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V. Preußen und das deutsche Reich. 933 Fcstungsstrafe vcrurtheilt worden, der König aber verschärfte den Spruch und ließ den hochverrätherischcn Offizier vor den Fenstern des Kronprinzen in Küslrin mit dem Schwerte richten. Friedrich, der vergebens alle Schuld auf sich zu^N°°- nehmen und den Freund zu retten gesucht hatte, war aufs Tiefste erschüttert; seine Widerstandskraft und sein Trotz waren gebrochen, Ergebung und Schwer mut!) au ihre Stelle getreten. Auch der Vater war milder geworden, und als Friedrich jetzt eine» Eid schwor, des Königs Befehlen künftig wie ein treuer Diener, Untcrthan und Sohn uachlcben zu wollen, wurde die Strenge der Hast verringert. Doch durfte der Prinz noch ein ganzes Jahr die Festung Küslrin nicht verlassen und mußte auf der Kriegs- und Domancukammcr arbeiten, eine Beschäftigung, in der er sich die genaue Bekanntschaft mit allen Zweigen der Verwaltung aneignete, die seiner Regierung später so sehr zu Gute kam. Die völlige Versöhnung und Begnadigung, die Wiederaufnahme in das Heer wurde erst vollzogen, als die dem König so verhaßten englischen Heirathspläne, an denen die Königin bis zur letzten Stunde fcslgehalten, endgültig anfgcgebcn wurden, als die Prinzessin Wilhclminc sich mit dem Erbprinzen Friedrich von Baireuth, und bald darauf der Kronprinz mit Elisabeth Christine von Braun- schweig-Bcvern vermählte, einer einfachen, verständigen, gutherzigen Dame, dieSuni nzz. freilich weder die sinnlichen, noch die geistigen Ansprüche des jungen Fürste» zu befriedigen vermochte und stets unter dem traurigen Geschick zu leiden hatte, ein Opfer der Politik und peinlicher persönlichen Verhältnisse zu sein. Der Gedanke einer Vermählung mit Maria Theresia ist höchstens ganz flüchtig einmal aufge taucht, konnte aber im Ernste, schon wegen der Religion, gar nicht gehegt werden Nach der Vermählung kaufte sich der Kronprinz in dein Städtchen Rh cinsbergDs° bei Neu-Ruppin an, baute sich an einem waldbekrünztcn See ein Schloß und konnte hier zum erstenmal, von dem strengen Vater entfernt, ungestört seinen wissenschaftlichen^!^'^ und künsterischen Neigungen, seinen literarischen Arbeiten, dem Verkehr im angeregten geistreichen Freundeskreise leben. Hier versenkte sich der Kronprinz in die Geisteslvcrke aller Zeiten; hier sammelte er seingcbildete und anregende Männer um sich (Jordan, Keyserling, Chazot, Lamotte-Fouque, den bekannten Memoircnschreiber Pöllnitz u. a.) ; hier wurden Komödien und Conccrte aufgcführt; die leichte Muse der Dichtkunst, wie das ernste Studium der Philosophie, der Geschichte und Kriegswissenschaft wurden hier gepflegt. Friedrich las die Werke der Alten in französischen Uebcrsetzungen und schöpfte daraus die edle Ruhmbegierde, an Großthaten und Geistesbildung den griechischen und römischen Helden nachzustrcben; er bewunderte die französische Literatur und unter hielt mit den berühmtesten Gelehrten aller Orten einen anregenden Briefwechsel Er faßte für Voltaire eine solche Verehrung, daß er ihm die schmeichelhaftesten Briefe schrieb und den persönlichen Umgang mit einem so großen Geiste als das höchste Glück pries. Der berühmte Franzose, dessen Umgang der Kronprinz vor dem Vater stets geheim halten mußte, besuchte nach dem Regierungswechsel den König und nahm später sogar auf längere Zeit seinen Aufenthalt in Berlin; aber der persönliche Verkehr, der die eigennützige, selbstsüchtige und eitle Natur des Franzosen, sowie sein von Neid und Bosheit erfülltes Herz, seine Streitlust und vor Allem seine schmutzige Erwerbsucht ans Licht brachte, benahm dem König viel von seiner früheren Bewunderung. Ein so spott-