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37. Jahr« Nummer 187 Donnerslag, 11. August 1938 »>tt«IiU I «al «Ich«nNiq. vkonalllch«« v«jiig»pr«t, »»ich r,Sg«i «I»Ichl. A> Pf-, bj». « Psg Irlgeilohn 170; durch »I« Post 17» «Inlchll,blich PoNIIberwtllimgqnrllbr, pizllzllch « Psg. Post-Btstellgeld. Ll»z«l-rr,. u Plg., Sonnalxnd. und F<Aaz».N,. » VI». «bbtll-llungen mllst«» lpINsten, «I«« wach« „» «blaus dar ««»ug^att IchrlMIch dal« Varlag «digaganga» I«I» Unlar« Lrl-ar »Irl« lala« «tbastallun-e» aulgagannahin«». SüchUche volksMuns vailagsarl Draadan. «nzalganpralla! dla llpalllga U «n, drall« gall« « Vllt sllr gamll>«nan,«>gan « Pli gllr Platzwllnlch« Unna» «U Ulna DawLd, lalsta» Im gall, »an d»d«i«r ««r»«t. «'Mialaad« ««»-»-> PSiungan hat da« «ajl'd« °»«« warbungtialdaa», tat» «nlprilcha, lall, dt« galtun, In dalchrSnlta» Umlang«, »» lpSlat °°«r nicht «rlchrwt. S r I ll ll «n ,«o«» t» Lr««»«» Lchrlstkllung: l» ««»«».-., P«»,rftrab« 17. 8«nnus Mit »lvlr D<lchdst^l«ll«, Druck und v«rlag: <L«r»a»ta Buchdruck«r«t und Varl», DH. und «. wlnl«l, PoN«rftr«ba 17. S«rnng rioir, Postlch«ckr 7kr. IlSS, Vaal: Stadldanl D«««d«, »17S7 Trauersahnen über dem Böhmerwald Aufbahrung des Gdp-Mannes paierle Tausende gaben -em Toten das letzte Geleit Hartmanitz (Böhmerwold), 11. August. Der heutige Tag ist für die ganze Bevölkerung des Böh merwaldes ein Trauertag. Schon seit Mittwochabend setzte der Zustrom der Trauergitste ein. die grötztenteils zu Futz, einzeln oder in geschlossenen Gruppen aus allen Teilen Wcstböhmens nach Hartmanitz eilen, um ihrem ermordeten Kameraden, dem SdP-Mann Paierle, dl« letzte Ehre zu erweisen. Tieser Ernst liegt auf den abgehärmten, scharf geschnitte nen Gesichtern der Gebirgsbewohner, in die der ständige Kampf mit dem bargen Baden seine Runen eingcgraben hat. Ucbcrall vollzieht sich der Aufmarsch in grösster Ruhe und Disziplin. Biele tausend Bolksgenossen sind schon versammelt. Lautlose Stille herrscht, die nur hier und da von Kommandorusen un terbrochen ivird. Allgemein ist unter der Bevölkerung die Entrüstung und Erbitterung über das vorsätzliche und ruchlose Verbrechen. Alle Hütten und Häuser, die inmitten der steinigen Aeckcr oder umgeben von dem dunkelgrünen Hoch wald liegen, tragen Trauerfahnen. Mi« Eichen- oder Tannen grün sind die Fenster geschmückt, die SdP-Fahnen flattern von den Dächern. Der Katafalk ist auf der Strotze bei einer Ka pelle auf der sog. „Ebene" errichtet. Der jüngste Tote der Bewegung, Wenzel Paierle, entstammt einer alteinaescssenen Familie aus Voschau. Nach Beendigung feiner Schulzeit trat er als Arbeiter in das Sägewerk Seidel ein, wo er sich durch seinen Fleitz und feine Zuverlässigkeit bis zum Sägeschncidcr emporarbcitete. Dort hat Paierle 13 Jahre lang für sich und seine alten Eltern das tägliche Brot erarbeitet, bei der gesamten Bevölkerung durch Hilfsbereitschaft, Zuvor kommenheit und Bescheidenheit beliebt und hoch geachtet. Der SdP gehörte er seit dem Fahre 1935 an. Er war einer der eifrigsten Mitarbeiter der Bewegung und hing mit voller Be geisterung an seinem angestammten Volkstum. Der tschechische Finanzbeamte Batuschka der Anführer der Mörder paierles! Hartmanitz (Böhmerwald), 11. August. An der gemeinen HInmordung des Sudetendeutschen Paierle mar, wie setzt authentisch festgestellt ist, der tschechische Flnanzbeamte Jaroslav Matnschka führend beteiligt. Bei Ma- tuschka handelt es sich um einen jener vielen tschechischen Fi nanzbeamten, die in rein deutschem Grenzgebiet „amtieren". Matuschkas Führung war schon früher äutzcrst fragwürdig, da er bereits aus Rumburg wegen Teilnahme an Schlägereien ge gen die SdP verseht werden mutzte. Bezeichnend ist cs, datz er ausgerechnet wieder einen Posten bekam, wo er, wie das Ver brechen zeigt, seinen alten Leidenschaften, und zwar noch besser, frönen konnte. Wie wenig es den Tschechen um die Aufklärung des Ver brechens an Paierle geht, beweist die Tatsache, datz sich Ma- tuschka noch heute auf freien» Futz befindet und er lediglich vom Dienst suspendiert wurde. So würde Matusch- ka am frühen Morgen nach der Mordtat beobachtet, wie er an der Wasserstelle neben seiner Wohnung seine Kleider von den Spuren von Schmutz und vom Blut reinigte. Ein Mantel Ma- luschkas wurde von der Gendarmerie als Beweisstück sllr seine Teilnahme an der Tat beschlagnahmt. Ohne-Halt-Klug Deutschland-Amerika Dle Flieger bereits bet Neufundland Berlin, 11. August. Am Mittwoch um 19.88 Uhr ist auf dem Flugplatz Staaken das viermotorige Focke-Wulf-Flugzeug FW 299 „Eondor" mit dem Zulassungszeichen D—ACOR zu einem Ohn « - Halt - Flug von der Reichshauptstadt nach den Verei nigten Staaten von Nordamerika gestartet. Nach der letzten Standortmeldung von heute, 11.19 Uhr, befand sich das Flugzeug zu dieser Zeit auf 53,95 Nord, 44,45 West und nähert sich damit der Küste von Neufundland. Die Besatzung des Fiugzcuges besteht aus den beiden Flug zeugführern Flugkapitän Alfred Henkel und Hauptmann Ru dolf von Moreau, Obersunkermaschinist Paul Dicrberg und Un terflugzeugfunker Walter Kober. Hauptmann von Moreau ist Offizier der Deutschen Luftwaffe, dle drei anderen Besatzungs mitglieder sind Angehörige der Deutschen Lufthansa Henkel und von Moreau, die eine langjährige Fliegerkameradschast verbindet, haben einen gemeinsamen vzeanflug schon seit lan ¬ gem beabsichtigt. Angesichts der sorgfältigen Planung und Vor bereitung des Unternehmens stellte das Ncichslnflsahrtininistc- rium den beide» Piloten das Condor-Flugzeug zur Verfügung. Die Deutsche Lufthansa unterstützte den Flug, indem sie auch Dicrberg und Kober, zwei bewährte Männer iyres Transozcan- Lustverkehrs, die Erlaubnis zur Teilnahme als Maschinist und als Funker gab. Ter Start in Staaken ging am Mittwochabend In aller Stille vonstatten. Auf Grund günstiger Wetterberichte wählten die beiden Flugzeugführer diesen Zeitpunkt für ihren Abslug. Mit einem Fiuggcwicht von annähernd 18 Tonnen kam das mit vier VMW-Motoren ausgerüstete Flugzeug mit imponierender Leichtigkeit vom Boden weg. Seither steht die Besatzung in dauernder Verbindung mit den Erdstationen und meldet jede Stunde den Standort. Um 29.45 Uhr wurde Hamburg über flogen, um Mitternacht befand sich die Masckine Uber Glasgow, um dann den eigentlichen vzeanflug zu beainnen. Meist über den Wolken fliegend, hielt das Flugzeug bisher bei gutem Wet ter eine Flughöhe von etwa 2999 Metern ein. T»kt» bestätigt dte Moskauer Abmachungen Tokio, 11. August. Das japanische Autzenamt bestätigte, datz in den Bespre chungen zwlschen dem japanischen Botschafter in Moskau und Litwinow-Finkelstein ein Abkommen über die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen den japanischen und den sowjeUsä-en Truppen erreicht wurde. (Bergt. die Meldung aus Seite 5.) Wie von der Front gemeldet wird, sind die Feindseligkei- ten zwischen den japanischen und den sowjetrussischcn Truppen heute Mittag um 12 Uhr Ortszeit eingestellt worden. Sr. Borrero provisorischer Präsident von Squador Queto, 11. August. Dle konstituierende Nationalversammlung wählte mit zwei Stimmen Mehrheit Dr. Manuel M. Borrero zum provi sorischen Präsidenten von Equador. Borrero nahm die Wahl an und versprach, ein« Konzentrationsreglerung zu bilden, in der alle drei Parteien — Konservative, Liberale und Sozialdemokraten — vertreten sein sotten. Der bisherige Staatschef General Alberte Enriques, der als Vertreter des Heeres Im Oktober vorigen Jahres die Regierung Paez absehte, trat vor Beginn der Sitzung der Na tionalversammlung zurück. Er hat es abgelehnt, den Posten eines provisorischen Präsidenten zu übernehmen, wozu er von vielen Selten ausersehen war. Britische Zlugzeugausträge an Kanada seht perfekt London, 11. August. Wie der Leiter der britischen Luftfaljrtmisston in Kanada, Sir Hardman Lever einer Meldung aus Montreal zufolge be- Koxntgob, werden nunmehr Aufträge auf Lieferung eines be ¬ stimmten Flugzeuglyps für die britische Luftwaffe an die kana dische Flugzeugindustrie vergeben. Die einzelnen Flugzeug- iverke Kanadas würden in der Weise Zusammenarbeiten, datz jedes Werk bestimmte Einzelteile dieses Typs herstellt, die dann in einer an der Grenze zwischen Ontario und Quebec noch zu errichtenden Fabrik zusammengesetzt werden. Es ist nicht bekannt, um welchen Flugzeugtyp es sich handelt. Auch hat Lever nicht mitgctcilt, wieviel Flugzeuge aus diese Weise in Kanada in Auftrag gegeben worden sind. Vrllischer Dampfer ln Kanada in Flammen London, 11. August. Auf dem Im Hafen van Montreal liegenden 13 959 Tonnen grotzen Dampfer „Andania" der Cu- narü White Star Line brach am Mittwochabend, wie aus Mont real berichtet wird, Feuer in einem Laderaum aus. Der Brand konnte bisher »och nicht gelöscht werden. Drei Feuerwehr leute sind mit Gasvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Lord Runciman bet prästdent Sr. denesch Prag, 11. August. Lord Runeiman wurde Mittwoch vormittag vom Präsi denten der Republik Dr. Benesch empfangen, um mit ihm den Fortgang der weiteren Arbeiten zu besprechen. VereltS ein erster Verlchl Amrelmans an Lhamberlain? London, 11. August. Wie der „Evening Standard" zu wissen glaubt, soll Lord Runeiman bereits an Chamberlain einen Bericht über seine ersten Eindrücke von der Lage in der Tsrk>ccho-Slo>vakei gesandt haben. In diesem Bericht stelle Runeiman fest, datz beide Sei- ten in der Tschecho-Slowakei bereit seien, sich über ihre For derungen in versöhnlichem Sinne auszusprechen. Moskaus verlängerter Arm Das Atigrisfsblindnis zwischen Hradschin und Kreml. Als Veröffentlichung der Anti-Komintern erscheint soebe» im Nibelungen-Berlag, Berlin und Leipzig, unter dem Titel „Verrat an Europa. Ein Rotbuch über die Volschewisicrung der Tschecho-Slowakei" eine umfangreiche Aufklärungsschrift mit zahlreichen Bildern, die nicht nur in Deutschland be trächtliches Aussehen erregen wird. Der Verfasser Karl Vieh führt darin unter Beibringung überzeugendsten Be weismaterials den schlüssigen Nachweis, wie die tschechischen Beherrscher des tfchccho-siowakischen Staates, den sie sich von den Versailler Mächten schenken liegen, zum gesährlichsten Werkzeug des Bolschewismus iu Europa geworden sind, wie sie dem Weltseind Nr. 1 den Zugang zum Herzen Europa« geössuet und die schwerste und akuteste Gefahr für Europa und die Welt hcraufbcschworcn haben. Zu den Lehrsätzen, die den Soldaten der tschecho-slowa« kischen Armee eingeprägt werden, gehört der folgende: „Wir müssen die Sowjetunion nicht nur verteidigen, sondern ihr auch mit allen Mitteln Helsen, gegen alle ihre Feinde zu kämpfen, gleichviel, unter welcher Maske sie sich verbergend Bekanntlich sind die Hauptfeinde der Sowjetunion di autoritären Staaten, so datz über die Bedeutung diese» Satzes durchaus kein Zweifel bestehen kann. Der Bündnis pakt zwischen der Tschecho-Slowakei und Sowjetrutzland vom 16. Mai 1935 besagt in seinem Artikel I. dass die beide« Partner „im Falle einer Bedrohung oder der Gefahr eine» Ueberfalls von feiten irgendeines europäischen Staates ver- vflichtet sind, beiderseitig unverzüglich zur Konsultation zu schreiten". Nach der üblichen Auffassung bürgerlicher Staaten würde diese Verpflichtung so auszulegen sein, datz sie in jedem Falle einer akuten Bedrohung oder der akuten Gefahr eines Uebersalls auf den Vertragspartner in Kraft zu treten hätte. Seitdem der Moskauer Kommunis mus in der Welt ist, gibt es in dieser Hinsicht eine neue Doktrin, nämlich die, datz schon die blotze Existenz bürger licher Staaten eine Bedrohung der Sowjetunion bedeute, und es hat nach dem Abschlutz des Prager Bündnisvertrages keiner langen Zeit bedurft, um der Welt zu zeigen, datz die Herren des Kreml von ihren Verbündeten die Anerkennung ihrer Doktrin verlangen, einerlei, ob cs sich um ein komm»»- nistisches oder ein bürgerliches Staatswesen handelt. Der Bündnispartner in Prag hat dieser Notwendigkeit auch prompt und nur zu gern gehorcht: denn entsprechend der „dauernden Drohung" hat zwischen den Kontrahenten von der ersten Stunde an auch eine dauernde „Konsultation* stattgefunden. Die beiderseitige» Gciicralstäbe haben nicht erst den Fall einer akuten Gefahr abgewaltet, um einander über die zur Abwehr zu ergreifenden Massnahmen zu „be fragen". sondern sie haben die Konsultation zur permanen ten Einrichtung gemacht und ihr ein Ausmatz gegeben, für das es in der Geschichte der Allianzenpolitik kein Vorbild und kein Gegenstück gibt. Ter russische Generalstab ist in dem ihm verbündeten Staate nicht nur stündiger East, ja nicht einmal nur „zu Hause", sondern er ist der eigentliche Herr im Lande geworden, und die sogenannte „Konsul tation" besteht in der absoluten Festsetzung der Machthaber von Moskaus Roter Armee in der tschechischen Schlüssel stellung gegenüber dem mitteleuropäischen Raum, vor allem gegenüber dem Deutschen Reich. Aber damit nicht genug. Die bolschewistische These von der „ständigen Bedrohung" steht in engstem Zusammenhang mit der bolschewistischen Kriegsschulddoktrin. In der offi ziellen Kriegslehre des Kommunismus ist der revolutionäre Angriffskrieg in jedem Falle „ein Verteidigungskrieg des Sowjetstaates als des Trägers des Sozialismus". Das Moskauer amtliche Werk von Degtjarew: „Die politische Arbeit in der Noten Armee" erläutert diese Auffassung wie folgt: „Man mutz streng unterscheiden zwischen dem Ver teidigungskrieg im historisch-politischen und im strategischen Sinne. Der proletarische Staat oder eine für ihre nationale Befreiung kämpfende unterdrückte Nation führen immer, unabhängig davon, wer angesangen. wer zuerst angegriffen hat, einen Verteidigungs-, d. h. einen gerechten Krieg. Die Frage nach dem Charakter der Strategie jedoch wird nach der Lage, nach dem Kräfteverhältnis usw. entschieden. So wird jeder Kriegs den der Rätebund führen wird, im histo risch-politischen Sinne ein Verteidigungskrieg und gerecht sein, unabhängig davon, wer ihn zuerst beginnen wird." —- „Nicht derjenige führt einen ungerechten Krieg, der al» erster angegriffen hat, sondern derjenige, der der Vertreter der Reaktion, der Konterrevolution der Ausbeutung, de» Imperialismus gegen die proletarische Revolution ist", so wurde auch auf dem VI. Kongretz der Kommunistische« Internationale in Moskau verkündet. ' Auf diese Weise hat also Moskau nicht nur für sein- eigenen Zukunftskriege, sondern auch für jeden Krieg, i« den sein Bundesgenosse „geraten" könnte, die „Kriegsschuld frage" schon im voraus ein für allemal gelöst. Die künf tigen Historiker werden es leichter haben als die Generation der Geschichtsforscher nach dem Weltkriege: sie werden keine dickleibigen und vielbändigen „Grotzen Aktenpublikationen" berauszugeben und zu durchforschen haben: denn in jedem