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Einleitung. In Bezug auf Prokops Leben und Schriften darf ich füg lich auf meine Borrede zu seinem Vandalenkriege verweisen und will an dieser Stelle nur daran erinnern, daß er den größten Theil des Gothenkriegs, mindestens bis zur Rückkehr Belisars nach Byzanz (540), als Augenzeuge darstellt, den weiteren Ver lauf desselben wenigstens als Zeitgenosse, der mitten in den großen Ereignissen jener Epoche stand und auch Urtheil genug besaß, um sie richtig und anschaulich zu beschreiben. Darin be steht der Hauptwerth seiner Historien, darin der große Vorzug, den er vor seinen Fortsetzern, in erster Linie dem Agathias be sitzt. Denn wenn dieser auch nur wenige Jahrzehnte später schreibt, als das Ende des Gothenkrieges fällt, so hat er doch einerseits nie an großen Kriegsthaten persönlichen Antheil gehabt wie Prokop, und andrerseits geht ihm die Fähigkeit ab, als Ge schichtschreiber sich in die Lage der Dinge zu vertiefen und ein zuleben, wie dies Prokop auch da gethan hat, wo er nicht mehr als Augenzeuge berichtet. Agathias' Darstellung ist in erster Linie rhetorisch, und er versteht es nur zu gut, mit unendlichem Wortschwall die Dürftigkeit des Thatsächlichen zu umkleiden. Freilich hatte er ja nur gewissermaßen einen Nachtrag zu dein großartigen Bericht Prokops vom Untergang des Gothenvolks zu geben, und das Wortemachen war ihm durch Abstammung und Beruf zur zweiten Natur geworden.