Volltext Seite (XML)
Band XXI. No. 16 Chemnitz, de« 10. Mai 1911. Der Jnsertionspreis beträgt pro viergespaltene Petitzeile oder deren Raum 30 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Deutsche Beilagen, von denen der Geschäftsstelle ein Probeexemplar einznsenden ist. werden unter genauer Angabe der Auflage billigst berechnet. Maschinisten- und Heizer-Zeitschrift Fachblatt des Freien Maschinisten- und Heizer-Bundes Deutschlands, Sitz Chemnitz (vormals Sächsischer verband). Die Zeitschrift erscheint am 10. und 25. jeden Monats und kostet jährlich 6.— Mk. Alle Postämter nehmen Bestellungen zum Preise von 1.50 Mk. vierteljährlich entgegen. (Deutsche Post-Zeitungs-Preisliste Seite 101.) Me Zahlungen und Sendungen, welche sich auf den Anzeigenteil beziehen, sind an die Geschäftsstelle: Ernst Pilz, Lhemnitz, Fritz Reuterstr. 27, redakt. Berichte an die Redaktion: Bruno Goldammer, Bad-Elster, zu richten. Schluß der Redaktion am 3. bezw. 18. jeden Monats. Alle Mitteilungen für den Bund sind an den Vorsitzenden Max Kramer, Lhemnitz, Rurzestraße 12 zu adressieren. Inhalts-Verzeichnis: 1. Wie mißt man elektrische Ströme? 2. Praktische Winke für die Montage, Bedienung und Instandhaltung von Sauggas-Anlagen. 3. Wie muß Jndustriekohle beschaffen sein? 4. Verschiedene Mitteilungen. 5. Gewerblich-Soziales. 6. Rechts- und Gesetzeskunde. 7. Juristischer Briefkasten. 8. Technischer Fragekasten. 9. Beilagen - Hinweis. 10. Bundes- und Vereinsnachrichten. 11. Adressen-Aenderun gen. Wie mißt man elektrische Ströme? Von Dolivo-Dobrowolsky. Die Elektrizität beginnt in alle Völkerungsschichtcn ein zudringen. Unsere Kinder betrachten es bereits als ganz selbst verständlich, daß die Glühlampe aufleuchtet, wenn man den Schalter dreht; viele Hausfrauen wissen sogar wie der Sicherheits- Stöpsel zu ersetzen ist, wenn er „durch" ist. Ein Elektromotor ist heute kein Wunderding mehr, umgekehrt sind heute ein Wunder solche Werkstätten, in denen noch kein Elektromotor die umständ lichen Gas- und Dampfmaschinen ersetzt hat, wo noch lange Transmissionswellen mit zahllosen Riemen den Räumen ein antediluvianisches Aussehen geben. Die Elektrizität ist populär, der Gebrauch elektrischer Apparate elementar geworden. Trotz oft gänzlich fehlenden Verständnisses für die inneren Vorgänge wird die unmittelbare Wirkung elektrischer Ströme heutzutage nicht mehr angestaunt; sie ist so „selbstverständlich", wie das Auswachsen des Kornes oder Gemüses nach erfolgtem Säen. Wenngleich nun durch fortschreitende Technik die Not wendigkeit wissenschaftlicher Vorbildung bei Benutzung der Ein richtungen und Gegenstände immer entbehrlicher wird, so ist doch ein gewisses Verständnis der Sache für die höchste Ausnutzung derselben zu empfehlen. Zwar kann ein Landwirt ohne chemisch physiologische Kenntnisse Korn bauen; doch je gebildeter er ist, um so mehr nützt er sein Feld und seine Wirtschaft aus. Oft genügen schon ganz oberflächliche Anfänge des Verständnisses, um eine ganz bedeutende Erhöhung des Nutzens zu erlangen. So auch bei der Elektrizität. Wenn ein Kunde des Elektrizitäts- Werkes auch nur eine gewisse kleine Ahnung von der Elektrizität erlangt hat, kann er ganz bedeutend mehr Nutzen und Freude von der Anlage haben; er ist nicht angewiesen auf das ihm von fremden Leuten zufällig Angebotene, er kann auch selbst Anregungen geben und Vorschläge machen, sich besser helfen, seine elektrischen Gegenstände schonen, sie vorteilhafter ausnützen. Die AEG hat immer den Standpunkt eingenommen, daß einerseits die Technik die notwendigen Vorkenntnisse möglichst entbehrlich machen soll, daß aber doch andererseits die weiteste Verbreitung dieser Vorkenntnis in den breitesten Schichten an zustreben sei. Dieser Tendenz ist auch der Vortrag über das obige Thema entsprungen; er soll dem Elektrizitäts-Konsumenten über einige wichtige elektrische Begriffe und Verfahren gewisse Klarheit zu verschaffen suchen. Die Frage „was ist ein elektrischer Strom?" läßt sich in einer für den vorliegenden Zweck genügenden Weise dahin be antworten, daß der Strom ein eigentümlicher Vorgang der Um wandlung und Uebertragung verschiedenartigster sonstiger Energie formen, wie mechanische Arbeit, Wärme, Licht, Chemismus usw., ist. Er stellt also, wie etwa das Brennen eines Kohlenstückes, das Fließen eines Wasserstromes und dergl., nur einen gewissen Vorgang dar. Die Wirkung dieses Vorgangs auf unsere Sinne, die Umwandlung der Energie, vollzieht sich bei gewöhnlichen elektrischen Strömen in räumlich verhältnismäßig engen Grenzen. Der Strom ist an seinen sogenannten Stromkreis oder Stromlauf gebunden und äußert sich nur in ihm oder ganz nahe von ihm. Der Stromkreis wird gebildet durch den den Strom erzeugenden Apparat — wie Element, Maschine und dergl. — und zwei Leitungen, vermittels deren der Strom einem Nutzapparate zu- und von diesem wieder abgeführt wird. Der bequemste Weg der Vorstellung für den Laien ist der eines Kreislaufes der Elektrizität. Diese Vorstellung gestattet auch leicht, die Fälle zu verfolgen, in denen der Strom von einem Pol der Elektrizitäts- Quelle durch baumartig verzweigende Leitungen zu vielen kleinen Konsumstellen gelangt, um sodann auf ähnlichem baumartigen Leitungssystem zum andern Pole zurückzukehren. Diese Vor stellung ist schon deswegen am verständlichsten, weil uns von der Schule aus bekannt ist, daß Elektrizität sich leicht, nahezu wider standslos durch Metalle leiten läßt, während die meisten anderen Stoffe wie Luft, Baumwolle, Gummi, Porzellan und dergl. Isolatoren heißen, weil sie die Elektrizität nicht oder nur schlecht durchlassen. Trotz der noch nicht feststehenden Grundanschauung über das intimste Wesen der Elektrizität stehen uns doch über die Vorgänge und Gesetze der elektrischen Strömungen absolut feste Grundlagen zur Verfügung. Die Erzeugung, Fortleitung und Verwendung des Stromes läßt sich mit höchster Genauigkeit verfolgen, vorsehen und auch rechnerisch in allen Dimensionen und Richtungen vorausbestimmen. Der quantitative Zusammen hang der elelektrischen Energie mit anderen Energieformen wie Wärme, mechanische Kraftwirkung usw. ist ein genau feststehender. In kaum einem Zweige der Technik wird so viel vom Wirkungs grade (Nutzeffekt) gesprochen, wie in der Elektrotechnik, gerade weil man es hier so leicht hat, festzustellen, wie viel Energie B. mechanische) in einem Apparate aus einer gegebenen Menge elektrischer Energie, und zwar im Verhältnis zur höchsten theoretisch erreichbaren Menge, hergestellt wird. In der leichten und genauen Messung elektrischer Ströme liegt zum größten Teil die Erklärung für die Sparsamkeit, die hohe Oekonomie, mit der die heutigen Maschinen und Apparate arbeiten; mau konnte eben zahlenmäßig vergleichen, den theo retischen Grenzen zustreben. Zur Erklärung einiger Begriffe von den Maßeinheiten seien verschiedene Analogien herangezogen. Die Kraft der Schwere ist imstande, eine sogenannte mechanische Arbeit zu erzeugen bezw. zu veranlassen. Nun ist diese Arbeit die gleiche, ob ein Gewicht von z. B. 1 leg auf 1 m Höhe, oder l/2 KZ auf 2 na u. s. f. gehoben wird. Durch geeignete Vorrichtungen, wie Hebel, Flaschenzüge, Zahnräder und dergl., kann ein gegebenes Quantum mechanischer Arbeit beliebig auf beide Faktoren Kraft X Weg oder die Leistung auf Kraft X Geschwindigkeit verteilt werden. Bei Umwandlung mechanischer Arbeit bleibt dieses Produkt konstant; was man an Kraft gewinnt, verliert man an Weg oder Geschwindigkeit und umgekehrt. In ähnlicher Weise haben