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ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. XIV. Jahrgang. No. 3. 1896/97. 49 der Schleusenanlage in Ymuden, dem Vorhafen von Amsterdam, j übertragen erhalten. Es ist dies die erste Schleuse in Europa, welche | auf elektrischem Wege betrieben wird. Die Schleuse gehört zu den j größten der Welt indem sie eine Länge von 200 Mtr., eine Breite 25 Mtr. und eine Tiefe von 10 Mtr. hat. Elektrische Lokomotiven in Amerika. In Amerika werden I gegenwärtig, behufs Erprobung des Leistungsvermögens elektrischer j Lokomotiven Versuche angestellt, welche weitere Kreise interessiren dürften. Eine solche Lokomotive soll die schwerste Zugarbeit ver richten und die stärkste Lokomotive ersetzen können, dabei ein Ge wicht von 95 Tonnen besitzen und in der Stunde 80 Kilometer Fahr- geschwindigkeit ermöglichen. Um diese Leistungsvermögen zu er proben, hat man unlängst eine elektrische Lokomotive mit einer der schwersten seehsräderigen Dampf-Lokomotiven zusammengekuppelt und beide gegen einander ziehen lassen, wobei die elektrische Maschine den Sieg davon trug und ihre Gegnerin mit sieh schleppte. Gleich zeitig ergab sieh, daß die elektrische Lokomotive bei gleichem Rad drücke mit einer größeren Last anziehen kann, da bei ihr die Zug kraft, welche bei der Dampf-Lokomotive je nach der Stellung der Krummzapfen verschieden ist, gleich bleibt. Uebrigens ist auf der 5 km langen Strecke der Bostoner Straßenbahn, Hamburg Street, Hullington Avenue, zur Zeit die größte elektrische Lokomotive in Verwendung; sie besitzt vier Treibachsen, von denen jede durch eine besondere Dynamomaschine angetrieben wird, und arbeitet mit 500 Volt Spannung und einem Strom von 2 700 Ampere, wobei eine Zugkraft von 21000 kg, entsprechend einer Leistung von 1700 Pferdekräften ausgeübt wird. Zur Trambahnfrage in Frankfurt a. M. Aus der Denkschrift des Stadtbaurates Riese über die Entwickelung der Frankfurter Trambahn im letzten Jahrfünft entnimmt die „Frkf. Ztg. u : Die Erläuterung des Magistrats zu der Vorlage besagt u.a. die Trambahn- Gesellschaft sei nach § 20 des Vertrags verpflichtet, auf Verlangen des Magistrats den elektrischen Betrieb einzuführen; aber die für diesen Fall vor gesehenen Bedingungen seien derart, daß eine Betriebsumwandlung auf ihrer Grundlage nicht ratsam erscheine. Verkehrssteigerung, verminderte Betriebs ausgaben und wachsende Ueberschüsse im Gefolge des elektrischen Betriebes lassen vielmehr eine Kündigung notwendig erscheinen, nachdem die Riesesche Denkschrift keinen Zweifel darüber lasse, daß der Zeitpunkt der Einführung elektrischen Betriebes für Frankfurt gekommen sei. Bei oberirdischer Stromführung läßt sich nicht verkennen, daß in ästhe tischer Beziehung mancherlei Bedenken entstehen können. Anderseits ist jedoch zu erwägen, daß nach den Erfahrungen anderer Städte das Auge sich sehr rasch an diese oberirdischen Leitungen gewöhnt. Während die unterirdische Strom zuführung sehr erhebliche Kosten verursacht, gestattet die Wahl oberirdischer i Leitungen unschwer eine Entfernung der Drahtleitungen und deren Wiederver wendung an anderer Stelle. Wenn also etwa die Entwickelung der Akkumula- | toren es demnächst wirtschaftlich zulässig erscheinen lassen sollte, im Innern der Stadt oder wenigstens in einem größeren Teile derselben Akkumulatoren-Wagen zu verwenden, so können die oberirdischen Leitungs-Einrichtungen ohne Schwierig keiten für die Außenbezirke der Stadt wieder verwendet werden. Es wird sich also empfehlen, Angebote bewährter Firmen einzuziehon. Erst danach wird eine endgiltige Entscheidung über das zu wählende System getroffen werden können. In diesem Sinne ist der beigegebene Entwurf von Bedingungen für einen solchen Wettbewerb aufgestellt. Thunlichste Beschleunigung, sagt der Magistrat weiter, ist geboten, denn die Kündigung des Vertrages muß bekanntlich noch in diesem Jahr erfolgen. Und die Einleitung des Wettbewerbes ist deshalb eilig, weil hierdurch erst völlige j Klarheit über die Betriebs-Bedingungen geschaffen wird. Ob insbesondere unser Trambahn-Vertrag, für den Fall, daß die Gesellschaft sich zu angemessenen Ver änderungen des Vertrags erbietet, zu erneuern sein wird, oder aber ob der Be trieb auf irgend welche andere Art zu organisieren ist, wird mit um so größerer Sicherheit zu entscheiden sein, je rascher der Wettbewerb eingeleitet und durch- gefnhrt wird. Die Riesesche Denkschrift, eine sehr schätzbare Arbeit gibt zunächst eine allgemeine Darstellung der Entwickelung des Straßenbahnbetriebes von den tierischen zu den maschinellen Motoren. Die Dampfbahnen sind ihrer Natur nach vorwiegend für den Fernverkehr geeignet. Der Betrieb kann bei ihnen mit kleinen Zügen und kurzen Verkehrsintervallen niemals billig eingerichtet werden, er versagt also gerade in der Form, die für den Lokalverkehr verlangt wird. Mit Pferdebetrieb genügt die Geschwindigkeit selbst auf kürzeren Stadtstrecken nicht dem Bedürfnis, und noch weniger im Vorortverkehr. Der Elektrizität im Straßenbahnbetrieb gebührt der Vorrang. Die Schrift beruft sich auf Amerika, auf Halle, Breslau, Bremen, Leipzig, Dresden, Hannover, Hamburg, Mülhausen i. E. etc. Ueberall gute Erfolge, Erweiterung des Netzes, Bevorzugung durch die Fahrgäste, steigende Erträgnisse. Zu allen sonstigen Vorzügen kommt auch die Schonung des Pflasters, die hygienisch und ästhetisch wertvolle Reinerhal tung der Straßen. Die Ersparnis an Betriebskosten (etwa 33 1 / 3 Prozent) steigt mit wachsender Betriebsleistung, und das Städtische Elektrizitätswerk wird bestens ausgenutzt. Dem Nachweis hierfür ist ein besonderer, überzeugender Abschnitt gewidmet. „Der elektrische Motor,“ meint Riese, „ist eben ein geradezu idealer Motor. Wie kein anderer vermag er sich kautscbukartig den an ihn ge stellten wechselnden Anforderungen anzupassen.“ Die Frankfurter Verhältnisse werden in der Denkschrift sehr günstig dar gestellt. In 1895 wurden hier bei 225,000 Einwohnern 21,504,454 Fahrgäste be fördert, d. i. rund hundert Fahrkarten auf jeden Einwohner. In Hamburg betrug die Fahrtenziffer nur 83, in Berlin aber einschließlich der Stadtbahn 150, in einigen amerikanischen Großstädten 200—300. Die Frankfurter Zahl ist schon gut, aber noch um 20—50 Prozent besserungsfähig. Die Brutto-Einnahme aus dem Straßenbahnbetrieb ist hier stetig gestiegen, von Mk. 1,496,000 bei 16,5 km Bahnlänge auf 21,6 km Betriebslänge im Jahre 1890, auf Mk. 2,178,000 mit 26,5 km Bahnlänge und 46,50 km Betriebslänge in 1895. Rechnet man auf dieser Basis weiter, so ergibt sich: für 1896 Mk. 2,345,000 bei 29,2 km Bahnlänge; 1897 Mk. 2,512,000 und 31,8 km; 1898 Mk. 2,679,000 und 34,4 km; 1899 Mk. 2,846,000 und 37,0 km; 1900 Mk. 3,013,000 und 39,6 km; 1901 Mk. 3,180,000 und 42,2 km. Die Netto-Einnahmen waren 1890 Mk. 387,000 (26 Prozent der Brutto einnahme), 1895 Mk. 448,000 (21 Prozent). Sie würden bei Pferdebetrieb sein: 1896 Mk. 469,000 (20 Prozent); 1897 Mk. 477,000 (19 Prozent); 1898 Mk. 482,000 (18 Prozent); 1899 Mk. 512,000 (18); 1900 Mk. 527,000 (17 1 /*); 1901 Mk. 541,000 (17 Prozent). Bei elektrischem Betriebe aber ergäben sich folgende Mehrerträge aus Verkehrszunahme als Zuschläge zu den Netto-Einnahmen: 1896 Mk. 117,250; 1897 Mk. 119,250; 1898 Mk. 120,500; 1899 Mk. 128,000; 1900 Mk. 131,750; 1901 Mk. 135,250. Dazu kämen die Betriebskosten-Ersparnisse mit: 1898 Mk. 168,000; 1899 Mk. 186,000; 1900 Mk. 210,000; 1901 Mk. 225,000, so daß sich die Netto- Einnahmen nahezu verdoppeln müßten, nämlich auf: 1898 Mk. 770,500; 1899 Mk. 826,000; 1900 Mk. 868,800; 1901 Mk. 901,300. Die Denkschrift bespricht auch gründlich die Frage des Systems der Zu leitung des elektrischen Stromes. Sie findet, daß die gleichzeitig als Lichtleitung verwendete oberirdische Zuleitung, wenn sie auch an sich kein Straßenschmuck zu sein beansprucht, doch auch nicht unschön auszuschauen braucht. Will man sie dennoch auf den „repräsentativen Straßen“ ausschließen, so kämen in Betracht die Straßenzüge: Konstablerwache, Hauptwache-Palmengarten. Hauptwache-Haupt bahnhof, Hauptwache bis zum Anfang des Oederwegs, Untermainbrücke, vom Untermainkai bis zum Anfang des Reuterwegs. Oder man wählt nur den Straßenzug Gallusanlage-Kai-erstrafie-Hauptwache-Konstablerwache aus, oder gar nur die Strecke Gallusanlage-Hauptwache. Gegen die Einführung des elektrischen Betriebs durch Vertrag mit der jetzigen Gesellschaft erklärt sich Riese, weil diese höchstwahrscheinlich dauernd, abgesehen von den Tantiemen in Höhe von Mk. 50,000, zunächst eine dreizehn prozentige Dividende erzielen, von dem weitern Ueberschüsse aber mindestens ein Drittel erhalten würde. So erscheint das Anerbieten wenig verlockend, zu mal die Stadt die gesamten Umwandlungskosten vorschießen soll, eine genaue Rechnung über die Differenz der Betriebskosten des elektrischen Betriebes und des daneben beibehalten gedachten Pferdebetriebes schwer zu führen und noch schwerer zu kontrollieren ist. An den wesentlichen finanziellen Vorteilen, die die Einführung des elektrischen Betriebes zur Folge hat, müßte die Stadt in er heblich höherem Maße beteiligt werden. Sollten weitere Erörterungen zum Abschluß eines neuen Vertrages mit der bisherigen Gesellschaft nicht führen, so würde auf Grund des § 25 des Ver trages voraussichtlich zu zahlen sein für den Wert: der Immobilien, der Wagen, Pferde und des sonstigen Inventars, der Vorräte etc., des nicht amortisierten Betrages der Hälfte der Hypothekenschuld und der nicht amortisierten Beträge für die Kosten der zweiten Geleise der alten Linien etc. der Betrag von rund Mk. 2,000,000. Außerdem wäre bis zum 31. Dezember 1914 eine jährliche Rente zu zahlen, die nach den bisherigen Betriebsergebnissen sich berechnen wird auf rund Mk. 293,000. Das Kapital, das für die Einführung des elektrischen Be triebes einschließlich der Beschaffung der Motorwagen etc. aufzuwenden sein wird, darf auf etwa 3 Millionen Mark geschätzt werden. Da diese Ausgaben ganz hervorragend produktive sein würden, dürften ihrer Uebernahme und der Aufnahme einer Anleihe in entsprechender Höhe Bedenken nicht entgegenstehen. In einem weiteren Artikel bringt die „Frkf. Ztg.“ die Be dingungen über die Vergebung der Arbeiten und Lieferungen zur Einrichtung des elektrischen Betriebes auf den Straßenbahnen in Frankfurt: Gegenstand des Unternehmens bildet die vollständige, bedingungsmäßige Ausrüstung der bestehenden, zur Zeit der Frankfurter Trambahn-Gesellschaft gehörigen Straßenbahnen mit sämtlichen erforderlichen Einrichtungen, einschließ lich der Lieferung der Motorwagen, zur Einführung des elektrischen Betriebes. Die Umwandlung erstreckt sich auf sämtliche zur Zeit im Betriebe befindlichen Linien, ebenso auf die gegenwärtig im Bau begriffenen und demnächst herzu stellenden neuen Linien. Die Linie Bockenheim (Warte)-Rödelheim wird unter Umständen ausgeschlossen, weshalb anzugeben ist, welcher Betrag in diesem Falle an den Umwandlungskosten zu kürzen wäre. Der Entwurf der Baupläne muß u.a. enthalten: Darstellung der Leitungskonstruktion und deren Befestigung. Besonderes Gewicht wird darauf gelegt, daß die Leitungen, insbesondere auf der Kaiserstraße, dem Roßmarkt, dem Opernplatz und der Zeil ästhetischen Anforder ungen in gesteigertem Maße entsprechen. Weiter ist beizufügen: Lage und Ein richtung der Umwandlungsstationen und der Speisepunkte, Konstruktion der Motorwagen und der Schienenrückleitungen, Kostenanschlag nach folgenden Titeln geordnet: Krafterzeugung, Wagenhallen, Werkstätten, Stromzuführung, Oberbau, Betriebsmittel, Schutz der Fernsprechleitungen, Blitzschutz, Baulei tungen etc. Verlangt wird weiter Betriebskostenberechnnng, Erläuterungsbericht mit Beschreibung und nötigenfalls Berechnung der Anlagen. Die im Entwurf einzureichenden Angaben, Berechnung etc. sollen sich auf die folgenden vier Fälle beziehen. Erstens: Sämtliche Linien werden mit oberirdischer Zuleitung betrieben. Zweitens : Diese ist ausgeschlossen für die Straßen : Zeil-Hauptwache- Steinweg-Göthestraße-Bockenheimer Thor-Bockenheimer Landstraße bis Palmen garten, Hauptwache-Roßmarkt-Kaiserstraße bis Bahnhof und die Linien auf dem Bahnhofplatz, vom Untermainkai durch die neue Mainzerstraße bis zum Reuter weg, von der Hauptwache-Schillerstraße-Eschenheimer Thor bis zum Oederweg. Drittens: Die oberirdische Leitung ist nur auf den Straßen Gallusanlage-Kaiser- straße-Hauptwache-Konstablerwache ausgeschlossen. Viertens: Sie ist nur auf der Strecke Gallusanlage-Hauptwache ausgeschlossen. Der elektrische Strom ist vom Städtischen Elektrizitätswerk zu entnehmen. Es soll der von der Zentralstation erzeugte einphasige Wechselstrom von 3000