Volltext Seite (XML)
(nicht immer erfreulichen) Vergnügungsreisen den, läßt sich durch das törichte Gerede von der an geblich bedrohten .bayerischen Eigenart" be schwatzen und klatscht einer bayerischen Regie rung Beifall, die sich zur Wahrung dieser „baye rischen Eigenart" in Unfreundlichkeiten gegen das Reich ergeht. Auf diese Verhältnisse muß immer wieder hingewiesen werden, wenn die Machthaber an der Isar versuchen, die Reichseinheit zu stören und die Kraft der Reichsregierung zu lähmen. Man erkennt dann, wie geringe Bedeutung den Drohungen des bayerischen Ministerrats in Wirklichkeit beizumessen ist, und wie wenig die Reichsregicrung Anlaß hat, sich durch Lamenta tionen, die vom Münchner Promenadenplatz, dem Sitz des bayerischen Ministerpräsidenten, kom men, in ihren als richtig erkannten und von einer großen Reichstagsmehrhcit gebilligten Maßnahme beirren zu kaffen. X. Set,. Chamberlain gegen Baldwin ILritik an -er „unfähigen Regierung" London, 20. August. (Eig. Tel.) Am Sonn abend hat Chamberlain in Birmingham bei einem Gartenfest zu Ehren seiner politischen freunde eine aufsehenerregende Rede gehalten, die in konservativen Kreisen viel erörtert wird. Sie bringt in maßvoller Form eine Kritik, die man in der Konservativen Partei gegen die Repara tiv nspolitik des Kabinetts Baldwin geltend macht. Die „Daily Mail" begrüßt Chamber lain auf Grund dieser Rede bereits als den nächsten Führer der Konservativen Partei. Chamberlain erklärte, daß er den franzö sischen Einmarsch ins Ruhrgebiet für cincn ereignisvollen Fehler halte, daß er aber keineswegs von seiner Ansicht' zurücktrete, daß Deutschland, das noch keinen ernsten Versuch gemacht l>abe, seine Reparativnsverpflichtungcn zu erfüllen, einer strenge« Finanzkontrolle unterworfen werden müsse. Es sei ferner notwendig, Deutschland ein Aahtungsverfahren aufzuerlegon, das mit zunehmendem Wohlstand in Deutschland größer». Erträgnisse abwerfe. Ein solches Mittel sei die Ab- liefe rung des Devisenüberschussre, der sich aus dem Erträgnis der deutschen Ausfuhr ergäbt, nachdem Deutschland seine notwendige Ein fuhr an Nahrungsmitteln und Rohstoffen gedeckt habe. Chamberlain machte den Vorschlag, die Leistungsfähigkeit jetzt nicht abschätzen zu lasten, und schlug statt besten vor, eine von Deutschlands zu nehmender Leistungsfähigkeit abhängige, nach seine: Ansicht wirtschaftlich vernünftige Zahlungsform ein- zusühren. Besonders scharf wurde seine Kritik, als er von der technischen Seite der Reparationsfrage zur Besprechung der politischen Lage inner halb der Entente überging. Er sagt« hierzu-. „Eftre baldig« und friedliche Regelung der euro päischen Fragen hängt von der Aufrechterhaltng der Entente zwischen Frankreich und England ab trotz aller Schwierigkeiten, Mißverständnisse und Differenzen. Wenn wir auch der Ansicht sind, daß die Haltung Frankreichs in manchen Beziehungen un- geschickt, unbillig, unrichtig und rück sichtslos gewesen ist, so können wir doch mii gutem Gewissen behaupten, daß die Haltung Eng lands in jeder Dezichung diejenige war, wie sie hätte sein wüsten. Di« Noten, die in letztere Zeit aus getauscht wurden, haben einen vollkommenen Gegensatz zwischen der englischen Regierung und ihren Verbündeten zutage treten lasten. Es ist mehr als erstaunlich, daß unsere Regierung jetzt den Vor wurf der Unrechtmäßigkeit der Ruhr besetzung hervorbringt, nachdem sie im Januar dieser Besetzung einen vollen Erfolg gewünscht hat. Ein solcher Vorwurf ist unlogisch und zwecklos. Wenn ein solcher Einwurf begründet wäre, hätte man ihn vorbringen müssen, als die Franzosen die Absicht hatten, in das Ruhrgebiet einzurücken, und Die Weimarer Bauhaus klusstellung Weimar, 19. August. Während die allgemeine Arbeitsruhe dem freundlichen Weimar ein etwas bedrücktes Aus sehen gibt, zeigt das Staatliche Bauhaus die Ergebnisse einer vierjährigen kunstrevolutionären Tätigkeit. Walter Gropius, der im Frühjahr 1919 die Verschmelzung und Umwandlung der alten Hochschule für bildende Kunst und der Kunst gewerbeschule unternahm, hat seiner Grund- anschauung durch Wort und Schrift auch auswärts Beachtung verschafft. ES ist, kurz gesagt, der Kampf gegen die Lostrennung de» künstlerischen Schaffens au» der Leben»- und Volksgemeinschaft, gegen die Vereinzelung der Künste, gegetc den akademischen Geist und da» l'art pour l'srt. ES handelt sich, wenn wir zu einer neuen lebens fähigen Kunst kommen sollen, um die Zusammen fassung der Isolierten Leistungen zu einem all seitig durchgestalteten Bauen, für da» als Vorbild die mittelalterliche Bauhütte gelten mag, um die gleichmäßige Ausbildung der Merklichen und formalen Fähigkeiten im Lernenden und zugleich um di« Anpassung an die maschinellen und indu- striellen Arbeitsbedingungen der Gegenwart- Diese Ideen, sehr verschieden nach Art und Ursprung, werden von Gropius mit jenem energischen Jdealts- mu« verfochten, der zum Reformieren gehört, und sind, wa» an sich schon eine respektable Leistung bedeutet, zu einem klaren und strengen Lehrpro gramm ausgestaltet worden. Inwieweit diese Pädagogik fruchtbar wird und ob diese Geistig- kett, die die neu« Weimarer Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden unverkennbar durch- zltiht, den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht und standhält, kann allerdings erst ein längerer Zeitraum erweisen. Der Stil, der den Arbeiten lufgeprägt ist, steht, da» wollen wir nicht ver- schweigen, nur in einem lockeren Zusammenhang mit dem Grovtu»schem Programm und trägt viele von den Zügen, die auch sonst Mr die inter nationale Kunst von heut« charakteristisch sind. Der wertvollste Teil der Ausstellung, soweit e» sich um die Illustration der prinzipiellen Bau nicht setzt, nach sechs Monaten. Denn Frankreich seine Ehre und seine Stellung für die Durchführung dieses Kampfes geradezu verpfändet hat, kann e» unsere Politik nicht länger mit Genugttmng uns Vertrauen betrachten. Die Regierung hat sich unfähig erwiesen, eine Katastrophe zu verhindern; sie blieb in den langen Monaten untätig, als es vielleicht noch mög lich war, Frankreich in andere Dahnen zu lenken. Auch jetzt kommt sie zu spät. Das Leben der Entente hängt an einem dünnen Faden; jede ungeübte Behandlung der schwebenden Fragen kann diesen Faden zerreißen und damit die Arbeit der letzten 12 Jahre zunichte machen. Ich war erstaunt, al» Lord Curzon im Oberhaus er klärt-. d"si die Neg'-run" ihre Aufklärungen ab gegeben habe und ihre Dokumente veröffentlichen werde, ohne eine Vorstellung davon zu haben, was der nächste Schritt sein müsse, wenn, was zu er warten war, Frankreich sich nicht bereit find«, den Forderungen des Kabinetts zuzustimmen." Zum Schluß verlangt Chamberlain, daß da» Kabinett sofort nochmals jede mögliche politische Alternative prüfe und keinen weiteren Schritt auf einem so gefährlichen Boden unternehme, bevor es eine sichere Politik entworfen habe. Vie Pariser presse zur Rede poinear^s Pari», 20. August. (Eig. Tel.) Die Morgen blätter heben in ihren Kommentaren der gestrigen Rede Poincarös hervor, daß Poincarö einen un gewöhnlich milden Ton angeschlagen und auf jedes verletzende Wort vorsichtig verzichtet habe. Dies wird besonders von den Organen der Linken stark betonte. „Oeuvre" erklärt, die Rede von Charle- ville sei die friedlichste, die man bisher vom Ministerpräsidenten überhaupt gehört habe. Sie be weise, daß sich in der Politik der französischen Re gierung etwas geändert habe. Die „Ere Nouvelle" führt aus: Leider habe die Rede Poincar6s nicht die Worte enthalten, die man erwartet hatte. Es sei jedoch anzuerkennen, daß Poincare keine Aeußerungen gemacht habe, die die bevorstehenden Verhandlungen erschweren könnten. Er verdiene Zustimmung, wenn er betone, daß eine Polemik über die Gesetzmäßigkeit der Ruhraktion un fruchtbar sei, und daß die Suche nach einer prak- tischen Lösung wertvoller wäre. Das Blatt bedauert nur, daß PoincarS in seiner Rede eine derartige Lösung nicht vorgeschlaqen habe. Der „Quotidien" stellt fest, daß die gestrige Rede sich von den früheren Erklärungen Poincares wesent- lich durch den versöhnlichen Ton unterscheide. Man könnte, ohne die Bedeutung dieser Haltung zu über schätzen, behaupten, daß die Atmosphäre dadurch ge klärt würde. „Lanterne" behauptet, Poincarä habe bei der Erwähnung Deutschlands alles vermieden, was die Schwierigkeiten einer Verständigung, deren Nutzen auch Poincarö erkenne, noch erhöhen und Ver- Handlungen mit dem Reiche unmöglich machen könnte. Sogar „Humanitä" gibt zu, daß PoincarS diesmal auf den aggressiven Ton verzichtet habe. Das kommunistische Organ zitiert das gestrige Wort des „Temps", daß die Seite des Kabinetts Strcse- mann im Buche der deutsch-französischen Beziehungen noch ganz unbeschrieben sei. Der ,Gaulois" bezeichnet die Rede als Vorspiel der französischen Antwort auf die englische Note. Die rechtsrcpublikanische „Republique franxaise", eines der wenigen Blätter, in denen die Leiter des annexionistischen Komitees für das linke Rheinufer zu Worte kommen, äußert Freude darüber, daß Poincars darauf verzichtet habe, durch seine gestrige Rede in eine Unterhaltung mit dem neuen deutschen Kanzler cinzutreten und damit einen gefährlichen Weg zu beschreiten. Das Blatt meint, es wäre nicht Poinrar(s Sache, den ersten Schritt zu tun, wäre cs auch nur indirekt in Form einer offiziellen Rede. Mittwoch Ueberreichung der französischen Antwort Paris, 20. August. (Eig. Tel.) Nach einer Mitteilung des „Petit Parisien" hat sich die belgische Regierung mit der französischen Antwort an Eng land einverstanden erklärt. Die Mitteilung dar über ist gestern dem französischen Ministerium des Aeußeren zugegangen. Es soll nunmehr beschlossen sein, für die Ueber- mittlung der französische» Antwort an die englische Regierung denselben Weg »u wählen, welchen Eng- land zur Uebermittlung seiner eigenen letzten Rote an Frankreich gewählt hat, d. h. der Text der fran zösischen Note wird heute gedruckt und alsdann mor gen gemeinsam mit dem Geldbuch, da» den Text enthalten wird, dem englischen Botschafter in Pari» übermittelt werden, der alsdann Text und Geldbuch nach London weiter leiten wird. Am Mittwoch wird beides im Besitz der englischen Regierung sein. Der „Petit Parisien" fügt hinzu, daß diese Dor- gangsweise es auch gestatten werde, Lord Cur zon, der sich zur Kur in Frankreich aufhält, eben falls schnell ein Exemplar der französischen Note zu gehen zu lassen. Die Veröffentlichung des Doku- mentes wird für Mittwoch vorausgesehen. Industrie und Geldnot Dresden, 20. August. (Eig. Tel.) In dem sächsischen Arbeitsministerium haben Vertretungen der sächsischen Industrie die dringendsten und nach- drücklichsten Klagen darüber erhoben, daß es einer großen Anzahl von Firmen nicht möglich ist, die mit ihren Arbeitnehmern vereinbarten Löhneund Beihilfen auszuzahlen, weil ihnen seitens der Banken, insbesondere der Reichsbank, nicht der genügende Kredit eingeräumt «erden kann. Das sächsische Arbeitsmiuisterium hat sich an da» Reichs- Wirtschaftsministerium gewendet, um eine Behebung der finanziellen Notlage der sächsischen Industrie durch weitgehende Kreditgewährung seitens der Rcichsbank herbeizuführen. Das Arbeitsministerium hat in der Eingabe darauf hin- gewiesen, daß die Arbeitnehmer in dieser Zeit der furchtbaren Not in das größte Elend ge raten, wenn die Löhne und Beihilfen nicht zur Auszahlung kommen. Im weiteren sei die Er scheinung beobachtet worden, daß die Arbeitnehmer- schäft durch die Nichtauszahlung der Löhne in ge waltige Erregung komme, weil sie irrtümlich an nehm«, es liege «ine bewußte Absicht von feiten der Industrie vor. Außerdem betrachte die Arbeit nehmerschaft das Versagen nicht zahlungsfähiger Firmen al» den Bruch gegebener Ver sprechungen. Diese Notlagen und diese Stirn- mung seien bei den jetzigen aufs äußerste gespannten politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen von der allergefährlichsten Bedeutung. Das sächsische Arbeits ministerium bitte daher do» Reichswirtschafts ministerium in Berlin dringlichst, mit allem denkbaren Nachdruck auf die Kreditinstitute, insbesondere die Reichsbank, sofort dahin einwirken zu wollen, daß sie den kreditbedürftigen Firmen die zur Auszahlung der Löhne und Beihilfen erforderlichen Kredite schnellstens zur Verfügung stellen. Dem Herrn Reichs- arbeitsminister ist gleichfalls eine Abschrift dieses Schreibens mit der dringenden Ditte um Unter stützung zugeleitet worden. Durch die rasenden Preissteigerungen in den letzten Tagen haben sich auf dem Gebiete der Lohn politik Dinge ereignet, die auf die Dauer unhaltbar werden müßten. Es muß der sächsischen Arbeiter- schäft klargemacht werden, daß solche Willkür- liche, aus dem Rahmen heraustretende Lohnerhöhungen und Beihilfen nicht nur die sächsische Industrie schädigen, sondern auch die Arbeiterschaft selbst. Beim sächsischen Arbeit»- Ministerium sind in der letzten Zett eine ganze Anzahl Anträge auf Detriebseinstellungen eingegangen. Die Anträge werden damit begründet, daß die Industrie werke nicht die Kapitalien aufbringen können, um zur rechten Zeit die Löhne und Gehälter zur Aus- zahlung zu bringen. Die sächsische Arbeitnehmerschaft wird und muß cinsehen, daß eine ungeregelte Lohn- Politik, die ganz aus dem Rahmen der übrigen Be zirke Deutschlands fällt, letzten Ende« zu dem Er- liegen der sächsischen Industrie führt. Es muß unter gedanken handelt, ist zweifellos das Ein- familienhaus am Horn, oberhalb von Goethes Gartenhaus. Auf mäßig erhöhtem Plateau ein niedriger Kubus mit wenig überragendem Mittel teil, läßt es schon von außen den Grundsatz, der hier waltet, erkennen: Verzicht auf alle dekora tive Willkür, Zurückführung auf die sozusagen mathematische Notwendigkeit. Sehr glücklich spricht sich da» vor allem in der Gestaltung de» Grundrisses aus. Um eine große Wohnhalle, die mit hochgelegtem Seitenlicht versehen ist, sind die Schlafzimmer, Eß- und Kinderzimmer und Küche herumgelegt, geschickt gruppiert und miteinander in Kommunikation gesetzt, jedoch nicht auf besonder» raffinierte Bedürfnisse berechnet. Diese Anlage hat den Vorzug, daß jederzeit ein neues Raum kompartiment an den bereit» bestehenden Bau- block angeschoben oder, wie an einer Anzahl kleinerer Modelle demonstriert wird, aufgesetzt werden kann. Vorbedingung sür das letztere ist dann freilich, daß die flache Dachgestaltung, die unseren nordischen Gepflogenheiten ja wenig entspricht, beibehalten wird. Außer dem Einzel- Wohnhaus, für dessen reiche Möglichkeiten in der neuen Anlage verschiedene Entwürfe von Groviu» und Meyer Zeugnis ablcgcn, steht man auch Ver suche mit Reihenhäusern und Vorstadt- straßen, für die namentlich der Holländer Oud ansprechende Lösungen gefunden hat. Di« Projekte sür Riesengeschäftshäuser und Wolkenkratzer bedeuten einstweilen noch mehr papierene Architektenträume. In der Gestaltung und Ausstattung der Jnnenrüume scheint mir ein gewisser Schematismus von vornherein gefährlich zu werden. Abgesehen von der großen Wohnhalle und dem reizenden Kinderzimmer empfindet man -. B. in dem erwähnten Modellhaus die Fenster- anlagen vielfach al» unproportioniert, di« Un- verrückbarkeit der Möbel als einen Zwang, dem sich der Bewohner auf die Dauer nur ungern fügen wird. Bei den Möbeln führt die Gestaltung, die da» Konstruktive betont, überall da zu wert- vollen Resultaten, wo der Gebrauchszweck die Form wesentlich bestimmt, so bei Tisch, Stuhl. Schreib- tisch, Bett. Bet den ,^Luru»"aegenständen aber, einem Zierschrank, einer Stehlampe, erweckt die mathematische Strenge sofort den Eindruck einer lächerlichen Dürftigkeit. Die Ausstellungsräume in der Kunstschule enthalten, außer dem reichen Anschauungs material, da» den Aufbau der Form- und Farben lehre in den Lehrgängen illustriert, die Erzeug nisse der Einzelwerkstätten. Hervorragend und eine wahrhafte Bereicherung für die deutsche Produktion: die Textilien. Jedem Kenner der gegenstandslosen Malerei ist oekannt, daß sie eigentlich nach Ausführung in anderem Material — Gla», Mosaik, Gewebe — verlangt. Was nun hier an Stoffen — Teppichen, Behängen Schal» u. a. — entstanden ist, zeigt das technische Können und da» koloristische Empfinden hoch ent wickelt. Diese Erzeugnisse werden aber für di« Raumausstattung eine um so größere Bedeutung erlangen, al» die neue Wohnung auf tradk tionellen Bilderschmuck ganz verzichtet. Eine gewisse Monotonie herrscht in der Keramik, nicht nur in den Glasuren, sondern auch in der gewollten und nicht immer zweck- mäßigen Primitivität der Gefätzformen. Vielver sprechend sind ferner die Versuche in einer neuen Glassensterkunst, die rein auf die Schönheit des bunten Glasflusses aufgebaut sind. Hier und noch mehr in den mancherlei Quodlibet», die allerhand wertlose Abfälle — Federn, Papier, Holz, Blech, Draht usw. — zu phantastischen Kompositionen -usammenbauen, offenbart sich die Freude am zwecklosen, schöpferischen Spiel. ES erscheint mir beachtenswert und pädagogisch richtig, daß gerade eine Lehre, di« da» Konstruk- ttve und Mathematische stark betont, auf der andern Seite der freien Entfaltung de» Spiel trieb« so viel Raum gewährt. E» ist nun freilich «in kleiner Widerspruch gegen da» eigene Programm, wenn da» Baukau» gleich- zeitig im Lande»müseum eine umfangreich« Samm lung malerischer, graphischer und pla- fttsch er Arbeiten seiner Meister, Gesellen und Lehrlinge zur Schau stellt. Verrät sich doch hier, wie sehr da» Sinzelwerk und die emanzipierte Stnzelkunst auch in der neuen Gemeinschaft noch den Schäftenden in Anspruch nimmt. Auch dies« Reform ist, wie alle kunstgewerblichen Reformen der letzten Jahrzehnt«, praktisch vor allem von malerischer Seite her bestimmt, und so nimmt e» allen Umständen versucht werden, di« Lohnkämpfe in geregelt« Dahnen zu lenken, und es wird Aufgabe der Arbeitnehmerverbände und der Gewerkschaften sein, in diesem Sinne die Dsraussetzung dafür zu schäften. Vie neuen Nohlenpreise Die neue Kohlenprei»erhöhung, die die deutschen Kohlenpreise beträchtlich über des Weltmarkt-Preis niveau emporhebt, ist eine notwendige (leider:) Kon» sequenz der gegenwärtigen deutschen Wirtschastsent- Wicklung. Zwei Momente sind es, die diese Entwick lung entscheidend beeinflußen: da» schnelle Abbremfen des Marksturze» und da» Ausschreiben hoher Steuern. Der rasenden Markverschlechterung, die der Dol- larkur» über ö Millionen Mark hinau»trieb, waren die Warenpreise und Arbeitslöhne schließlich immer schneller gefolgt. Die Ankündigung, daß die Finan zen des deutschen Reiches in Ordnung gebracht wer den sollten, brachte un» die Aufwartebewegung der Devisenpreise plötzlich zum Stillstand. Aber ihre vorhergehende Aufwärtsbewegung hatte dem deut- sehen Gelde die Funktion eines Wertmaßstabe» voll ständig genommen. Man solle keinen Maßstab mehr für die Preise der Waren und während der inter valutarische Kur» der Mark sich besserte, stiegen di« Warenpreise weiter und aus ihnen die Löhne. Jede Lohnerhöhung nahm ein weitere» Steigen der Warenpreise vovau» und jede Warenpreiserhöhung ein weitere» Steigen der Löhn«. Dazu kam als be wegender Moment die neuen Steuern. Dies« Steuern sind sehr hoch und man versuchte sie abzu wälzen, indem man sie in die Warenpreise eirr!allu llerte. Auch das ist im großen und ganzen gelungen. Aber all dies hat dazu geführt, daß da» deutsche Preisniveau sich über das Weltmarkt-Preisniveau emporgehoben hat. , Leute, die von der tschechoslowakischen Grenze kommen, versichern, daß man dort Brot, Mehl, Fette usw. in Böhmen einkufte, wo es in den letzten Tagen bis 60 Prozent (!) billiger war als in Sachsen. Der- gangenen Sonnabend betrug der Gewinn des Ein kaufes in Böhmen immer noch 26 Prozent. Mit der letzten Kohlenpreiserhöhung hat man nunmehr auch die Kohlenpreise über den Weltmarktpreis hinaus- getrieben. Da die Kohlenpreise in allen Produkt- preisen wieder zum Vorschein kommen, liegt darin eine Quelle unerhörter Preissteigerungen in den nächsten Tagen, die die deutsche Wirtschaft schließlich zum Erliegen bringen müssen, wenn erst die Devisen preise ebenfalls von der allgemeinen Aufwärts bewegung erfaßt werden. Das aber ist die Gefahr, deren sich der Rerchskohlenrat bei der Sanktionie rung der Erhöhung kaum bewußt gewesen sein wird. Denn damit hat er sein Scherflein dazu bcigetragcn, daß die Sanierung der deutschen Finanzen miß- lingen soll. Da ist die schwere Aufgabe, vor der die neue Reichsregierung gestellt ist, die Auswärtsbewegung auf allen Gebieten zu bremsen. Gelingen kann dies ' nur, wenn sie von der Reichsbank zielbewußt unter- stützt wird. Auch das ist leider nicht der Fall. Un bedenklich läßt die Reichsbankleitung die Notenpresse laufen, um die Danknotenmengen auf den Markt zu werfen, die von den ständig steigenden Preisen und Löhnen gefordert werden. Einer aktiven Reichsbank- leitung muß es gelingen, die Warenpreisbrwegung abzudämpfen. Erst wenn dies gelungen ist, kann man hoffen, daß die Sanierung halbwegs gelingt. Daß diese Kohlenpreiserhöhung möglich war, sollte der Reichsregicrung jedenfalls ein dringender Mahnruf sein, daß wir uns auf falscher Fährte be- finden. „ « 7 - 7 Die Zeitungshändler der Verkaufsstellen der Finna Georg Stilke sind in den Streik ge- treten. Dadurch sind die Zeitungs- und Buch handlungen auf den Bahnhöfen und in den Hotels heute nicht in Betrieb. L» handelt sich um Lohndifferenzen. Die anderen Verkaufsstellen für Zeitungen werden durch diesen Ausstand in keiner Weise in Mitleidenschaft gezogen. nicht Wunder, daß die nachhaltigste Erinnerung, die die Ausstellung hinterläßt. Werfe absoluter Malerei sind: die wunderbar ausgeglichenen Flächendekorationen von Moholh-Nagy. 0r. tztz. Anirvr. Eröffnung der Gpernspielzett Lohengrin im Neuen Theater Wenn man zu Beginn der neuen Spielzeit, aus- geruht und in gehörigem Abstand von den Gescheh nissen auf der Opernbühne, dem Lohengrin gegen übertritt, kann man sich des Gefühl» nicht erwehren, daß wir in vielen Dingen die Beziehung zu Wag ner doch schon verloren haben. Wie sehr der Wag ner-Fanatismus auch durch außermusikalische Dinge genährt wurde, zeigt sich jetzt, wo das Interesse an gewissen Tendenzen de» Kunstwerk« — wenn auch nicht an diesem selbst — erlahmt: nachdem man am sommerlichen Gestade des Sehnsucht weckenden Meeres feststellen konnte, daß der „Traum über dem Meere" der deutschen Elsas (der besten unter ihnen!) heute nicht mehr dem Unbekannten in glänzender Rüstung, der mit schmetternden Fanfaren auftritt, gilt, und seitdem die Mahnung de» König»: „Was deutsche» Land heißt, stelle Kampfesscharen, dann schmäht wohl niemand mehr da» Deutsche N ich!" unzeitgemäß wurde und — augenblicklich wenig sten» — nur historische» Interesse erwecken kann. Bei soviel ermüdender Breite de» zweiten Lohengrin- Akte» erscheint un» schnellebigen Menschen von heute überdies da» Ideal de» „Desamtkunstwerkes" in einer „Salome" oder „Elektra" viel vollkommener er reicht, wie überhaupt Wagner» Dorgeben, die Musik lediglich al» Mittel zum Zweck gebraucht zu haben, angesichts der ungemeinen Beliebtheit, die sie, los gelöst vom Theater, in Gartenkonzerten erlange» konnte, widerlegt erscheint. Ueber der Aufführung waltete kein günstiger Stern: der total indisponierte Saltzmann (Telra- mund) wurde erst nach dem ersten Akt und einer fast dreiviertelstündigen Pause durch den freudig be grüßten Soomer' ersetzt. Auch Han» Müller mußt« um Nachsicht bitten und gab auch darstellerisch keinen überzeugenden König. Der zweite Akt litt