Volltext Seite (XML)
Feigheit dich nur des Nachts belästige, und daß deine Schüchternheit durch das Dunkel entstehe; allein, wie es scheint, bist du auch bei Tage gar zu kühn, und nicht bloß Namen, die du hörst, sondern auch der Anblick alltäglicher, unschuldiger Gegenstände versetzen dich in Bestür zung. Welches Gottes oder Geistes Namen vermag uns denn dieser Wackere nicht zu hören? fragte Nansikles. Ob ihm das auch bei Göt tern und Dämonen so geht, kann ich nicht sagen, versetzte Kalasiris; wenn aber Jemand den Namen eines Menschen nennt, und was noch wunderbarer ist, gar nicht einmal eines Mannes oder eines berühmten Helden, fordern den eines Weibes, und zwar, wie er selbst sagt, eines todten, so schaudert er. In jener Nacht, in welcher du, mein Bester, uns Charikleia wohlbehalten von den Hirten znrnckbrachtest, hatte er, ich weiß nicht wie oder woher, diesen gedachten Namen gehört, und ver- stattete mir auch nicht, einen Augenblick zu schlafen, weil er unablässig vor Furcht beinahe starb, und ich meine Noth hatte, ihn aufznrichten. Wenn ich ihn nicht zu betrüben oder zu ängstigen glaubte, so würde ich selbst jetzt den Namen sagen, um dir mehr zu lachen zu geben: und zu gleich sprach er den Namen Thisbe aus. 2. Nansikles aber lachte nicht mehr, da er diesen Namen hörte, sondern fuhr zusammen und stand lange Zeit in Gedanken vertieft, aus welcher Ursache, wegen welcher Gemeinschaft oder Verbindung der Name Thisbe diesen Eindruck auf Knemon gemacht haben könnte. Hier fing nun Knemon laut an zu lachen, und sagte: Mein guter Ka lasiris, siehst du wohl, welche Kraft in diesem Namen liegt, daß er nicht nur für mich ein Schreckgespenst war, wie du sagst, sondern es jetzt auch unserm Nansikles wird? Und das Sonderbarste dabei ist, daß sich der Fall umgekehrt hat, denn ich lache nunmehr, da ich weiß, daß es keine Thisbe mehr gibt, und unser beherzter Nansikles, der vor her andre mit so viel Gelächter verhöhnte — Genug, guter Knemon, fiel ihm hier Nansikles in die Rede; du hast dich genug an mir ge rächt. Aber bei allen Göttern der Freundschaft und der Gastfreiheit, bei der gemeinschaftlichen Tafel, an der wir gespeist haben, und die euch stets willig offen gestanden hat, wie ich hoffe, sagt mir, woher ihr den Namen der Thisbe wißt, oder weshalb ihr euch davor fürchtet? oder habt ihr einen Scherz mit mir haben wollen, so gesteht es jetzt. Dich, lieber Knemon, sagte hier Kalasiris, trifft jetzt die Reihe zu