Volltext Seite (XML)
tausende Kubikmeter Masse herausholen: Gerolle, Kies, Sand, Lehm. — Nichts als Steine? O, man sehe sie sich nur richtig an. Zwar kommen sie fast alle schon von jenseits der Grenze und verraten ihren weilen Weg durch ihre gerollte oder flache Form (Gerölle und Geschiebe), aber dennoch erzählen sie allerhand auch von der Entstehung unserer siidlausitzer Heimat. Schiefer, Grauwacke und Sandstein berichten uns von ausgedehnten Meeren, die einst über Sachsen und Böhmen fluteten: grob, körniger Granit (mit vorwiegend hellfarbenen Bestandteilen), der einst aus glutflüssigem Brei zu festem Stein in der Tiefe erstarrte, spricht von den unheimlichen Gewalten, die unter der Erdkruste schlummern: blauschwarzer Basalt und graugrüner Klingstein (— Phonolitb) dagegen sind die steinernen Zeugen von längst erloschenen Feuerbergcn, an denen unsere Heimat so reich war. Die Braunkohle wieder mit ihren teilweise gut erhaltenen Pflanzenresten zeugt von südländischem Klima und groben Überschwemmungen. Die meisten dieser Steine sind durch die Flüsse eingeschwemmt worden aus dem benachbarten Ieschken- und Isergebirge. Doch unter sie mengen sich Stücke — Feuersteine und Granite mit dunkelroten Gemengteilen —, deren Heimat tausende Kilometer nördlich von uns in Schweden und Norwegen liegt. Bon dort vordringende Eismasten — Gletscher — brachten sie zu uns. Oft waren es gewaltige Blöcke, wie z. B. der 90 Zentner schwere Findling zwischen Gymnasium und Weinau. Das war zu einer Zelt, als es noch keine Menschen gab. Und auch Tiere sanden sich erst später wieder ein. Ja, auch von ihren Spuren zeugt der Heimatboden, denn sie sind zum Teil zu Stein geworden. Natürlich sind sie nicht lückenlos erhalten. Kaum ein ganzer Schädel ist gefunden worden: meist nur einzelne Knochen oder Zähne, oder ein paar Gliedmabenreste, Nippen, Wirbel und dergleichen. Aber selbst diese dürftigen Überbleibsel genügen, um ein Bild der Tierwelt jener längst vergangenen Zeiten zu entwerfen. Da gab es den Vorläufer unseres Elefanten, das Mammut, von dem man vor Jahrzehnten offenbar ganze Säcke voll Knochen gefunden hat (nahe der Karlstraße). Weiler im Westen hat man vor reichlich 20 Jahren in Pethau Schädel und Wirbel vom jetzt völlig ausgestorbenen Bison.Wisent entdeckt: an dem gleichen Fundplatz hat man damals und auch später einen Backenzahn, Rippen und Gliedmaßen vom wollhaarigen Nashorn ausgegraben.3nsgesamt36Knochen- stücke (Schädel mit Zähnen, Gliedmaßen) hat man in 3 Meter Tiefe 1924 nahe beim Elektrizitätswerk gefunden. Sie stammen vom Wildpferde. Ferner lebten in unserer Heimat der Höhlenbär, das Renntier, der Wildesel, der Elch und der Edelhirsch (Weinau, Burgteich, Pethau). Wenn man wüßte, wie solche Knochen aussehen, dann würde man vielleicht mehr darauf achten I Das kannst du, lieber Leser, erfahren, wenn du nur einmal eines Sonntags ins Heimatmuseum für Geologie und Vorgeschichte kommst (im Iohanneum, wegen des Umbaues allerdings bis Michaelis geschloffen). Da liegen diese Knochen wohlverborgen vor Staub unter Glas, geschützt vor Zerfall. Auch Lebensbilder jener Tiere, zu denen sie zugehören, sind zu schauen, nach vollständigen Überresten oder nach Zeichnungen der Urmenschen, die mit ihnen gehaust haben. Vor Jahrtausenden schon sind jene Geschöpfe bei uns zu- gründe gegangen und auch sonst — mit Ausnahme des Wisents — nirgends mehr auf der Erde lebend anzutreffen. Dafür eben unter der Erde. Zwar stoßen wir — wie bereits gesagt — äußerst selten auf ganze Skelette, sondern meist nur auf vereinzelte Knochen. Doch auch sie sind von ungeahnter Bedeutung. Wo liegen solche Reste verborgen? In Kies» und Tongruben (Pethau, Weinau) oder eben in den Flußschottern (Mandau, Neiße). Man wird häufig bereits aus gewissen Anhaltspunkten schließen können, ob hier und da etwas zu finden ist. Abez fast niemand kann lediglich darauf ausgehen: es fehlen ihm zü solchen Nachforschungen Zeit und Geld. So bleiben die meisten Funde — wie auch die schon aufgezählten — dem Zufall überlasten. In Steinbrüchen, Ton-, Lehm- und Sandgruben, in Kohlenbergwerken, beim Grundschachten und Brunnenbohren, beim Straßen- und Schleusenbau, bei Fluß- regulieruugen usw. werden oft große Masten Steine und Erde mit Hammer, H^cke und Spaten bearbeitet. Mag auch manches hierbei zertrümmert werden — dafür aber wird auch der Boden gewisfermaßen aufgeschlossen, viele Schätze werden erst sreigelegt. Biel Brauchbares geht allerdings verloren, weil seine Bedeutung nicht erkannt wird. Vieles wandert auch (ohne Angabe von Namen und Fundort) in die „Raritätenkiste" oder führt in einer Truhe auf dem Boden ein verborgenes und vergessenes Dasein und wird schon beim nächsten großen Reinemachen auf den ersten besten Schutthausen hinausbefördert. Oder man schenkt es — nachdem längst der Fundort vergessen ist — jemand, „der solch Zeug sammelt". Ist es da nicht viel bester, es kommt gleich von Anfang an in die richtigen Hände! Darum ergeht an alle, die draußen mit Steinen und Erde oder Sand zu tun haben, die dringende Bitte, sobald man etwas Besonderes gefunden hat, einen ernsten Sammler zu benachrichtigen, die Schule des Ortes, einen wirklichen Fachmann oder das nächste Heimatmuseum. Ehe ein Stück nutzlos verloren geht, überlaste man es gegen Entschädigung, als Geschenk oder nur leihweise einem Museum, wo es dann der Öffentlichkeit zugänglich ist, wo es hundert« Menschen sehen und sich daran erfreuen können, und wo es auch für die Wissenschaft von Nutzen sein kann. Will man den Fund aber durchaus für sich behalten, dann teile man ihn wenigstens mit, den» schon die Kunde von dem scheinbar kleinsten und unbedeutendsten Stück kann wichtig werden. So wächst aus vielen Einzelbeobachtungen der große Schatz des Mistens. Wir alle können dazu beitragen. D r. Hein Ke-Zittau. Görlitz vor 800 Jahren im Jahre 1126 Bon Dr. Iecht nser Ort Görlitz ist bekanntlich zuerst am 1l. Dezember 1071 erwähnt. Es fand deshalb im Jahre 1921 eine Lrinnerungsfeicr an das 850jährige Bestehen des Dorfes Görlitz statt, wobei auch das Schristchen: „Görlitz, bevor es Stadt wurde" erschien. Ein zweites und drittes Mal tritt Görlitz 1126 und 1131 aus dem Dunkel der Vergangenheit. Ganz unrichtig und ohne jede Kenntnis der Quellen und der Literatur schrieb jüngst ein unbekannter Ber- fasser: „800 Jahre besteht unsere Stadt Görlitz". Diese Behauptung ist um so auffallender, weil gerade über die Entstehung der Stadt Görlitz die gründlichsten und genaue sten Untersuchungen in den letzten Jahren gemacht und in diesem Zusammenhänge auch die Erwähnungen des Ortes Görlitz in den Jahren 1126 und 1131 kritisch behandelt sind. Man sollte doch meinen, daß jemand, der „Bilder aus der Görlitzer Ver gangenheit" schrieb, wenigstens einen Blick in die jetzt erscheinende „Geschichte von Görlitz" hätte werfen müssen. Statt dessen tischt er wieder ein Märlein auf, das schon die Forscher des 19. Jahrhunderts über den Haufen geworfen haben. 1126 und 1131 ist von den Befestigungen und der Schanze Görlitz die Rede, nirgends von einer Stadt, die erst gegen 1220 ge gründet ist auf einem Gelände, das abseits von dem alten wendischen Dorfe lag. Um 1130, genauer von 1125 bis 1140, war der Herzog von Böhmen Sobislaus Herrscher über die Gegend von Görlitz. Nun drohte ihm 1125 und 1126 vom deutschen Könige Lothar, dem der Inhaber der Westoberlausitz Heinrich von Groitsch treu zur Seite stand, Gefahr und des- gleichen 1131 von Seiten des polnischen und schlesischen Herrschers Boleslaus Schiefmund. Deshalb besserte er die alte Schanze bei dem Dorfe Görlitz gerade in diesen Jahren. Diese Schanze oder der Burgberg, eine Art Brückenkopf aus uralter Zeit, lag an der Stelle des jetzigen Zuchthauses und der Petcrskirche. Sie war wohl 1126 in Verfall geraten. Sie hatte auch früher