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25n den Teichen Der Finstersche Garten Wohl keine Gegend in der Nabe unserer Stadt bat sich so verändert wie die am Grünen Graben. Nicht nur die Bauten haben hier ein anderes Bild geschossen, auch die Verteilung von Land und Wasser baben sie stark verändert. Vom Reichenbacher Tore ans zog sich der Weg in nördlicher Rich tung bis zum Puloerturme, den wir schon früher besprochen haben (Seite 60). Er verschwand wegen des Baues der alten Kaserne im Iabre 187,6. Der Eingang zu diesem grünen Graben, der im Be reiche der Dorstadt lag, geschah durch ein Gittertor in der Gegend der beutigen Humboldt-Apotbeke. Der Weg bis zur Pulverbastei war gegen deu Grabenrand durch eine niedrige Mauer geschützt und mit Linden bestanden, aber nur i.z bis 20 Fuß breit. Vom Hälterberge an, aus dem der Pulverturm lag, und wo die Stadtmauer nach Dsten abbog, senkte sich eine schöne Lindenallee zwischen den Hältern, den Wiesen, an, Pulverteiche und an der Pulvermühlc vorbei binab bis zur Heiligengrabstraße, wo das Kreuztor die Lunitz und den Steinweg abschloß. In diesem Bezirk lagen rechts des Grünen Grabens, zwischen der Nordseite der alten Kaserne und der Lunitz, zwei größere Grund stücke. Das eine enthielt die der Stadt gehörende Branntwein brennerei mit inebreren Gebäuden, das andere war das Hälter-Grund- stück, dessen Ertrag an Fischen dem Rate der Stadt zustand. Zu weilen wurde auch in früheren Zeiten der eine oder andere Hälter an Ratsmitglieder als Entlohnung vergeben. Hier stand auch die Pulvermühle: dieser gegenüber aus der anderen Seite des ^Weges der nach ihr benannte Pulverteich, der sich weit hin nach Westen zog. Im Laufe der Jahre wurde er zugefcbüttet und über ihn die Pontestraße hinweggeführt. Das nebenstehende Bild gibt uns eine Vorstellung dieser Gegend aus jener Zeit. Und der im Iabre i8zi verstorbene Bürgermeister von Görlitz, Neumann, berichtet vom Grünen Graben: „Im Iabre 175» nnd 1760 sind die Manern bei den Hältern ge baut worden. Im übrigen wurden die schönen alten Lindenalleen da mals immer mehr neben der alten Promenade am Kaisertrutze zu einem beliebten Spaziergange der Görlitzer, nnd im Jahre 1756 legte der Rat der Stadt an der Mauer am Hälterberge nnd an den Lindenalleen weitere Verschönerungen mit Ruhebänken an." Am Hange zwischen dem Pnlverteiche und dem Grünen Graben be fand sich ein wüster Steinbrnch, den 1829 der Gemüsehändler Finster kaufte nnd dort einen schönen Garten anlcgte. Unser Bild zeigt das hübsche, mit hohen Pappeln nnd mit bescheidenem Gartenhanse be standene Anwesen, hinter dem die alte Lindenallee vorbeifübrt bis zum alten Pulverturme. Der Anblick dieses kleinen Idylls am Hange des heute völlig ausgebauten Grünen Grabens hat für uns eine besonders anheimelnde Anziehungskraft, und wir freuen uns über die alten Gör litzer, die einen so hohen Sinn für Naturschönheiten batten. — Ein Nachbesitzer des Finsterschen Gartens legte im Iabre 1802 den Plan zu einer Badeanstalt vor, der genehmigt wurde. Das Mittel- gebände sollte zwei Stockwerke, die beiden Seitenflügel je ein Stock werk hoch sein. Zwölf Badezellen waren in Aussicht genommen. i8-z4 wurde noch ein Dampfbaderaum und 1855 ein Gewächshaus angelegt. Doch das Marienbad bat kaum länger als io Iabre bestanden. Schon am i. Juni 186z wurde der Betrieb eingestellt; im Jahre 1864 kauft das Hans der Zimmermeister Jäckel, der es zu Wohn zwecken umbaute.