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No. 8. 1896/97. 113 XIV. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ Regeln zur Bestimmung des Kraftsektors in den Kosten des Calcium-Carbid. Jarvis P at te n gibt darüber in Pragressive Age vom 1. Oktober 189G die folgende Auskunft. Wenn man eine Ausbeute an Carbid von 0,2 kg- pro Stunden Pferdekraft an den Ofenklemmen voraussetzt, was nach den Beobachtungen etwa um 6 pCt. zu reichlich ist, und die Kosten der Pferdekraft nach New-Yorker Preisen pro Jahr zu 6000 Stunden mit 45 Dollars (ist 180 Mk.) ansetzt, so kostet die Dampfkraft pro Pferd und Stunde 3 Pfg. Es würden demnach = 5000 u,- Pferdekräfte zur Herstellung von 1000 kg Carbid erforderlich sein. Fügt man 20 pCt. für unvermeidliche Verluste hinzu, so würde eine zehnstündige Betriebs kraft von = 600 Pferden erforderlich sein, um 1000 kg Carbid zu erzeugen. Da nun die Pferdekraft mit 3 Pfg. pro Stunde zu berechnen ist, so würde die Betriebskraft zur Herstellung von 1000 kg Carbid 18,000 Pfg. oder 180 Mk. kosten, was dem oben angenommenen Preise entspricht. Deshalb sind die Kosten für die Betriebskraft zur Herstellung von 1000 kg Carbid gleich -dem Preise für eine jährliche Dampf-Pferdekraft unter obig-en Voraussetzungen. Wenn nun Wasserkraft 20 Mk. pro Pferdekraft und Jahr kostet, so beträgt der Kraftsektor 20 Mk. pro 1000 kg Carbid. Um die wirklichen Her stellungskosten des Carbid zu bestimmen, sind noch die Kosten für Kalk, Koks und Arbeit hinzuzufügen: ausschließlich der Arbeit kann man wie folgt rechnen. Zur Herstellung von 1000 kg Carbid braucht man 875 kg Kalk und 562,5 Koks, woraus die Hegel folgt: Man multipliziere die Kosten des Kalks per 1000 kg in Mark durch 0,875 und die Kosten des Koks per 1000 kg in Mark durch 0,56 und addiere zur Summe die Kosten des Koks der Jahres-Pferdekraft in Mark, so erhält man die Herstellungskosten von 1000 kg Carbid ausschließlich der Arbeit, der Interessen, der Amortisation u. s. w. Zum Beispiel: Koks 11 Mk. per 1000 kg Kalk 10 „ „ „ „ Jahres-Pferdest. 20 „ „ „ „ dann hat man (0,875 x 11) + (0,56 x 10) + 20 = 35 Mk. Durch eine andere einfache Berechnung läßt sich bestimmen, wieviele Tonnen Carbid täglich mit einer Dampf- oder Wasser-Pferdekraft zu erzeugen sind, unter der Voraussetzung, daß 0,2 kg Carbid per Stunden-Pferdekraft her zustellen sind. S. Die Anwendung der motorischen Kraft für Strassenhahnen, speziell unterirdische Stromzuführung System Lachmann/") Der Uebergang zum Motorenbetrieb auf den Trambahnen hat ungefähr dieselbe Bedeutung, wie seinerzeit der Uebergang von der Postkutsche zur Eisenbahn. Die Trambahn wird nicht nur für den internen Verkehr bestimmt sein, sondern auch dazu, einen Teil des Eisenbahnverkehres zu übernehmen. Sie wissen, daß infolge der Stadtbahn etc., die Eisenbahn der Trambahn momentan einen großen Teil ihres Erfolges abgenommen hat. Das wird weg fallen. Denn die Trambahn hat viel für sich, und wenn sie billiger, prompter und sicherer sein wird, wenn sie genügend schnell befördern wird, so hat man nicht nur an eine Ausbildung des Trambahnnetzes in der Stadt, sondern auch an eine Verbindung Wiens mit den Vororten und den Nachbarstädten durch die Trambahn zu denken. Will man dies alles berücksichtigen, so müßte man einen Straßenbahnbetrieb durchführen, der an das Vollkommene reicht. Nur durch die elektrische Kraftübertragung, die Möglichkeit, auf Meilen eine Kraft zu übertragen, ist es möglich, an eine derartige Ausdehnung des Trambahnbetriebes zu denken. Weitere wichtige Punkte, welche bei der Einführung des Motorenbetriebes bei den Trambahnen zu berücksichtigen wären, sind folgende: Die Einführung eines Nachtdienstes, ferner daß man alle zwei Minuten, und zwar mit zwei bis drei Wagen soll fahren können. Welches sind nun die Interessenten, welche bei der Einführung eines Betriebssysteme» in Betracht kommen? 1. Die Behörden, die besonders bei Einführung des elektrischen Trambahnbetriebes interessiert sind: a) die Telegraphen- und Telephonbehörde, b) die Polizeibehörde, c) der Magistrat, d) die Gas- und Wasserwerke und endlich e) das Militär, welch letzteres aber mehr für Deutschland in Betracht kommt; 2. das Publikum; 3. die Tramway-Gesellschaft und 4. die Unternehmer-Gesellschaft. *) Vortrag de» Herrn Eduard Lachmann vor dem Verein zur Förderung des Lokal- und Strassenhahnwesens. (Aus den Mitt. des Vereins.) Diese sollte eigentlich weniger in Betracht kommen, da- dieselbe den Wünschen der übrigen Interessenten entsprechend ihre Arbeiten auszuführen hätte. Nachdem in neun Fällen von zehn die Trambahn von der elektrischen Gesellschaft aufgekauft ist, so haben wir auch mit diesem Fall, als dem kompliziertesten, zu rechnen, da daun die übrigen Interessenten besonders scharf ihre Rechte zu wahren haben. Es kann selten eine Gesellschaft so frei das Betriebssystem wählen wie die Wiener Tramway-Gesellschaft Bei den folgenden Auseinandersetzungen sind die obigen vier Interessenten jedesmal zu berücksichtigen und deren Standpunkt zu den verschiedenen Fragen in Betracht zu ziehen. Wesentlich für die Einführung eines elektrischen Trambahnsystemes ist, daß man unabhängig über das Wagenmaterial disponieren soll, während man heute bei dem Pferdebetriebe in einem Stalle nur so und so viele Pferde unter bringen kann und, wenn ich an einem Tage im Jahre 100 Pferde mehr brauche, ich diese das ganze Jahr hindurch füttern muß. Beim elektrischen Kraft übertragungs-Prinzip kann ich meinen Strom vermittels der elektrischen Kraft übertragung nach allen Richtungen einstellen. Es ist dadurch möglich, sich den Wünschen des Publikums vollkommen anzupassen, die Kraft von einer Linie auf eine andere im Augenblick zu übertragen, sodaß ich in der Zentrale nur die durchschnittlich gebrauchte Kraft vorrätig zu halten brauche. Diese beträgt kaum */ 5 der einzeln eventuell gebrauchten Maximalkräfte Allein diese Kenntnis der Vorteile der Kraftverteilung ist noch nicht überall durchgedrungen. Denn die alten Systeme, die vorhanden sind, wollen ihr Feld behaupten und ich bin daher genötigt, wenn ich einen Vortrag über die Anwendung des Motoren betriebes auf dem Trambalingebiete halten will, auch die alten Systeme zu berücksichtigen, um klar zu machen, welcher Unterschied zwischen der elektrischen Kraftübertragung und den anderen Betriebskräften besteht. Bei den alten Systemen habe ich zu unterscheiden zwischen solchen, die in erster Reihe ihre Kraft auf dem eigenen Wagen erzeugen, also eine Lokomotive darstellen und denjenigen, welche die Kraft Behältern entnehmen. Zu den ersteren gehören: 1. Die Dampfwagen von Rowan, 2. Der Serpollet-VVagen und 3. die Gas- und. Petroleum-Maschinen, die auch im Betriebe sind. Zu den letzteren gehören: 1. Die Pöppschen Luftdruckwagen, 2. Die Natron-Lokomotiven, 3. Die Lokomotive sans feu, 4. Die Akkumulatorenwagen. Die zuerst erwähnten Wagen von Rowan unterscheiden sich von den übrigen W'agen der ersten Gruppe wesentlich dadurch, daß sie einen Vorrat an Kraft mitfuhren und nicht die Kraft, die sie momentan gebrauchen, auch momentan erzeugen. Beim Rowau-Wagen ist ein Dampfvorrat im Dampfkessel vorhanden, der sofort zum Maximalbetriebe der Maschine angewendet werden kann. Dagegen lassen sich die Serpollet-Gas- und Petroleumwagen, welche die Kraft, ohne Vorrat zu haben, momentan erzeugen, auf gerader Ebene wohl anweuden, wenn aber Steigung-en eintreten, die fast eine Zahnradbahn benötigen, so ist es nicht möglich hinaufzukommen, da die Kraft nicht so schnell erzeugt, wie dieselbe gebraucht wird. Es gibt kaum einen unregelmäßigeren Betrieb wie die Trambahn. Die Grenzen liegen ja zwischen 5 und 40 PS. Bei Steigungen benötigt man 40 PS. und im nächsten Momente nur mehr 5 bis 8 PS. Ein Serpollet-Gas- und Petroleumwagen leistet auf gerader Ebene mit 8 PS. ausgezeichnete Dienste. Bei jedem Motorenbetriebe, der für die Trambahnen eingeführt wird, ist es ein wesentliches Erfordernis, daß ein Kraftvorrat vorhanden ist. Sonst kann es passieren, daß im Momente, wo sie eine Anhöhe nehmen wollen, sie wieder hinunterrutschen, weil beim Aufdrehen des Hahnes die Kraft nicht schon vorhanden ist. Beim Serpollet-Wagen z. B. muß ich in einem solchen Momente erst das Wasser einspritzen und nicht schon den Dampf; das Wasser muß erst eine 50 m lange Rohrschlange passieren um Dampf zu werden und arbeiten zu können. Soviel Zeit haben wir nicht. Derartige Systeme sind für einen großen Betrieb nicht brauchbar, sie passen nur für den Kleinbetrieb, für 5—6 PS., die in ruhiger Weise funktionieren können. Die Serpollet-Maschine arbeitet sehr billig und nimmt wenig Raum ein. Aber für einen Trambahnbetrieb reicht dieselbe nicht aus. Dasselbe ist mit den Gasmotoren der Fall Diese sind Explosions maschinen, die rückwirkend krafterzeugend sind. Erst bei jeder vierten Tour wird neue Kraft erzeugt, falls der Regulator einen Kraftmangel im Betriebe angezeigt hat. Da aber der Motor rückwirkend ist, d h. im Momente, wenn die Fahrgeschwindigkeit nicht mehr da ist, erst eine verstärkte Explosion eintritt, ist dieser Betrieb für die Trambahn nicht zu gebrauchen, wenigstens nicht an den Stellen, wo ein unregelmäßiger Kraftbedarf stattfindet. Dasselbe gilt von den Petroleum-Maschinen, die genau so konstruiert sind und sich nur dadurch vom Gasmotor unterscheiden, daß die Petroleum-Maschine das Gas selbst erzeugt. Nun komme ich auf den Rowan-Wagen zu sprechen. Meine Herren! Es gibt nichts besseres und praktischeres für den Straßen betrieb als dieser. Derselbe entspricht allen Anforderungen, die man an den Lokomotivenbetrieb stellen kann. Er ist jetzt noch in Berlin auf sehr großen Strecken im Gebrauche. Deshalb fragen wir nun, wieso kommt man heute erst auf die schöne Idee, die Trambahnen zum Motorenbetrieb einrichten zu wollen? Es handelt sich da eben nicht bloß um die Umwandlung zum Motorenbetrieb, sondern um die Vorteile zur Ausnützung der elektrischen Kraftübertragung und darin allein liegt der Vorteil, den die Trambahn und das Publikum zu haben wünschen. Es ist natürlich, daß man bei jedem Kraftsystem eine Kraftübertragung dadurch zu erreichen sucht, daß man die Kraft in Gefäßen aufspeichert — die Poppsche Luftdruckmaschine, die Natron-Lokomotive und die noch in Paris gebrauchte Lokomotive sans feu, sowie der Akkumulatorenbetrieb.