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XIV. Jahrgang ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. No. 1. 1896/97. 9 Spezial-Berichte über die diesjährigen Ausstellungen in Stuttgart, Nürnberg, Berlin Aus der Maschinenhalle der Stuttgarter Ausstellung 1 . Nach einem Vortrag- von Professor A. Bantlin. maschine derselben Bauart wie die zuletzt angeführte, IV. Unter den mittels Dampf betiiebenen Motoren, die in der Maschinenhalle Aufstellung gefunden haben, begegnen wir, außer den in den früheren Berichten bereits erwähnten Vorführungen, noch einer Reihe interessanter Typen, die teils mittelbar mit Hilfe von Riemenübertragung zum Antrieb von stromerzeugenden Maschinen verwendet werden, teils unmittelbar als sogenannte Dampfdynamos die Ankerwelle der Dynamomaschinen in Umdrehung versetzen. Von der ersteren Gattung führt uns die Maschinenfabrik Eugen Klotz, Stuttgart, eine liegende, stationäre Dampfmaschine von 25 Pferdestärken vor in Verbindung mit einer Dynamomaschine von 110 Volt Spannung der Firma Siemens und Halske. Das Führungsgestell ist der seiner ganzen Länge nach auf dem Fundament aufgelagerte Korlißbalken, der mit dem Kurbelwellenlager aus eiuem Stück gegossen ist und am hinteren Ende die Zentrierung für den Dampfzylinder anschluß enthält. Um den schädlichen Raum im Zylinder klein zu halten und so Dampf zu sparen, ist der Schieberspiegel möglichst nahe an die Zylinderachse herangerückt. Dies hat aber zur Folge, daß die Schieberstangen nicht direkt auf die Schwungradwelle geführt werden können. Es erfolgt daher der Antrieb des Grund- und Expansionsschiebers unter Einschaltung eines kleinen Zahnräder vorgeleges. Die Steuerung wird nach ihrem Konstrukteur die Guhrauer Steuerung benannt. In Verbindung mit einem aufrechtstehenden Dampfkessel ist eine ßpferdige Maschine liegender Bauart ausgestellt. In ztveckmäßiger Weise ist das ge meinsame, gußeiserne Kastenfundament beider Teile zugleich als Warm Wasser behälter ausgebildet, aus welchem dann das Speisewasser in den Kessel gepumpt wird. Die Speisung kann entweder beim Gang der Maschine mittels einer durch Exzenter von der Welle der Maschine aus bewegten Pumpe geschehen, oder aber erfolgt dieselbe durch eine besondere Handpumpe. Zur Vorwärmung des Wassers wird der Auspuffdampf der Maschine selbst verwendet. Der Kessel enthält in der Feuerbüchse eine Anzahl von Quersiederöhren. Der Kesselmantel selbst be steht aus zwei miteinander verschraubten Teilen, von denen der obere hauben artig über dem Kesselunterteil gestülpt und zum Abnehmen behufs Reinigung des Kesselinnern eingerichtet ist. Gegen äußere Abkühlung schützt ihn eine Blech- und Holz-Verkleidung. Der ganze Zusammenbau der Maschine und Kessel zeichnet sich durchsehr geringen Raumbedarf aus. Eine solche transportable Dampfmaschine findet somit dort eine vorteilhafte Verwendung, wo der Raum für eine stationäre Anlage, die mit ihrem eingemauerten Kessel viel Platz beansprucht, mangelt, oder w-enn die ganze Anlage später wieder versetzt werden soll, desgleichen aber auch für provisorische Betriebe, bei dtnen möglichst wenig Kosten für Baulichkeiten entstehen dürfen. Auch eignen sich diese Dampfmaschinen besonders für das Kleingewerbe, da ihre Bedienung einfach ist und die Unter haltungskosten gering sind. Eine weitere Gattung von Dampfmaschinen, deren häufige Verwendung zurErzeugung des elektrischen Lichtes allgemein bekannt ist, finden wir vertreten durch eine Lokomobile von 18 Pferdestärken, deren horizontaler Kessel auf Tragfüßen aufruht. Die besondere, schätzenswerte Eigentümlichkeit des letzteren besteht darin, daß die runde Feuerbüchse samt dem ganzen daran befestigten Rohrbündel der Siederöhren nach der Stirnseite des Kessels herausgezogen und zum Zweck der Reinigung von angesetztem Kesselstein oder Schlamm leicht zu gänglich gemacht werden kann. Die kräftig gebaute Dampfmaschine ist oben auf dem Kessel montiert. Ihre gekröpfte Kurbelwelle trägt ein Schwungrad, das als Riemscheibe zur Fortleitung und Uebertragung der Kraft dienen kann. Die Steuerung ist die bekannte Ridersteuerung mit Verst ellung durch einen Regulator von Pröll. Alle bewegten Teile sind aus Stahl gefertigt, ihre Lagerung zweck mäßig und dauerhaft, so daß der Gang der Maschine ein ruhiger und sicherer ist. Die großen Vorzüge der Lokomobilen bestehen namentlich in ihrer leichten Transportfähigkeit. Sie sind bequem aufzustellen und beanspruchen zu ihrer Aufstellung verhältnismäßig wenig Raum, da ja die Maschine auf dem Kessel selbst Platz gefunden hat. Alle diese Eigenschaften machen sie geeignet, in den Betrieben Verwendung zu finden, die ihrer Natur nach vorübergehende sind und öfters den Arbeitsplatz wechseln müssen. So sind sie z. B. im Baugewerbe bei Ausführung größerer Bauten vielfach in Verwendung; zum Trockenhalten von Baugruben, zur elektrischen Beleuchtung von Bauplätzen, in Verbindung mit Hebmaschinen, bei der Bereitung des Betons zur Ingangsetzung der Misch trommeln u. s. w. Daß die Lokomobilen für die Zwecke der Landwirtschaft schon längst unentbehrlich geworden sind, darf wohl als bekannt vorausgesetzt werden. Gefällige Bauart und zweckmäßige, schöne Formen zeigt eine stehende Maschine. Der Dampfzylinder ist oben auf einem gußeisernen Ständer angeordnet, der zugleich die eingleisige Führung des Kreuzkopfes enthält Der Ständer ist mit der Fundamentplatte verschraubt und vorne gegen die Unterseite des Zylinder deckels mit Hilfe einer blanken, schmiedeisernen Säule gestützt. Der Fundament rahmen mit den beiden Kurbellagern für die gekröpfte Schvungradwellc hat die Form eines Vierecks, dessen vier Seiten durch kräftige Hohlgußkörper gebildet werden. Auf diese Weise entsteht für die Drehung der Kurbel eine Art Schacht. Die Steuerung ist eine Rundschiebersteuerung. Die 18pferdige Maschine von 200 mm Zylinderbohrung und 220 mm Hub geht trotz der für eine Dampf maschine hohen Tourenzahl von 280 pro Minute vollständig ruhig und stoßfrei, ein Beweis, daß es der Konstrukteur verstanden hat, die bei der großen Be schleunigung auftretenden Massenkräfte richtig aufzufangen. Man nennt der artige kleine Dampfmaschinen mit hohen Umgangszahlen Schnellläufer. Wir werden uns unten noch mehr mit ihnen zu beschäftigen haben. Das Hauptstück der Klotzschen Ausstellung befindet sich im Maschinen saal des Landesgewerbemuseums ausgestellt. Es ist eine 50pferdige Compound- also ebenfalls ein Schnell läufer. Der Hochdruckzylinder hat 250 mm, der Niederdruckzylinder 370 mm Bohrung bei einem gemeinsamen Hub von 270 mm und 220 Umdrehungen der doppelgekröpften Welle Der Hochdruckzylinder besitzt eine Expansionssteuerung nach Rider, die vom Regulator beeinflußt wird; der Niederdruckzylinder ist mit einer Flachschiebersteuerung ausgerüstet. Die Schmierung erfolgt durch einen Zentralschmierapparat nach allen bewegten Gelenken. Die Anordnung der Zylinder, der beiden Führungsständer mit ihren Unterstützungen, die Ausbildung des Fundamentrahmens sind ähnlich wie bei der zuletzt beschriebenen kleineren Maschine. Auch hier erscheinen die Abmessungen bei solidem Bau, auch der Einzelheiten, kräftig und doch leicht, ja elegant gewählt. Zweckmäßigkeit einer Form mit gefälligem Aussehen derselben zu ver binden, ist meist sehr schwierig und stellt an den Konstrukteur neue An forderungen. Es ist aber allgemein das Streben unserer Zeit dahin gerichtet, und das hat auch in die Technik, im Maschinenbau Eingang gefunden. Doch darf man niemals vergessen, daß die Erreichung eines bestimmten Zwecks das oberste Ziel ist; dasselbe darf also niemals etwa zu Gunsten ästhetischer Rück sichten zurückgesetzt und vernachlässigt werden. Der äußere Aufputz muß stets in innerem Zusammenhang mit der Zweckbestimmung stehen; er muß sich gleichsam von innen heraus mit Naturnotwendigkeit von selbst ergeben. Daß dabei die Rücksicht auf möglichste Einfachheit eine Hauptrolle spielt, liegt auf der Hand. Es geht hier genau so wie im menschlichen Leben. Die wahre Eleganz beruht nicht darin, daß man sich mit allerhand kleinem Plunder behängt, sondern die erste Regel ist, alles Ueberfltissige zu vermeiden und sich mit dem Einfachen zu begnügen. Die Maschinenfabrik Ulrich Kohllöffel, Reutlingen, hat eine Ausstellung von Dampfmaschinen veranstaltet, die hohe Anerkennung- verdient. Die große, in der Mitte der Maschinenhalle liegende Verbund- Maschine, wird die Aufmerksamkeit jedes Besuchers auf sich ziehen. Zu beiden Seiten des großen Schwungrads von 5 m Durchmesser liegen die beiden Dampf zylinder, deren Kurbeln um 90° versetzt sind. Der Antrieb ihrer Ventilsteue rungen erfolgt in der üblichen Weise mittels konischer Räder von der Schwung- radwelle aus mit Hilfe von Wellen, die parallel den Zylindern liegen. Die Ein laßventile des Hochdruckzylinders werden durch Exzenter und Klinken ange hoben und diese letzteren durch exzentrische Scheiben, die von einem empfind lichen Porter-Regulator verstellt werden, ausgelöst, worauf die Ventile durch Federn rasch und mit Hilfe von Luftpuffern sanft geschlossen werden, was so wohl hinsichtlich einer vorteilhaften Arbeitsweise des Dampfes im Zylinder, als auch mit Rücksicht auf die Schonung der Ventile geschehen muß. Die Auslaß ventile des Hochdruckzylinders, sowie die Ein- und Auslaßventile des Nieder druckzylinders werden durch unrunde Scheiben auf den oben genannten Steuerungs- W'ellen bewegt, und sind die des Niederdruckzylinders geteilt, um Füllung und Kompression den jeweiligen Verhältissen anpassen zu können. Die Ventile sitzen oben und unten an den Zylindern, die durch Tragfüße am hinteren Zylinder ende und an dem Anschluß der Geradführung vorn auf dem Fundament befestigt sind. Die Führung der Kreuzköpfe ist die allgemein verwendete, freischwebende Corlißgeradführung mit angegossenem Kurbellager, sowie Schutzblechen und Geländern an den Kurbeln. Das Sclrwungrad mit 8 Armen ist geteilt herge- stelit, und die Hälften sind verschraubt. Es ist zugleich als Seilscheibe mit Rillenkranz ausgebildet und überträgt mittels 6 Stück 40 mm starken Baumwoll seilen die Bewegung auf eine Niederspannungs-Gleichstromdynamo der Elek trizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer & Cie. in Frank furt a. M. Der ganze elektrische Teil ist von der genannten Firma erstellt bezw. von ihren Vertretern in Reutlingen, Reinhardt & G okenbach, ein gerichtet worden. Die Seilscheibe der Dynamomaschine von 800 Durchmesser ist fliegend, also außerhalb der beiden Lager, angeordnet. Bei 80 Umdrehungen des Schwungrades macht somit die Dynamomaschine 500 in der Minute. Die Lager der letzteren besitzen Ringschmierung, wie das jetzt ganz allgemein üb lich geworden ist. Schmierungen, welche das Oel durch kleine Röhrchen nach den Verbrauchsstellen leiten, sorgen für ausgiebige Schmierung der Dampfmaschine, deren Leistung bei 220 Volt und 340 Ampere rund 100 Pferdestärken beträgt. Außer dieser großen Dampfmaschine hat die Firma noch ausgestellt: zwei liegende Dampfmaschinen von 30 bezw. 16 Pferden Normalleistung. Beide Maschinen sind mit Schieberpräzisionssteuerung, System Rider, und mit kräftigen Porter-Regulatoren ausgestattet. Die Schieber der 30pferdigen Maschine sind geteilt, um möglichst kleine schädliche Räume zu erhalten und so den Dampf verbrauch zu vermindern. Hervorgehoben zu werden verdient der ruhige Gang der Maschinen, selbst bei der größten Kraftabgabe, sowie die saubere und ge diegene Arbeit, die in allen Einzelheiten zum Ausdruck kommt. Wenn man dem anscheinend mit Leichtigkeit vor sich gehenden Spiel der bewegten Teile der Maschinen folgt, die so sauber gehalten und so zierlich ge formt erscheinen, so ist man gerne geneigt, zu vergessen, daß es sich hier bei jedem einzelnen Hub um Entfaltung von gewaltigen Kräften, um Bew-egung schwerer Massen handelt. Dieselben so zu lenken und aufzufangen, daß sie an scheinend zwanglos und spielend und doch in Wirklichkeit in eiserne Fesseln gebannt, unter dem gewaltsamen Druck eines unerbittlichen Zwanges nützliche Arbeit verrichten und nicht in furchtbarer Entfesselung Verwüstung und Schrecken hervorrufen, das eben ist die Kunst des Maschineningenieurs. Die kleinere, 16pferdige Dampfmaschine mit 140 Minuten-Umdrehungen überträgt ihre Kraft mittels Riemen auf eine Niederspannungs-Drelistromdynamo mit einer Leistung von 12,000 Watt bei 110 Volt Spannung. Von dieser den Wechselstrom erzeugenden, daher auch Primärmaschine genannten Maschine findet eine Arbeitsübertragung statt; es werden nämlich von ihr zwei Dreh strommotoren für eine Leistung von je 5 Pferdestärken gespeist. Das Wesen dieses Wechselstroms, als eines die Leitung in wechselnder Richtung und Stärke