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Cosmas von Prag. bestem Wissen und Können vor, nicht um Menschenlob zu ernten, sondern damit es nicht gänzlich in Vergessenheit gerathen möge. Das Lob aller Redlichen und Wohlerfahrenen ist mir willkommen, dagegen scheue ich nicht den Tadel der Unwissenden und Übelwollenden. Ich weiß nämlich, daß es einige Eifersüchtige geben wird, die wenn sie dieses Werk erblicken, spotten und sich halb todt lachen werden; gleichwohl haben diese nur gelernt, Andere herabzusetzcn, wissen aber aus sich selbst nichts hervorzubringen. Von ihnen sagt der Prophet >): „Sie sind klug genug, um Böses zu thun, Gutes aber können sie nicht thun." Denn sie betrachten nur mit Luchsaugen 2) und prägen ihrem Herzen und ihrem Gedächtnisse wie einem Diamant ein, was Unrichtiges gesagt ist, oder wo mein schwach gewordener Geist sich geirrt hat. Was ist aber da zu wundern? „Auch der große Homer wird mitunter schwach." Ich fürchte also weder den neidischen Tadel dieser Leute, noch kann mich ihr ironisches Lob angenehm berühren. Wer Lust hat, der möge lesen, wer keine hat, der möge weglegen. Du aber, theuerster Bruder, wenn du mich, deinen Freund, liebst, wenn meine Bitten dich rühren, so gürte dich im Geiste, nimm das Wasser, den Steins und die Feder zur Hand, um das Ueberflüssige zu tilgen, das Fehlende zu ergänzen und das Unrichtige zu berichtigen, damit meinem Unverstand durch deinen Verstand geholfen werde. Denn ich schäme mich nicht, Von einem Freunde zurechtgewiesen zu werden, wie ich ja vielmehr alle Freunde angelegentlich darum bitte. Dieses erste Buch enthält aber die Geschichte der Böhmen, soweit ich sie in Erfahrung bringen konnte, bis zur Zeit Bracizlaus I., des Sohnes von Herzog Odalrich. Die Jahre nach der Geburt des Herrn habe ich aber deswegen erst von Boriwoy's, des ersten katholischen Herzogs, Zeit an beigefügt, weil ich im Anfänge des Buches nichts willkührlich angeben wollte und auch keine Chronik I) Irrem. IV, 22. — 2) Anspielung ans Horaz' Sermonen I, 2, so. — S) Worte auS Horaz' Poetik, Vers »SS. — 4) Kreide, um die radierte Stelle zu glätten.