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sich zeigt. Weiße Zwickelstrümpfe, Kniehosen, blauer bis über das Knie reichender Rock, an dessen linker Seite das weißseidene, reichbestickte, breite tzochzeitstnch befestigt ist, ein Geschenk der Braut, in der Hand den an einen Marschallsstab erinnernden, mit bunten Bändern geschmückten Hochzeitsstab und auf dem Kopfe den Dreimaster mit dem bunten Kranze, in dessen Mitte zwei rote Rosen (Braut und Bräutigam blühen): das ist die Hochzeitsbitter-Tracht. Ist das Hochzeitstuch das Schönste daran, so ist der Hut das Heikelste. Wo nämlich das Brautpaar noch „ehrlich" ist — man sagt unter Wenden so — ist dieser schwarz, indes „wer den Kranz verloren", ist zwar nicht „dem Tod erkoren", muß sich aber gefallen lassen, daß der Hochzeits bitter im blauen Dreimaster erscheint. Denn er ist Respektsperson und Beichtvater zugleich, ihm muß das Brautpaar alles verraten, auch ihre intimsten Regungen. Zwei oder drei Wochen vorher kommt er ins Brauthaus, wo er schon Braut, Bräutigam und die Eltern beider versammelt findet. Die Reden, die hier gepflogen werden, drehen sich wiederum um recht nüchterne Dinge. Man bespricht, wie man die Hochzeit ausgestalten, wieviel man backen und schlachten, wen man einladen will, bestimmt die Zahl der „Tische" — jeder Tisch zählt 10 Gäste — und was dergleichen wirtschaftliche Vorbereitungen mehr sind. Denn während der Hochzeit ist der Hochzeitsbitter ein Mädchen für alles. Er singt den Choral, kocht den Schmaus — für ihn ist auf dem Hofe ein eigener Herd hergerichtet —, hält Ansprachen, spricht das Tischgebet, überwacht den Aufwasch, bedient die Gäste, ordnet die Paare, nimmt die Hochzeitsgeschenke in Empfang und hat auch sonst noch tausenderlei Verrichtungen. Alles ist seines Winks gewärtig, und jeder fügt sich unbedingt seinen Anordnungen. Vorher aber hat er das zu tun, was ihm den Namen eingetragen hat: die Gäste zur Hochzeit zu bitten. Das geschieht in der Regel zehn bis vierzehn Tage vor der Verehelichung. Er geht von Hof zn Hof, von Dorf zu Dorf. Wo er erscheint, da läuft alles im Hause zusammen. Die Familie versammelt sich in der Wohnstube, und das Gesinde lauscht verstohlen im Nebengemach, lugt durchs Schlüsselloch und horcht froh erregt am Türspalt: ein Bild für Ludwig Richter. Hat er seine Einladung vorgebracht, dann zieht er sein Büchel hervor und schreibt hinein, was die Geladenen an die Brauteltern auszu richten haben, welche Geschenke sie zu geben gedenken und was sie sonst „beisteuern". Denn es ist üblich, daß jeder der Gäste sein Teil zum Hochzeitsschmaus beiträgt. Die einen schicken Eier, die andern Mehl, diese Milch, jene Butter. Bergeweise liegen die köstlichen Dinge die Woche vor dem Feste im Hochzeitshaus. Buchstäblich: bergeweise. Man muß auch hier seine Begriffe gründlich revidieren und ins Gigantische richten. Oder wäre es etwa nichts: Geschlachtet werden zur Hochzeit ein Ochse, zwei Schweine und Dutzende von Gänsen, Enten und Hühnern, gebacken werden vier, fünf und mehr Zentner Kuchen, je nach der Zahl der Gäste. Jedem Gaste wird bereits Tage vor der Hochzeit ein ganzer Kuchen ins Haus geschickt. Bei 600 Gästen macht das immerhin 600 Kuchen. Aufs Essen läßt man eben nichts kommen — nicht minder aufs Trinken. Schnaps spielt eine Rolle. Sieht man sich die Gäste daraufhin an, dann bemerkt man wohl bei dem und jenem, wenn er aus der Kirche kommt, heimlich den Flaschenhals aus der Tasche gucken. Sind die Gäste im Hochzeitshause angekommen, so werden sie zuerst mit Butterbrot und Käse bewirtet. Das war schon vor Alterszeiten Sitte und ist heute noch überall im Schwange. Hinterher gibt es Bier und Schnaps — nicht aber Wein. Nach dem Essen ordnet der Braschka die Paare und bestimmt die Reihenfolge, nach der zur Kirche gefahren wird. Zuerst fahren die jungen Leute und zwar Druschken und Swats (Brautführer und Brautjungfern), dann die verheirateten (und da wieder voran die Geschwister des Brautpaares), zuletzt die beiden Hochzeitseltern. Und sie alle kommen in ihren bunten Nationaltrachten. Bon dem Farbenreichtum kann man sich kein Bild machen, und auch Worte vermögen keine Vorstellung zu geben von den leuchtenden Kostbarkeiten, die bei solch einer Hochzeit wie im Riesenkaleidoskop hervortreten, untertauchen und sich zu immer neuem Farbenspiel mischen. Da rauscht es von atlasenen Bändern, da bauscht es von seidenen Röcke», da leuchtet es von bunten Miedern in allen Farben, da klirren die goldenen und silbernen Taler, welche die Brautjungfern an mehreren Ketten übereinander auf der Brust tragen. Da tritt auch die Braut in ihren Kreis. Seltsam schaut sie aus in ihrem Brautstaat. Der „Schleier" besteht in einem handgewebten Leinentuche, er wird ihr immer von der Patin geschenkt. Aus dem Kopfe trägt sie eine Barta, eine zilinderartige, oben sich verengende, oben offene, schwarzsamtene Mütze. Die übrige Kleidung besteht in steifleinenen Tüchern, breiten, kostbaren, handgeklöppelten Spitzen, einem kurzen, hundertfältigen Rock und Strümpfen mit bunten Zwickeln. In langem Zuge von Wagen und Kutschen, schweren, plumpen Bauerngespannen, geht es zur Kirche, wo in feierlicher Weise die Trauung vollzogen wird. Wieder zu Hause ange kommen, wird das Hochzeitsmahl eingenommen, das aus drei Gängen besteht. Jeder Gast erhält eine Portion von mindestens einem halben Pfund Fleisch, bei drei Gängen macht das andert halb Pfund Fleisch! Soviel kann auch der derbste Bauernmagcn nicht verdauen, daher ißt jedes Paar gewöhnlich gemeinsam an einer Portion, die andere nimmt man sich mit heim. Jeder Gast hat sich einen Topf mitgebracht. Draußen in der Küche stehen Hunderte der mitgebrachte» Gesäße beieinander, und der Hochzeitsbitter hat die Aufgabe, sie alle zu füllen. Ja, es gibt gar sonderbare Sitten bei der Wendenhochzeit. Während der Tafel werden die Geschenke, die der Hochzeitsbitter in Ver wahrung genommen hat, hereingebracht und von diesem mit allerlei witzigen Randbemerkungen überreicht. Gegen Abend geht es zum Tanz. Hier wird der Braut von der ersten Druschka (der jüngsten Schwester oder besten Freundin der Braut) der Schleier abgenommen und dafür eine Haube auf gesetzt. Bis tief in die Nacht hinein bleibt man in ausgelassener Fröhlichkeit beisammen. Am andern Tage geht das Festen weiter, man ißt und trinkt und tanzt. Am zweiten Tage beim Sinken der Sonne — auch das ist eine uralte Sittte — fährt das Paar nach seinem neuen Heim, und die Gäste fahren hinterdrein. Hier bekommt der Ehemann eine blaue Schürze umgebunden, und das Feiern geht von neuem an. Denn was eine rechte Wendenhochzeit ist, die dauert drei bis fünf Tage! Mit allerlei Scherzen und seltsamen Spielen vertreibt man sich die Zeit, und immer wieder spielen Essen und Trinken die Hauptrolle. Man kann sich kaum vorstellen, welche Riesenmengen an Speisen und Getränken dazu gehören, vier- bis sechshundert Gäste drei bis fünf Tage hindurch zu bewirten. Und so schön es auch ist, einer wendischen Hochzeit als Gast beizuwohnen — ein Vergnügen, das sich jeder nur wünschen kann — der Gastgeber ist sroh, wenn die Festtage vorüber sind. Man kann es ihm nachfühlen. Kraft zu wen» du es Lust oder Leid. Arbeit oder Hast, Dual oder Müdesein last dir das tiefinnersts Empfinden rauben und töten, einmal an jedem Tag nach dem Himmel zu schauen. Da oben ist dein Kompast „Seelsl" And du merkst, ivis über aller Erdenlast und allem Erdsnlsid sein Seiger dein Siel weist: Ewigkeit allem Guten und Schönen. — Was sich in dir entfalten will an Güte und Schönheit, an Gröste und Stills, das wird im Nusschauen. Nufschauen ist Krastholen und Kraft sammeln. Nufschausn ist das stille Linswerden des Göttlichen in dir mit dem Göttlichsn.über dir. Wars^Lkich-l-Karlt,» Alufsehauen ^ast wir es doch nie unterließen, in der Hast des f Tages, im Gedränge der Arbeit einmal ganz _ still zu sein und zu schauen. Stilles Schauen ist stilles Dsten! Aber jedem Dach ist der Himmel und kann ec nicht immer blau sein, die ziehen den Wolken sind auch Schönheit. Schau nur aus aus Hast und Anruhs, aus Drang und Gual, zx, in jedem Stückchen Himmel wohnt Friede. — ,) w Wenn du müde bist, sorgenschwer, wenn deins erlahmen droht: „Schau aus!" Du bist ein Gesegneter, dir des Himmels über dir bewustt bist. — Don nichts, sei