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114 der Gesetzgebung zur Zeit nicht anders entschieden werden, denn unter „Unfall" ist eben nur ein plötzliches, dem regelmäßigen Gange des Betriebes fremdes, aber mit ihm in Verbindung stehendes Ereignis zu verstehen, dessen Folgen für Leben und Gesundheit des davon Betroffenen schädlich sind. — Etwas der artiges liegt aber hier nicht vor. (Nachdruck verboten.) Explosionen und Unglücksfälle. Dampfkesselexplosion in Gruppenbühren. Durch die dankenswerte Aufmerksamkeit eines Kollegen wird uns nach stehender Fall einer Kesselexplosion übersandt. Nach der „Nord- Westdeutschen Morgenzeitung" explodierte am Sonntag, den 18. November, fiüh 1/25 Uhr vorigen Jahres der Dampfkessel der Hartsandsteinwerke Gruppenbühren. Der Heizer Th. Kruse aus Gruppenbühren 2, welcher die Maschine bediente, wurde mit furchtbarer Gewalt aus dem Maschinenhause hinaus und über den Bahnkörper hinweg gegen die Stirnseite eines gegen überliegenden Telegraphengerüstes geschleudert und wurde stark verbrüht und gequetscht und mit gebrochenen Gliedern, das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt, neben obigem Gerüst tot auf gefunden. Wie gewöhnlich hatte Kruse Sonnabend abend seinen Nachtdienst an getreten und der Arbeiter Warrelmann hat ihn in vorgerückter Zeit im Maschinenhaus aufgesucht, wo K. das Wasserglas nachgesehen hat, um den Kessel auf seinen Wasfer- stand zu kontrollieren. Gegen 41/2 Uhr hörte ein Nachbar ein donnerähnliches Getöse, was ja allerdings auffiel, aber doch weiter keine Veranlassung zum sofortigen Nachsehen gab (?). Mit Anbruch des Tages bot sich nun den entsetzt Herbeigeeilten ein schrecklicher Anblick beim Auffinden der Leiche des Verun glückten. Mir großer Vehemenz ist die schwere eiserne Feuerungs tür hinweggcschicudert worden und hat diese, sowie der ungeheuere Luftdruck, den Heizer mit fortgeriffen, die hölzerne Eingangstür zerschmettert, wovon ein Flügel zirka 80 Meter weit vom Explosionsorte aufgefunden wurde. Parallel mit dem Eisen bahnkörper ist ein großer Vorrat an Steinkohlenbriketts in zirka 1i/2 Meter Dicke und 2 Meter Höhe aufgestapelt. Diese Stapelung war auf 3 Meter Weite vom Boden wie glatt rasiert hinweggefegt worden und fand man von diesen Kohlenstücken in senkrechter Linie zur Unfaüstelle bis zu 200 Meter Entfernung auf den Ländereien der Nachbarn wieder. Die eiserne Feuerungs tür ist gegen eine Schiene des zweiten Geleises geschleudert worden und halte dieselbe auf 10 Meter Enfernung noch die Gewalt, die staik verschraubte Schiene noch 5 Zentimeter einzu biegen. Kleidungsstücke des Verunglückten hingen in den 40 Meter weit enlfernten Obstbäumen des Nachbargartens. Am Kesselhause selbst ist die Beschädigung eine verhältnismäßig ge ringe. Von dem Luftdruck ist allerdings das Dach gehoben worden und die nördliche Seitenmauer auf vielleicht 10 Zenti meter an der auffallendsten Stelle herausgedrückt worden, ohne aber Löcher auszuweisen. Neben der Eingangstür, welche zum Teil weit wcggeichleudert wurde, sind in dem daneben ange brachten eiseinen Fenster der größte Teil der Scheiben zertrümmert. Die Keffellagerung ist vorne am Kessel ringsum gelockert. Die Wandung des Feuerrohrs ist von oben und unten, als wäre sie ein Kartenblakt, soweit eingedrückt, daß sie sich in der Mitte des Rohres berüh en. Infolge der Explosion hatten einige Holz teile des Raumes Feuer gefangen, welches jedoch bald von den Herbeieilenden gelöscht wurde. Der Verunglückte, Heizer Theodor Kruse, ist zirka 24 Jahre alt. Die Ursache der Explosion wird durch die Gewerbeinspektion Oldenburg untersucht werden. Wahrscheinlich ist die Wandung glühend geworden und ist viel leicht durch Einpumpen von Wasser so übermäßig und rasch Dampf entwickelt, daß die Keffelwandung gesprengt wurde, bevor die Sicherheitsventile arbeiten konnten. Aber es ist auch eine andere Ursache möglich, welche hoffentlich festgestellt wird. In sofern kann man noch vom Glück im Unglück sprechen, als die Explosion auch beim Passieren eines Zuges hätte geschehen können. Wäre ein Personenzug von der Kraft der fortge schleuderten Materialien getroffen worden, so wäre ein noch größeres Unglück wohl nicht zu vermeiden gewesen. Anmerkung der Redaktion: Bemerkenswert ist außer anderem die Gleichgültigkeit und Seelenruhe des Nachbars, der trotz des donnerähnlichen Getöses ruhig, zirka 3 Stunden vergehen ließ, ohne nach der Ursache zu forschen. Wäre der Heizer nicht sofort tot gewesen, hätte er ohne Hilfe ruhig verbluten können! Lxplosion eines überhitzten Siederohres. Eine solche ereignete sich am Sonnabend den 26. Januar in dem maschinellen Betriebe der elektrischen Zentrale auf der Königs hütte. Etwa 10 Arbeiter waren nach der „Breslauer Morgen- Zeitung" in der Zinderrösche der Keffelanlage beschäftigt, als plötzlich eine heftige Explosion erfolgte und ein Dampfstrahl unter 10 Atmosphären Druck die ahnungslosen Arbeiter traf. Während sich der größere Teil der Arbeiter noch zu retten ver mochte, blieben vier von den Arbeitern sofort besinnungslos auf dem Platze. Einer von ihnen erholte sich jedoch wieder und konnte sich noch bis zur Feuerwache schleppen, um sich verbinden zu lassen. Die anderen drei wurden besinnungslos aus der Unglücksstätte herausgeholt. Sie boten einen gräßlichen An blick. Die Haut hing in Fetzen herunter und grauenhafte Brand wunden bedeckten den ganzen Leib. Die Arbeiter Ollek und Penkalla erlagen gleich nach der Einlieferung im Krankenhause ihren Verletzungen. Sie haben ihre erste Schicht in diesem Be triebe mit dem Tode gebüßt. Ebenso verlief der Unfall bei dem alten Arbeiter Czewior tätlich und nur der Arbeiter Schmotter- meier kam mit dem Leben davon, doch ist auch sein Zustand besorgniserregend. Der Kessel, dessen Siederohr den grauen haften Unfall herbeigeführt hatte, wurde sofort abgestellt und ein anderer in Benutzung genommen. Schwere Brandwunden erlitt ein zu Besuch in Lauter weilender Realschüler, der sich in einem Kesselhause am Dampf kessel zu schaffen machte, wobei er das Dampfventil ein wenig rückte; im Nu drehte sich das Ventil durch den Dampfdruck weiter, und mit Gewalt entwichen die Dämpfe des Kessels. Durch den Luftdruck wurde er zu Boden geschleudert und durch die herausströmenden Dämpfe schwer verbrüht. Verschiedene Mitteilungen. Die Maschinen eines Schnelldampfers. Die vom Vulkan in Stettin erbaute Maschinenanlage des Doppelschrauben- Schnellpostdampfers „Kronprinzessin Cecilie" des Norddeutschen Lloyd in Bremen besteht, so meldet der „Leuchtturm", aus vier- zylinderigen dreikurbeligen Vierfach-Expansions-Hammermaschinen mit Oberflächenkondensation und Massenausbalanzierung nach Schlicks System, indizieren zusammen ca. 46000 Pferdestärken und geben dem Schiffe eine Ozeangeschwindigkeit von 23,5 Knoten in der Stunde. Je zwei der Maschinen sind hinterein ander aufgestellt, um es zu ermöglichen, zwischen ihnen ein wasserdichtes Querschott aufzubauen und hierdurch die Zahl der wasserdichten Abteilungen zu erhöhen und die Sicherheit gegen Unfälle auf See zu vergrößern. Die an Steuerbord und Back bord hintereinander aufgestellten Maschinen treiben mittels 42 Meter langen Wellenleitungen zwei vierflügelige Bronzeschrauben von je 7,3 in Durchmesser. Auf die Güte des Materials der Wellenleitung ist großer Wert gelegt. Kurbelwellen und Druck wellen von 635 mm Durchmesser sind aus bestem Nickelstahl, die 645 mm dicken Schraubenwellen aus Tiegelstahl und die gesamten Zwischenwellen aus Siemens-Martinstahl hergestellt. — Die Gesamtzahl der auf dem Schiffe aufgestellten Dampfmaschinen beträgt einschließlich der Hauptmaschinen 79 mit zusammen 124 Dampfzylindern. Die Flotte des Norddeutschen Lloyd in Bremen besteht, einschließlich der Neubauten, zurzeit aus 395 Schiffen mit 754441 Brutto-R.-T. 571670 L8. Davon sind 92 See dampfer (12 im Bau mit 109100 Brutto-R.-T. und 104900 L8.), 50 Küstendampfer (3 im Bau mit 4950 Brutto-R.-T. und 2500 L8,), 50 Flußdampfer, 2 Schulschiffe und 201 Leichter fahrzeuge und Kohlenprähme. Gewerblich-Soziales. 8. r. Lin neues Arbeiterprogramm hat der Zentral rat der (Hirsch-Dunckerschen) Gewerkvereine ausgearbeitet, das dem nächsten Verbandstag der Gewerkvereine zur Beschlußfassung vorgelegt werden soll. Dieses Programm enthält eine Fülle von Forderungen und erstrebt eine Erhöhung des gesamten Lebensinhaltes der arbeitenden Bevölkerung. Es wird gefordert: eine fortschreitende Verbesserung der Arbeitsverhältnisse, ins-