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161 XI. Jahrgang „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 18. 1893/94. Art. Der Ankerstromkreis bildet, zusammen mit dem äußeren Zusatzwiderstande, die Nebenschlußleitung des Wattmeters. Wenn der Zähler mit einem Strom kreise verbunden wird, so dass der Hauptstrom durch die Serienspule geht und die Nebenschlußspule mit den zwei Hauptleitungen verbunden ist, fängt der Anker zu laufen an. Die Achse, auf welcher der Anker sitzt, trägt auch eine zentrisch befestigte Kupferscheibe, die von drei hufeisenförmigen Stahlmagneten umfaßt wird. Wenn die Scheibe sich dreht, entstehen in ihr Wirbelströme, welche ihre Bewegung hemmen. Die Anzahl der Umdrehungen der Scheibe in einer gegebenen Zeit wird durch einen mit der Axe verbundenen Zähle mechanismus registriert. Weil die den Anker treibende Kraft in jedem Augen blicke proportional dem Effekte, der das Instrument passiert, und weil die ver zögernde Kraft der Geschwindigkeit proportional ist, so folgt, dass die Anzahl der Umdrehungen in einer gegebenen Zeit die Wattstunden vorstellt, welche welche durch den Zähler gegangen sind. Um die konstante Reibung des Zeiger werkes zu überwinden, sind die Feldspulen mit einer Kompoundwickelung versehen, bestehend aus einigen Windungen der Nebenschlußspule, welche in einer solchen Richtung angeordnet sind, daß die von der feststehenden und beweglichen Nebenschlußwickelung herrührende treibende Kraft die fortwährende Reibung der Ankeraxe überwindet. Durch geeignete Behandlung der permanenten Magnete kann man es dahin bringen, daß sie auf eine geraume Zeit konstanten Magnetismus bebalten. Der Zähler ist so eingerichtet, daß bei seiner Verwendung in einem Stromkreise von 100 Volt die Nebenschlußspule einen Widerstand von 1000 Ohm hat und somit 0.1 Ampere leitet. Der Verlust im Instrumente beträgt also nur 10 Watt; es ist der zum Treiben desselben verwendete Effekt. Durch passende Anwendung der Nebenschlußspule ist es möglich, die Konstante dieses Zählers für einen sehr großen Umfang seiner Wirkung konstant zu machen, und ein sehr großer Vorteil, welchen dieser Zähler hat, ist der, daß er bei Gleich- und Wechselströmen benutzt werden kann. Wenn er gut reguliert ist, mißt er die Energie von Wechselströmen in Watt-Stunden mit großer Genauigkeit. Ueberblicken wir jetzt die vorhandenen Elektrizitätszähler, so können wir die für Wechselströme passenden folgendermaßen gruppieren: 1) Graphische Registrier-Amperemeter, 2) Graphische Registrier-Wattmeter, 3) Fortwährend registrierenden Ampere-Stunden-Zähler, 4) Intermittierend registrierende Ampere-Stunden-Zähler. 5) Fortwährend registrierende Wattmeter. Wir können uns nach diesen Auseinandersetzungen selbst die Frage be antworten, welche Merkmale und Eigenschaften ein guter Elektrizitätszähler zur Messung der unseren Häusern zur Beleuchtung und zu anderen Zwecken zugeführten elektrischen Energie haben soll. Die meisten Leute ohne Erfahrung würden wahrscheinlich sagen, das erste Erfordernis eines Zählers sei Genauig keit; bei einem praktischen Zähler ist jedoch die Genauigkeit nicht so wichtig, als die Sicherheit, daß derselbe nie zu sehr falsch geht. Eine Sorte Elektriziäts- zähler, welche unter gewissen Verhältnissen mit einer Genauigkeit von 0.1 pCt. zu arbeiten vermag, bei der wirklichen Verwendung aber manches Mal Fehler von 150 pCt. macht, ist nicht entfernt so brauchbar, wie ein Zähler, welcher nur auf 1 pCt. stimmende Angaben macht, in der Praxis aber nie mehr als 3 pCt, von dem richtigen Werte ab weicht. Die nächste Bedingung, welche ein Elektrizitätszähler erfüllen muß, ist die, daß er wenig Effekt konsumiert. Da der Zähler fortwährend mit dem Stromkreise verbunden ist, so wächst der von ihm konsumierte Effekt im Laufe eines Jahres zu einem hohen Posten an. Wir haben bei der Besprechung der Voltmeter schon betont, daß eine fortwährende Effektsabsorption, sagen wir von 20 Watt, in einem Jahr auf 160 Kilowatt stunden sich summiert, und daß deshalb geringer Effektverbrauch ein wesent licher Punkt bei der Schätzung eines Elektrizitätszählers ist. Das dritte große Erfordernis für einen Zähler besteht darin, daß derselbe keine sorgfältige Behandlung verlangt, nicht schwer aufzustellen und leicht zu transportieren ist. Die Zähler müssen in den Häusern an Orten aufgestellt werden, wo sie Erschütterungen, Dämpfen u. s. w. ausgesetzt sind, und ein Zähler für den Hansgebrauch soll solchen Dingen widerstehen können. Der vierte Punkt ist der, daß der Zähler nach einem Prinzipe konstruirt ist, welches eine leichte Behandlung gestattet, und daß er neu einzustellen ist, selbst wenn er in ein verschlossenes Gehäuse eingesperrt ist. Zu diesen vier Haupterforder nissen käme dann noch Einfachheit der Konstruktion überhaupt und billiger Preis, soweit sich ein solcher mit guter Ausführung verträgt. Ich wende mich jetzt dem wichtigen Gegenstände der Messung der Energie von Wechselströmen zu, wenn diese induktive Stromkreise speisen; mit anderen Worten; wir haben noch die Wechselstrom-Zähler für Primärleitungen zu be trachten. Bei der Verteilung von Wechselströmen für kommerzielle Zwecke haben wir nicht nur den Effekt oder die Energie zu messen, welche den Abon nenten in ihren Lampenleitungen zufließt, sondern es ist auch nötig, daß wir im stände sind, die von der Wechselstromstation, gewöhnlich zu Transformatoren ausgehende Energie zu summieren. Hier sind also die besonderen Schwierigkeiten ins Auge zu fassen, welche bei solchen Messungen auftreten, wenn die Strom kreise eine erhebliche Selbstinduktion oder einen Effektfaktor, kleiner als die Einheit, haben. Während der letzten paar Jahre habe ich diesem Gegenstände besondere Aufmerksamkeit geschenkt, als ich eine große Reihe von Unter suchungen über den Wirkungsgrad von Transformatoren anstellte. Dabei bot sich Gelegenheit, die verschiedenen Methoden zu prüfen, welche von Zeit zu Zeit zur Messung der Energie von Wechselströmen auftauchten. Ich gehe hier mit Rücksicht auf die beschränkte Zeit auf jene Methoden, welche zwar auf dem Papiere sich gut ausnehmen, in der Praxis jedoch aus dem einen oder anderen Grunde nicht anwendbar sind, nicht ein, sondern beschreibe nur diejenigen, welche sich nach meiner Erfahrung als zuverlässig und brauchbar zur Messung er wiesen haben. Ich fand, daß zwei Instrumente sich für diesen Zweck besonders eignen, da sie die in einem induktiven Stromkreise konsumierte Energie von Wechselströmen in sehr, befriedigender Weise zu messen gestatten, nämlich Thomsons registrierendes Wattmeter und Mengarinis Wattmeter, die ich beide schon beschrieben habe. Im allgemeinen finden solche Messungen in Stromkreisen von hoher Span nung statt. Nehmen wir z. B. den sehr häufigen Fall einer Wechselstrom-Station, welche einen Strom von 200o Volt Spannung für einen Transformatorenstromkreis liefert. Würde man ein früher beschriebenes Wattmeter öder Energiemeter be nutzen, so müßte mau als Nebenschluß einen mit der beweglichen Spule hinter einander geschalteten induktionslosen Widerstand von hinreichender Größe an bringen und die Serienspule in einen der primären Hauptleiter einscbalten. Diese Anordnung hätte gewisse Nachteile. So konsumiert Thomsons registrie rendes Wattmeter einen Strom von ungefähr 0,1 Ampere im Nebenschluß, und da der Widerstand der Nebenschlußspule etwa 1000 Ohm ist, müßten noch weitere 19 000 Ohm induktionsloser Widerstand hinzugefügt werden; auf diese Weise würden im Nebenschluß £00 Watt Effekt vergeudet. Bliebe dieser Neben Schluß das ganze Jahr hindurch mit den Hauptleitern verbunden, so wären schließlich 1600 Kilowatt-Stunden Energie verbraucht, was bei einem Selbst kostenpreis von 2 Pence =■ 16 ^ ä Kilowattstunde eine jährliche Auslage von ca. 12 Lst. = 240 ^ für die Speisung des Nebenschlusses vorstellt. Diese Schwierigkeit läßt sich jedoch heben und die Herstellung eines großen induktions losen Widerstandes von 20 000 Ohm vermeiden, indem man einen Transformator zu Hilfe nimmt um den Nebenschlußstromkreis auf die in der letzten Vorlesung angegebene Weise zu erregen. Man gebraucht also einen kleinen Transformator weicher die Spannung von 2000 Volt auf 100 Volt herabbringt, und da derselbe bei dem erwähnten Instrumente nur 0,1 Ampere in seiner Sekundärleitung zu führen braucht, so kann er sehr klein, von nichtmehr als vielleicht 0,1 PS. Kapa zität hergestellt werden. Er verzehrt dann etwa 10 bis 20 Watt. Die Primär leitung des Hilftransformators wird mit den beiden Hauptleitern verbunden und seine Sekundärleitung mit den beiden Klemmen des Thomson’schen Wattmeters; dabei muß der Strom in dem Nebenschlußkreis des Wattmeters dieselbe Größe haben, als wenn das Wattmeter einfach an einen 100 Volt-Stromkreis auf die gewöhniiche Art angeschlossen wäre. Das Wattmeter verzehrt in seinem Neben schluß 10 Watt und somit kann die ganze Anordnung des Transformators und Wattmeters so eingerichtet werden, daß nicht mehr als, sagen wir 25 bis 30 Watt statt 200 verloren sind, und das Opfer für den ständigen Anschluß des Wattmeters auf beiläufig 200 Kilowatt-Stunden pro Jahr statt 1600 zusammenschmilzt. Der von der Station ausgehende Primärstrom fließt durch die Serienspule des Thom son’schen Wattmeters, und um alle Teile desselben auf demselben Potential zu erhalten, wird ein Pol des sekundären Stromkreises dort, wo der kleine Hilfs- Transformator abzweigt, ebenfalls mit der einen primären Hauptleitung verbunden. Es ist empfehlenswert, den Transformator und das Wattmeter auf einer gemein samen Schalttafel zu montieren und letztere gut zu isolieren. Es erübrigt noch, das Wattmeter zu aichen. Das kann sehr leicht in einem 100-Volt-Stromkreise geschehen, indem man durch das Wattmeter bekannte Effekte schickt und die Angaben auf dem Zifferblatte abliest. Die gefundene Konstante multipliziert man dann mit dem Transformations-Verhältnisse des kleinen Transformators, um die sogenannte Hochspannungskonstante des Instrumentes zu erhalten, Ist das geschehen, so wird das Wattmeter in der Station in der Weise aufgestellt, daß der ganze von Station ausgehende Strom die Serienspule desselben passirt, und der Ingenieur kann durch tägliche Beobachtungen die Gesamtzahl der Kilowatt- Stunden zählen, welche von der Generatorstation in den primären Stromkreis während einer bestimmten Zeit gewandert sind. In genau derselben Weise wie Thomson’s Wattmeter läßt sich nach meinen Erfahrungen Mengarinis Wattmeter verwenden, wenn man es mit einem Trans formatoren koppelt und in den Primärkreis einschaltet. Dasselbe hat den Vor teil, daß es nicht nur die ganze, in einer gegebenen Zeit von der Station aus gehende Energie registriert, sondern auch in jedem Augenblicke die primären Watt anzeigt. Bevor ich eine jede dieser beiden Methoden für brauchbar hielt, machte ich eine Reihe sehr sorgfältig ausgeführter Beobachtungen an einer induktiven Wechselstrom-Primärleitung, bei welcher ich das Thomsonsche selbst integrierende Wattmeter, wie oben angegeben, benutzte um die ganze Anzahl der innerhalb einer Stunde in jene Primärleitung geschickten Kilowattstunden zu messen gleichzeitig wurde an der nämlichen Stromleitung mittels eines Wattmeters in. Intervallen von einigen Minuten der gelieferte Effekt bestimmt. Wenn man die erhaltenen Resultate verglich, ergab sich, daß der in vier Stunden gelieferte Effekt, mit dem Wattmeter gemessen, 66924 Kilowatt-Stunden betrug, während die in derselben Zeit das selbstintegrierende Thomson-Wattmeter passierende Energie sich 66946 solche Einheiten belief. Daraus folgt unzweifelhaft, daß Thonson’s registrierendes Wattmeter im primären Stromkreise' von Transformatoren sehr genaue Angaben zu machen sich eignet, und daß kein Grund vorhanden ist, warum die Registrierung der primären Energie bei Wechselstrom-Stationen nicht mit der nämlichen Genauigkeit- geschehen könne, wie bei Gleichstromstationen. Damit der Ingenieur im stände ist, genau zu wissen, was seine Station leistet, ist es bei Wechselstrombetrieb wünschenswert, ihre Ausrüstung in folgen der W eise zu vervollständigen: In die Primärleitung soll an erster Stelle ein Amperemeter eingeschaltet werden, mit welchem man die Wechselsröme messen und das mittlere Quadrat der Stromstärke bestimmen kann. An zweiter Stelle soll ein elektrostatisches Hochspannungs-Voltmeter mit den Hauptleitungen verbunden sein, um die hohe Spannung in Volt anzugeben. Vor diesem Instrumente soll ein Mengarini-Wattmeter und ein Thomsonsches selbstintegrierendes Watt meter placiert sein, so daß der ganze von der Station ausgehende Primärstrom die Serienspule dieser Instrumente durchfließt. Die Nebenschlüsse derselben sollen durch einen kleinen Transformator erregt werden, welcher die Spannung auf 100 bis 50 Volt erniedrigt. Diese Instrumente würden durch ihre täglichen Angaben den Ingenieur in den Stand setzen, erstens die in den Primärstromtreis in einer gewissen Zeit geschickte Energie in Kilowatt-Stunden, zweitens den in jedem Moment gelieferten Effekt in Watt, drittens die Stärke und Spannung des Primärstromes in jedem.