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Art,.die aber nicht untersucht werden konnte, da die Feld arbeiten nicht behindert werden dürfen. Sie beweist uns aber schon heute, daß wir es hier nicht mit einem Einzel grabe, sondern einem mehr oder weniger großen Fried hof zu tun haben. Zum Schlüsse habe ich die angenehme Pflicht, Herrn von Sahr für seine wertvolle, wahrhaft heimatschützende Hilfe den besten Dank zu sagen. Ich bitte alle Leser dieser Zeitung, seinem Beispiele zu folgen und bei allen nur irgend zweifelhaften und verdächtigen Funden eine Mel dung zu erstatten nach Bautzen, Stieberstraße 36, oder durch Fernruf Bautzen 3773. Ein uichrimWes Erlebnis. Aus meiner fernen Kindheit taucht eine Erinnerung auf, die Erinnerung an ein unheimliches Erlebnis, dessen Schrecken noch lange in meiner Kinderseele nachzitterten. Ich war 13 Jahre alt als ich mit meiner Mutter nach Deutschland reiste — wir lebten damals noch in Rußland —, um die deutschen Verwandten zu besuchen. Der Senior der Familie wirkte als Seelsorger in einem Lausitzer Dorfe. Bei ihm wollten wir einige Tage verweilen. Das stattliche Pfarrhaus lag gegenüber der aus dem 14. Jahr hundert stammenden altersgrauen Kirche inmitten des von einer verwitterten Steinmauer umfriedeten Gottesackers. Ich fand in der Pfarre Altersgenossen: einen frischen zwölfjährigen Buben, der die Sommerferien im groß elterlichen Hause verbrachte und ein vierzehnjähriges Mädchen, das seit dem Tode der Eltern bei den Groß eltern lebte — ein nervöses, leicht erregbares Kind. Nach dem Nachtessen, das frühzeitig eingenommen wurde, blieb man noch eine Zeitlang beisammen. Der Pfarrer hatte in seinem hochlehnigen Sorgenstnhl, der auf dem erhöhten Fenstertritt stand, Platz genommen und er zählte mit gedämpfter Stimme seltsame Begebenheiten aus seinem Leben. In der sinkenden Dämmerung leuchtete das unter dem schwarzen Samtkäppchen hervorquellende Haar in silbernem Glanz. Die ins Wesenlose gerichteten Blicke der visionären Augen schienen die Gestalten und Ereig nisse heraufzubeschwören. Wir Kinder hockten auf dem Fenstertritt zu seinen Füßen und lauschten mit stockendem Atem und klopfenden Herzen den unheimlichen Geschichten, die der greise Pfarrherr, der über SO Jahr als Seelsorger seine Gemeinde betreut, während seiner Amtstätigkeit er lebt hatte: wie in mondhellen Nächten die Schemen längst verstorbener, von ihm beerdigter Dorfbewohner/ aus den Fenstern der Kirche ihn angrinsten, oder zuweilen, wenn er bis Mitternacht an seiner Predigt studiert, gedämpfte Orgelklänge aus der verschlossenen Kirche zu ihm herttber- llangcn. So reihte sich eine Erinnerung an die andere, immer war cs das Eingreifen einer übernatürlichen Welt in unser Erdendasein, das sich ihm offenbart. Als die Turmuhr die neunte Stunde verkündete, schloß er mit dem Hamletschen Wort: „Es gibt mehr Dinge zwischen Him mel und Erde als unsere Philosophie sich träumen läßt." * Eine Magd geleitete uns die Treppen hinauf über den Boden des hochgiebligen Hauses zu der eingebauten Man sarde, wo wir nächtigen sollten. Mein Bett stand dicht am Fenster. Das Zimmer war durch den Schatten der hohen Kirche in Dunkel gehüllt, doch so oft ich die Augen öffnete, sah ich durchs Fenster die Kreuze und Grabsteine des Friedhofs, vom Mondlicht gestreift, aufleuchten. Etwas Namenloses, Schreckhaftes, schien gespenstisch von ihnen zu mir herüberzulangen. Ich kroch unter die Decke.... Angstschaner rannen mir über den Rücken.... „O, nur einschlafcn können, bevor die Mitternachtsstunde naht!" — das war mein einziger Ge ¬ danke. Doch die von Minute zu Minute sich steigernde Er regung hielt mich wach. Der Schlag der Viertelstunden, der dröhnend durch die Stille der Nacht hallte, ließ mich zu- sammenfähren.... s^12 ^12 nur noch eine Viertelstunde und das Entsetzliche mußte sich ereignen . . . Jetzt holte die Turmuhr aus, die Mitternachtsstunde zu schlagen Ein unheimliches Geräusch iu meiner unmittelbaren Nähe ließ das Blut in meinen Adern gerinnen. Knöcherne Finger klopften an die Bretterwand, an der mein Bett stand ein Kratzen, Scharren, Stöhnen, Ächzen Ich fuhr auf — kalter Schweiß rann mir von der Stirn. Ich sah zu meiner Mutter hinüber — sie schlief fest. Ich hatte nicht den Mut, nicht die Kraft, sie zu wecken. Jetzt gingen die grausigen Töne in ein langgezogenes Röcheln über, wie die letzten Atemzüge eines Sterbenden. Ich wollte rufen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt, — ich brachte keinen Laut hervor, während mein ganzer Körper von Fieberschauern geschüttelt wurde — — Ein dumpfes Aufschlagen, wie vom Fall eines schweren Kör pers dröhnte jenseits der Bretterwand — — Ich schrie gellend auf Erschrocken fuhr meine Mutter aus dem Schlafe auf und war mit wenigen Schritten an meinem Bett. Angst voll umklammerte ich ihren Hals, während sie mit leisem Zuspruch mich zu beruhigen suchte. Drüben war es inzwischen lebendig geworden. Schritte und Stimmen erklangen. Durch die Spalten der Bretter wand schimmerte Licht. Die in der angrenzenden Bodenkammer schlafende Enkelin des Pfarrers, wie ich durch die schreckhaften Spuk geschichten des Großvaters in einen Zustand nervöser Spannung versetzt, hatte, als die alte Kirchenuhr rasselnd zum Schlage« der Mitternachtsstunbc ansetzte, einen hyste rischen Anfall bekommen und jene gräßlichen Laute aus gestoßen, die so unheimlich-grauenvoll die mitternächtige Stille durchgellt. Was ich für übernatürlichen Spuk ge halten, fand so eine natürliche Erklärung. Doch nach Jah ren noch, so oft ich an unsere Deutschlandreise und den Aufenthalt in dem alten Lausitzer Pfarrhaus dachte, durch lebte ich in der Erinnerung noch einmal alle Schrecken jener gespenstischen Nacht. A. Willkomm-Schneider. zu Artikel ..Nersnamen' in Rr. 2. Es ist in der „Oberlausitzer Heimatzeitung" schon öf ters über Flurnamen geschrieben morden, wie über haupt der Flurnamen-Forschung in der Gegenwart mehr Beachtung geschenkt wird, da durch die Katastrierung die alten Bezeichnungen, die dem Heimatforscher viel sagen, ganz verschwunden sind. Da aber durch Jahrhunderte alte Überlieferungen die Namen ihre ursprüngliche Form und Bedeutung verloren haben, so ist eine Deutung der Flur namen oft schwierig und mit größter Vorsicht vorzunehmen. In den seltensten Fällen wird der Hutberg der Hüter des Ortes bedeuten, aber meist die Bezeichnung des Weide platzes sein. An den Abhängen eines Hügels schmolz zu erst der Schnee und sproßte das junge Gras; auch die fränkischen Ansiedler unserer Heimat trieben zum großen Teil Viehzucht und ließen die Tiere weiden. Ein Hüte junge trieb das Vieh auf die Hut am Hutberge, deren es sehr viele gibt, vor allen Dingen bei Dörfern, wo wir auch oft die Namen Lämmerberg (Neukirch, Pickauj, Wiedeberg, Hirteuberg (Neustadt), Schafberg (Stolpen) finden. Auf Neukircher Flur gibt es noch eine Ziegenwiese, Kälber wiese, Ochsenbahn, Kuhweg. Die Flurnamen mit dem § Worte „Kälber" zeigen aber deutlich, daß Vorsicht bei der i Deutung am Platze ist,- denn es ist wohl nicht möglich, daß