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No. 23. 1893/94. XI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ 207 maßen lediglich von einer sachgemäßen Beschickung abhängt und durch kein | anderes Mittel erzielt werden. Der Transport der Kohlen in die Fülltrichter er folgt durch Pendelrinnen, in welche die in der ganzen Länge des Kohlenraumes angeordnete Pendelrinne ihren Inhalt abgiebt. Das überflüssige Material wird durch seitliche Schieber in den Kohlenraum befördert; in diesem befinden sich die Vorrichtungen zum Heben der Kohlen aus der im Souterrain befindlichen Grube, in der Hauptsache ein Becherkettenelevator, der das gesamte Förderquantum in die Pendelrinne zur Verteilung abgiebt. Die von außen angefahrene Kohle wird in einen Trichter entleert, der durch einen Aufgaberegulator dasjenige Quantum, welches gefördert werden soll, abmißt. Um die Asche bequem entfernen zu können, wird diese ebenfalls mittelst einer vor den Kesseln liegenden Kinne selbstthätig fortgeschafft und durch einen seitlich angebrachten Schacht in Kippwagen entleert. Der Antrieb der sämtlichen Transmissionen für Koblen- und Aschentransport erfolgt nach Inbetriebsetzung der Anlage durch Elektro motoren. Da es bei der geringen Höhe des projektierten Blechschornsteins nicht ratsam ist, sich auf den natürlichen Zug allein zu verlassen, sind für die Kessel Untergewindgebläse vorgesehen. Es herrscht zwar immer noch eine Abneigung gegen die Anwendung der letzteren, allein sie ist vielfach unbegründet; die neueren Systeme haben sich durchaus gut bewährt, eine sehr vollkommene Ver brennung auch bei schlechtem Feuerungsmaterial erzielt; der einzige bisherige Uebelstand, daß die Hitze eine das Kesselmaterial gefährdende Höhe erreichte, ist durch eine vollkommene Regulierung des Luftdrucks gehoben. Das Sammelrohr für die gepreßte Luft ist in der Längsrichtung des Kesselraumes unter dem Kauchfang angebracht und wird durch Ventilatoren gespeist; deren Gescwindig- keit ist regulierbar und ermöglicht das Innehalten einer bestimmten Höhe des Druckes. Dass das in den meisten Fällen zur Verfügung stehende Kesselspeisewasser wegen seines Kalkgehaltes einer Reinigung bedarf, ist eine Wasserreinigungs anlage (System Neuman-Froitzheim) vorgesehen, welche für eine stündliche Leistung von 30 cbm ausreicht. Besonderer Wert ist wie bei allen derartigen Anlagen auf eine exakte j Ausführung der Rohrleitungen und zwar namentlich der Frischdampfleitungen zu legen; die größtmöglichste Sicherheit gegen eine Betriebsstörung muß vor handen sein, wenn auch dadurch ein erhebliches Mehr an Kosten nicht vermieden werden kann. Erste Forderung ist, daß jede Maschine und jeder Kessel ausge schaltet werden kann, ohne daß dies auf den übrigen Teil der Anlage sföreud einwirkt. Es muß ferner die Anordnung der Rohrleitungen und Ventile eine derartige sein, daß beim Schadhaftwerden irgend eines Teiles derselben die Dampf verteilung an die einzelnen Maschinen sich so regeln läßt, daß im schlimmsten Falle das Anlassen der Reservemaschine erforderlich wird. Für die Wasserzu- und abführung zu den Kondensatoren sind die Maschi nen in zwei unabhängige Gruppen geteilt, in der Art, daß falls eine Beschädigung bei den Leitungen der einen Hälfte eintritt, bei dieser zwei Maschinen mit Aus puff arbeiten, so daß also fünf Maschinen stets im Betrieb bleiben können. Dementsprechend ist die Auspuffsammelleitung für den Abdampf von zwei Maschinen bemessen, was natürlich bei den großen Dimensionen der Rohre sehr von Vorteil ist. Die Auspuffungen tragen Wasserabscheider zur Vermeidung einer Belästigung der Nachbarschaft durch mitgerissenes Wasser. Für die Montage der Maschinen und Leitungen sind zwei in der ganzen Länge des Gebäudes verwendbare Lauf krahne vorhanden, ihr Antrieb erfolgt durch Elektromotoren. Das Hinaufbringen der Kessel etc. erfolgt in der dem Kohlenelevator gegenüberliegenden Ecke und zwar in der Weise, dass die durch das Thor angefahrenen Stücke mittelst an den verstärkten Binden angebrachten Winden hinaufgesogen werden. Die nötige Oeffnung in der Decke wird nach der Montage abgedeckt und ist für allenfalsige Benutzung leicht wiederherzustellen. Für den Aufstieg des Personals genügt eine Wendeltreppe, da Gegenstände von grösserem Umfange nicht nach oben transportiert zu werden brauchen. Die mangelhafte Rentabilität mancher Elektrizitätswerke liegt größtenteils in der geringen Zahl der Anschlüsse begründet. Der Preis ist viel zu hoch und die Zeit, wo man mit dem elektrischen Lichte Reclame machte und dafür jeden Preis zahlte, ist vorüber. Für einen Gegenstand des allgemeinen Verbrauchs empfiehlt es sich immer, den Gewinn im einzelnen gering zu bemessen, um grossen Absatz zu erzielen. Bei der Abnahme des elektrischen Lichtes ist dies namentlich am Platze; jede neu angeschlossene Lampe bedingt eine Steigerung der Rentabilität, weil nur die volle Ausnutzung der Anlage Gewinn abwerfen kann. Falls eine Stadtverwaltung an ihrem Elektrizitätswerk etwas verdienen will, so setze sie einmal denPreis desLichtes z. B. dem des Gases gleich; die Zahl der Anschlüsse wird sich so vermehren, dass die Mindereinnahme am einzelnen vollauf ausgeglichen wird. Es ist dies durchaus kein Sprung ins Dunkle, in vielen ähnlichen Fällen ist das gleiche erwiesen; die Menge muß in solchen Dingen den Gewinn bringen. Es mögen diese Zeilen dazu beitragen, darzuthun, daß die Aussichten des elektrischen Lichtes nicht zu trübe sind, als es namentlich jetzt nach der Erfin dung des Gasglühlichts scheinen möchte, sondern daß es sich in erster Linie darum handelt, mehr als bisher bei zentralen Anlagen auf die wirtschaftlichen Grundbedingungen Rücksicht zu nehmen und Dicht zu sehr nach der alten Schab lone zu arbeiten. Wenn auch einstweilen eine Verdrängung der Gasbeleuchtung nicht zu erreichen ist, so soll sie doch wenigstens kein schon verlorenes Gebiet zurückerobern, und damit dies nicht eintrete, heißt es vor allem die eingangs angegebenen Riedler’schen Worte zu beachten, die ihre volle Richtigkeit beibe halten, wenn man überall „Kraft“ ersetzt durch „Licht“. T. ■ Kleine Mitteilungen. Vom Frankfurter Elektrizitätswerk. Die gemischte Kommission für die Verwaltung des Städtischen Elektrizitätswerkes besichtigte 1 am Montag unter Fiihrung der Herren Baurat L i n d 1 e y und Architekt von Hoven die Bauten der Zentrale an der Gutleutstraße. Das Maschinen- und Kesselhaus nebst den Anbauten für das Kohlen lager und für die Aschenabfuhr ist nunmehr im Rohbau vollständig fertig gestellt und erweist sich bei aller Einfachheit in allen seinen Teilen als eine technisch vorzügliche Anlage. Der kolosale Schornstein, dessen Fundamentierung so viele Schwierigkeiten machte, ist jetzt sehon 6—8 Meter aus dem Boden heraus und wird nunmehr rasch aufgemauert werden. Von den 6 Kesseln, die zunächst verwendet werden, stehen 3 schon auf ihren Plätzen, der vierte ist auf dem Bauplatze. Jeder dieser Kessel wiegt 480 Zentner. Eine der drei Tandem-Dampfmaschinen von je 750 Pferdekräften wird bereits montiert. Kessel und Dampfmaschinen sind aus den Werkstätten von G. Kuhn in Berg hervorgegangen. Die gewaltigen Dynamomaschen liegen in der Fabrik von Brown-Boveri zur Absendung bereit. Sie sollen jedoch erst dann hierhergesendet werden, wenn die Montierung von wenigstens zwei Dampfmaschinen beendigt ist. An der Kabel- und Transformatoren-Verlegung ist in den letzten Wochen rüstig weiter gearbeitet worden. Die Kommission hält an der Erwartung fest, das Werk am Jahrestage der Genehmigung durch die Stadtverordneten, am 12. oder 13. Oktober, dem Betriebe übergeben zu können. Elektrizitätswerk in Königsbrück. Am 1. Juli d. J. wurde vertragsmäßig das Elektrizitätswerk der Stadt Königsbrüek fertig gestellt und dem Betrieb übergeben. Das in jeder Beziehung tadellos ausgeführte und vorzüglich funktionierende Werk wurde von Herrn Zivilingenieur Oskar Beyer, in Dresden Walpurgisstraße 2, I. Vertreter der Firma Siemens & Halske, Charlotten bürg, nach dem Dreileitersystem gebaut und für eine Gesamtleistung von . 20,000 Voltampere, projektiert. Als Antriebsmaschine dient eine 35 PS. Expansionslokomobile von der Firma Garrett, Smith & Co. Buckau-Magdeburg, mit ausziehbarem Röhrenkessel. Zwei Dynamo maschinen der Firma Siemens & Halske, Berlin-Charlotten bürg, dienen als Stromerzeuger und werden von der Transmission aus durch Riemen angetrieben. Die beiden Dynamomaschinen stehen in einem gesonderten Raume (getrennt von der Lokomobile), welcher noch für zwei weitere Dynamomaschinen Platz bietet. In dem Dynamomaschinenraume befindet sich ferner das sehr elegant aus gestattete Schaltbrett, auf dem die Kontrol- und Sioherheitsapparate sowohl für die Maschinen- als auch für die Akkumulatorenanlage in sehr übersichtlicher Weise angeordnet sind. Bei der Montage des Schaltbrettes ist vor allem in nicht zu unterschätzender Weise darauf Rücksicht genommen worden, daß auch die Zuleitungsdrähte leicht zugänglich sind, was bei vielen derartigen Anlagen übersehen wird. Der Dynamomaschinenraum stößt an den Akkumulatorenraum, in welchem zwei Batterien von je 66 Zellen der Hagner Akkumulatoren- fabvik A.-G. Aufstellung gefunden haben. Die Akkumulatoren über nehmen den Betrieb während der Zeit von 12 Uhr Nachts bis Abends zur Inbetriebsetzung der Maschinenanlage. An das oberirdisch geführte, über die ganze Stadt verteilte Leitungsnetz sind bis jetzt etwa 1000 Glühlampen und mehrere Motoren angeschlossen. Das Licht ist sehr gleichmäßig und brennt ohne jedwedes Zucken und, seit der Inbetriebsetzung, ohne jedwede Störung. Sehr schön nimmt sich auch die auf dem Marktplatze aufgestellte Bogenlampe von etwa 1300 Normalkerzen aus, und durch dieses günstige Resultat der Bogenlichtbeleuchtung sieht sich die Stadtverwaltung veranlaßt, auch die weitere elektrische Beleuchtung der Straßen einzuführen. Der Magistrat der Stadt Königsbrück, welcher die Verwaltung des Elektrizitätswerkes am 1. ds. Mts. übernahm, hat Herrn Zivilingenieur Oskar Beyer seine vollste Zufriedenheit über das tadellose Funktio nieren des Werkes ausgesprochen. Auch die Gewerbtreibenden, welche den Elektromotorenbetrieb in ihren Werkstätten eingeführt haben, sind mit dieser Art des Betriebes und mit den Aufstellungs arbeiten sehr zufrieden, sodaß bereits in nächster Zeit einige weitere Motoren angeschlossen werden. Sämtliche zur Verwendung ge kommenen Maschinen und Apparate des elektrischen Teiles des Werkes sind Fabrikate der Firma Siemens & Halske, Berlin- Charlottenburg; Kronleuchter, Wandarme, Hängependel etc. sind Fabrikate der Firma Schaefer & Hauschner, Berlin SW., einer 1 rühmlichst bekannten Fabrik. Dieselben tragen wesentlich zur Aus stattung der Wohn-, Geschäfts- und Restaurationsräume in Königsbrück bei. Die Stadt Königsbrück (2500 Einwohner), welche durch die rege Thätigkeit des Herrn Bürgermeister Heinze einen großen Auf schwung genommen hat, ist auch durch diese neue Einrichtung vielen größeren Städten voraus. T. Elektrizitätswerk in Dresden. Die Vergebung der Arbeiten für das dahier zu errichtende städtische Elektrizitätswerk ist jetzt erfolgt. Man hat sich für das Wechselstromsystem entschieden; es sollen vorerst drei 800 pferdige Dampflichtmaschinen zur Auf stellung kommen. Die Lieferung der gesamten Kessel- und Maschinen anlage die bis zum 1. September nächsten Jahres betriebsfertig sein muß, sowie die der Transformatoren wurde der Firma Helios in Köln übertragen, die Lieferung und Verlegung der Kabel den beiden Firmen S c huck er t-Nürnberg und Kummer-Dresden. Man scheint hier also zu dem System der getrennten Vergebung von Maschinen, Kabeln und Apparaten übergegangen zu sein. Die An meldungen zum Elektrizitätswerk gehen sehr zahlreich ein, der königliche Hof hat allein etwa 15,000 Lampen angemeldet. Die Stadt will die der Firma Siemens & Halske gehörige Kraftstation der elektrischen Straßenbahn später ankaufen.