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III. Die wahre Kreitjeit. Es mag doch lieber Alles bleiben wie es gewesen ist, so möchte wohl Mancher ausrufen im Verdruß über das Schwankende und Unsichere, das durch den falschen Liberalismus hervorgebracht wor den ist. Doch wer kann das Rad der Zeit aufhalten und das Vergängliche unvergänglich machen? — Oder sollte wenigstens auf dem Gebiet der Kirche und Religion Ruhe und Stillstand sein? Es ist unmöglich! Ja, es ist gradezu Mangel an wahrer Fröm migkeit, an achter Liebe zu dem Volke, wenn dies Jemand for dert und durchzusehen sucht. „Wie der Heiden Tempel verwüstet dastchn, so werden einst alle Altäre zertrümmert stehn, auf wel chen ein Abgott herberget. Das ist das unwidertreibliche Gesetz Gottes, der Fortgang der menschlichen Vernunft, der Geist des Christenthums und selbst der Schöpfung." So Herder'). Neber- all, wo Schäden sind, wo sich Ausgelebtes und Unbrauchbares zeigt, soll es mit fester Hand entfernt, Niemand geschont, die eigne uns lieb gewordene Gewohnheit nicht berücksichtigt werden. Wer will auch aus die Dauer vorhandene Schäden verbergen? — Von Natur schon besitzt jedes Volk, das nicht ganz und gar ver kommen ist, ein gesundes Gefühl für Wahrheit und Recht, und erkennt oder ahnt recht wohl, wo etwas seine Bedeutung verloren hat und leerer Schein an die Stelle des Wahren tritt. Tie ') Herder, Zur Religion und Theologie. XVIII. III.