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Das älteste Dlgemälde von Görlitz -MiL ^jm^zahre i llZ.z war die Oberlansitz an Kursachsen abgetreteri worden, und ihre nencn Besitzer waren stolz ans den Reichtum des neuen Landes mit seinen altbcrühmten Städten. Was Wunder, wenn Augnst der Starke, seit 1697 auch König von Polen und besangen von dem Glanze Ludwigs XIV., den wertvollen neuen besitz bei seinen Hofsesten den Gästen mit dem Motto vorfiibren wollte: „Das alles ist mir rmtertänig!" — Alexander Thiele, seit 1726 an den sächsischen Hos berufen und später znm Hof-Prospektmalcr ernannt, war der geeignete Mann, nm Städte mit aller der Kunst zu malen, der die Zeit fähig war. lind er inalte nufer Görlitz, das nun als ein mit Wonne betrachtetes Gemälde im Königlichen Schlosse zu Dresden hing, bis es von da unlängst entfernt und von nnferm Museum erworben werden konnte. Es ist eine Stelle etwas links vom Krematorium an der Berglehne, von wo es Thiele malte. Das Heilcho Grab, von der nicht ganz genau anfgefaßten Landeskronc überhöht, nimmt den rechten Teil des Bildes ein, während die Mitte von dem so schön sich über die Niederung heranshcbenden Stadtbilde beherrscht wird. Hoch ragt am linken Ende der Stadt die nach dem Brande von 1691 eben wieder neu erstandene PeterSkircbe mit ihren neuen, heute nicht mehr vorhandenen Türmen zürn Himmel, verdeckt znm Teil von den Gebäuden des Dogtsbofes mit dem Schlößchen. Am Allste deö steilen Ostabhanges erscheint das Bett der leiste, über dem links Dach und Dachreiter der Heiligen-Geist-Kirche dicht am rechten großen Baume sichtbar werden, während zwischen beiden großen Bäumen der massige Turm des Spitteltores am rechten Neißeuser den Hintergrund abschliestt. Die Nikolaikircbe bat inzwischen zwei große Brände zu überstehen gehabt und ist erst im Zahre 1722 aufs neue eingeweiht worden mit einem Dache, der« der spätere Dachreiter noch fehlt. — .Mühelos erkennen wir den Nikolaiturm, den RatStnrm, den Mönch neben dein hohen Dache der Obcrkirchc, die hohen Häuser ain Ober markte, den Dicken Turm, die Frauenkirche und schließlich ganz rechts den Reichenbacher Turin, der noch den alten gotischen Helm trägt, und den Kaisertrntz mit seinem alten, erst am Anfänge der vierziger Zabre des letzten ZahrbrmdertS abgeänderteil Turme. Das Anziehendste aber auf unferm Bilde ist der Blick auf die Stadt- befestiglmgen zwischen Kaisertrntz und Nikolaitor und in die Niede rung zwischen Heiligem Grabe und Grünem Graben, in der ja sriiher die Teiche lagen, ans deren grnndsestcr Arissüllmig sich heute die Pontestraße dehnt. Trutzig und hochragend begegnet nnserm Ange vor dem Kaisertrntz und dem Reichenbacher Turme der Pulvertnrnr mit seiner Bastei, der ja im Dreißigjährigen Kriege so schwer unter dem Anstürme der Belagerer zu leiden batte und teilweise verbrannt und verwüstet wnrde. Man siebt, daß er nachher samt seiner Bastei, die ibn mit der inneren Maner verband, völlig wiederhergestellt worden ist. Es ist lingesäbr der Ort, an dem später die Alte Kaserne, die ja an dieser Stelle die abgebrochenen Befestigungen ersetzen sollte, erbaut worden ist. Zwei weitere Rondelle erscheinen noch in der Richtung znm Hundsloch, das von den Gebäuden im Vordergründe verdeckt wird. Rechts vom Pulvertnrm, noch an der Böschung, erblicken wir ein landhansäbnliches Gebäude, vor dem im Tale malerisch in Bäume gebettet die Gegend des ehemaligen Kreuztores an der Heiligen grabstraße erscheint, die mit gnt gebauten Häusern bestanden ist, während die Fortsetzung des Tales in der Richtung auf den alten Friedhof an der Nikolaikircbe zu noch mit einfachen Hütten ans Bind werk mit Strohdach bebam ist, deren eine sogar noch den alten Holzschornstein trägt.