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68 das; sie wegen Giftmischung zum Scheiterhaufen gebracht würde, und eine große andere Menge aus der Stadt mitfolgte. Einige hatten selbst gesehn, wie sie geführt wurde, andere eilten auf das Gerücht, das sich mit Blitzesschnelle in der Stadt verbreitet, zu dem Schauspiele. Auch Arsace kam und sah von der Mauer aus zu; deuu sie hielt es für entsetzlich, wenn sie ihre Augen nicht an Charikleia's Bestrafung sättigen sollte. Nachdem hierauf die Henkersknechte einen möglichst großen Scheiterhaufen errichtet und ihn durch untergelegtes Feuer in Helle Flammen entzündet hatten, bat Charikleia diejenigen, die sie schleppten, sie ein wenig loszulassen, und versprach, freiwillig auf den Scheiterhaufen zu steigen. Alsdann erhob sie die Hände zum Himmel nach dem Schein der Sonne zu und rief: Sonne, Erde und ihr Göt ter, die ihr auf der Erde und unter der Erde schlechte Menschen sehet und bestrafet, ihr seid Zeugen, daß ich rein bin von dem, was mir vor- geivorfen wird. Da ich freiwillig den Tod leide wegen der unerträg lichen Widerwärtigkeiten des Schicksals, nehmt mich gnadenvoll auf. Die ruchlose, sündhafte Ehebrecherin Arsace, die das thut, um mich meines Bräutigams zu berauben, suchet bald mit der Strafe heim. Mit diesen Worten, während alle Anwesenden ein Geschrei erhoben, man solle mit der Strafe bis zu einer nochmaligen richterlichen Unter suchung anhalten, und einige dazu auch schon die Anstalten trafen, be stieg sie, allen zuvorkommend, den Scheiterhaufen. Sie stellte sich mit ten in das Feuer, und stand lange Zeit, ohne beschädigt zu werden, in dem die Flamme sie inehr umfloß, als auf sie eiudraug, sie nirgends verletzte, sondern von jeder Seite zurückfuhr, nach der sie sich wandte, und ein Licht um sie her verbreitete, das sie nur sichtbarer und ihre Schönheit noch glänzender machte, indem sie gleich einer Braut in ei nem Brautgemach von Feuer erschien. Sie sprang bald nach dieser, bald nach jener Seite des Scheiterhaufens, und wunderte sich zwar über das, was geschah, suchte sich aber den Tod zu geben. Es half aber nichts, denn das Feuer wich immer zurück, als wenn es vor ihrem Andringen die Flucht ergriffe. Die Henker ließen jedoch nicht nach, sondern beeiserten sich um so mehr, durch Arsace's drohende Blicke an geregt, Holz herbeizutragen, das im Flusse stehende Rohr aufzuhäufen und auf jede Weise die Flamme in Brand zu bringen. Wie alles ver geblich war, gerieth die Stadt in noch größeres Erstaunen, und alle