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158 Bergleuten ermöglichen, von dem Zufluchtsraume aus als Retter von Kameraden in der Not Exkursionen zu unternehmen. Da mit das Auffinden der Räume jederzeit leicht gemacht wird, sollten Pfeile mit im Dunkeln leuchtender Farbe an sichtbare Stellen der Stollenwandung gemalt, wie auch gedruckte Weisungen zum Verhalten bei Unglücksfällen angeschlagen werden. Nun fehlt den lebendig begrabenen Bergleuten nur noch eins: die Möglichkeit einer Verständigung mit der Außenwelt, um ihre Angehörigen bis zur völligen Errettung beruhigen zu können. Auch dies ist erreichbar durch die Einrichtung eines explosionssicheren Telephonsystems. Den Rettungskolonnen, die von über Tage nach einer Explosion einzufahren den Mut haben, um ihren Kameraden Hilfe zu leisten, wäre eine solche Einrichtung auch von unschätzbarem Wert, weil sie zielbewußt und nicht blind ihr Leben aufs Spiel setzend an ihre edle Arbeit gehen könnten, nachdem sie durch die eingeschlossenen Mannschaften durch das Telephon erfahren haben, wo Hilfe am brennendsten not tut und wo sie nichts mehr nützen kann. Explosionssicher kann nun eine telephonische Verbindung mit dem Zufluchtsraum derart am einfachsten gemacht werden, daß man die Telephonleitung in das explosionssicher verlegte Druckluftrohr verlegt. Außerdem kann die Druckluftleitung auch dazu dienen, Um flüssige Nahrung unter Tage gelangen zu lassen. Unter normalen Umständen wird man die Leitung natürlich für den regelrechten Betrieb nutzbar machen, vorausgesetzt, daß das betreffende Bergwerk überhaupt für Druck luft Verwendung hat. Als Abmessungen der Druckluftleitung wird vorgeschlagen, das Rohr mit einer lichten Weite von etwa 200 mm zu ver legen; diese Größe ist für etwa 300 Mann (auf vier Zufluchts räume verteilt) ausreichend. o—p—s. Neue technische Einrichtungen zur Unfallverhütung. In Nummer 3 des V. Jahrganges des Reichs-Arbeits blattes wird ein „Die Entwicklung der Unfallverhütungsmaß nahmen in den letzten Jahren" überschriebener Artikel des Herrn Konrad Hartmann, Senatsvorsitzender im Reichs-Versicherungs amt, veröffentlicht, welchem wir auszugsweise nachstehendes auch für unsere Leser Interesse bietendes entnehmen. Zur Verminderung der Unfallgefährlichkeit der gewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebe sind bedeutende Anstrengungen verschiedenster Art gemacht worden. Von den in den letzten Jahren für das Deutsche Reich erlassenen Gesetzen ist für die Unfallverhütung von allgemeiner Bedeutung das Gesetz vom 30. März 1903, betreffend Kinder arbeit in gewerblichen Betrieben ;Reichsgesetz-Blatt 1903 Nr. 14), welches mit dem 1. Januar 1904 in Kraft getreten ist und die Beschäftigung von Kindern unter einem bestimmten, in den ver schiedenen Bestimmungen zwischen 10 und 13 Jahren wechselnden Alter in zahlreichen Betrieben verbietet oder nur innerhalb ge wisser Arbeitszeiten gestattet. Hierdurch werden die Kinder in weitgehendem Maße der Einwirkung von Unfallgefahren entzogen. Des ferneren besitzt eine große Bedeutung für die See schiffahrt die Seestraßenordnung vom 1. Mai 1906, sowie Bestimmungen zur Verhütunng des Zusammenstoßens der Schiffe auf See. Diesem schließt sich die Vorschrift zur Untersuchung von Schiffsleuten auf ihre Tauglichkeit zum Schiffsdienst an. Da Erkrankungen an Gewerbekrankheiten auch als Unfälle im Sinne der Unfallversicherungsgesetze angesehen werden, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes entstehen, was allerdings nur in Ausnahmefällen vorliegt, so haben auch diejenigen gesetzlichen Bestimmungen für die Unfallverhütung Bedeutung, welche zur Verhütung von Gewerbekrankheiten fest gesetzt worden sind. Von solchen in den letzten Jahren getroffenen gesetzlichen Maßnahmen sei hier zunächst das Gesetz, betreffend Phosphorzündwaren, vom 10. Mai 1903 genannt (Reichs- Gesetzblatt 1903 Nr. 24), durch welches vom 1. Januar 1907 die Verwendung von weißem oder gelbem Phosphor zur Her stellung von Zündhölzern und anderen Zündwaren verboten worden ist. Diesem folgten die Vorschriften zur Verhütung von Blei vergiftungen. Mit diesem erfolgte die Herausgabe des sogen. Blei-Merkblattes, welches kurzgefaßte Angaben darüber enthält, worin sich die Bleivergiftung äußert, wie sich die mit vorge nannten Arbeiten beschäftigten Personen vor Bleivergiftung schützen können und wie sich die Bleierkrankung verhüten läßt. Um die Durchführung der Gesetze, Verordnungen und Vorschriften zu gewährleisten, ist selbstverständlich eine ausreichende Ueberwachung der Betriebe erforderlich. Diese erfolgt in der Hauptsache durch die Beamten der staatlichen Gewerbeaufsicht und die technischen Auffichtsbeamten der Berufsgenossenschaften. Die staatliche Beaufsichtigung hat in den letzten Jahren eine wesent liche Verstärkung erfahren. Die berufsgenossenschaftliche Betriebs überwachung hat besonders dadurch eine Erweiterung erfahren, daß nach Fassung der revidierten Unfallversicherungsgesetze die Berufsgenossenschaften verpflichtet sind, für die Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften Sorge zu tragen, und daß dieser Verpflichtung nur durch die Beschäftigung technischer Aufsichts beamten entsprochen werden kann. Während zu Anfang des Jahres 1900 nur 215 sogenannte Beauftragte angestellt waren, die im Dienste von 53 gewerblichen Berufsgenossenschaften standen, betrug die Zahl der technischen Auffichtsbeamten am Schluffe des Jahres 1906 265, welche von 61 Berufsgenvssenschaften beschäftigt wurden. Die Zahl der technischen Aufsichtsbeamten der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften war bisher sehr gering, da nur wenige der letzteren Unfallverhütungsvorschriften erlassen hatten. Nachdem aber, wie erwähnt, die Durchführung von Unfallverhütungsmaßnahmen in letzter Zeit von fast allen Berufsgenossenschaften in Angriff genommen worden ist oder in nächster Zeit erfolgen wird, muß eine starke Vermehrung der Zahl der Aufsichtsbeamten in kurzer Frist herbeigeführt werden, wenn der Erlaß von Vorschriften nicht wirkungslos bleiben soll. Außer der Betriebsüberwachung durch diese staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Beamten besteht noch eine staatliche Ueberwachung der Bergwerke durch Beamte der Bergbehörden, eine polizeiliche Beaufsichtigung der Bauausführungen, vielfach auch der Fahrstühle, ferner eine Ueberwachung der Dampfkessel anlagen durch Vereinsbeamte. In den letzten Jahren ist auch die Heranziehung von Personen aus dem Stande der Arbeit nehmer zum Ueberwachungsdienste erfolgt, namentlich in Bayern zur Beaufsichtigung von Bauausführungen. Die Tätigkeit dieser von den Gemeinden oder Bezirksämtern angestellten Baukon trolleure hat sich fast ausnahmslos als zweckentsprechend er wiesen. Als wichtige neue technische Einrichtungen zur Unfallver hütung sind folgende zu erwähnen. Die steigende Anwendung von Dampfturbinen, Groß-Gasmotoren und Elektromotoren an Stelle der gewöhnlichen Dampfmaschinen ist auch für die Un fallverhütung von großer Bedeutung. Die Dampfturbinen be sitzen gegenüber den Kolben-Dampfmaschinen wegen ihres ge schlossenen und gedrungenen Baues eine wesentlich geringere Unfallgefährlichkeit. Die namentlich zur Ausnutzung der beim Hochofen- und Koksofenbetrieb entweichenden Gase dienenden Groß-Gasmotoren haben eine neue Unfallgefahr geschaffen, in dem die Gase infolge ihres Kohlenoxydgehaltes sehr giftig sind. Es sind auch schon mehrere schwere Unfälle dadurch entstanden, daß Arbeiter bei Beschäftigung an genannten Maschinen Gas, das durch Undichtigkeit oder infolge unvorsichtiger Bedienung der Maschinen ausgetreten war, einatmeten und schwer erkrankten, vielfach auch bald darauf starben. Um diese schweren Folgen der Gasvergiftung möglichst auszugleichen, werden neuerdings Atmungsapparate verwendet, durch welche den Vergifteten Sauer stoff zugeführt wird. Auch hat die Rheinisch-Westfälische Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft im Jahre 1905 ihren Mit gliedern empfohlen, elektrisch betriebene Ventilatoren aufzustellen und während des Aufenthaltes von Arbeitern in den Fundament räumen dieser Maschinen frische Luft durch Gummischläuche in diese Räume einzuführen. Die Elektromotoren und der von ihnen ausgehende elek trische Antrieb von Transmissionen und Maschinen bieten gegen über den gewöhnlichen Kraftmaschinen und umständlichen Wellen- und Riementransmissionen eine wesentlich geringere Gefährlichkeit, erstere wegen ihrer geschlossenen Bauart, der elektrische Antrieb wegen seiner einfacheren, den Wegfall gefährlicher Wellen- und Riemenleitungen herbeiführenden Anordnung. Allerdings sind