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193 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 15. 1896/97. War der Phonograph früher bloß für Unterhaltungs.: wecke dienlich, was er auch jetzt noch und zwar in erhöhtem Maße sein kann, so ist er in seiner verbesserten Gestalt zu den vielfältigsten Zwecken brauchbar. Der Chef eines Geschäftshauses kann des Morgens seine sämtlichen Dispositionen für den Tag dem Phono graphen an vertrauen und der Korrespondent kann die Briefe rascher in den Phonographen sprechen als einem Stenographen diktieren; jüngere Kräfte können alsdann nach den Phonogrammen die Aus* fertigung der Briefe besorgen. Schriftsteller und Gelehrte können ihre Gedanken durch den Phonographen rasch fixieren, ebenso Musiker ihre Melodien. Auch für Rechtsanwälte und Richter ist der Phonograph sehr nützlich. In diesen und noch verschiedenen andern Fällen leistet der Phonograph treffliche Dienste. Vielfältige Zeugnisse bestätigen die außerordentliche Nützlichkeit des freilich nach mehrjährigen Bemühungen zu hoher Vollkommenheit gebrachten Apparates. Die „Deutsche Edison-Phonographen-Gesellschaft m. b. H. in Köln a. Rhein“ hat den Vertrieb der Phonographen in Hand ge nommen und sind eventl. Anfragen an diese zu richten. In der Sitzung der internationalen Gesellschaft der Elektro techniker zu Paris am 7. April haben die Wahlen zur Ergänzung eines Teils des Bureaus und des Komites stattgefunden. Gewählt wurden: Zum Vorsitzenden Herr R. V. Picou, zu stellvertretenden Vorsitzenden die Herren Hillairet und Pollard, zu Schriftführern die Herren Aliamet, Brunswick und Loppe, zum Generalsekretär Herr M. X. Gossel in. Der Generalsekretär, H. Hillairet erstattete einen Bericht über die Sitzungen des ganzen Jahres; darauf wurde die Abrechnung gutgeheißen. Nach einer Bemerkung des Herrn Pellat über die Dezimal teilung der Stunde in Frankreich, womit augenblicklich eine Spezial kommission beschäftigt ist, macht Herr Dr. d’Arsonval eine sehr interessante Mitteilung über die physiologischen- und therapeutischen Wirkungen der Ströme von hoher Wechselzahl. Er bespricht aus führlich die erhaltenen Ergebnisse. Jeder kennt die mächtigen In duktionswirkungen dieser Ströme. Herr d’Arsonval stellt nun einige Versuche an, um diese Wirkungen ins Gedächtnis zurückzurufen. Er weist ferner darauf hin daß, um Elektrisationswirkungen am mensch lichen Körper hervorzurufen, es nötig sei, die Haut weich zu machen und zwar dadurch, daß man die Hände in eine Lösung von Potasche in heißem Wasser im Verhältnis von 1:100 taucht. Der Widerstand des Körpers wäre alsdann nur noch 600 Ohm. Die Ströme von hoher Frequenz wirken nicht auf die sensibeln Nerven. Ein der Wirkung dieser Ströme ausgesetztes Individium hat keine Empfindung davon. Unter den hauptsächlichsten Ergebnissen, welche in der Klinik von den Herren Apostoli und Charrin an einer großen Zahl von Personen konstatiert worden sind, erwähnt Herr d’Arsonval besonders die Zunahme der Oxydation des Organismus und die ver mehrte Wärmeerzeugung. Er weist auf eine sehr bemerkenswerte Zahl hin: Eine Person, welche im gewöhnlichen Zustand 17 bis 21 Liter Kohlensäure in der Stunde ausscheidet, liefert 37 Liter, wenn sie der Wirkung von Strömen hoher Frequenz ausgesetzt ist. Herr d’Arsonval hat beobachtet, daß die Ströme von hoher Frequenz tief in das Innere des menschlichen Körpers eindringen und sich nicht auf die Oberfläche beschränken. Ferner bespricht Herr d’Arsonval die Versuche, welche er mit Herrn Charrin über Mikroben und Bakterien angestellt hat. Sie wurden verändert, getötet oder in Kuhpockenlymphe verwandelt. Er hofft dahin zu kommen, direkt Krankheiten im Innern des Körpers behandeln zu können. Zum Schluß zeigt Herr d’Arsonval einen ein fachen Apparat, um Ströme von hoher Frequenz zu erzeugen; er besteht aus einem Rhümkorffchen Induktionsapparat mit einem den Unterbrecher ersetzenden Motor. P. N, Die Säehsiseh-Thüring-isehe Industrie- und Gewerbe-Aus stellung in Leipzig ist am 24. April in Gegenwart Sr. Maj. des Königs von Sachsen feierlich eröffnet worden. Technikum Hildburghausen. Das Ergebnis der Reifeprüfungen am hiesigen Technikum, die am 27. Mäi'z beendet wurden, war wiederum ein günstiges, indem weitaus die meisten von den 132 Kandidaten mit „recht gut“ und „gut“ bestanden haben. Das Sommersemester beginnt mit dem 22. April. Stadt. Technikum Neustadt i. Meekl. Bei den letzten Prü fungen haben von den 41 Kandidaten des Ingenieurfaches 40 und von den 38 Prüflingen des Hochbaues und des Tischlergewerks 35 bestanden. Das Sommersemester beginnt am 3. Mai. Die Lehrmittel für Elektrotechnik haben durch eine etwa 1 Kilometer lange Arbeitsübertragung für Wechselstrom mit dem daran anschlies senden Maschinenpaar zur Transformierung von 800 V. starkem Wechselstrom in 65 V. Gleichstrom eine weitere Vermehrung er halten. Die Elektrotechnische Fabrik von Umbreit und Matthes teilt uns mit, daß sie mit dem 1. April ihr Geschäft auf ihr Grundstück Leipzig-Plagwitz, Ziegelstraße 19 verlegt hat. Die American Hard Fibre Company, Newark teilt mit, daß sie wegen der beständigen Ausdehnung ihres Europäischen Geschäftes und stets wachsender Nachfrage aus technischen und elektro technischen Kreisen nach ihrem Fabrikate American Hard Fibre sich veranlaßt gesehen hat, in Hamburg unter gleicher Firma ein Zweig geschäft, verbunden mit größerem Lager in harter und biegsamer Fibre zu eröffnen, dessen Leitung dem Herrn Dittmar Hurtzig übertragen worden ist. Gans & Goldschmidt, Berlin. Mit dem 1. April d. J. hat obige Firma eine elektrotechnische Anstalt und mechanische Werk stätte zur Herstellung elektrischer Meßinstrumente eröffnet. Die Firma befaßt sich mit dem Bau von Präzisions- und Normalinstrumenten, sowie technischer Strom- und Spannungsmesser in jedem Meßbe reich, u. a. auch derjenigen nach dem Prinzip von Deprez- D’Arsonval. Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Schuckert & Co., Nürnberg. Die Gesellschaft hat die Konzession für eine elektrische Zentrale zur Licht- und Kraftverteilung im ganzen Gebiete der Stadt Florenz erhalten. Der Bau ist bereits in Angriff genommen und wird derart beschleunigt, daß der Betrieb noch im Laufe dieses Jahres eröffnet werden kann. Anlage und Betrieb sollen einer besonderen Konsumgesellschaft (Soeietä cooperative) übertragen werden, die von der Unternehmerin und der Kontinentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen im Verein mit ersten Privatkreisen in Florenz gebildet wird. Die Konstituierung dieser Gesellschaft mit einem Anfangskapital von 1,500,000 Lire ist bereits für nächsten Monat in Aussicht genommen. — W. W. Gesellschaft für elektrische Hoch- und Untergrundbahnen, Berlin. Das Projekt der elektrischen Hochbahn, das bisher in den Händen der Firma Siemens & Halske lag, ist auf eine unter obiger Firma errichtete Aktiengesellschaft übergegangen. Der anderwärts mit 100 Mill. Mk. bezifferte Geldbedarf war für die bisherigen Pläne zweifellos viel zu hoch angegeben. Thatsächlich sollen zunächst nur 25 Mill. Mk. beschafft werden, je zur Hälfte durch Aktien und durch Obligationen. Auch das ist ein hoher Betrag für die gestellte Aufgabe; er erklärt sich nach unseren Informationen zu .erheblichem Teile dadurch, daß die Errichtung einer Hochbahn, besonders in der Linie nach dem Potsdamer Bahnhof zu, sehr kostspieligen Grunderwerb nötig macht. Ein Teil der geplanten Linien, besonders in den äußeren Rayons der Stadt, kann schwerlich in naher Zeit auf so reichen Verkehr rechnen, daß die relativ hohen Kosten der Hochbahn- Anlage lohnende Ueberschüsse lassen werden. Dagegen bietet das Hochbahn-System im Betriebe auch Vorzüge gegen die Niveaubahn, und eine Untergrundlinie vom Potsdamer Bahnhof nach dem Bahnhof Friedi'ichstraße bringt den Vorteil, daß sie im Herzen des Berliner Verkehrs sich bewegt, und überdies zwischen Süd und Nord, welche Richtung bisher schlechter bedacht war als die zwischen Ost -und West; diese Untergrundlinie kann also sehr lohnend werden, sofern ihre Anlage nicht gar zu teuer ausfällt. Die Finanzierung wird durch die Deutsche Bank und deren Gruppe durchgeführt. Mit der den Vorbesitzern nahestehenden Firma von Koenen & Co. bezw. Herrn Dr. Rosenthal und einem von ihm gebildeten Konsortium ist eine Verständigung dahin erzielt, daß diesem die elektrischen Niveau bahnen überlassen werden, die durch Siemens & Halske bisher in Berlin gebaut wurden oder künftig gebaut werden. Daß für die Finanzierung der Hochbahn eine Verständigung der Gruppe Deutsche Bank mit derjenigen der Diskonto-Gesellschaft (Gesellschaft für elektrische Unternehmungen) nicht zu Stande gekommen ist, wird von anderer Seite bestätigt. Vor einiger Zeit wurde übrigens schon als wenig wahrscheinlich bezeichnet, daß die Gesellschaft für elektrische Unternehmungen bezw. deren Finanzgruppe sich daran beteiligen werden, und zwar wird dies durch Rücksichten auf die Konkurrenz-Verhältnisse motiviert. (Frkf. Ztg.) Neue Bücher und Flugschriften. Graetz, Prof. Dr. L, Die Elektrizität und ihre Anwendungen. Ein Lehr- und Lesebuch. Mit 443 Abbildungen. Sechste Auflage. Stuttgart, J. Engel horn. Preis 7 Mk. Neumann, Dr. B. Theorie und Praxis der analytischen Elektrolyse der Metalle. Mit 65 in den Text gedruckten Abbildungen. Halle a S. Wilh. Knapp. Preis 7 Mk. Willing & Violet Mechanische Werkstätten für Elektrotechnik und Maschinenbau. Berlin. Illustrierte Preisliste. Koller, Dr. Th. Neueste Erfindungen und Erfahrungen. XXIV. Jahrgang, 4. Heft Wien, A. Hartleben. Preis pro Heft 60 Pfg. Bücherbesprechung. Fodor, Etienne de. Elektrizität direkt aus Kohle. Mit 67 Ab bildungen. BandXLVI der Elektrotechnischen Bibliothek. Wien. A. Hartleben. Preis 3 Mk. „Elektrizität direkt aus Kohle“ ist eines der Themata, die gegenwärtig am meisten besprochen werden. Zu einem in namhaftem Maße technisch brauch baren Resultate ist man freilich noch nicht gelangt. Aber der Eifer, diese Schwierigkeit zu überwinden, ist groß; beteiligen sich doch die namhaftesten Gelehrten und Techniker an dieser Aufgabe. Es ist deshalb sehr zeitgemäß, daß eine Zusammenstellung alles dessen erfolgt ist, was bisher geleistet worden; namentlich ist es für nachfolgende Forscher von Wichtigkeit, die verschiedenen Wege und Irrwege auf diesem Gebiet kennen zu lernen, um nicht längst Ver worfenes nochmals zu verfolgen. Das Buch des Herrn E. de F o d o r zeugt von intensiven historischen Studien von Volta und Davy ab bis auf die heutige Zeit; es dürfte wohl kaum Etwas von Belang fehlen. Das Buch greift aber noch weiter; die Verwandlung der Wärme über haupt in Elektrizität und ebenso die Verwandlung chemischer Energie in elek trische finden ebenfalls eingehende historische Behandlung. Das vorliegende Buch kann deshalb als ebenso zeitgemäß wie umfassend und wissenschaftlich tüchtig bezeichnet werden. Kr.