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Morgen-Ausgabe <7 i cr <0r Letpzl, und Dorort« zweimal «LgUch tn« -au« gebracht monatllch M. 1.78, »terteljährNch M. VL>: für Abholer monatlich M. 1.80: barch anser« «IwLrtlaen Filialen int Hau« gebracht monatlich M. 1L0, viertel- llhrltch M. 5L0; durch bl« Post innerhalb Deutlchlanb« Oielamt-Autgab« »natltch M. ISO. vierteliahrlich M. 5.70: Moraen-Ausgad« M. IL8, Abent-Autgab« M. 0^0, Sonntag<-Au«g,de M. l)HV monatlich (aullchllehllch Postdestellgeblihr). 8chr>ttl«ituag and Eelchästlstell«: Zohannitgafie Nr. 8 handels-AeUung /dntsblatt des Rertes und des poUzeiarntes der Studt Leipzig Ul. Jahrgang Anzeigenpreis: L,NLAtz.:.!!L'LF ».»«d»»»«, im amll. r«a bl« Petit,«»« 7V Pf, ». au«». W Pf : Wl«t« Aazelge» bl« P«tty«il« 2S Pf, autwbrt« 30 Pf.: GeIchSfi1«n^tg«n mA Platzoorlchrtftea Im Prels« erhöht. B»No««iii S«famtanflag« M. 7.— da« Tausend aulschl. Postgebühr. e>u^l»»»»«r 10 Ps. — Sann- uab Festtag« 15 Pf. S«n,sprech «,schl»b Nr. 148«. 1««« und 148S4 Postscheckkonto 72va. Rr 270 Donnerstag, den 31. Mai 1017 Me WWeii KneMWekW Das Ausleben der Kampstätigkeit an der Ostfront Dos Wolffsche Bureau meldet amtlich: Berlin, 30. Mai, abends. Nichts Besonderes. * . . 1K Berlin, FN. Mai. (Drohtbericht.) An der ArraSfronk war das StörungSfeucr nur a» einzelnen Abschnitten wie bei Avion und Roeux lebhafter. Mehrfach wurden englische Patrouillen ab gewiesen. Ebenso scheiterte ein Vorstoß einer starken englischen Ab teilung, die nach kräftiger Artillerievorbereitung gegen die Kiesgrube nordwestlich Hulluch vorging, verlustreich im deutschen Abwehrfeuer und Aandgranalenkampf. An der AiSne front nur gegenseitiges Störnngsfeuer durch Artillerie und Minenwcrfer und Patrouillenkämpfe. Ein französis6>er Angriffsversuch von mehreren Sturmwrllen in Bataillonsbreite in der Gegend von Craonne am 29. Mai brach unter blutigen französischen Verlusten zusammen. Das feindliche Feuer steigerte sich gegen Abend in der Gegend des A) i n t e r d c r g c s. 3m Höhengelände der Champagne nahm ebenfalls gegen Abend die Arlillekieiätigkeit zu. Das feindliche SlörungSfeuer schlug bis weit ins Hintergelände unserer Stellungen. Unsere Batterien antworteten kräftig mit Erfolg. An der Ostfront gesteigerte feindliche Ilugtätigkeit. Als Ver geltung für feindliche Bombenabwürfe wurde ein Munitionslager bei Podhaice mit Bomben belegt. Lebhafteres feindliches, von unS be antwortetes Artillerjestörungsfeuor im Smotrec und im Mestr es n e st i - Abschnitt. NachlS wurde südlich der Bistritz eine 40 Mann starke vergehende feindliche Patrouille durch eine eigene Patrouille ver sagt. Nördlich der B a l e p u i n a st r a sz e wurde ein feindlicher Hand- gravatenangriff gegen eine Feldwache obgewiesen. Die Kriegslage in englischer Beleuchtung icia. Berlin, 30 Mai. fDrahtbericht.f Lonat Fraser schreibt in beunruhigendem Tone in der .Dail Mail': Die russische Nevolulion macht es.notwendig,, öpß die Derbagdrmächte die militärische Lage offen prüfen. Wir müssen sorgfältig die militärischen Folgen der russischen Revolution m Betracht ziehen. 3ede Nevolution bedeutet eine Zersetzuni. und bei aller Bemunderung für Kerenski wäre es ein Wunder, wenn die russische Armee diesen Sommer wieder schlag fertig wäre. Wenn sich Aufstand nicht schnell aufrafft, haben der Westen und Süden schwere Zeiten vor sich. Wir sollten uns diesen Folgen von Deutschlands wachsender Stärke im Westen be- wusti sein. Wir scheinen Methoden zn verfolgen, die der jetzigen Lage nicht mehr Rechnung tragen. Unser . Feind steht m Deutschland. Der Feind wird in Mesopotamien ebensowenig geschlagen wie in Spitz bergen. Die 3dee, dah sich die Aussen in Armenien und die Engländer in Palästina und am Tigris die Hand reichen werden, ist ein törichter Traum. Eine Art von Geheimnis umhuilt noch immer die Schlacht bei Gaza. Was find die Ziele der Negierung in Palästina? Ein weiteres Beispiel ist Saloniki. Serbien muh in Frank reich gerettet werden. Was sind die Ziele der Regierung in Mazedonien? Wir haben nicht genug Leuts und leiden auherordentlich an Schiffsmangel, und die schwersten Schlachten liegen in Frankreich vor uns. ES sind genug Leute und Schisse in leeren Unternehmungen gebunden, die uns aller Schwierigkeiten entheben könnten. Ehe sich diese Unternehmungen noch weiter ausdshnen, sollten wir uns erst ein mal fragen, wozu sie eigentlich nützlich sind. Französische Angst vor einem deutschen Frieden (r.) Rotterdam, 30. Mai. (Drahtbericht unseres Son. derberichterstatters.) Der «Nieuwe Rotterdamsche Courant meldet: Der .Temps ' rügt die sozialistische Politik der früheren Mehr heit, die der Minderheit nachgegeben und für die Beteiligung in Stvckholm gestimmt hat, in scharfen Worten. Dos Blatt spricht von einer vollständigen Kapitulation der Mehrheit vorder radikalen sozialistischen Minderheit und von der bru talen Verleumdung. Gewissenlosigkeit und elenden Schauspielerei der Führer, nm die klaffenden Risse zu verhüllen, und sogt weiter, der sozialistische Friede drohe ein deutscher Friede zu werden. "tb. Paris, 30. Mai. (Agence Havas.) Durch Gesetz sollen dle sich in Frankreich aushaltenden Angehörigen der verbündeten Länder, die in ihrem Vaterlands wehrpflichtig sind, zu militärischen Dienstleistungen herangezogen werden. Der Entwurf ist der Kammer zugegangen. Auf dem Südabschnitt des Karst Drohtbericht unsere« Kriegsberichterstatters. fr.) Standort des Kriegspreffequortiers, 29. Mai. Veit dem 15. Mai zog die 3sonzoschlacht ununterbrochen durch, aber was vor dem 23. Mai geschehen, war doch nur ein Vorspiel. Seit zwei Tagen haben die Kämpfe einen Charakter gewonnen, wie ihn nur noch die wildesten Kämpfe bei Arras und in der Champagne haben können. Die Prüfung auf dle Widerstandskraft der Verteidiger im Korstabschniit, wo sich 7"m Eisenhagel auch der Steinwirbel gesellt, ist vielleicht noch härter. Die italienischen Angriff« sind mekr noch als die im Westen auf daS Technische gestellt, auf die Wirkung ungeheuerer Waffen von Explofivmalerial jeder Art. Mehr als eine andere ist d»e ttauenisch» H-Hrung darauf bedacht, den technischen Apparat mit seiner zerstörende» Gewalt womöglich daS ganze Werk verrichten zu lasten. Die Stoßkraft ihrer In fanterie wehrt sich leicht ab. Es hat sich daher in der Isonzo- schlacht ein« beträchtlich« Steigerung des Aufwandes an ar tilleristischem Material gegenüber den Vorfahren bemerkbar gemacht. Diesmal aber war es so, als wenn Cadorna alles zum Quadrat erhoben hätte, was er bisher an Artillerie und Minengeschoffen ver wendete, um endlich zum Ziele zu qelangen. Mit komödiantenhafiem VaihoS hatte er natürlich gerade den Jahrestag der verbrecherischen Kriegserklärnag dazu erkoren. Sein mörderisches Bestreben war bisher zum Glück von keinem anderen Erfolg begleitet al« dem, dah sich über Taafend« von hingeopserten Menschenleibern neuerlich erwiesen ha», welcher Wahnsinn e« ist. diesen Krieg noch sorlznsetzen. Dah für den 23. Mai eine neu» Phase der grohsn Daverschlacht bevorftand, blieb unseren Truppen nicht verborgen Di« Italiener brachlen es ihnen zur Kenntnis durch Flugzettel mit palheiischen Redens- arlen, die von Fliegern abgcworsen wurden und auf denen stand: „Wer den 23. Mai überlebt, wird ewig leben. ' Am 22. Mai abends begann die starke Beschießung der Räume hinter unseren Linien, deren Intensität ich in den Stellungen bei Monfalcone als unmittelbarer Augenzeuge gründlich kennen lernte. Eie war aber noch nichts gegen das Trommelfeuer, das sich im Morgen dämmern erhob und ohne Unterbrechung bis 4 Uhr 30 Min. abends währte. Bloß gegen den Südabschnitt unserer Front wüteten an diesem Tage 70V italienische Geschütze und dazu 10 englische Batterien schwerste', Kalibers. In der ersten Stunde vor dem An griff steigert« sich dos Feuer der Geschütze, der Minenwerfer und der Brandmine» zu wahren Delirien. Es trommelte nicht mehr, sondern di« Schälle verflossen in ein unablässiges rollendes Geschnatter. Indessen näherten sich, von unserer Artillerie allerdings beträchtlich gestört, in den Dolmen die italienischen Angriffsmaffen. Gegen unfern Südflügel im Abschnitt von Iamiano bis zum Meere standen allein neun Divi sionen, darunter die Brigaden Sardegna, Padooa, Mantua, Lattan- zaro und Toskana, die als die besten galten. Die unsriqen gaben ge treu ihrem Bestreben der elastischen Verteidigung dle völlig sturmreifen Linien, noch ehe der Angriff losbrach, auf und liehen die Italiener offene Türen einrennen, um dann au« der zweiten Linie nach kräftigster Vorarbeit der Artillerie zum Gegenangriff vorzubrechen, obgleich sie BombenwerferfNeger, die sich bis auf 300 Meter herabliehen, über sich hatten. Hin und her wogte der Kampf um dle Höhen 235, 238, 247 und 24t. Immer wieder wurden die Italiener herabgefagt, mehrmals schon durch die Artillerie. Am 24. Mai spann sich dann das blutige Ringen, dos auch die Nacht hindurch nicht gestockt hatte, fort. Die Sperrfeuer der beiden Artillerien verflochten sich so fest ineinander, dah man weiter hinten de» Eindruck hatte, es sei ein neuerliches Vorbereilungsschiehen im Gange. Indessen aber rang die Infanterie im blutigen Nahkampf. Die Höhen 241 und 247 wurden wieder genommen und be hauptet. Einige andere Höhen wurden für die Italiener durch stark daraufliegendes Feuer unhaltbar und blieben nun unbe setzt zwischen den Fronten. Dir sackartig ausgebuchtete Stellung bei Hudilog, deren Räumung für den Fall ernster Angriffe längst be- schloffeir war, wurde von zwei tschechischen Regimentern, kroh der Gefahr abgefShrt zu werden, in beiden Schlachtkagen mit zäher Verbissenheit be hauptet. Hans Georgy, Kriegsberichterstatter. Die Kriegsschiffsverluste der Entente vtb. Berlin, 30. Mai. (Drahtbericht.) Von Kriegsbeqinn bis 31. Mai 1917 sind an Kriegsfahrzeugen der Entente, aus schließlich Hilfskreuzern, insgesamt vernichtet worden: 2 52 Schiffe und Fahrzeuge von 890765 Tonnen. Unter diesen 252 Schiffen befanden sich allein 155 eng lische von zusammen 631700 Tonnen Wasserver drängung. Diese setzen sich zusammen aus 12 Linienschiffen, 17 Schlacht- und Panzerkreuzern, 18 geschützten Kreuzern, 67 Tor- pedobooken, 28 Unterseebooten und 13 sonstigen Kriegsfahrzeugen, z. B. Unterseebootjägern der Arabisklasse. Außer den vorgenannten Kriegsschiffsverlusten büßte die En tente bis znm 31. Mai nicht weniger als 200000 Br.- Reg.-Tonnen an Hilfskreuzern, welche in ganz über wiegender Zahl der englischen Flagge angehörlen, durch kriege rische Maßnahmen der Mittelmächte ein. vvtb. Rotterdam, 30. Mai. (Drahtberlchl.) .Maosbode' verzeichnet den Untergang folgender Schisse: .Theres' (208 Tonnen) aus Nor- köping, .Erik' (257 Tonnen) aus Tronoe, .Grase Norman' (297 Tonnen) aus Christionia, .Pauline Kjell' und .Mann Smith' (2003 Tonnen) ouS Drammen. * * wib. Chrisiiania, 30. Mai. (Drahtbericht.) «Aftenposten' und .Skjoesfartstidende" teilen mit, die deutsche Regierung wolle den norwegischen Schiffen, welche am 1. Juli England nach Norwegen verlassen können, freies Geleit anbieten. — .Aften- posten" fügt hinzu, das Angebot sei im wesentlichen übereinstim mend mit dem Angebot vom Ende April, welches die Schiffe wegen der Kürze der Frist nicht hätten benutzen können, und es sei ohne Bedingungen gestellt worden. Zwei russische Minenleger vor dem Bosporus versenkt "tb. Konstantinopel, 30. Mai. (Agentur Milli.) In der Rächt zum 26. Mat wurden zwei russische Minenleger vor dem Eingang des Bosporus versenkt. Die Leichen eines Offiziers und dreier Soldaten, die wir bergen konnten, sind im Park der russischen Botschaft in Bujakdere mit militärischen Ehren begraben worden. Oesterr.-ungar. Heeresbericht Wien, 30. Mal. Amtlich wird gemeldet: Oestlicher Kriegsschauplatz Die lebhaftere Gefechtstätigkeil hält namentlich in Ost- gallzien an. Italienischer Kriegsschauplatz Am Ifonzo verlief der gestrige Tag verhältnismäßig ruhiger. Gegen Abend verfochten die Italiener neuerlich bei Do die« mit starken Kräften durchzudringen. Der Angriff brach in unserem Feuer zusammen. Ein gleiches Geschick fanden Henle früh bei Iamiano angesetzte italienische Dorstöhe. In Kärnten und an der Tlrol« r Front nichts von Belang. Südöstlicher Kriegsschauplatz Südöstlich von Berat wurden italienische Erkundungsvor stöße vereitelt. Der Lhef des Generalstabes. Frevles Spiel -ck In der antisemitischen .Skaatsbürgerzeitung', der gewiß niemand Voreingenommenheit zugunsten der Sozialdemokratie oder zuungunsten der Konservativen vorwersen wird, bespricht ein früheres Vorstandsmitglied des alldeutschen Verbandes, Rudolf Lebius, die unliebsamen innerpolitischen Vorgänge der letzten Zeit. Er hat zunächst den Mut, festzustellen, daß Echeidemann im Reichstage nicht mit der Revolution gedroht, sondern nur be dingungsweise von ihr gesprochen hat, indem er die Revolution nur für den Fall ankündigte, daß Deutschland den Krieg fort setzen wolle, während Frankreich und England aus Annexionen verzichten. Die Reden der Lord Cecil und Ribot haben gezeigt, daß die beiden Länder gar nicht daran denken, Schcidemanns Voraussetzung zu erfüllen, und damit erledigt sich seine Revo lution von selber. Trotzdem haben natürlich die Schützer von Thron und Altar das Wort Schcidemanns weidlich ausge- schlachtet, um neues Wasser auf die alldeutsch-konservativen Mühlen zu leiten, bis der .Vorwärts' ihnen mit der Veröffent lichung des Briefes des Generals von Gebsattel, des stellver tretenden Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes, in dem mit der Revolution wirklich gedroht worden war für den Fall, daß ein annexionsloser Friede geschlossen würde, das Konzept gründ lich verdarb. Seitdem ist es still geworden, und jenseits des Kanals und der Vogesen wird man einsehen, daß es mit der Hoff nung aus eine Revolution in deutschen Landen, die unseren Fein den zugute kommen müßte, nichts ist. Rudolf Lebius meint dann, daß eben der deutsche Sozialdemokrat Schcidcmannscher Richtung ebensowenig ein Putschrevolutionär sei, wie die .guten, harm losen" Alldeutschen. Die wollten gar keine Pöbelherrschaft und wünschten nicht, daß ihr Verband Krethi und Plethi aufnimmt, sie wollen vielmehr hübsch unter sich bleiben und die Regierung beeinflussen. Und er erzählt von einem ungnädigen Hand schreiben, das nach der bekannten Adlon-Konferenz an gewiss« Exzellenzen erging, denen unverblümt gesagt wurde, daß die höchste Stelle sich eine Agitation verbitte, die darauf hinausgehe, sie zu zwingen, den Kanzler zu entlassen: .Das läuft auf eine Verneinung meiner politischen Urteilskraft hinaus. Ich befehle Ihnen, sich von jeder politischen Betätigung fernzuhalten.' Und alsbald verstummten die Exzellenzen. Es scheint, als ob die hier anqedeuteten Vorgänge sich tat sächlich abgespielt haben, denn die Kreise, die es angoht, sind bis her mit Stillschweigen über die Mitteilungen der .Staatsbürger zeitung' hinroeggcgangen, und das sagt bei der Schreib- und Red seligkeit ihrer journajistischen Vertreter genug. Doch nicht der Pikanterie wegen, die in all dem liegt, kommen wir noch einmal auf die unliebsamen Vorgänge der letzten Wochen zurück, son dern nur, um abschließend das frevle Spiel zu kennzeichnen, das in dieser schwersten Zeit, die das ganze deutsche Volk durchzu machen hat, gerade die zu treiben sich unterfingen, die trotz allem, was sie angerichtet haben, sich noch als die einzigen Schützer der Thronrechte zu gebärden wagen, wie es Herr von Heydebrand in seiner Herforder Rede tat. Das Spiel erreichte seinen Höhe punkt mit der Kriegszielinterpellatian der Konservativen, die ohne Zweifel dem Kanzler gefährlich werden, wenn nicht seinen heiß ersehnten Sturz herbeiführen sollte, und die dann, man mag das willig oder unwillig zugestehen, zu einer glänzenden Recht fertigung seiner Haltung geworden ist. Gerade bei dieser Gelegen heit aber zeigte sich die Zwiespältigkeit der konservativen Politik im vollsten Maße. Einmal verkehrte Herr von Gräfe, der — übrigens durchaus fälschlicherweise — immer von der Mehrheit des deutschen Volkes sprach, die hinter dem konservativen Vor- gehen stehe, den bisher bei den Konservativen allein geltenden Grundsatz, daß die Autorität vor der Majorität gehe, in sein völ liges Gegenteil und lief dann im Namen einer eingebildeten Majori tät Sturm gegen den obersten Beamten des Reiches, der nach wie vor des Kaisers ganzes Vertrauen genießt und doch wohl am besten die politische Gesamtlage, in der Deutschland sich befindet, zu beurteilen vermag. Nichts aber gab den Konservativen, für deren Interpellation sich ganze 45 Mitglieder des Ncichstages gefunden hatten, das Recht, selbst wenn sie alle ihre früheren Grundsätze preisgeben wollten, nun im Namen einer Volksmehr heit zu sprechen, und wenn sie es dennoch taten, und wenn hinter her Herr von Heydebrand denselben Faden weiterspann, so kann man das nicht anders — wir taten es schon einmal vor einigen Tagen — denn als verwerfliche Demagogie bezeichnen. Doch damit ist das Maß der Schuld noch nicht voll, das die Konservativen auf ihre Schultern gehäuft haben. Sie setzten, als sie den günstigen Eindruck merkten, den des Kanzlers Rede im Volke auszulösen begann, ihr frevles Spiel weiter fort. Wem es wirklich nur ehrlich darum zu tun war, eine beruhigende und klare Antwort auf die Frage zu erhalten, ob Herr non Bethmann Hollweg den Scheidemannscken Verzicht- und Entsagungsfrieden ablehne — und weiter forderte ja der Wortlaut der konservativen Krtegsziekinkerpellation nichts — dem mußten des Kanzlers Aus- führungen genügen, zumal er sie durch die Erklärung unter strichen hatte, dah er sich inbezug aus die KriegSziele in voller llebereinstimmung mit der obersten Heeresleitung befinde. Es ist kennzeichnend für die konservative Kompfesweise. daß man sich daran stieß, daß diese Erklärung nur in einem Relativsätze enthalten war. Noch bezeichnender aber ist. daß man wenige Tage, nachdem die Erklärung abgegeben war, ihr eine andere Be deutung unterzulcgen und sie dadurch zu erschüttern und abzu schwächen suchte. Ein Unterfangen, das bei dem abgekarteten Spiel mit verteilten Rollen der .Berl. L.-Anz," übernahm, indem er des Kanzlers Erklärung dahin auslegte, die Einigkeit zwischen ihm und der obersten Heeresleitung bestehe lediglich in bezug auf die militärischen und strategischen! nickt auf die eigentlichen politi schen Kriegsziele Damit war man wieder aus dem alten Punkte angelangt, von dem aus man tm Hotel Adlon den Kamps gegen den Kanzler zu führen beschlossen hatte. Statt dankbar für das