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Das Portal der Peterskirche Wie herrlich muß der alte Bau des i.z. Jahrhunderts, au dem 74 Satire gearbeitet werde« »var, gewesen sei« — ärrßerlich und innerlich! Als König Ferdinand I. 1538 in Görlitz mit größter Prachtentfaltung am Reichenbacher Ter empfangen werden war, ging der Zug nach der PeterSkirche, in der der König, obgleich sie da mals setzen protestantisch war, vor dem Altäre niederknictc, fein Gebet verrichtete und fv ergriffen een itzrer Schönheit »var — er, der die vielen tzerrlictzen Kirctzen des alten Deutschlands kannte —, daß er vem Rate ein Gemälde der Kirctze verlangte. Wo mag es binge- kemmen sein? — Das Angesictzt der Kirctze aber, mit dem es die Kenntnis itzrer Ge- famttzeit eröffnet, war zu allen Zeiten ihr Portal, das dnrctz alle Fätzr- licl'keiten von Ilmbanten nnd Brand hindurch von dem hoben Krmst- gescbtnack der Erbauer und ihrem starken Willen, ihrer Stadt in der neuen Kirche etwas .Hervorragendes zu schaffen, nut beredten Worten kündet. Ans der vom ursprünglichen dreisctziffigen Bau der ältesten Kirctze erhalten gebliebenen Westseite mit ihrer dnrch Lisenen abgetcilten und dnrctz fe einen Bogenfries des Ubergangsstiles der romanisctzen Zeit in Geschosse zerlegten Außenwand tritt in mächtiger Weise das von einem hohen, von zwei Säulen gestützten Spitzgiebel überstiegene Prachtportal weit heraus, zu dessen erhabenem Aufbau eine vielstnfige Freitreppe emporführt. Die siel' nach außen verbreiternde Türöffnung ist viermal abgetreppt mit se einer Gäule in den Pfeilerwinkeln, die alle, soweit sie die Zeit erhalten bat, köstliche Kapitäle tragen. In staunenswerter Weife sind aus ihrer Würfelform, bis über die Hälfte frei, Ranken- und Blattgewinde herausgearbeitet, die je zwei meist einander zugewendete Tiere mnschlicßen: Affen nnd Delphine, Tauben, Füchse »nd anderes Getier, wie es auch sonst an so vielen Stellen noch heute das Äußere der Kirche ziert als Vermächtnis alter und ältester Zeit und zugleich als Ausdruck eines Volksglaubens, der in wunderbaren Ticrgestaltcn die Träger menschlicher Seelen sah. Während die innerste Türleibung mit einem Rundbogen ohne figür liche Darstellung im Bogenfeld schließt, sind die sämtlichen in flachem Spitzbogen verlanfenden Archivolten von Sänke zu Sänke mit köst lich ansgearbeiteterr Wulsten, die durch runde oder kantige Stäbe ge trennt sind, geschmückt. Die Darstellung eines Palmenstammes, eines Bamnstmnpfes mit gerippter Rinde, eines ans vielfach kreisförmigen Figuren gebildeten Linienspiels nnd einer Reihe von je zwei arabesken artig gekrümmten nnd mit der Banchfeite gegeneinander gerichteten phantastischen Tieren bilde«» diese Wnlste, deren innerster ans seine»» Stützpunkten am Kapitäl ans Sphinxen heranswäcbst, der nächste rechts ans einen» bärtiger» Rlanne mit erhobene»» Armen, links einen» Engel mit gefalteten Händen nnd endlich daneben ans einer nackten Knabengestalt mit berabhängenden Beinen. — Und auch die zwischen den Wulste»» verlaufende»» Stäbe bieten dem Auge in nie sich wieder holender meisterhafter Ausführung prachtvoller Entwürfe immer etwas Oeries und Anziehendes. — Auch die Basis der Säulen zeigt noch die ursprüngliche Form des Ubergangsstils. Und was hat dieses Portal geschaut! Die ersteWeihe umsIahr 1225, die zweite von 14^7, die in den Ehroniken seitenlang beschrieben wird mit all ihrem Pomp der katholischen Zeit, wo derBischof von Rreißerr, Kaspar von Schönberg, nach la»rgcr Prozession mr» die Kirche mit seinem Krlmnnstabe an die Pforte klopfte, auf deren Flügeln Petrns und Paulus gernalt waren, bis der Diakon ihm auftat für die segnen den Worte: „Friede diesen» Haufe", den Ablaß des Tetzel und die Einführung der Reformation — bis zum letzten Brautpaare, das, die rrralte Heiligkeit der geweihten Pforte nicht ahnend, den Segen des alten Gottes am nerreren Altäre erflehte.