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114 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. S. 1896/97. Bei der Lokomotive sans feu ist der Kessel so ungeheuer groß, daß er einen ganzen Tramwaywagen einnimmt. Dasselbe ist bei der Pöppschen Luft druckmaschine der Fall. Bei allen diesen Systemen, hat es sich ergeben, daß zwischen Spannung, Gefahr und Umfang des Behälters ein ungeheueres nicht zu verkennendes Mißverhältnis besteht. Mit den Akkumulatoren liegt die Sache durchaus nicht anders (?) Wenn Sie dazu all’ das in Betracht ziehen, was ein Tramwaybetrieb erfordert — Nachtbetrieb, Anhängewagen, Güterbeförderung u. s. w. — so werden Sie sagen, der Tramwaywagen muß mindestens 40 PS. leisten und ein derartig konstruierter Tramwaywagen mit Akkumulatoren weist dasselbe ungünstige Verhältnis zwischen Gewicht, Größe und Spannung des Behälters wie die älteren Betriebsarten auf. Die Akkumulatoren-Wagen sind in New-York, Hamburg, Berlin probiert worden, aber nirgends zur Einführung gelangt. (Zwischen Haag und Scheven- ningen sind Akkumulatorwagen schon seit mehreren Jahren unausgesetzt in Betrieb. Die Bed.) Was kostet nun ein 40-pferdiger Tramwaywagen mit Akkumulatoren betrieb? Bei Berechnung eines 2 Minutenverkehrs und 10 Minuten Nacht verkehrs bei weitem mehr wie die teuerste unterirdische Stromzuführung. Doch muß ich noch bemerken, daß für die Zukunft auch eine solche Kraft meiner Meinung nach nicht genügen wird. Wir werden das Doppelte an Pferdekraft für einen Wagen brauchen. Das Mittel hierfür haben wir in erster Reihe in der Spannung. Wenn wir auch jetzt bei einer Spannung von 500 Volt sehr vorsichtig sind, so werden wir doch bei unserem Motor auf eine höhere Spannung kommen. Es ist aber von vorneherein ausgeschlossen, daß man dies bei einer Auf speicherung leisten kann. Abgesehen von dem Eigengewicht des Akkumulators ist der Motor ent sprechend größer und teuerer. Denn die Größe des Motors hängt von der Spannung ab. Heute stellt sich nun das Preisverhältnis eines solchen Wagens zu einem gewöhnlichen Wagen wie 15,000 zu 6000 fl. Das Ausstatten eines Wagens mit einer Akkumulatoren-Batterie kostet 9000 fl. Aber mit einer Batterie kommen Sie nicht aus. Zur Ladung derselben ist Zeit nötig, ungefähr 2—3 Stunden. Sie müssen daher für jeden Wagen 2—3 Sätze haben. Ziehen Sie da den Nachtbetrieb und die Anhängewagen in Betracht, so geht das in's Unendliche. Wesentlich ist hier für die Trambahn in Wien noch das vorhandene Schienengeleise zu berücksichtigen. Wenn ein Akkumulatorwagen das doppelte Gewicht hat, muß der Schienenoberbau doppelt so stark sein. Bei der Wiener Tramway sind Phönix- Schienen von 157 mm Höhe gebräuchlich und die sind für den gewöhnlichen Motorenwagenbetrieb kaum ausreichend. Sie werden noch dazu kommen, den sogen. Blattstoß anzubringen, d. h. für eine Einrichtung zu sorgen, damit die Ueberfahrt von einer Schiene zur anderen möglichst stoßlos vor sich gehe. Dazu haben Sie in Wien nur Pflastergrund, der die Anlage eines festliegenden Geleises außerordentlich erschwert. Es würde ungeheuere Kosten verursachen, wenn man den ganzen Schienenuntergrund mit Beton versehen wollte. In Hamburg ist man bei Einführung der einfachen Motorenwagen (5000 kg) daran gegangen, ein höheres Schienenprofil anzuwenden, 180 mm hoch, während es hier nur 157 mm Höhe hat, und selbst dieser 110 kg pro Meter wiegende Schienen bau mit Laschenstoß hat sich noch nicht vollkommen bewährt, sodaß eine Ver stärkung des Geleises späterhin voraussichtlich noch eintreten wird. Wesentlich ist ferner Folgendes. Es gibt keinen Straßenbahnbetrieb, bei dem es nicht einmal vorkommt, daß ein Wagen aus den Schienen gerät. Eine sehr schlimme Ecke ist z. B. bei der Wallgasse, wo der Wagen von einer Steigung herunter kommt und in eine Kurve einfährt. Nur eine kleine Unvorsichtigkeit des Führers und der Wagen fährt über die Schienen hinaus. In einem solchen Falle würde erstens der Akkumulator sehr leicht beschädigt werden und für das Publikum besteht die Gefahr, daß sich die Säure, mit welcher der Akkumu lator gefüllt ist, im Wagen verbreitet. Nun komme ich zu den Akkumulatoren im allgemeinen. Ich nahm bis jetzt an, daß die Akkumulatoren vollkommen seien, aber sie sind absolut nicht vollkommen. Sie sind für den stationären Betrieb gerade genügend. Jede Akkumulatoren-Gesellschaft übernimmt Garantie für eine zehnjährige Brauchbarkeit und berechnet ungefähr 3-5pCt. pro anno dafür. Doch ist eine sorgsame Behandlung bedungen, sonst leistet die Gesellschaft keinen Schadenersatz. Uebrigens möchte ich bemerken, daß die großen Akkumulatoren-Gesellschaften zehnmal soviel Garantie übernommen haben, als sie eigenes Kapital besitzen. Nun möchte ich auf die wesentlichen Unterschiede in der Berechnung kommen. Wenn ich annehme, daß die Kosten für den Akkumulatorenbetrieb dieselben sind, wie für den Stromzuführungsbetrieb, so ist zu bedenken, daß Sie das Geld, das Sie für Akkumulatoren ausgeben, in diese hineinstecken. Stecken Sie im anderen Falle dagegen Ihr Geld in die Kupferleitung, selbst wenn diese mehr kostet, so tritt keine zehnjährige Amortisation ein, sondern Sie haben bei der Schienen-, resp. der Drahtleitung, eine bei weitem geringere Amortisation zu berechnen. Das ist besonders wichtig für die Abrechnung bei den Tramway- Gesellschaften. Mit Bezug auf die Akkumulatoren im allgemeinen und deren Brauchbarkeit zum Tramwaybetrieb möchte ich auf ein Gutachten des Herrn Prof. Dr. Voller, Direktor des physikalischen Staats-Laboratoriums in Hamburg und des Herrn Prof. Dr. Kohl rausch in Berlin, ausgearbeitet für die Stadt Altona, verweisen. Es ist versucht worden, in Hamburg den Dampfbetrieb der Kai-Krähne mit dem elektrischen zu vertauschen. Man hat eine Verbindung mit den in den Gebäuden der Lagerhaus-Gesellschaft befindlichen Akkumulatoren hergestellt und hat im Laufe eines halben Jahres eine Akkumulatoren-Batterie für '/ 2 Million Mark verloren, die für den Lichtbetrieb ausgezeichnet war und den Kraftbetrieb nicht vertragen konnte. (Schluß folgt.) Die elektrische Kraftübertragung der Papierfabrik Biberist. Von Dr. A. Denzler, Ingenieur, Dozent für Elektrotechnik am eidgen. Polytechnikum *). Anfangs Juli wurde eine größere Krafttransmissionsanlage zwischen Frinvillier ob Biel und Biberist bei Solothurn dem Betrieb übergeben. Das Projekt, eine zwischen Rondchätel und Frinvillier an der Suze ge legene Wasserkraft von etwa 360 PS, für welche an Ort und Stelle keine Ver wendung vorhanden ist, zur Entlastung der Dampfmaschinenanlage auf elek trischem Wege nach der Papierfabrik Biberist zu transmittieren, datiert schon aus dem Jahre 1886, d. h. aus einer Zeit, als eben in der Schweiz die ersten größeren Kraftübertragungsanlagen erstellt wurden. Die Ausführung desselben verzögerte sich jedoch von Jahr zu Jahr, weil die zu Gebote stehenden technischen Hülfsmittel zu einer rationellen Bewältigung der Schwierigkeiten, welche sich aus der bedeutenden Uebertragungsdistanz von 28,5 km ergeben, eben noch nicht ausreichten. Die Möglichkeit, den Plan zu verwirklichen, schien erst näher ge rückt, als die Hochspannungsversuche bekannt wurden, welche die Maschinenfabrik Oerlikon im Januar 1891 anstellte, da dieselben einen neuen praktischen Weg zeigten, um elektrische Energie in ökonomischer Weise auf große Distanzen zu transmittieren; doch wurde beschlossen vorerst das Ergebnis der Lauffen-Frank- furter Uebertragung abzuwarten. Inzwischen hatten auch die Zwecke und Bedingungen genau festgestellt werden können, welchen die Uebertragung genügen sollte. Darnach war folgende Verwendung der transmittierten vorgesehen: Antrieb einer Gruppe von Holländern, welche zusammen bis 140 PS ab sorbieren können, Abgabe von etwa 40 PS an die Transmission im benachbarten Calandersaal. Wenn nötig Abgabe von 60—70 PS an die Seiltransmission zur Deckung- des Kraftverbrauches, welcher durch die gleichzeitig einzurichtende elektrische Fabrikbeleuchtungsanlage verursacht wird, in der Meinung, daß im letzteren Fall bei Kraftmangel Holländer abgestellt werden. Im besondern wurde gefordert, daß der Antrieb der Holländer und der Calandertransmission nach Belieben unabhängig von der übrigen Fabrik oder aber in Verbindung mit der Haupt- und Seiltransmission derselben geschehen könne. — Das eine erfordert Sekundärmaschinen, welche unter voller Belastung anzulaufen vermögen, während die zwangsläufige Verbindung- mit der Haupt transmission voraussetzt, daß von letzterer herrührende Tourenschwankungen bis zu 10 pCt. die elektrische Uebertragung nicht störend beeinflussen. Diese Be dingungen präjudizierten die Wahl des Uebertragungssystems in hohem Maße. Ein einfaches Wechselstromsystem mit synchron laufenden Sekundär maschinen, wie es z. B. im Elektrizitätswerk Cassel zur Anwendung gelangte, war zum vornherein ausgeschlossen, einmal weil solche Elektromotoren nicht unter Belastung angehen und sodann weil sie durch die unregelmäßig laufenden und viel stärkern Fabrikturbinen fortwährend aus dem Synchronismus gerissen würde. Aus dem gleichen Grunde konnten auch synchron laufende Drehstrom motoren nicht in Frage kommen. Große brauchbare Drehstrommotoren mit asynchronem Gang existierten damals noch gar nicht wie am besten aus der Thatsache geschlossen werden konnte, daß die Prüfungskommission für die Frankfurter Uebertragung wohl den Nutzeffekt bis zu den Sekundärklemmen der Reduktionstransformatoren bestimmt hat, während sie im Bericht über die, den letzten und nicht unwichtigsten Teil der ganzen Kraftübertragungsanlage, den 80 PS Drehstrommotor betreffenden Untersuchungsergebnisse mit Stillschweigen hinwegging. Der einzig noch offen bleibende Weg wies demnach mit Notwendigkeit auf eiue Gleichstromübertragung hin, weil eine solche, im Prinzipe wenigstens, allen den gestellten Anforderungen zu entsprechen vermag; denn in Serie ge schaltete Hauptstrommaschinen entwickeln beim Anlaufen das Maximum der Zugkraft; zwangsweise Geschwindigkeitsvariationen der Sekundärmotoren inner halb der angegebenen Grenzen haben weder Betriebsstörungen noch eine wesent liche Verminderung des Nutzeffektes zur Folge. Dazu kam noch, daß zu jener Zeit über das Verhalten und die Leistungsfähigkeit von Gleichstrommaschinen sichere Anhaltspunkte in großer Zahl bereits Vorlagen. Es konnte sich deshalb nur noch um die Frage handeln, ob sich Gleich strommaschinen mit Sicherheit für so hohe Spannungen konstruieren lassen -wie sie zur Vermeidung einer allzu kostspilligen Uebertragungsleitung notwendig sind. Als sich nun die Compagnie de l'Industrie electrique in Genf ohne weiteres anheischig machte, unter weitgehenden Garantien Gleichstrom maschinen für Spannungen von 3000—3500 Volts zu liefern, wurde dieselbe mit der Ausführung der Anlage betraut, nachdem die vorherige Besichtigung einer von jener Firma in Genua erstellten 500 PS Kraftverteilungsanlage mit Motoren in Serieschaltung gezeigt hatte, daß mit 6000 Volts Gleichstrom selbst unter sehr schwierigen Verhältnissen noch ein sicherer Betrieb möglich ist. Die T urbinenan lage nützt das ganze Gefälle der Suze aus, welches zwischen den beiden Holzstoff fabriken Rondchätel und Frinvillier noch verfügbar war. Das Wasser wird in einem 250 m langen gemauerten Kanal an der Berglehne hingeführt bis zu einem durch Kalkfels getriebenen Stollen von 110 m Länge; da aus frühem Beobachtungen hervorging, daß auch in den strengsten im Jura vorkommenden Wintern die Temperatur des Wassers niemals unter 4° Cls. sinkt, so wurde der Kanal offen gebaut mit einem Gefälle von l°/ 00 . Am südlichen Stollenende ge langt das Wasser in eine etwa 95 m lange Druckleitung aus gußeisernen Muffen röhren von 1500 mm lichter Weite, tritt dann in die Turbine ein und ergießt sich durch einen kurzen, unter der Straße hindurchführenden gewölbten Ablauf kanal in die Suze zurück. Das Turbinenhaus befindet sich unweit des nördlichen ‘) Im Auszuge aus der Schweizerischen Bauzeitung, Bd. XXII, 11 und 12.