonderer Energie gefördert, sodaß man bald auch auf diesem Gebiet etwas Abgeschlossenes besitzen dürfte. Für Verwendung auf Schiffen würde die elektrische Heizung ganz besonders geeignet sein, da sie es ermöglicht, das für eine Dampfheizung erforderliche sehr ausgedehnte Röhrensystem mit allen seinen Mängeln wegfallen zu lassen. Wie schwierig und manchmal geradezu unmöglich es ist, die Dampf heizungsrohre, Kondensationsapparate etc. etc. glücklich unterzubringen und wenn sie untergebracht, in gutem Zustande zu erhalten, davon weiß der Schiffs praktiker zu erzählen. Alle diese Uebel aber würden bei der elektrischen Heizung vermieden werden, da deren Leitungsdrähte keinen besonderen Weg vorschreiben und viel sicherer zu verlegen sind. Der Grund, weshalb man zu einem ausgedehnteren Gebrauch der elek trischen Heizung noch nicht gekommen ist, besteht in der Hauptsache darin, daß im Vergleich zum erzielten Heizeffekt ein ziemlich großer Generator auf gestellt werden muß und daß die Kraft dieses Generators nur während des beschränkten Zeitraumes der Heizdauer vollständig gebraucht würde. Der Aufbau einer solchen Maschine ausschließlich für diese Zwecke würde nur selten für Schiffe geeignet sein. Ist jedoch eine ausgedehnte Kraftübertragungs-Anlage an Bord vorhanden, welche auch größere Motoren, sagen wir Motoren für Bootswinden, Anker winden etc. einschließt, Motoren welche also nicht oft im Gebrauch sind und dann nur für kurze Zeit, da könnte mit Vorteil die hierzu erforderliche Generator- Dynamo in den Zwischenzeiten zur Heizung- herangezogen werden. Die elektrische Heizung eines ganzen Schiffes kann aus angeführten Gründen zur Zeit noch nicht in Betracht kommen, eine Verbesserung des Nutzeffektes der Heizkörper muß hier erst Wandel schaffen. Für viele Räume indessen wo Beleuchtung bereits vorhanden und wo der Anschluß an die Dampfheizung mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft ist, wird die elektrische Heizung schon jetzt sehr gut verwendet werden können. Ob die elektrische Heizung je in großem Style auf Schiffen eingeführt wird, dürfte ahhängen von den Unter suchungen der einschläglichen Verhältnisse an bestehenden Dampfheizungs- Anlagen und einem Vergleich der letzteren mit den elektrischen Heizungs- Anlagen, wobei man sich vielleicht im Hinblick auf die mannigfachen Vorteile der elektrischen Heizung zu einem Opfer bezüglich des schlechteren Nutzeffektes derselben entschließen wird. 5. Die Steuerruderanlage. Das interessanteste aber auch schwierigste Kapitel der Verwendung der Elektrizität auf Schiffen ist unstreitig die Steuereinrichtung. Fast ausschließlich ist heute das Dampfsteuerruder in Gebrauch. Versuche mit elektrischen Steuer ruderanlagen sind gemacht, aber haben bisher einen befriedigenden Abschluß nicht gefunden. Der Eifer, mit welchem diese Versuche, welche seitens aller Beteiligten lebhaft unterstützt werden, betrieben werden, beweisen die Fehler, welche das gegenwärtig am meisten gebrauchte Dampfsteuerruder hat. Die Einrichtung des letzteren ist kurz folgende: Vom Deck oder von irgend einer Stelle aus, von welcher gesteuert werden soll wird mittels eines großen Handrades, um genügende Kraft ausüben zu können, eine durch das ganze Schiff verlegte und mit den verschiedenen Steuerstellen in Verbindung befindliche Transmission in Bewegung gesetzt. Diese Wellenleitung öffnet das Dampfeinlaßventil der zur Bethätigung des Ruders dienenden Dampfmaschine. Die Bewegung des Handrades erfolgt in Uebereinstimmung mit einer graduierten Skala, der Steuermann dreht sein Rad solange, bis sein Zeiger die gewünschte Auslage anzeigt. Die Dampfmaschine setzt sich in Bewegung und erfolgt nach eingenommener Ruderstellung der Schluß des Dampfeinlaßventiles selbstthätig. Gleichzeitig wird die eingenommene Ruderlage mittels der Wellenleitung rückgemeldet und durch einen Kontroll- zeiger auf vorerwähnter Skala bemerkbar gemacht. Jeder Schiffbauer kennt die großen Schwierigkeiten, welche das Verlegen einer solch’ langen Transmission, die obendrein noch von Hand zu bewegen ist, mit sich bringen. Und trotzdem man in dieser Hinsicht wohl das Vollkommenste erreicht hat, wird es doch passieren, daß eine vollkommen sachgemäß verlegte Wellenleitung nach kurzer Fahrt des Schiffes nicht mehr von der Stelle zu bewegen ist, eine Folge der Zusammenziehung und Ausdehnung der Schiffswände und Verdecke, an welchen die die Wellenleitung tragenden Lager befestigt sind. Daß solche Zufälle unter Umständen sehr gefährlich werden können, ist einleuchtend. Bei dem elektrischen Betriebe der Steuereinrichtung hat man sich hei den bisher bekannt g-ewordenen Anlagen darauf beschränkt, einzelne Teile derselben durch den elektrischen Strom zu bethätigen. Die am nächsten liegende Anordnung war diejenige, vom Deck aus mit Hülfe eines Relais einen Motor zu betreiben, welcher das Ruder bewegt. Die hierzu erforderlichen Anlaß- und Regulier-Apparate waren indessen so kompliziert, daß ein sicheres Funktionieren nicht gewährleistet werden konnte, außerdem machten sich die kolossalen Stromstöße, welche beim Anlassen und Reversieren auftreten, sehr unangenehm bemerkbar. Es sind Einrichtungen versucht worden, welche den Zweck haben, nur die Wellenleitung zu verwerfen, im Uebrigen aber das Dampfsteuerruder beibehalten, die Registrierung der Ruderlage erfolgt dann ebenfalls elektrisch, und sind einige zuverlässige Apparate dieser Art in Gebrauch, immerhin aber ist es nur gewissermaßen ein Notbehelf, welcher Platz machen muß, falls sich eine durchweg elektrische Steuereinrichtung bewähren sollte, welche zur- Zeit im Bau und für eines der neuesten deutschen Schiffe bestimmt ist. Mit großem Interesse darf man diesel- interessanten Konstruktion entgegensehen und wäre es sehr wünschenswert wenn dieselbe von Erfolg begleitet wäre. Eine weitere Anordnung, bei welcher ein nur in einer Richtung immer während umlaufender Motor mit Hülfe einer auf der einen oder anderen Seite, dieses Motors eingeschalteten Kupplung das Ruder bewegt, soll ihre Leistungs fähigkeit noch beweisen, das häufige Ein- und Ausschalten dieser Kupplungen, welches unter Umständen in der Stunde 300 mal und noch mehr Vorkommen kann, dürfte den schnellen Verfall der letzteren herbeiführen. Der einzige Nachteil, welchen die elektrischen Einrichtungen haben, ist der, daß sie bei der Unkenntnis des in Frage kommenden heutigen Schiffs personals in elektrotechnischen Dingen besonders geübte Bedienung erfordern, die vielleicht jetzt noch etwas zu kostspielig ist. Sobald sich indessen, und das darf mit Sicherheit erwartet werden, der elektrische Betrieb in größerem Maßstabe auf Schiffen eingeführt hat, wird die besondere Einübung der Mannschaft unvermeidlich sein und in die technische Instruktion mit aufgenommen werden müsseu. 6. Munitionsaufzüge. Der Betrieb der großen Anzahl von Munitionsaufzügen, welche bedingt sind durch das schwere Kriegsmateral der neueren Geschütze, erfordert eine Menge kleiner und schnelllaufender Dampfmaschinen, deren Bedienung un vermeidlich zu einem bedeutenden Zuwachs an Maschinisten führen würde. Die Anlage von Elektromotoren, welche von einer Zentralstation betrieben und keine besondere Wartung und Sorgfalt erfordern würden, erscheint deshalb für diese Zwecke vorteilhaft, umsomehr, als sie in besonderen Fällen sehr kleinen Raumverhältnissen angepaßt werden können, wo eine Dampfmaschine ihrer größeren Dimensionen wegen schwer unterzubringen ist. Wenn die Munitions lieferung nicht durch Anwendung von Paternosterwerken sondern durch Aufzüge bewirkt wird, sind die hierzu erforderlichen Einrichtungen nicht mehr so einfach, wie die ebenerwähnte. Bei dem Heben mittels Aufzügen muß das Anlaufen und Anhalten des Motors bezw. der Förderschale automatisch geschehen; alle Stöße müssen vermieden werden bei der Gefährlichkeit des zu transportierenden Stoffes. Es sind jedoch schon zahlreiche Anlagen dieser Art in Betrieb und ist deren Leistung durch praktische Versuche erwiesen, sodaß die Annahme des elektrischen Betriebes für die Munitionsaufzüge in der nächsten Zukunft als sicher gelten kann. 7. Geschützdrehtürme. Eine lebhafte Konkurrenz unter den beteiligten elektrotechnischen Firmen hat in jüngster Zeit gerade im Antriebe von Drehtürmen stattgefunden.