Volltext Seite (XML)
LAA Ms^/ik kir. 96 vieustsg, äeu 24. April 1923 . Auseigenpreis:n?m.3cu°Ä -«L'SLAKL!,"^^^^ HIHTT 4VikTV^^ T^R W'LLi^N^sLL'LÄ'-L^ !"'iimg. GcsL'äilSsttüt nnd Trucker«»: S«ivrig. Johanrnsgasse 3 »üern- M. <>!O.—,t.m^w.Lt.l^X>.-.AuslandSannm.ValüiaauiIchiLciWiev'r- i^rech«r 17080-170«); evenda und in allen Filialen «n»«i,kn. ^nv . vol.«awluy Plq»-u.Dm«n»orsch.inlverdtnbli<v.ErfallungaottL-w;iL. ^v»anem,nt.«rmahme; an» nimmt 1eo«S Postamt Pestellnngen an. Pos»lche«.Seip,tgLlX)«.Druck u.V<rl.L«ipz.«erlagSdr.«i mbH Leipzig r«S Leipziger lagebl»« e«1bSU «mUi«b» ve»«n»t»rach««»«e« »eS Reteö der Stadt Lelpzi«, »es »eUzeipraiidium» Leipgt«, des A«ts«a»i«HtS Satvllta. k»»»ie »erschiebeuer ««derer vehörde« ^117. /Lili g. Rvitifchs Tage l.. 6. Leipzig, 23. April Man üvertreiot nicht, wenn n«an sagt, das; die europäische Oeffentlichkeit mit außerordent- lickrr Spannung den nächsten außenpoli tische . Schritten der Reichsregie, rung entgegensieht. Wie .die Stimmen des B./slandes durchweg erkennen lassen, besteht überall dao Gefühl, daß die Rede Lord Curzons in der Tat die Frage nach der Bereitschaft zur Herstellung eines für Europa, für die Welt wirtschaft erträglichen Verhältnisses zwischen den beir-cn wichtigsten Völkern des Kontinents in aller Form aufgeworfen habe. Nach den Mel dungen aus Berlin scheint es dort nicht an dem Vrrstündnis dafür zu fehlen, daß der Augen- p.ick mehr als je auf Fernwirkung berechnete, i so vor allem klare und eindeutige Ent- fMießungen erfordert. Auf der anderen Seite liefert bereits Poincarss Sonntagsrede, die die Darlegungen des englischen Ministers glatt über geht, den negativen, der gallige Ton, in dem der offiziöse Temps von Curzo. s Rede spricht, den positiven Beweis dafür, ruß das amtliche Frankreich sich der Unbequemlichkeit der neuen Lage bewußt wird, in der ein jeder die Ver- antwortung auf sich nehmen muß, sich zum Frieden zu bekennen oder vor aller Weit als F.iedensstXer dazustche.u In einer Rede, die der Reichswirischasts- Uti'üster 2c. Becker am Sonnabend in Frank- su t a. M. gehalten hat, findet sich die Be merkung, wenn dis deutsche Regierung keinen formellen Vorschlag unterbreite, so komme bas davon her, daß Frankreich unsere Vorschläge bisher immer wieder zurückgewiesen habe und man uns auch die Unterbreitung eines solchen Vorschlages als Schwäche auslegen würde. Wir nehmen an, daß dies nur für die Vergangenheit gesagt ist, denn nach Curzons Rede könnte uns auch die Abweisung eines von uns gemachten Vorschlages keineswegs zum Schaden gereichen. Vielmehr würde dies nach der ganzen Lage der Dinge diesmal wirklich die Isolierung Frankreichs bedeuten, die bis jetzt zwar bei ullen möglichen Gelegenheiten festgestellt wurde, doch in Wahrheit noch niemals ernstlich ein- getreten war. Ein Frankreich aber, das sich der Bemühung um die endliche Herstellung des Friedens versagen würde, müßte dies im Wider streit mit der Gemeinschaft der Nationen tun, in bereit Sinne, wenn auch ohne förmlichen Auf trag, Lord Curzon gesprochen hat, und die es uns ganz gewiß nicht als Schwäche auslegen wird, wenn wir ihrer Anregung Folge leisten. Voraussetzung von alledem ist es freilich, daß unser Angebot keine Halbheit sei, die dein Gegner nur den willkommenen Vorwand zur Verdächtigung unserer Absichten liefern würde. Es muß so beschaffen sein, daß unsere Versiche rung, bis an die Grenze unserer Leistungs fähigkeit gehen zu wollen, von dem Urteil aller Unbefangenen bestätigt wird. Die Vorbehalte aber, die bereits von dem Reichswirtschafts- mimüer wie von Herrn Stresemann ausgedrückt wurden, müßten einem Gegner, der ehrlich mit uns reden will, geradezu als Bürgschaften unse rer Aufrichtigreit und unseres guten Willens er scheinen. Denn es ist klar, daß ernstliche Ver- pflichtungen im Namen des deutschen Voltes von reiner Regierung übernommen werden könnten, die nicht die Unveräußerlichkeit und Souveräni tät des Reicksgebietes zur Vorbedingung alles Verhandelns machen oder auf so elementare Forderungen verzichten würde, wie die Frei- tassung der von dem fremden Gewalthaber ins Gefängnis Geworfenen, die Rückkehr der von ihm aus der Heimat Vertriebenen. Es sind kritische Tage erster Klasse, die wir durchleben. Möge die Reichsregierung sich ihnen gewachsen zeigen! Lurzsns Luropa-Nede L. London, 23. April. Es empfiehlt sich wohl, eine der wichtigsten Stellen aus Curzons Rede im genauen Wortlaut wiederzugeben. So die auf Deutschlands Zah lungsbereitschaft bezüglichen Worte: „Wenn Deutschland bereit ist, zu erklären, daß es zahlen wolle und daß es die Absicht l>ade, übernommene Zahlungen durchzufiihren, daß es ferner bereit sei, den Umfang dieser Zahlungen von beauftragten Autoritäten feststellen zu lassen. und daß es zum Ausdruck bringe, welche be stimmten, genau umschriebenen Garantien es sür die Erfüllung seiner Zahlungen zu geben bereit sei, könnte ein wesentlicher Fortschritt! erzielt werden. Frankreich hat bereits mehr als einmal zu erkennen gegeben, daß es bereit ist, ein solches Angebot, sei es an es selbst, sei es an alle Alliierten gerichtet, anzunehmen." Die im Reichstag umrissene Verhandlungs bereitschaft und Verhandlungsanregung Deutsch- lauds hat hier in öffentlicher Sitzung eines Enteuteparlaments eine Antwort erhalten, die die weitere Vorbereitung endgültiger Verhand lungen wohl ermöglicht. Eine weitere bedeutsame Erklärung bestand in einer wesentlichen Ergänzung des Bonar Law- Planes. Lord Curzon stellte nicht nur fest, daß England sein Angebot immer noch aufrecht- erhalte, bei Zustandekommen eines umfassenden Reparationsplanes die Schulden Frankreichs und Italiens an England zu streichen, sondern er ging noch einen Schritt weiter, indem er sagte: „Air betrachten die Schuldenfrage als ein internationales Problem, das nicht durch Zu standekommen zwischen zwei Ländern oder kleiner Gruppen, sondern nur durch eine ge meinschaftliche Aktion gelöst werden kann. So- bald ein erster Schritt geschehen ist, und ich habe oben angedeutet, wie ick mir denselben denke, werden wir beiden Parteien untere Hilfe sofort angedeihen lassen." Der Begriff „Hilfe" in dieser Rede, der be reits in vertraulichen Besprechungen über die Reparationssrage zwischen nichtamtlichen deut- scheu und führenden, gut unterrichteten politi schen Persönlichkeiten Englands eine große Rolle gespielt hat, dürfte sich in zwei Richtungen erstrecken: Oeffnung des Londoner Marktes für deutsche Anleihen und ein großes Maß von Entgegenkommen bezüglich des englischen Anspruches au die Reparations summe. . In diesem Sinne verdient es hervocgehoben zu werden, daß Lord Curzon seine Rede mit der Feststellung geschlossen hat, daß der Friede Europas nicht nur eine Regelung der Ne- parationsfrage, sondern den Abschluß erstes viel weiter gehenden Abkommens — eines Kon kordates — zwischen Frankreich und Deutsch land erfordere. Als dann der englische Außenminister nach seinen Worten voller Hochachtung für die Kämpfer an der Ruhr Deutschland geradezu darum bat, im Interesse des Weltfriedens den ersten Schritt zu tun, ionnte man sich sogar als Deutscher, trotz aller bitteren Erinnerungen der letzten neun Jahre, nicht des Eindruckes er wehren, den ein führender amerikanischer Jour nalist oä boc in die Worte faßte: Curzon läßt den wahren Europäern den Vortritt auf dem Wege zum Frieden. Fortführung -er Lcrusanner Konferenz Eigener Dralitbe'tchtdrö Leipziger Takeb»atr<z Lausanne, 23. April. Die Lausanner Konferenz, die morgen mit eini gen Koyrmisfionssitzungen beginnt, stellt formell nicht eine neue Konferenz, sondern die einfache Fortsetzung der Anfang Februar abgebrochenen Friedenskonfe renz dar. Deshalb wird auch keinerlei Eröffnungs sitzung oder sonstige Feierlichkeiten stattfindcn, son dern die Arbeit wird einfach da fortgesetzt werden, wo sie im Februar aufgehört har. Die restlichen Hauptstreitpunkle sind: die W i r t sch a ft s b? - stimmungen des Vertrages und einige Fragen des Auslandsregimes, die an Stelle der alten Kapitulationen treien sollen. Die Delegationen sind im Laufe des gestrigen und des heutigen Tages nahezu vollzählich in Lausanne eingercoffen. Es fehlt nur noch die russische Dele gation, die nicht mehr eingeladen wurde, weil man das Meeren gen st atut allseits als erledigt an sieht, zu dessen Beratung die russische Delegation einzig und allein geladen worden war. Immerhin hat die S o w j e t r e g i e r u n g auch diesmal ihren Pressechef Ahrend von der Berliner Botschaft, und zwar diesmal als Journalisten, nach Lausanne ent sandt. Marquis G'arroni, der Führer der ita lienischen Delegation, dürste erst in den nächsten Tagen ankommen. In Paris betont man mit etwas verdächtigem Eifer die ungünstigen Aussichten der Verhandlungen, die heute in Lausanne beginnen. In den Kreisen des Ministeriums des Aeußern ist man allem An schein nach gar nicht unzufrieden damit, daß die Ver handlungen recht lange dauern werden. Man scheint cs sogar gern zu sehen, wenn die Verhandlungen von Lausanne den Ruhrkonslikt überdauern. Zum Ver ständnis dieser scheinbaren'Gleichgültigkeit, die offen bar von den im Orient interessierten französischen Wirtschastrkreisen nicht geteilt wird, muß man sich daran erinnern, daß der Qnai d Orsay einen gewissen Zusammenhang zwischen der Orientfrage und der Reparntionspokitik für gegeben hält. Man ist ans französischer Seite davon überzeugt, daß England in den deutschen Fragen keine für Frankreich unan genehme Initiative ergreifen wird, so lange es dem Beistand Frankreichs im Orient braucht. Folgen -er Rede Curzons Beratungen der Veichsregierung Berlin, 23. April. Wie das halbamtliche Wolsfsche Telcgraphen- Lureau mitteilt, betrachtet die Reichsregie rung die Rede Lord Curzons als eine wichtige politische Tatsache, die die bisherige Situation nicht unwesentlich beeinflussen könnte. Die Reichsregie rung ist in Erwägungen darüber eingetreten, welche Folgerungen sich hieraus ergeben. London, 23. April. L igr» er Traylbe richt des Leipziger Tageblattes Sämtliche Berichterstatter englischer Blätter in Berlin beschäftigen sich eingehend mit dem Eindruck der Curzon-Rede auf die Regierung und die Reichs- tagsparteien. Sie stellen übereinstimmend fest, daß -dadurch die Verhandlungen zwischen Deutschland und der Entente erleichtert werden. Die deutsche Regie rung schweige sich zunächst noch aus, ob sie bereit sei, der Anregung des englischen Außenministers Folge zu leisten; aber es sei nicht wahrscheinlich, daß d-e Reichstagsparteicn sich auf eine längere Wartezeit einlafsen werden. Curzon für friedliche Vereinbarung CigenerDrahtberiAirrS Leipziger Tageblattes Loudon, 23. April. Bei der Aussprache über die Reparationsfrage im Oberhaus ergriff noch einmal Lord Curzon das Worr. Er nannte den englischen Plan ans der Pariser Konferenz einen sorgfältig und endgültig nusgc dachten Plan. Das Ziel der britischen Regie rung sei, die höchste Summe zu bekommen, die Deutschland ertraget: könne. Die französischen, bel- gischen und italienischen Vorschläge seten von der britischen Regierung als nicht günstig angesehen worden. Curzon schilderte, wie die britische Regie- rung ihren Einfluß in jedem Stadium benutzt habe um friedliche Vereinbarungen herbe izutühren. ver englische Neparationsplan London, 23. April. Anschließend a» die letzte Red« Lord Curzon« zeigt die Presse erneutes Interesse für den briti schen Reparanonsplau, der den Alliierten im Ja nuar vorgelegt wurde. Die Sunday Time» erklärt, der Plan Donar Laws sei der hoffnungsvollste und aussichtsreichste, der von irgendwelchen Staats männern seit dem Waffenstillstände vorgelegt wurde. Es wäre als das glücklichste Ereignis zu bezeichnen, wenn er erneltt in Erwägung gezogen würde. Der britische Plan hatte vorgesehen: 1. Die Herabsetzung der Reparation»- s u m m e auf 2500 Millionen Pfund. 2. Die Einsetzung einer internationalen Körper schaft zur Reorganisation der deutsches F i'nn nzen. 8. Ein von Garantien begleitetes Morato rium von vier Jahren. 4. Die Beteiligung Großbritanniens au einer all gemeinen Aktion zur zwangsweisen Be schlagnahme deutscher Einkünfte und die Ausdehnung des besetzten Gebietes, falls dis Garantien sich als wirkungslos erweisen sollten. Als Gegenleistung für die allgemeine Annahm» eines solchen Planes hatte Großbritannien dem Er laß fast seiner gesamten Kriegodarlehe« angeboten. Protest gegendie Ausweisung Hatzfeldts Berlin, 23. April Die Reichsregierung hat den Regierungen in Paris, London und Brüssel einen Protest gegen die Aufhebung des Reichskömmifsariats im besetzten Ge biet und die Ausweisung des Fürsten Hatzseldt zugestcllt. Unter Hinweis auf die völlige Willkür, die seit den letzten Monaten im Rheinland herrsche, wird hervorgehoben, daß die Natur jeder Vertrags- mäßigen Besetzung es fordere, daß ein beglaubigter Vertreter der Zentralregierunq vorhanden sei, der sich der Interessen der in Mitleidenschaft gezogenen Bevölkerung annehme. Zum Schluß erhebt die Reichsregieruug gegen die Regierungen in Paris, London und Brüssel den Vorwurf formell inkorrek ter Handlungsweise, da Fürst Hatzseldt das Agre- ment dec Botschafterkonferenz gehabt habe. Mkohol-Verbot im Ruhrgebiet Essen, 23. April General Degoutte veröffentlicht durch Mauer anschlag eine Verfügung vom 31. März, betreffend die Ordnung der Einfuhr von Alkohol in das besetzte Ruhrgebiet. Die Verordnung besagt fol gendes: „Die Einfuhr von Alkohol jeder Art über die Westgrenze Deutschlands und auf dem Rhein hängt von der Bewilligung einer Erlaubnis ab, die von dem Ein- und Ausfuhrdienst der Interalliierten Kommission der Fabriken und Bergwerke ausgestellt wird, und von der Zahlung eines Eingangsaus- gleichszolles, der von dem kommandierenden Gene ral festgesetzt wird. Die Einfuhr von Alkohol jeder Art über die Ostgrenze des besetzten Ruhrgebietes ist gründ- sätzlich verboten, doch kann in Ausnahme fällen auf Grund eines von dem vorher erwähnten Ein- und Ausfuhrdienst ausgestellten Ausweises die Einfuhr zu gewerblichen Zwecken dienenden, aus dem unbesetzten Deutschland kommenden Alkohols ge- nehmigt werden unter der Bedingung, daß der Alko- hol denaturiert und zu gewerblichen Zwecken ver wendet wird. Uebertretungen werden mit Geldstrafe bis zu 100 Millionen Mark und Gefäng nis bis zu fünf Jahren oder einer von bei- den Strafen geahndet. Die Ware wird beschlag nahmt. Rus dem besetzten Gebiet <kiaeaerDrabtderichtb«»Lrip»iserTageblatie« Essen, 23. April. Die Nachricht von der bevorstehenden Haft entlassung des Bürgermeisters Schäfer ist in allen Kreisen Essens mit große. Befriedigung ausgenom men worden. Bis zur Stunde ist die Haftentlassung und die Ileberführung in ein Sanatorium noch nicht erfolgt. Es liegt nur ein Gesuch der Verteidigung beim Gericht vor, das um Ueberführnng des ange- ! klagten Bürgermeisters in ein Sanatorium bittet. Die wohlwollende Prüfung des Gesuches ist dem Ver teidiger zugesayt worden. Das Geheimnis der gestrigen Flaggenhissung in Essen ist aufgeklärt. Essen hat einen neuen Stadt kommandanten, und zwar zum ersten Make einen General, erhalten. General Dessen« hat von seinem früheren Posten in Bonn eine wunderschön« Flagge mitgebracht und hat diese gestern hissen lassen. Sie wird jetzt täglich auf dem Kohlensyndikat erscheinen; an Sonntagen wird man die Flaggen hissung mit einer größeren Feierlichkeit vornehmen. Aus Herne wird gemeldet, die Franzosen haben am gestrigen Sonntag wieder einige Zechen besetzt. Ts wurden von größeren militärischen Kommandos di« Zeche Adolf von Hansemann bei Hengede sowie die Zeche Viktoria bet Lünen besetzt. Diese beiden Gruben liegen an der bereits von den Franzosen militarisier ten Strecke. Außerdem ist die Grube Alstaden von einem Kommando belegt worden. In Dortmund, das bisher von Einquartierung ziemlich verschont wurde, ist in den letzten Tagen ein« erhebliche Verstärkung der militärischen Besetzung vorgenommen worden. Alpenjäger und ein fran zösisches Tankgesthwader sind eingetroffen. Man darf diese Verstärkung der militärischen Kräfte mit der neuen Verordnung über die Kontrolle des Fuhrwerks verkehrs auf den Straßen und namentlich mit dem Verbot der Kohle ntransporte in Ver bindung bringen. Vie gefährliche Schupo Drah.berjcht unserer Berliner «chrtftlettunA Berlin, 23. April Poincarö hat in seiner Rede in Doid übeö einen Beschluß der alliierten Regierungen gegen di« Organisation der deutschen Schutzpolizei gesprochen. Nach dem nunmehr vorliegenden Text der Rede hat PoincarE gesagt, die alliierten Regierungen hätten am Tage nach der Reichstagsrede des Ministers Dr. von Rosenberg einmütig beschlossen, die deutsche Re gierung aufzufordern, die militärische Gruppierung der Schupo, ihre militärische Einteilung, die mili tärische Ausbildung, sowie den militärischen Charak ter des Deamtenkörpers bei der Schutzpolizei zu be seitigen. An hiesiger zuständiger Stelle liegt bisher keine Nachricht über einen derartigen Beschluß der alliierten Mächte vor. poincarLs Re-e — eine Ausflucht Eigener Draht bericht de» Leipziger Tagebla ne» Pari», 23. April Die gestrige Rede Poincarss wird nur von einem Teil der Morgenpresse besprochen. Die meisten Kommentare beschränken sich darauf, die Erklärungen des Ministerpräsidenten als eine notwendige Ant- wort auf die Rede Rosenbergs zu betrachten. Der Sozialist Gr umbach sagt im Populaire, Herr von Rosenberg würde jetzt wohl bedauern, daß er PoincarS Gelegenheit gegeben habe, einen Spazier gang in die Vergangenheit zu unternehmen, in einem Augenblick, wo es Poincare nicht erwünscht sein konnte, die Gegenwartsfragen zu berühren. Grum- vach setzt hinzu, die Rede Poincarrs sei nur inter essant wegen der Dinge, die darin nicht enthalten seien. Man könne Poincarö dazu beglückwünschen, daß er darauf verzichtet habe, Lord Curzons Rede zu diskutieren.