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6 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 1. 1896/97. Kolonial-Verwaltungen sind übereingekommen, der Eastern Extension Telegraph Company, d. h. der Eigentümerin der gegenwärtig be stehenden Telegraphenverbindungen mit Australien, eine Jahres-Ein- nahme von 4 540 000 Mark zu gewährleisten und für etwaige Ausfälle an Gebühren bis zur Höhe von 200 000 Mark jährlich Ent schädigung zu gewähren; sie haben außerdem für die Kabel-Verbin dung mit Neu-Seeland die Gewährleistung für eine Jahres-Einnahme bis zur Höhe von 400 000 Mark und — so lange keine Konkurrenz linie besteht — die Deckung eines Gebühren-Ausfalls bis zu 180 000 Mark übernommen. Diese weitgehenden Zugeständnisse sind lediglich unter der Bedingung gemacht worden, daß die Gesellschaft während der Dauer der Garantieleistung keine Erhöhung der gegenwärtig geltenden Telegraphentarife eintreten läßt. Wenn dieses Ueberein- kommen zunächst auch nur für die Dauer eines Jahres abgeschlossen worden ist und sich, falls eine Kündigung nicht erfolgt, immer nur um ein weiteres Jahr verlängert; so läßt sich daraus doch keinesweg die Wahrscheinlichkeit der baldigen Herstellung eines Pacific-Kabels herleiten, da hierdurch der Eastern Extension Telegraph Company Konkurrenz bereitet werden würde. Erheblich bessere Aussicht auf baldige Verwirklichung scheint das Bestreben zu haben, dem tele graphischen Verkehr zwischen Europa und Amerika vermehrte Abfluß wege zu schaffen. Auf dem Gebiete des Tarifwesens ist ein neuer Fortschritt zur Vereinfachung und Herabsetzung der Telegraphen- Gebühren zu verzeichnen. Infolge eines Abkommens zwischen den Regierungen von Großbritannien, der Kapkolonie, Natals, der Britischen Süd-Afrika-Gesellschaft und der Südafrikanischen Republik einerseits und dev Eastern and South African Telegraph Company andererseits ist die Gebühr für den Telegrammvcrkchr zwischen Europa und den südafrikanischen Staaten auf einen ermäßigten und gleichen Betrag für die Wege über Suez-Aden (östlich) und Careavellos - Bathurst (westlich) festgesetzt worden. Die Höhe der bewilligten Tarif- Ermäßigungen ist beträchtlich; sie erreicht fast 50 Prozent der früheren Sätze. Bei dieser Gelegenheit erscheint es am Platze, noch eine Frage zu erörtern, welche neuerdings von berufener Seite aufgeworfen worden ist, nämlich: welche Lebensdauer für Untersee- Kabel im allgemeinen sich annehmen läßt. Es ist vielfach die Meinung ausgesprochen worden, daß die Betriebsfähigkeit der auf dem Meeresgründe liegenden Kabel nicht länger als 10 bis 12 Jahre Vorhalte. Das ist jedoch ein Irrtum, der umsomehr der Berichtigung bedarf, als er eines der größten Hindernisse für Tarifermäßigungen bildet. Die große Nordische Telegraphen-Gesellschaft hat aber im Jahre 1895 bei Gelegenheit der Feier ihres 25 jährigen Bestehens darauf hinweisen können, daß ein Teil ihrer Kabel, und zwar die jenigen auf den Hauptlinien des europäischen Untersee-Netzes, ebenfalls bereits 15 Jahre alt seien, und daß einige andere ihrer Kabel sogar aus noch früherer Zeit, aus den Jahren 1867 und 1868, stammten. „So alt diese Kabel auch sind,“ sagt die Gesellschaft in ihrem j Jubiläumsbericht, „so erfüllen sie doch noch ihren Zweck in durchaus zufriedenstellender Weise.“ Auch das vom Berner Büreau heraus gegebene offizielle Verzeichnis der Untersee-Verbindungen läßt erkennen, daß die durchschnittliche Dauer der Kabel weit über 10 bis 12 Jahre hinausreicht. Als die siebente Neubearbeitung des Kabel - Verzeich nisses im Oktober 1894 im Druck erschien, befanden sich 292 603 Kilometer Kabel im Betriebe; davon waren verlegt 2 362 Kilometer in den Jahren 1851 bis 1865, hatten also die Lebensdauer von 30 Jahren und mehr, 27 792 Kilometer von 1866 bis 1870, waren also 25 bis 30 Jahre alt, 56 777 Kilometer waren 20 bis 25 Jahre alt, 39 662 Kilometer waren 15 bis 20 Jahre alt, 66 898 Kilometer 10 bis 15 Jahre. Der allgemeine Stand der Telegr aphen- und Fernsprech- Anlagen der Erde zu Ende des Jahres 1895 ergibt eine Ver mehrung der Linien um 70 850 Kilometer oder etwa 3 pCt., der Leitungen um 489 100 Kilometer oder etwa 7 pCt. Im Welt-Tele- graphenverkehr wurden während des verflossenen Jahres in Ländern mit europäischem Taxverfahren 232,4 Millionen, in Ländern mit außereuropäischem Taxverfahren 119 Millionen, zusammen also 351,4 Millionen Telegramme befördert gegen 351,3 Millionen im Vorjahre. Das Gesamt-Resultat weist für das Jahr 1895 eine Steigerung des Verkehrs um 146 000 Telegramme oder um 0,04 pCt. auf. Dieser mäßigen Zunahme des Telegraphenverkehrs steht eine außerordentlich rege Entwicklung des Fernsprechwesens gegenüber. (Freis. Ztg.) Spiritus-Karbid-Licht. Neuerdings wurde mit einer neuer fundenen Beleuchtungsart ein Versuch angestellt. Es handelt sich um eine Patrone, deren chemische Zusammensetzung das Geheimnis des Erfinders bildet und die, in Rohspiritus getaucht, ein Gas entwickelt, das mit heller, bläulich-weißer Flamme verbrennt. Die Lampe rußt nicht und kann auch nicht explodieren. Der Preis soll sich auf etwa 2 Pfg. für die Brennstunde stellen, bei einer Leuchtkraft von 75 Normalkerzen. Es sind gute photographische Aufnahmen mit dem Spiritus-Karbid-Licht gemacht worden. Der Erfinder wird gut thun, wissenschaftliche Kreise für sein Licht zu interessieren. Den Spiritusglühlampen widmet der Minister der öffentlichen Arbeiten ganz besondere Aufmerksamkeit. Die hiesige Eisenbahn direktion hat seit längerer Zeit Versuche mit diesen Lampen anstellen und jetzt über ihre Erfahrungen berichten müssen. Auf Grund dieses Berichtes hat der Minister die Uebcrzeugung gewonnen, daß die von einer hiesigen Firma hergestellten und benutzten Spiritusglühlieht- lampen hinsichtlich der Helligkeit und Stetigkeit des Lichtes sowie der Betriebs- und Unterhaltungskosten sowohl für Innenbeleuchtung als auch, bei Anwendung zweckdienlicher Laternen, insbesondere für Außenbeleuchtung sich als brauchbar und der Petroleumbeleuclitung als überlegen erwiesen haben. Auch ist es gelungen, durch passende Bauart der Vorwärmepfanne den bei den ersten Ausführungen nach dem Anbrennen auftretenden starken Geruch nach denaturiertem Spiritus zu beseitigen. Nur die Sicherheit hat bisher zu wünschen übrig gelassen, indem von den im Ganzen versuchsweise verwendeten 17 Lampen drei durch Explosion zerstört oder beschädigt worden sind. Da indessen begründete Aussicht vorhanden ist, daß der letztere Uebelstand durch geeignete Abänderung einiger Einzelheiten der Lampen wird beseitigt werden können, so ist die hiesige Eisenbahn direktion veranlaßt worden, mit Rücksicht auf die sehr erhebliche wirtschaftliche Bedeutung der Spiritusglühlichtbeleuchtung, die Ver suche mit den bisherigen sowie mit anderen geeignet erscheinenden, für jene Beleuchtungsart eingerichteten Lampen nach Maßgabe der zu diesem Zwecke verfügbaren Mittel fortzusetzen und über das Ergebnis demnächst weiter zu berichten. Kupferstatistik. Nach der Aufstellung der Firma Henry R. Merton & Co. in London betrugen im Juni die Zufuhren an Kupfer in England und Frankreich 14,803 t und die Ablieferungen 15,425 t. Die Gesamtvorräte einschließlich schwimmender Waare sind vom 15. bis 30. Juni von 37,435 t auf 36,279 t zurückgegangen. Der Preis für Chili Bars ist von Lst. 50.5 auf Lst. 49.2.6 ge fallen. Die Röntgen-Strahlen im Dienst der Heilkunde. Ueber die Verwertbar keit der Röntgen-S > m dizinische Zwecke werden auf Veranlassung der Medizinalabteilung ues X ■ g smin isterium s in der Kaiser Wilhelms- Akademie für das militärarzi :■ he Bildungswesen und im Garnisionlazaret I seit der ersten Veröffentlichung Röntgens Versuche angestellt. Das Wesentliche über die ersten Ergebnisse dieser Arbeit ist früher mitgeteilt worden. Ueber die neuen Erfolge, die seither erzielt worden sind, geben Oberstabsarzt Dr. Schjerning und Stabsarzt Dr. Kranz fei der in der neuesten Nummer der Deutsch, med. Wochensckr. Nachricht. Einleitend betonen sie, daß die wesent lichen Fortschritte, die mit dem Röntgen-Verfahren gemacht wurden, besonders dem einen Umstande zu danken sind, daß von den Glastechnikern weit bessere Hittorf-Röhren hergestellt worden sind. Um den Unterschied gegen früher zu kennzeichnen, führen Schjerning und Kranzfelder aus: „Während im März die Kraft der besten Röhren nur zur Durchstrahlung einzelner nicht zu dicker Teile des menschlichen Körpers ausreichte, giebt es jetzt für gute Röhren keinen sagittalen Brust- und Bauchdurchmesser mehr, der nicht für X-Strahlen leicht durchgängig wäre. Das Gleiche gilt von allen Durchmessern der hirnerfüllten Schädelkapsel.“ Sie fügen aber hinzu: „Noch nicht so vollkommen helle Bilder erhalten wir aus | den transversalen Durchleuchtungen des Rumpfes. Und der Beekenabschnitt mit den angesehlossenen Hüftgelenksgebieten setzt auch heute noch in den meisten seiner Durchmesser der bisher erzielten X-Strahlenstärke einen Widerstand ent gegen, der Durchleuchtungen oft nicht vollkommen gelingen läßt.“ Bestätigt wird von Schjerning und Kranzfelder der hohe Wert der Beobachtung mit dem fluoreszierenden Schirme. Sie heben im einzelnen hervor, daß man mit dem Schirm über die Bewegungen des Herzens, des Zwerchfells, der Knochen in den Gelenken, über die Schluckbewegung, über die Bewegungen des Zungen beines und des Kehlkopfes unter normalen Verhältnissen Aufschluß erhält. Von den krankhaften Veränderungen, die das Röntgen-Verfahren wahrnehmen läßt, vermerken sie außer der Feststellung von metallischen Fremdkörpern Knochen brüche und Verrenkungen, falsche Gelenkbildung und Gelenksteifigkeit, Tuber kulose der Knochen und Gelenke und Knochengeschwülste. Hervorgehoben wird der Nachweis von Verkalkungen in der Lunge und der Nachweis einer Kugel im Gehirn bei einem Lebenden. Sehr eindringlich raten Schjerning und Kranzfelder, daß man hei der Deutung der einzelnen Wahrnehmungen bei Röntgen-Aufnahmen die strengste Vorsicht walten lasse. Sie betonen ganz be sonders noch, daß das Röntgen-Verfahren nur eine Unterstützung der alten klinischen Untersuchungsmethoden sein kann. Die Ergebnisse dieser außer acht zu lassen, wäre ein grober Fehler. Ueber die Beziehungen zwischen der Auf nahme mit dem fluoreszierenden Schirme und auf der photographischen Platte urteilen Schjerning und Kranzfelder ganz wie hier früher geschehen: „Keines der beiden Bilder,“ sagen sie, „vermag das andere vollkommen zu ersetzen; beide ergänzen sich und können sich gegenseitig teilweise vertreten; beide sind für medizinische Zwecke unentbehrlich.“ — W. W. Mord durch Röntgen-Strahlen. Das New-Yorker „Journal“ hat unlängst die folgende Depesche aus Berlin veröffentlicht: „Dr. Markus, dessen „Inneres“ (interior) während der letzten 20 Tage „dreißigmal nach dem Röntgen-Prozesse photographiert worden ist, „hat infolgedessen alle Haare verloren und sein Gesicht hat eine bräun liche Farbe angenommen. Die Haut schälte sieh von seiner Brust ab, „wo das Hittorf’sche Instrument sie „beinahe“ berührte, und auf seinem „Rücken zeigte sich anfänglich eine gerötete Stelle, die sich bald in „eine blutende Wunde verwandelte und von großen Brandblasen um- „geben war. Das arme Opfer hat seinen letzten Athemzug gethan!!“ Solche Enten können nur von sensationssüchtigen amerikanischen Blättern — wie das Journal eines ist — vom Stapel gelassen werden. Aber schließlich wird man hier an alles gewöhnt, selbst an die Spalten, die — namentlich an Sonntagen — dem lesebegierigen Publikum regelmäßig vorgesetzt werden und mit den abenteuerlichsten Schilderungen von Seeschlangen und allerhand anderem Ungetier angefüllt sind. E. B.