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wappeu auf der goldenen Bulle pon )433 Erschien uns die Urkunde vom Jabre 1071 gewissermaßen wie ein Morgenrot unsrer Stadtgründung, so müssen wir in der goldnen Bulle vom Jabre , einen leuchtenden und wärinenden Sonnen strahl erblicken, den des deutschen Kaisers Huld nnd ^lnerkemmng auf die bereits zu hoher Blüte und großem Wohlstände erstarkte Stadt Görlitz aus weiter Ferne sallen läßt. Kaiser Sigmund ist's, der Sobn Kaiser Karls IX ., der Luxemburger, der die Bulle ausstellen ließ, derselbe, der 1415 in Konstanz Huß verbrannte und in demselben Jabre dem Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg die Mark Brandenburg verlieb, der Bruder des Herzogs Hans von Görlitz. Schwere Kämpfe waren in den berüchtigten langen Hussitenkriegen mit all ihren Greueln der Verbrennung des Huß gefolgt, und kaum ein Land batte mebr nnter ibnen zu leiden gebabt, als unsre Dberlansitz. Aber sie batte sich ritterlich gewebrt, und die Stadt Görlitz war immer wieder das Bollwerk, an den« sich die Kriegesstürme brachen. Des zn Dank und Urknnd verlieb Sigmund zn wichtiger Zeit der Stadt ein neues reiches Wappen, das „zu solcher Würde gediehen war, daß es seiner Vortrefflichkeit halber nunmebro leicht gegen alle andere Städte den Ruhm und Vorzug behaupten kan ". Sigmmid batte nach vielen Schwierigkeiten am Zi.Mai >4ZZ zu Rom die febnlicbst erstrebte römische Kaiserkrone erbalten nnd war dcsbalb gern geneigt, den getreuen Görlitzern eine besondere Auszeich nung zuteil werden zu lassen. — Bereits Freitag, den 24. Juni i4zz, war die Urkunde „mit Kayserlicher Majestät göldener Bull" in Peruß (Perusia) ausgefertigt, zu deren Abholung der Stadtnotarius Laurentius Ebreuberg bis nach Rom zum Kaiser geschickt worden war. Und er brachte die prächtige goldne Bulle mit dem großen, reichen Wappen zurück, wie sie noch beute eins der wertvollsten Stücke unsres Ratsarchivs bildet. Freilich der gewaltigen Kosten wegen nicht allen zur Freude! Die Urkunde selbst ist, wie die von 1071, ans Pergament geschrieben, im ganzen 46:.>Z,.'> Zentimeter groß. Ihr nntcrcr Teil ist m,«gebogen und durch beide Teile des Pergaments eine seidene Schnur gezogen, an der die schwere goldne Bulle bängt: Der Kaiser sitzt mit dem Kröimngsornate angetan ans dem Tbrone. Die Darstellung erinnert an das bärtige Angesicht, das wir von dem Gemälde Albrccbt Dürers kennen. Sein Bild ist von doppelter Schristreibe umgeben, die Name und Titel des Herrschers enthält. Die Rückseite stellt ein zwcitürmiges Torgebäude dar, in dessen Hffnnng die Worte zu lesen sind:„nuien ffornn" — das goldne Rom. Die Umschrift lautet bezeichnenderweise: „ liomn c npcit muiilli — iopit orliE trenn rotuncli" Rom, das Haupt der Welt, lenkt die Zügel des Erdenrunds.— Die Urkunde ist in deutscher Sprache abgesaßt und vorzüglich ge schrieben: !Wort für Wort leserlich. Inmitten des Textes ist das neue verliehene Wappen in prächtigen Farben dargestellt, das Gold durch aufgelegtes Goldblech. Die Farbtöne des weißen Löwen sind stark nacbgednnkelt, das Ganze durch einen Stricbrand in den Farben schwarz, gold, schwarz, blau, schwarz begrenzt: ein schwarzer Doppel adler in goldne«» Felde und ein weißer Löwe in rotem Felde balten mit dem Fluge bzw. der Pranke eine Krone empor. Die Helmzier enthält ebenfalls einen weißen Löwen. Den Hintergrund bildet ein fein gezeichnetes Goldmuster auf blauem Grunde — eine in jeder Be ziehung vortrefflich ansgefübrte Arbeit. Auf unsrer Urkunde erscheint der Doppeladler zum ersten Male an Stelle des früheren einfachen Reichsadlers, „um damit die Vereini gung der Würde eines deutschen Königs und kölnischen Kaisers an- zudeuten". — Zum Vergleiche sind zwei ältere Siegel der Stadt Görlitz abgebildet: das eine von i2gii (im Stadtarchiv) mit dem brandenburgischen Adler, das andre (Mitte des 14. JahrbundertS) mit dem zwei schwänzigen böbmiscben Löwen (in der Gedenkhalle).