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Görlitz 1793 Am Ende des i tt. ZabrkundcrtS widmete s^ranz Karl Krause „ctm>ili88iino 86nsttii Oorlicen8i", dem bocbrübmlicben Rat von (Görlitz, ein (Gemälde (beute in der Gedenkkalle), das zunächst viele Aknlickkeit — auch lnit Bezug ai»s den Standpunkt — mit dem des Illerander Tbiele bat. llnd dock', wie wichtig ancl' das unsre. Der Standpunkt Krauses ist viel weiter westlick', et,va an der Nieskyer Straße, die in ^Windungen den stolzen Reiter mit seinem Hunde und die beiden V>andcrer nack dem V?estende der Heiligengrabstraße zu aus der recl'ten Seite unsres Hildes führt. DasHeiligeGrab crscl'eint deskalb nict't reck'tS, sondern in der.Acitte desBildeS, und der Künstler bat ans die Umgebung mit Landeskrorie und .l^eißevorstadt zugunsten der eigentlichen Stadt verzicbtet, die nun vom Kaisertrntz bis zur .Nikolai- nnd ^ctcrökircbe als inebr enggesct'lossenes Stadtbild nabe vor Augen tritt. beginnen wir an der linken Seite, so finden wir bier bereits den Dacb- rciter auf der .l^ikolaikircbe, der ibr auf dem Tbiclcscben Bilde noct' feblt. Der Eindruck der Peterskircbe n,it ibren frübcren Türmen be- berrscht das Stadtbild und läßt kaum die Spitze des Neißturmeö an der recbtenSeite uns einen letzten Gruß zurufen. — Zwischen.l^ikolai- tttrm und Ratbans fällt der Blick in die .l^iedernng der Heiligen grabstraße beiin Krenztor, die wir beim Tbielescl'e» Bilde kennen lernten — bier nur mit einem Rondell im Hintergründe, das von dem gewaltigen Pulvertnrm zwiscben Rcöncb und Neicl'enbacl'er Trirm, desseri Vordergrirnd das Borwerk an der Heiligengrabstraße bildet, völlig in den Schatten gestellt wird. Der Verlauf der Stadtmauer von dieser Bastei zum beutigen Züdenringe hinab und andrerseits bis zmu Reichenbacher Turme ist klar zu erkenne«. Aber wäkrend unser Dicker Turm sein altes Ausseben treulich bewabrt bat, gewabren wir ttumnebr am Reichenbacher Turme eine starke Veränderung: er bat seinen alten gotischen Helm verloren, und man bat ibm im^abre 1761 eine Barockbanbe ausgesetzt, die ibm freilich recht gut stekt und an deren Anblick wir rinS mit Freuden gewöbnt baben. Von seinen weiteren Veränderungen werden wir später Genaueres bören. Ein Blick ans die Häusergiebel des westlichen Dbermarktes, die zwischen ^nlverturm nnd Dickem Turm bervortretcn, wo die Neu zeit manche Veränderung geschaffen bar, ist ebenso anziebend wie der Blick ans die Fassade des alten Waisenbanses, das sich, wie beute die neue Schule, als Anbari an die Annenkapelle answeist. Auch die Franenkircbe bat bereits ibren tnrmbekrönten Vorbau, der sie von ihrer Jugend an nicht schmückte. fassen wir »roch einmal das Gesagte zusammen, so müssen wir betonen, daß wir bier ein Bild unsres Görlitz vor uns baben, wie es dem Görlitzer Bürger bis um die N7itte des vorigen Zabrlmnderts lieb nnd vertraut war, bis Demiani den stürmischen Forderungen einer neuen Zeit die altersgrauen, um die Gicberbeit der alten Stadt bocb- verdienten Rcauern, Tore nnd Basteien opferte, bis die bölzernen Bauten der Vorstädte massiven Großstadtbauten hllatz machten und allmäblicb einen Ring neuen Gebens und Treibens um den alten würdevollen Stadtkern zogen. Wir nebmen mit diesem Bilde Abschied von den Eindrücken, die unsre liebe alte Stadt zu verschiedenen Zeiten machte, und verzichten aus die Vorsübrung jüngerer Bilder, aus denen bereits die altbeiligen Stätten des Burgberges mit seiner Peterskirche durch den unschönen, erdrückend plumpen und ungefügen Bau des Zucbtbauseö verunstaltet und verdeckt werden, wo sich mm ein Leben entfaltete, das zu dem urtümlichen, geweibten Vrtc in scbreiendcm Rcißverbältnissc stand! — Db es niemanden gab, der damals den Vätern der Stadt zuzurnsen gewagt bätte: „( uvennt con8ule8, ne ljnick i-e8,)n!ilitu cletri- menti Hütet euch, Konsuln, daß die Stadt keinen Schaden leide!" —