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7 Zufall ihre Hoffnung nur auf einige Zeit weiter hinaussetzte, nicht aber vernichtete. Nunmehr, fuhr er fort, müßten sie nach Chemmis wieder zurückkehren, um ferner zu sehn, was sie zu thun hätten, und sich zu einer größeren Reise zu bereiten, damit sie den Theagenes entweder bei den Räubern misslichen könnten, oder wo sie bei diesen hören wür den, daß er wäre. Nach allen Umständen hätten sie Ursache, noch das Beste zu hoffen; es scheine auch jetzt nicht ohne göttliche Fügung ge schehen zu sein, daß sie einem Bekannten begegnet wären, dessen Nach richt sie an den Ort hinführte, wo sie den Theagenes suchen sollten. Sie hätten nunmehr ein festes Ziel, wohin sie ihre Reise richten könnten. 5. Diese Vorstellungen überredeten die Gesellschaft. Vermuthlich trug auch ein anderer Umstand viel dazu bei, den die Nachricht enthielt. Und Knemon sagte noch besonders zu Kalasiris, daß er nunmehr ganz ohne Furcht sein könnte, da Theagenes bei dem Thyamis wäre, der gewiß für seine Sicherheit sorgen würde. Sie nahmen daher willig ihren Weg nach Chemmis zurück. Dort angekommen sahn sie Chari- kleia auf der Thürschwelle des Hauses, die sich nach allen Seiten weit umher nach ihnen umschaute. Kaum wurde sie ihrer gewahr, und kaum sah sie, daß Theagenes nicht mit ihnen kam, als sie anfing laut zu weinen und ihnen sagte: So kommt ihr allein wieder, und ebenso wie ihr ausgegangen seid? Theagenes ist also wohl todt? Aber wenn ihr mir etwas Trauriges zu sagen habt, um der Götter willen, so sagt es mir gleich, und vermehrt nicht durch Aufschieben eurer Nach richt meine Marter. Es ist Menschlichkeit, dem Unglücklichen sein Un glück schnell zu entdecken. Die Seele unterwirft sich dann ihrem Schick sal und wird bald unempfindlich dagegen. Knemon, der sie nicht län ger sich so sehr wollte quälen lassen, fiel ihr hier in die Rede: Wie geschäftig bist du doch, und was für ein unglücklicher Hang ist dieses, dir stets das Schlimmste vorzustellen, das immer zum Glück die Wahr heit nicht ist? Dein Theagenes lebt, und wird, wenn die Götter wol len, noch lange leben. Zugleich gab er ihr in Kürze von allem Nach richt. Kalasiris aber fuhr fort: Man sieht wohl, guter Knemon, daß du noch nicht geliebt hast; sonst würdest du wissen, daß Liebende fürchten wo nichts zu fürchten ist, und ihrem Glücke nie traun, wenn sie es nich' mit Augen sehn. Die Abwesenheit allein füllt ihre Seelen mit Furcl)