Volltext Seite (XML)
XI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 3. 1893/94. 31 im Laufe der letzten Jahre eine Kraft entwickelt, welche berechtigt ist, sich zum mindesten dem souveränen Weltherrscher „Dampf“, dem brausenden Wasser und der mächtigen Elektrizität an die Seite zu stellen. Zwar wird die Druck luft — wie die atmosphärische Luft im komprimierten Zustande kurz genannt wird — stets ein zweites Produkt aus erster Kraftquelle bleiben': sie ermöglicht dafür aber ungleich höhere Ausnützung bereits verhandener Naturkräfte, wie man dieselben selbst durch Elektrizität nicht auszuheuten vermag. Die Kohle, deren Heizkralt durch Verbrennung in den allerbesten Kesseln zu höchstens 25 pCt. ihres reellen Nutzungswertes ausgeheutet werde» kann, wird und muß einstmals ein Ende haben, wenn auch nicht in absehbarer Zeit. Es müssen dann Mittel und Wege bereits gefunden sein, die ihren so lange behaupteten Platz auszufüllen vermögen und diese Kraft ist in der Druckluft gefunden. Voraussichtlich wird auch die Elektrizität, wenigstens als Starkstrom auf verhältnismäßig kleinen Raum beschränkt bleiben, da mit ihrer Fernleitung zu bedeutende Verluste auftreten, nicht so aber die Druckluft; welche durch Rohrleitungen ohne nennenswerten Qualitäts- und Quantitätsverlust beliebig weit geleitet und beliebig oft verzweigt werden kann. Ein dritter mächtiger Faktor, mit welchem die Druckluft vorläufig noch den Konkurrenzkampf aufnehmen muß, — die Wasserkraft kommt hier nicht in Betracht, da sie in Zukunft zur Er zeugung von Druckluft gebraucht werden wird — ist das Gas, dessen Tage aber schon jetzt durch die immer mehr und mehr die Welt erobernde Elektrizität so ziemlich gezählt sein dürften. Für die Druckluft ist nur zu bedauern, daß durch ein wenig gewissen haftes Verfahren gleich zu Anfang, wo alle Welt auf den Erfolg gespannt war, viele Millionen nutz- und erfolglos verschleudert wurden. Trotzdem wird der Druckluft, wenn auch vorläufig meistenteils nur von fachmännischer Seite, die gebührende Anerkennung nicht versagt, bis sie sich endlich auf allen Gebieten der Industrie und des gewerblichen Lebens siegend durchgekämpft haben wird. Eine der rührigsten und größten süddeutschen Firmen hat schon jetzt durch ihre Musteranlage für Druckluft in Offenbach a. M. zur Genüge bewiesen, was die Druckluft zu leisten imstande ist. Es werden in dieser Stadt die oben gerühmten Eigenschaften der Druckluft voll und ganz bewiesen und zwar der artig, daß in dem Zeitraum von ca. l‘/ 2 Jahren der anfangs nur geringe Bedarf von ca. 50 Pferdekräften auf nunmehr ca. 250 stündlich im Betriebe befindliche Pferdestärken gestiegen ist. Es liegt dieses rapide Steigen der Kraftentnahme hauptsächlich darin, daß nicht nur die Betriebskosten einer Druckluftmaschine im Gegensatz zur Dampf- und Gasmaschine, sowie zum Elektromotor wesentlich geringere sind, sondern daß vor allen Dingen die Neuanlagekosten geradezu erstaunlich niedrige genannt werden müssen. — Infolgedessen sind die Amor- tisations- und Verzinsungssätze ebenfalls bedeutend niedrigere und fallen eigent lich wenig oder gar nicht ins Gewicht. Von ebenfalls nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Einführung der Druckluft als treibende Kraft ist ferner der Umstand — und , diesen hat sie mit dem Elektromotor gemeinsam — daß sie, einmal arbeitend, wenig oder gar keiner Wartung und Beaufsichtigung bedarf, während eine Dampf- oder Gas maschinenanlage unter ständiger Beaufsichtigung stehen muß und dadurch die Unterhaltungskosten bedeutend erhöht werden. Der letzte und vielleicht wichtigste Faktor, der die Druckluft begünstigt, besteht darin, daß ein Druckluftmotor selbst für den kleinsten Kraftbedarf (ca. 1 / 2 —1’/ 2 HP) sich ebenso bezahlt macht, wie eine maschinelle. Anlage von 20 und mehr Pferdekräften, was hei Dampf- und sonstigen Kraftmaschinen absolut nicht der Fall ist. Wenn ich alle Vorteile der Druckluft aufzuführen unternommen habe, so kann und darf ich auch nicht unerwähnt lassen, daß event. auch Nachteile in Berechnung zu ziehen sind. Diese liegen hauptsächlich darin, daß eine rationelle Verwertung der Druckluft für Industrie und Gewerbfleiß allgemein erst dann möglich ist, wenn billige Naturkräfte, wie Wasserläufe mit hohem Gefälle oder großer Wassermenge, die beinahe kostenlose Herstellung von Druckluft ermöglichen. Um auf die Offenbacher Druckzentrale zurückzukommen, will ich an dieser Stelle erwähnen, daß dieselbe, trotzdem sie in einer, beide Teile, sowohl Produ zenten wie Konsumenten, durchaus befriedigender Weise ihren Zweck erfüllt, mehr als eine Reklameanlage für die Drucklufttechnik anzusehen ist. Die Herstellung der Preßluft wird in dieser Zentrale durch zwei Dampf maschinen von je 300 eff. HP. Leistung bewirkt, welche abwechselnd im Betriebe sind. Da schon bei dieser Erzeugungsweise die Druckluft sowohl technisch wie pekuniär günstige Resultate ergiebt und den Fachmann wie den Laien gleich sehr von ihrem Werte überzeugt, wo immer erst die Heizkraft der Kohle in Dampf, der Dampf in mechanische Arbeit und dann erst die mechanische Arbeit in Druckluft umgesetzt wird, um an den Verbrauchsstellen wieder Arbeit zu leisten ; wie viel mehr und wie viel besser leuchtet die Brauchbarkeit der Druckluft ein, wenn kostenlose Naturkräfte in Druckluft umgesetzt werden können. Ich habe mir zwar nicht zur Aufgabe gemacht, Berechnungen aufzu stellen, die schließlich doch zu weit führen würden, trotzdem kann ich mir nicht versagen, anzuführen, daß, während in Paris die elektrische Pferdekraft pro Jahr 880 Mark kostet, die Offenbacher Druckluft-Pferdekraft mit nur 330 Mark pro Jahr bezahlt wird. Ich komme nunmehr dazu, nachdem ich die Vor züge der Druckluft hauptsächlich dem Dampfe und dem Gase gegenüber ge schildert habe, anzuführen, zu welchen Zwecken die Druckluft Verwendung finden kann, wo die Anwendung von Dampf und Gas infolge ihrer natürlichen Beschaffenheit sich uon selbst verbietet. Nicht nur, daß in Offenbach die Druck luft dazu gebraucht wird, Kraftmaschinen zum Betriebe von Lederwarenfabriken, Schlossereien, Tischlerwerkstätten und sonstigen gewerblichen Etablissements zu speisen, so dient sie auch dazu, elektrische Lichtmaschinen zu betreiben, um dadurch die Beleuchtung von Wohnhäusern und Fabriken wesentlich zu verbilligen. Abgesehen davon, daß die Diueklult dazu dienen muß, Thore und Thüren zu öffnen und zu schließen, so zeigt sie auch in pneumatischen Uhren die richtige Zeit an und dient als Alarmsignal bei Feuersgefahr. In den Gasthäusern hält sie das Bier kalt, drückt es aus dem Keller herauf und treibt Ventilatoren, welche für ständigen Luftwechsel in den von Menschen überfüllten Räumen zu sorgen haben. Für die Stadt Offenbach ist die Verwendbarkeit der Druckluft nunmehr erschöpft und an dieser Stelle auf weitere Verwendungsgebiete einzu gehen, würde zu weit führen. Auch auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens wird die Druckluft verwendet, um fahrende Eisenhahnzüge zu bremsen und in Fällen dringender Gefahr die Reisenden vor Verstümmelung oder frühem Tode zu be wahren. Ich schließe meine Abhandlung über Druckluft und hoffe, daß der Leser mit mir die Ueberzeugung von der Wichtigkeit und Brauchbarkeit der Druckluft teilt und ihr im Verein mit Wasserkraft und Elektrizität eine große Zukunft prophezeit, die auch nicht aushleiben kann. (J. Körner, Süddeut. Ind.) Der Akkumulatoren-Patent-Prozess der Londoner Electric Power Storage Co. gegen die Frankfurter Akkumulatoren - Werke C. Pollak & Co. ging am 17. Oktober zu Ende. Die Klage, die auf Untersagung der Fabrikation und des Verkaufs von Akkumulatoren ging, ist abgewiesen worden. Caternberg 1 bei Essen, 7. August. Ein Meisterstück der Bautechnik ist hier vor kurzem ausgeführt worden. Ein 83 Meter hoher Kamin der Zeche Zollverein (Schacht I), der im Jahre 1860 errichtet ist, war im Laufe der Zeit, sei es durch Witterungsverhält- nisse oder infolge schlechter Arbeiten weit über 2 Meter aus dem Lot gekommen und machte somit einen alles zu befürchtenden Eindruck. Da es nicht ausgeschlossen erschien, daß eines Tages der Schornstein vollständig aus den Fugen ginge und Umstürze, wodurch dann ein schwerer Schaden entstanden wäre, zweifellos auch noch Menschenleben gekostet hätte, so beschloß in diesem Frühjahr die Zechenverwaltung den Kamin niederzureißen. Vorher wendete man sich jedoch noch an mehrere deutsche Spezialfirmen mit der Anfrage, ob es nicht möglich sei, den Schornstein wieder geradezurichten. Die angefragten Firmen lehnten es ab, im Hinblick auf die hohe Gefahr des Umsturzes und die hierdurch entstehenden Kosten, auf die Offerte einzugehen. Nur eine Firma und zwar Klapproth & Adolph in Dortmund bot sich an den Kamin in kurzer Zeit in seine alte Lage zu bringen, ohne daß darunter der Betrieb der Zeche leide. Nach vierwöchentlicher Arbeit hat die Firma das Werk glücklich vollbracht; der Schornstein ragt jetzt wieder kerzengerade in die Lüfte. Der Koloß von Schornstein ist an drei Stellen quer durch schnitten worden, nur dadurch war es eben möglich ihn wieder gerade zu richten. Daß dieses Geraderichten mit hoher Gefahr verbunden gewesen, ist begreiflich. Vermochte doch ein einziger Windstoß den Kamin umzustürzen, als er durchschnitten frei auf einigen Holzblöcken ruhte. Die genannte Firma hat wirklich ein Werk ausgeführt, wie es bis jetzt noch kaum je ausgeführt worden ist. (Gen. Anz. f. Westf.) Chicago - Preise. In der elektrischen Abteilung der Weltausstellung zu Chicago erhielten folgende F r an k für te r Aussteller Preise: Hartmann & Braun, für Bogenlampen, Gal vanometer, elektrische Meßinstrumente, Photometer, Apparate zur Bestimmung der Magnetisierbarkeit an Eisen und Stahl, Teleskope, Kabelmeßvorrichtung; Charles Pollak, Akkumulatoren. Zwei Medaillen erhielt ferner die Werkzeugfabrik Lorch, Schmidt & Co. Neue Bücher und Flugschriften. Union Elektrizitäts-Gesellschaft. Die elektrische Straßenbahn in Remscheid. System Thomson-Houston. Hartmann & Braun. Electrical Instruments at the Worlds Columbian Ex hibition. Chicago 1893. C. & E. Fein, Stuttgart. Prospekt und Preisliste über kleine dynamoelektrische Maschinen für Lehr- und Demonstrationszwecke, samt Nebenapparaten und kleinen Betriebsmotoren, sowie Verzeichnis über die bis zum Jahr 1893 gelieferten Handmaschinen. Etienne de Fodor Experimente mit Strömen hoher Wechselzahl und Frequenz. Zusammengestellt von E. de Fodor, Direktor der elektrischen Zentral station in Athen. Revidiert und mit Anmerkungen versehen von Nicolas Tesla. Mit 94 Abbildungen. Wien, A. Hartleben. Preis 4 Mark. Bücherhesprechung. Fodor, Etienne de, Direktor der elektrischen Zentralstation in Athen. Experimente mit Strömen hoher Wechselzahl und Frequenz. Revidiert und mit Anmerkungen versehen von Nicolas Tesla. Mit 94 Abbild ungen. Wien. A. Hart leb e n. Preis 4 Mark. Schon seit längerer Zeit sind die überraschenden Versuche mit Wechsel strömen von hoher Wechselzahl und Frequenz, welche der berühmte Nicolas Tesla in verschiedenen Städten und Ländern vorgezeigt bat, Gegenstand um fangreicher Besprechung geworden. Man hat diese Versuche hie und da bis zu dem Grade gewürdigt, daß man in dem elektrischen Licht, wie es Tesla dar stellt, das Licht der Zukunkt hat erblicken wollen. Es ist deshalb sehr verdienstlich, daß einmal eine vollständige Zusammen stellung aller dieser Versuche in Buchform erschienen ist ; um so wertvoller als Tesla selbst die Revision vorgenommen bat. Wir haben es also hier mit einer durchaus zuverlässigen Darstellung zu thun. In das Einzelne brauchen wir hier nicht einzugehen, w r eil über das Meiste davon, mehr oder minder um fänglich und zutreffend, von den Zeitschriften des In- und Auslandes berichtet i worden ist. Kr.