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1898 91. XI. Jahrgang No. 5. Telegramm-Adresse: Elektrotechnische Rundschau Frankfurtmain. Commissionair f. d. Buchhandel: Rein’sche Buchhandlung, LEIPZIG. Zeitschrift für die Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiete der angewandten Elektricitätslehre. Abonnements werden von allen Buchhandlungen und Postanstalten zum Preise von Mark 4.— halbjährlich angenommen. Von der Expedition in Frankfurt a. M. direkt per Kreuzband bezogen: Mark 4.75 halbjährlich. Redaktion: Prof. Dr. G. Krebs in Frankfurt a. M. Expedition : Frankfurt a. M., Kaiserstrasse 10. Fernsprechstelle No. 586. Erscheint regelmässig 2 Mal monatlich im Umfange von 2‘/* Bogen. Post-Preisverzeichniss pro 1892 No. 1994. Inserate nehmen ausser der Expedition in Frank furt a. M. sämmtliche Annoncen-Expe- ditionen und Buchhandlungen entgegen. Insertions-Preis: pro 4-gespaltene Petitzeile 30 r$). Berechnung für '/„ 02) 1 U und 1 / 8 Seite nach Spezialtarif. Inhalt: Die elektrische Anlage an den Niagara-Fällen. Von unserem Spezial-Korrespondenteu E B. S. 40. — Dreiphasen- oder Drehstrommaschinen der Firma Siemens & Halske in Berlin. (Schluss.) S. 40. — Verlegung der Leitungen in schon bewohnten Räumen. System Peschei (Hartmann & Braun.) (Schluss.) S. 43. — Auszug aus dem Bericht über den Betrieb des städtischen Elektrizitätswerks zu Köln vom 1. April 1892 bis 1. April 1893. S. 44. - Kleine Mitteilungen: Elektrische Beleuchtung im Harz. S. 45. — Projekte für elektrische Bahnen. S. 45. — Geplante elktrische Bahn VVolfenbüttel-Braunschweig. S. 45. — Windmühlen. S. 45. — Elektrolytische Herstellung von Bleichflüssigkeiten. S. 45. — Vermeidung des Geräusches hei Transmissionen. S. 45. — Hygiene-Ausstellung in Havre. S. 45. — Akkumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft in Hagen. S. 45. — Der Pelton-Motor. S. 45. — Elektrizität und tierischer Organismus. S. 46. — Cniversalstaubreiniger von August Kraushaar. S. 46. — Auszug aus dem Bericht über den Betrieb des Gaswerks zu Köln vom 1. April 1892 bis 1. April 1893. S. 46. — Deber elektrische Strassenbahnen. 8. 47. — Preisausschreiben für gute Petroleum-Motoren. 8. 47. — Eas elektrische Fernsehen. S. 47. — Preisvertheilung in Chicago. S. 47. - Vereinsangelegenheiten. S. 47. — Neue Bücher und Flugschriften. — B ü eherb e s p r echu ng. — Patentiiste No. 5. — Börsenbericht. — Anzeigen. Die elektrische Anlage an den Niagara-Fällen. Von unserem Spezial-Korrespondenten E. B. Schon seit längerer Zeit schweben die Vorarbeiten zur Aus nützung der Wasserkräfte der Niagara-Fälle, allein erst jetzt scheinen die Projektierungen festere Gestalt annohmen zu wollen. Bedenkt man, daß es wohl in der ganzen Welt kaum eine zweite gleich mächtige Naturkraft giebt, die neben einer fast unverändert stetigen Wassermenge ein ganz erhebliches Gefälle hat, so daß der motorische Teil der Anlage verhältnismäßig sehr billig sein muß und anderseits die Wasserbauarbeiten einen größeren Betrag nicht ausmachen können, so wundert man sich eigentlich, wie im Lande des himmelstürmenden Unternehmergeistes eine solche Naturkraft fast noch vollkommen brach liegen kann. Aber wie alles schließlich seinen natürlichen Grund hat, so liegt auch hier ein solcher und zwar darin vor, daß die Unternehmer mit ganz erheblichen finanziellen Schwierigkeiten zu rechnen haben und sie haben, um so mehr als sie Amerikaner sind, sehr genau gerechnet und erst gefragt, rentiert sich das Unter nehmen auch. Der wunde Punkt liegt zweifellos darin: Es fehlt ein Absatzgebiet für die fabelhafte Energie, die nutzbar gemacht werden könnte. Niagara Falls ist mehr sog. Fremdenstadt als Industrieplatz. Eine Reihe schöner Villen und eine große Anzahl Hotels für die ans allen Weltgegenden herbeiströmenden Besucher der Fälle, sowie für die Amerikaner selbst. Daher kommt es, daß fast das ganze einheimische Publikum mehr Sinn für die Erleichterung der Börsen der vielen Fremden als für Industrie hat. Die Unternehmer haben daher nicht nur an der Ausnutzung der Wasserkräfte zu arbeiten, sondern sie müssen vor allem ein Absatzgebiet schaffen. Dies ist nun auch in Aussicht genommen, man will eine Industrie — meist Kleinindustrie — an den Fällen selbst ins Leben rufen. Anderseits möchte man aber auch die Energie noch auf einen weiteren Umkreis verteilen, nur hat man dabei, wie in Amerika in den meisten Fällen, mit ziemlich großen Entfernungen zu rechnen. Die einzige größere Stadt im Umkreis von 50 km ist Buffalo, auf die man denn auch das Hauptaugenmerk gerichtet hat. Das wäre nun schon sehr schön und gut, zum Unglück aber ist Amerika ein mit allen Naturprodukten so reich gesegnetes Land, daß es sich nach Ansicht Vieler, die es wissen können, bedeutend mehr rentiert, in Buffalo selbst eine Dampfanlage zu errichten, als die Energie den Niagara-Fällen zu entnehmen. Das ist wohl das, was im allgemeinen über das Projekt gesagt werden kann. Wenn sich nun thatsächlich herausstellt, daß das Unternehmen festere Gestalt annimmt, so wird wohl für eine rentable Ausnützung das Nötige vorbereitet sein, sonst ist der Ent schluß schwer begreiflich. Wie die Sache gedacht ist, darüber schweigt die Geschichte noch, dagegen dringen allmählich genauere Mitteilungen darüber an die Oeffentlichkeit, nach welchem System die Anlage ausgeführt werden soll. Bekanntlich waren im ersten Stadium eine Anzahl in- und aus ländischer Firmen aufgefordert worden, Projekte einzureichen. Man wollte zunächst einmal von den Firmen selbst vernehmen, wie sie sich die Ausführung denken. Damals sprach das Projekt der Firma Oerlikon sehr an, welche die Ausnützung nach Art der [ Lauffener Kraftübertragung ins Werk setzen wollte. Damit war die allgemeine technische Ausführung bezw. die Möglichkeit einer solchen [ dargethan. Es folgte der zweite Teil, nämlich zu erreichen, daß j sich die ausführenden Firmen bis zu einem gewissen Grade an dem Unternehmen finanziell beteiligen sollten — etwa mit einem Teil ihrer Lieferungen. Dieser Akt des Dramas hat, wie natürlich, ziem lich viel Zeit in Anspruch genommen. Im letzten Stadium wurde der „El. World“ zufolge mit der Siemens & Halske, El. Co. Chicago, mit Westinghouse und mit der General El. Co. verhandelt. Nach neuesten Meldungen soll die Anlage nunmehr nach dem Westing house (Tesla)-Zweiphasenstrom-System ausgeführt werden. Weiterhin sollen als Primärmaschinen solche mit niederer Periodenzahl (25 per Sekunde) vorgesehen werden. Darnach wird also die Anlage keineswegs billig, denn die niedere Periodenzahl bedingt bedeutend mächtigere Maschinen und beträchtlich teuere Transformatoren. Ander seits wird bei dem Zweiphasenstrom-System gegenüber dem sonst üblichen Dreiphasenstromsystem der Aufwand für Leitungskupfer be trächtlich erhöht—-nur die Umsetzung in Gleichstrom ist eine sehr ein fache — und so darf man wohl sagen, daß das Entscheidende mehr darin lag, ob und mit wie weit sich die konkurrierenden Firmen bei dem Unternehmen beteiligen wollten. Anderseits mag auch die all gemeine Patentlage in gewisser Beziehung entscheidend mitgewirkt haben —• denn die Westinghouse Co. beansprucht, ob mit Recht oder Unrecht, sei dahingestellt, das ganze Gebiet des Mehrphasenstroms für sich als unter die ihr gehörigen Tesla-Patente fallend. Immerhin scheinen darüber in Amerika die Ansichten bedeutend auseinander zu gehen, denn auf der Chicagoer Ausstellung sah man sowohl bei der General Electric Co., wie auch bei Siemens & Halske El. Co. of America eine ganze Reihe von Drehstromapparaten trotz des aus gedehnten Bereiches, der den Tesla-Patenten von Westinghouse zu geschrieben wird. Die Maschinenaggregate werden in Größen von je 5000 HP gebaut werden. Das magnetische Feld der Dynamos — Außenpol typus —■ soll rotieren und zwar um eine vertikale Axe. Das Ge wicht der Welle, der Turbinen und der rotierende Teil der Dynamos soll durch den Wasserdruck ausgeglichen werden. Die Dynamos werden für eine Spannung von 2000—2400 Volt gewickelt. Für die entfernter liegenden Konsnmplätze (Buffalo) wird diese Spannung dann noch entsprechend herauftransformiert, um dünne Fernleitungen möglich zu machen. Im ganzen werden zunächst drei Maschinen ä 5000 HP aufgestellt. Die Ausführung soll sofort begonnen werden. Dreiphasen- oder Drehstrommaschinen der Firma Siemens & Halske in Berlin. III. Die Drehstrom-Transformatoren. Die Transformatoren haben den Zweck, elektrische Energie, die sich, abgesehen von der Phasenverschiebung, aus dem Produkt von Strom und Spannung zusammensetzt, in beliebiger Weise umzuformen,