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bekränzt war. Zuletzt ergriff sie ein Schwert, und nachdem sie mit einer Art von Begeisterung eine Menge seltsamer und barbarischer Worte gesprochen, mit welchen sie den Mond zu ihrem Opfer anrief, gab sie mit dem Schwert sich einen Schnitt in den Arm, fing mit einem Lorbeerzweige das herausfließende Blut aus und bespritzte den Scheiter haufen damit. Nach verschiedenen andern Zaubereien bückte sie sich endlich nach dem Leichnam, dem sie etwas in das Ohr zu raunen schien, und plötzlicherwachte der Leichnam und richtete, durch diese unnatürlichen Künste gezwungen, sich vor ihr auf. Chariklein, die den Anfang dieser Abscheulichkeiten nicht ohne Schrecken angesehen hatte, schauderte bei dem Ende, und in ihrer Furcht über einen so ungewöhnlichen Anblick weckte sie den Kalasiris auf, da mit er mit ihr es ansahe. Sie beide wurden nicht gesehen, da sie im Dunkeln saßen und konnten leicht sehen, was bei dem Feuer des Schei terhaufens vorging. Sie konnten selbst hören, was gesprochen wurde, da sie gar nicht weit davon saßen und die Alte jetzt mit lauterer Stimme den Leichnam befragte. Ihre Frage war, ob sein Bruder, der ihr noch übrige Sohn, am Leben zurückkehren würde. Der Leichnam sagte nichts darauf, sondern gab nur durch einen Wink des Kopfes der Alten eine zweifelhafte Hoffnung und sank plötzlich zusammen und fiel auf sein Gesicht hin. Sie aber wandte ihn wieder um und legte ihn auf den Rücken und ließ nicht nach mit ihrer Frage, sondern zwang ihn jetzt, wie es schien, durch noch mächtigere Beschwörungen, indem sie ihm wieder Vieles in das Ohr sagte und mit dem Schwert in der Hand von der Grube zu dem Scheiterhaufen auf und nieder ging. Der Leichnam erwachte hier noch ein Mal und hob sich in die Höhe. Sie wiederholte darauf ihre Frage und zwang ihn jetzt, nicht nur mit Win ken , sondern mit lauter Stimme deutlich zu antworten. Indem sie damit beschäftigt war, bat Charikleia den Kalasiris, daß er mit ihr sich der Zauberin nähere und eine Frage über Theagenes thun möchte. Kalasiris aber verbat es und sagte, daß selbst ein solcher Anblick schon unheilig wäre, daß er ihn jetzt nur aushielte, weil er ihn nicht ver meiden könnte. Denn es wäre bei ihnen keinem Priester erlaubt, an dergleichen Zaubereien Gefallen zu haben oder dabei zugegen zu fein. Sie erforschten die Zukunft nur in gesetzmäßigen Opfern und durch reine Gebete; aber die Unheiligen, welche nie sich über die Erde und