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Die Dotivrafel von 1543 il)!Z wurde unser Museum durch Schenkung eines Fundes be reichert, der, damals genau 400 Iabre alt, nicht nur sür die Kunst- gescbicbtc der .Heimat, sondern noch in ganz besonderer Weise sür Görlitz selbst von hervorragender Bedeutung ist. Am Hause des Herrn Kaufmann Herrmann, Obcrmarkt 4, sand sieb im genannten Jahre bei Besserungsarbeiten ein steinernes Votiv bild mit figürlichen Darstellungen. Der ganze Sandsteinblock bat eine Höhe von i l o Zentimeter, eine Breite von 96 Zentimeter und eine Dicke von 26 Zentimeter. Die bock ans dem Grunde herausgearbeiteten Figuren zeigen noch viele Reste von Farbspuren, ob aus der Zeit der Entstehung oder dnrch spätere Zutat, steht dabin. Aus zwei gotischen Stüblen, von denen der linke die IabreSzabl i.ZiZ trägt, sitzen rechts und links, zum Jesuskinde gewandt, Maria und Anna, wäbrend dieses selbst auf einer Art Altar dargestellt ist, der mit einem Kissen und einem Antependium geschmückt ist, dessen Vorder seite die Buchstaben V. 14. zwischen den Geweibspitzen eines Hirsch kopfes über einer Blume zieren. Die fünf Brustbilder des Oberfeldes sind von links nach rechts mit den Bezeichnringen überschrieben: Joachim, Kleopbas, Salvator, Iosepb, Salomas. Vier kleine geflügelte Engel begrenzen links rmd rechts die Brüstung. Wir baben es also zunächst sicber mit einer Darstellung der Heiligen Sippe zu tun. Die Heilige Anna, deren Kultus seit Ende des i.z. Zabrblinderts in Deutschland eine weite Verbreitung ge funden batte, beiratete nach der gewöhnlichen Legende nacheinander drei Männer: Joachim, Kleopbas und Salome (hier Salomas be zeichnet). Maria war die Tochter Joachims. Zu diesen dreiMännern der Heiligen Anna tritt hier noch neben Gott Vater (in der Mitte) Iosepb als Gemahl der Maria und Vater des Iesuskindleins. Der Zweck der Votivtafel ist klar. Valentin Hirschmann, ein reich begüterter Mann, der auch das hocbbedentsame Amt eines Königlichen Richters in Görlitz bekleidete und das Hans Obermarkt 4 von 1500 bis iZ2i besaß, scheint ebenso wie Hans Frenzel lange Zeit in kinder loser Ebe gelebt zu baben. Ein Gelübde zur Heiligen Anna brachte wobl auch ibm die Erfüllung seines Gebets, als dessen Erbörnng auf der Votivtasel ein geborenes Knäblein, als Jesuskind dargestellt, erscheint. Das wäre eine schöne und beachtenswerte Darstellung einer beiligen Sippe — noch dazu genau datiert. — Aber unsre Tafel zeigt nns weit mebr! — Unter dem Einflüsse der realistischen Richtung der van Eyckschen Schule wurde es im i Z.Zabrbnndert gradezu Gitte, den dargestellten Heiligen das ganze Aussehen und die genauen GesicbtSzüge der Stifter und ibrer Familie zu geben, eine Unsitte, die dann von der Kirche streng verboten wurde. Uns aber bat sie in ihrer Ausübung, die bier klar zutage liegt, prächtige nnbedingt porträtähnliche Typen von Görlitzer Bürgern ans dem Jahre i.ziZ erbalten, über die wir uns gar nicht genug srenen könne»«! Besonders die beiden mit Joachim und Kleopbas über schriebene«« Köpfe (der eine bat sichtlich keine Oberzäbne) smd gradezu packende Darstellungen von Männern der Verwandtschaft des Herrn Hirschmann. Daß aber auch das Jesuskind auf den eben geborenen Stammbalter zielt, beweisen die Namenszeichen des Valentin Hirschmann und sein Wappen am Antependium. Von großem Interesse sind auch die kleinen Engelchen, die in ganz äbnlicber Gestalt ar«« Portal der Frauenkirche rind der gotischen Türe des Magistratssaales Vorkommen (Seite 27 und 67) und vielleicht auf den gleicher« Künstler Hinweisen. Leider ist das Haupt der Maria ganz, das des Jesuskindes zum Teil abgeschlagen, im übrigen aber die ganze Tafel bis auf Kleinig keiten vorzüglich erhalten — eine hocberfrcttlichc Schenkung an unser Museum. —