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Das Wilhelmsbad Die N^auersche Badeaastalt Wenden wir uns von derObermüble in nördlicher Richtung dcrStadt zu rind betreten unsere Promenade, wo der Weg in die vom Blockbause ber kommenden Lindenreihen mündet, so stehen wir bald an der Stelle, wo links die Freisescbe Badeanstalt, rechts das Tivoli liegt. Aus dem Platze dieser Saalgaststätte, wo heute die Görlitzer Kegler ibr ueucs Heim erricbtet baben, und dem von der Hofsmannscben Fabrik eingenommenen Gelände besand sich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts das außerordentlich beliebte Wilhelmsbad, dessen sreundliche Gartenanlagen das Haus, das sich mit schöner Giebelseitc bock emporbebt, rings umgeben, stricht zu sern vorn Mittelpunkte der Stadt und ans schönen Promenadenwegen leicht erreichbar, bildete diese Badeanstalt ein viel besuchtes Ziel der Görlitzer, von dem heute noch kaum jemand etwas weiß. Doch dieses Wilbelmöbad war nicht das einzige Bad, das damals den Görlitzern seine Dienste bot. Die Zeiten waren längst vorüber, in denen „das Badengehen" sür unsittlich galt und bei den srüberen Ein richtungen auch vielfach war. Das zweite Badehaus, die Manerscke Anstalt, hatte zwar nicht die schöne Lage an der Promenade und die anmutigen Gartenanlagen wie das Wilhelmsbad, aber es war be quemer zu erreichen. Lag es doch zwischen der alten Weberpsorte und dem Neißetore, etwa da, wo heute die Fabrik der Firma Müller 6c Kaufmann sich befindet. Wir seben diese Anstalt ans unserem Bilde ganz rechts, das Hauptgebäude übcrhöbt von dem Zwandseben Hause aus der Kränzelstraße, die dort srüber „Hinterhandwerk" hieß. Die Stadtmauern ziehen sich nach links ans den Dicken Turin zu und ver lieren sich an der Stelle, wo sie das große Hans Ecke Weberstraße und (beute) An der Bank erreichen. Links von dieser Stelle siebt jetzt die Reichsbank. Uber die Nebengebäude schaut ein altes Rondell hinweg, das als Nest alter Wehrhaftigkeit in, Garten der Firma Müller k Kaufmann zn sehen ist. In der Mitte des Hintergrundes, links vom Dicken Turm und scheinbar eng an ihn «„geschmiegt, in Wirklichkeit ein gutes Stück vor ihm gelegen, erblicken wir den Turm der alten Weberpsorte mit ibrem Torbause, die, wie wir früher saben, den Ver- kebr nach außen zwischen dem Frauen- und dem Neißetor erleichterte. Weiter links, von hoben Bäumen teilweise verdeckt, blickt das steile Dach der Frauenkirche mit Turm, Dachreiter und Cbor bervor. Wir befinden uns ans der heutigen Uferstraße, die damals „Unter kahle" hieß, und nufer Bild trägt im Original, das bei F. Thieme in Görlitz mn i l^ZO gedruckt wurde, die Unterschrift: „Die Manersche Badeanstalt zu Görlitz, Untere Kable Nr. 1076, am Neißeflusfe mit Russischem Dampfbade, Wafser-Donchebade, Bassins- und Wannenbädern aller Art." Außer diesen beiden gab es noch einige weitere, so das Fischerbad zwischen dem Wilhelmsbade und den, kleinen Exerzierplatz, dann noch EifflerS Strombad „mit starken, Wellenschläge" in großen verdeckten Zellen. Eine Knaben-Schwimmanstalt lag gegenüber dem Wil- belmsbade, eine sür Mädchen gegenüber den, Exerzierplätze. Während diese älteren Badeanstalten wenigstens hart an, Ufer der Neiße lagen, zogen sich die späteren eigentümlicherweise von ihm zurück. Aber noch erlaubten die Anschauungen der ehrsamen Bürger nicht, daß in, offenen Wasser gebadet wurde. Erst die neueste Zeit, die die Heilkraft von Licht, Luft und Wasser erkannte, sprengte die Fesseln übertriebener Empfindsamkeit. Und so seben wir denn beute, kaum daß die ersten Frühlingstage den Beginn einer wärmeren Jahreszeit künden, alt und jung nut froben Gesichtern dem Wein lachenbade zneilen.