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138 Ausdruck kommt, sich nicht ungünstig gestaltete, wenn man von ge wissen Störungen durch Gestaltung der Witterungsverhältnisse absieht. Die Verkehrseinnahmen aus dem Güterverkehr deutscher Eisenbahnen waren im Januar 1907 um 7 217428 Mark höher als im gleichen Monat des Vorjahres, es bedeutet dies gegen das Vorjahr eine Mehreinnahme von 108 Mark oder 4,54 o/g auf den Kilometer. Nach den Berichten der Industrie gestaltete sich der Arbeits markt im Januar 1907 wie folgt: Die gute Geschäftslage im Steinkohlenbergbau hat auch im Januar angehalten, sie war fast durchweg besser als im Jahre 1906. Im allgemeinen herrschte noch immer empfindlicher Arbeiter mangel. Häufig stiegen die Löhne weiter, teilweise trat aber, wie z. B. im Ruhrrevier, ein gewisser Stillstand in der Auf wärtsbewegung ein. Ueber Wagenmangel wird noch immer ge klagt, so besonders im Ruhrgebiet und Niederschlesien. Im Saarrevier fand am 28. Januar auf der Grube Reden eine Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion statt, bei der 150 Berg leute getötet wurden. Die Beschäftigung in den Steinkohlenbergwerken von Zwickau und Umgebung war auch im Januar zufriedenstellend. Teilweise herrschte Arbeitermangel. Die seit dem 1. Dezbr. 1905 gewährte Teuerungszulage ist mit dem 1. Januar 1907 in eine feste Schichtlohnzulage umgewandelt worden. Die Löhne haben außerdem eine kleine Erhöhung erfahren. In den niederschlesischen Steinkohlenbergwerken blieb die Beschäftigung auch im Januar zufriedenstellend. Die Löhne stiegen weiter, der Mangel an Arbeitern dauerte aber auch im Berichtsmonat an. Stellenweise herrschte immer noch Wagen mangel. Auch im Braunkohlenbergbau war der Geschäftsgang im allgemeinen gut, nur aus Mitteldeutschland wird ein Nachlassen der Nachfrage nach Rohbraunkohle berichtet, infolge des Auf hörens der Zuckerkampagne. Stellenweise mußte die Förderung infolge des Frostwetters unterbrochen werden. Es herrschte im allgemeinen Arbeitermangel. In der Metall- und Maschinenindustrie hielt der gute Geschäftsgang auch im Berichtsmonat an. Sehr häufig war die Lage besser als in gleicher Zeit des Vorjahres. Der schon früher gemeldete Arbeitermangel hielt an. Nur aus Bayern wird stellen weise ein Ueberangebot an Arbeitskräften gemeldet. In einem Elberfelder Betrieb brach Anfang Januar ein Streik von ungefähr 170 Gießereiarbeitern aus, der nach ca. 14tägiger Dauer mit bedingungsloser Wiederaufnahme der Arbeit endete. Partielle Streiks werden aus Mitteldeutschland gemeldet. Der Beschäftigungsgrad in den Dampfkesselfabriken und Armaturwerkstätten war im wesentlichen befriedigend, wenn auch nach einem Bericht aus Mitteldeutschland gegen den Vormonat die übliche Verschlechterung, der Jahreszeit entsprechend, eintrat. In einem großen bayrischen Betrieb war die Beschäftigung eine mäßige, sie war zur gleichen Zeit des Vorjahrs besser. Be sonders in Mitteldeutschland fehlten gute Arbeitskräfte, teilweise fanden hier Lohnerhöhungen statt. Der Geschäftsgang in der Herstellung von Wärmekraft maschinen war im Berichtsmonat gut, im allgemeinen besser als im Januar 1906. In Bayern fehlten tüchtige Monteure, Ueberarbeit war im mäßigen Umfang erforderlich. Von der elektrischen Industrie wird berichtet: Die Nachfrage war in mehreren Zweigen der elektrischen Industrie teilweise nicht genügend. Befriedigend war im allge meinen die Nachfrage nach Dynamos, Elektromotoren und Trans formatoren, ebenso nach elektro-medizinischen Apparaten und elektrischen Meßinstrumenten, in der Beleuchtungsindustrie und in der Fabrikation elektrischer Kohlen. Das Angebot an Arbeits kräften deckte auch im Januar die Nachfrage. Der Streik in einer Berliner Großfirma wurde Anfang Januar beendigt. Die Baumwollindustrie war auch im Berichtsmonat im allgemeinen recht gut beschäftigt. Es wird immer noch häufig über Arbeitermangel geklagt, der sich im hannoverschen Bezirk nur teilweise, in Sachsen besonders fühlbar machte. Die Kammgarn- wie die Vigognespinnerei hatten den Berichten zufolge gut zu tun. Immer noch war Arbeitermangel vorhanden. Der Geschäftsgang in der Holzindustrie war im allgemeinen ziemlich ruhig. In den Sägewerken und in den holzbearbeitenden Betrieben war die Beschäftigung im allgemeinen recht schwach, häufig schlechter noch als im Vormonat. Vielfach war ein Ueberangebot an Arbeitskräften vorhanden. In Bayern war nach dem Bericht die Geschäftslage normal. Aus der Kisten fabrikation wird eine recht schwache Beschäftigung gemeldet. Die Möbelfabriken waren wie immer im Januar weniger gut be schäftigt. In Berlin wurden den Berichten zufolge am 12. Januar sämtliche Arbeiter der Möbelindustrie, die dem Holzarbeiter verband, dem Fachverein der Tischler und dem christlichen Verband angehören, sowie die Bildhauer des Gauverbandes aus gesperrt. Es wurden nur noch die unorganisierten Arbeiter und diejenigen, die dem Hirsch-Dunkerschen Gewerkverein angehören, beschäftigt. Rechts- und Gesetzeskunde. ' Snlsclieidung des kadiftlien verwaltringsgel'iclits. rcl. Die Auslegung des Begriffs dringender Lall irn Sinne des Arankenversicherungsgesehes. Oftmals haben die Gerichte darüber zu entscheiden, ob der Kranke — ohne die Genehmigung des Kassenvorstandes vorher einzuholen — berechtigt gewesen ist, diesen oder jenen Nichtkassenarzt in An spruch zu nehmen, denn nach Z 26 a, Ziffer 2 b des Kranken versicherungsgesetzes kann bekanntlich die Bezahlung der durch die Behandlung eines Nichtkassenarztes entstandenen Kosten seitens der Kasse abgelehnt werden, wenn kein „dringender Fall" vorlag. Eine Verletzung der Vorschriften über die Krankmeldung und das Verhalten des Erkrankten, die etwa hierbei unterlaufen, berechtigt die Kasse gemäß § 26 a, Ziffer 2 a des Kranken versicherungsgesetzes nur zur Verhängung einer Ordnungsstrafe, nicht aber zur Versagung ihrer Leistungen, sofern solche sich nicht durch die Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes selbst rechtfertigen läßt. — In einem neuerdings vor dem Badischen Verwaltungsgericht zur Entscheidung gelangten Falle hatte sich ein Krankenkassenmitglied infolge einer schweren Blinddarmentzündung, an der es erkrankt war, an einen aus wärtigen Spezialarzt für Chirurgie, einen Nichtkassenarzt, ge wandt, da sich unter den Kassenärzten ein Chirurg nicht befand. Der Hinzugezogene hatte an dem Kranken eine Operation vor genommen, und letzterer hatte sich danach in die Behandlung eines Kassenarztes begeben. Späterhin verschlimmerte sich das Leiden des Patienten nochmals ganz erheblich, sodaß der Kassen arzt selbst ihm anriet, sich bei dem oben erwähnten Spezialarzt einer zweiten Operation zu unterziehen, was der Kranke auch tat, ohne sich vorher mit dem Kassenvorstande ins Einvernehmen zu setzen. Bei dem gefährlichen Charakter des Leidens war es selbstverständlich, daß der Kranke in der Klinik des Spezialarztes Aufenthalt nahm; doch wählte er nicht die dort vorhandene einfache Klasse, sondern ließ sich in der zweiten Klasse verpflegen. — Alle die durch die Behandlung seitens des Spezialarztes entstandenen Kosten forderte das Kassenmitglied von der Kasse zurück, doch weigerte sich diese, dem Verlangen zu entsprechen. Ein „dringender Fall", so behauptete sie, habe nicht Vorgelegen, das Recht zur Umgehung des Kassenvorstandes habe also der Kranke nicht gehabt. Zum mindesten könnten ihm diese Kosten nicht für die zweite Hinzuziehung des Spezialisten eingeräumt werden, denn damals, als sich der Kranke in der Behandlung eines Kassenarztes befand, lag doch der Fall gewiß nicht „dringend". — Trotzdem hat das Badische Verwaltungsgericht den Anspruch des Kassenmitgliedes zum größten Teil für be rechtigt erklärt. Was die erste Hinzuziehung des Spezialisten betrifft, so ist es zweifellos, daß sie notwendig war, da die Hilfe der Kassenärzte nicht ausreichte. Wenn der Kassenvorstand seitens des Kranken auch nicht vorher benachrichtigt worden war, so ist dem gegenüber zu bedenken, daß der Kasse doch in jedem Falle der besondere Aufwand erwachsen wäre. — Aber auch zu der Bezahlung der Kosten für die zweite Zuziehung des Nichtkassenarztes ist die Kasse verpflichtet, denn einmal steht es fest, daß kein anderer Arzt besser geeignet war, die zweite Operation vorzunehmen, wie der in Anspruch genommene Chirurg,