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Oss Pking8tke8t / „Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle an einem Ort beisammen. Da entstand plötzlich vom Him mel her ein Brausen, gleich dem eines daherfahrenden Windes, und erfüllte das ganze Haus, wo sie satzen. Es erschienen ihnen zerteilte Zungen, wie von Feuer, und als sich je eine auf jeden einzelnen von ihnen nlederlietz, wurden alle vom Heiligen Geiste erfüllt und fingen an, In verschiedenen Sprachen zu sprechen, so wie der Heilige Geist ihnen eingab, zu reden. Als dieses Brausen entstand, strömte die Menge herbei und geriet in Bestürzung. Denn ein jeder hörte sie In seiner Sprache reden. Erstaunt und verwundert sprachen alle: Sind nicht alle diese, die da reden, Galiläer? Wie kommt es, dah wir sie hören, ein jeder in seiner Sprache, In der wir geboren sind. Pnrther, Meder, Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa, Kappadozien, Pontus und Asien, von Phrygien und Pamphylien, Aegypten und von den Landstrichen Libyens bei Cyrene und die hier weilenden Römer, Juden sowohl als Proselyten, Kreter und Araber — wie hören wir sie in unser» Sprachen die Groft- taten Gottes verkünden? Alle staunten und sprachen voll Ver wunderung zueinander: „Was soll das bedeuten?" Andere spot teten: „Sie sind voll flitzen Weines!" (Apg. 2, 1—13.) Die Herabkunft des Heiligen Geistes führte die Apostel der Vollendung In ihrem Berufe zu. Sie wurden durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes In den Stand gesetzt, das Leben Jesu in seinen Zusammenhängen mit der Vergangenheit des Volkes Israel, in seiner Beziehung zu den heiligen Schrif ten und in seiner Bedeutung als Grundlage des Reiches Gottes zu erkennen. Was sie früher nur bruckstückwetse in sich aus genommen hatten, sahen sie jetzt als Ganzes. Petrus, der von Jesus noch bei Lebzeiten zum Oberhaupte bestellt worden war, begann als erster, dem Volke das offen zu verkünden, was der Geist ihre Seele schauen lietz. Furcht- los sprach er zu den Versammelten. sDen Wortlaut der Pstngst- misprache Petri veröffentlichen wir auf S. 1 der Pfingstbcilagc.) Die Predigt des Petrus zeigt, wie er jetzt in Jesus alle Weissagungen erfüllt sah, die über den Messias gemacht worden waren. Er besatz nun eine Einsicht in der Erlösung, die sich wesentlich von dem unterschied, was er sich früher unter dem Reiche Gottes vorgestellt hatte. Der Heilige Geist hatte sich aber nicht blotz auf Petrus, sondern aus jeden einzelnen Anwesenden niedergelassen und ihn erleuchtet. So gehörte auch Maria, die Mutter Jesu, zu denen, die vom Heiligen Geiste erfüllt wurden, und das Kom men des Geistes brachte auch in ihrem Herzen wunderbare Wir kungen hervor. Freilich, auf Maria mar der Heilige Geist schon einmal auf besondere Weise herabgekommen, damals, als sie die Mutter Jesu wurde. Jetzt erfüllte er sie auf eine neue Weise und für eine neue Berufung. Er rüstete sic für den letzten Ab schnitt ihres Lebens aus, wo ihr Leben nicht mehr mit dem Leben Jesu, sondern mit dem Werke Jesu verbunden war. Wie die Jünger empfing auch sie neue Einsichten in die Bedeutung des Lebens Jesu, und damit empfing sic auch neue Erleuch tungen über ihre eigene Stellung zu Jesus und zu seinem Werke. Diese wurden ihr jedoch nicht blotz im Hinblick auf die Vergangenheit, sondern noch mehr für die Zukunft gegeben, für ihr Leben als Mutter Jesu in der Gemeinde der Jesus- gläubigen. Die Veränderung, die der Heilige Geist in den Aposteln bewirkte, und jene, die er in Maria hervorricf, hatten auch wieder eine Vertiefung des Verhältnisses zwischen Maria und den Aposteln zur Folge. Jetzt, wo die Jünger und die Mutter vom Geiste erfüllt wurden, kamen sie sich im lebendigen Glau ben und in begeisterter Hingabe an das Werk Jesu und an ihre Arbeit innerhalb dieses Werkes gegenseitig von Tag zu Tag näher. Damit war auch die Zeit gekommen, wo der Schleier vom Leben Marias, der Mutter Jesu, fallen durste. Maria trat nun als Zeugin für jene Zeiten des Erdenlebens Jesu aus, für die überhaupt niemand nutzer ihr Zeugnis ablegen konnte, weil nur sie allein davon wutzte. pkinsstlekre iür8 vauernvolk / „Der Mensch geht aus zu seiner Arbeit und an sein Tagewerk bis zum Abend." sPsalm 103, 23.) Es ist Pfingsten, die Natur steht im Brautkleid. Das Land ist voll Grün und Blüh, von den dunklen Bergen blitzen die Hellen Schneebänke, darüber liegt wie ein tiefblauer, weicher Sainthut der warme Himmel, die Sonne gictzt Bäck>e von Licht und Glanz hernieder in die Täler, durch den Wald spinnt sie ein Netz von goldenen Fäden, in See und Flutz wirft sie Hände voll Edelsteine. Mir kommt g'rad immer vor, als ob um diese Zeit mitten in der Sonne drinnen der Hl. Geist stehe und aus das ganze Land in feurigen Zungen seine Liebe herabschütte. .... Pfingsten ist ein richtiges Bauernfest. Schau nur, mein lieber Bauersmann, um Pfingsten hat dein Reich, dein liebes Land, dein Grund und Boden ein so herrliches prächtiges Festkleid angelegt, wie sonst nie im Jahr. Mit diesem Fest wird die rechte Bauernzeit, die Zeit des Segens und der Ernte, aber auch der harten, schiveihvollen Arbeit eingeleitet. Ich meine nun alleweil, ein richtiger Bauer könne auch jeden Werkeltag, die ganze, lange, schwere Arbeitszeit zu einem ununterbrochenen Festtag machen, wenn er das Arbeiten gut versteht. Patzt auf, ich will euch das Ding ein Kitzchen lehren. „Du armseliger Paplerkratzer" wird jetzt manch einer sagen, „bleib bei deinem Tintentegel. Deine Lehre brauchen wir nicht. Wir verstehen unsere Bauernarbeit tausendmal besser als du deine Federfuchsereil" — Diese Anmutung freut mich jetzt, denn sic bringt den rechten und erlaubten Bauernstolz zum Ausdruck. Leider gibt es noch Bauern, die sich ihres Standes schämen, sich für ungebildet halten und glauben, nur mit einem Bücherstu- dinm könne man in der Welt etwas gelten. Ich habe auch stu diert und nicht wenig, meine aber soviel: Auch in der Bauerei fällt man nicht gelernter vom Himmel; es braucht viel Zu schauen, Studieren und Probieren, bis der Bauer sich alle Kenntnisse in seiner Hantierung, die nötige Uebung und Ge schicklichkeit ungeeignet hat. Und wenn ein Bauer sein Fach von Grund aus versteht, dann ist er ebenso geschult und gebildet wie ein Pfarrer oder Doktor oder Professor oder Lehrer; denn er weitz und kann alles, was zu seinem Beruf gehört. Und sein Berus ist höher, tausendmal wichtiger als mancherlei Gelehrten handwerk. — Ich bilde mir auch nicht ein. datz ich euch in der eigentlichen Bauerei Lehr und Weis geben kann: nur zeigen macht ich euch, wie ihr eure Arbeit in Feld und Wiese tief ver stehen und vergeistigen könnt. Mein lieber Bauer, du mutzt deinen Beruf von allen Seiten ein Kitzchen anschaucn, mutzt dich hineinleben und hineinfreuen. Sieh, du bist viel allein und arbeitest im stillen, weit entfernt vom Gebraus und Getös der Welt. Da hast du Zeit und Mög lichkeit zu sinnen und zu klügeln. Du hast auch ein Buck), so grotz und mächtig, wie kein Gelehrter und Büchersckmecker eines besitzt. — Dein Land, dein Feld, dein Grund und Boden sind das Riesenbuch, und darin stehen viele tausend Geschichten und Wcistümer geschrieben. Jedes Blümlein, jedes Gräslcin. jeder Halm hat seine Geschichte, voll himmeljauchzender Lust und herz brechendem Leid, voll Kinderfrohsinn und Stcrbensweh, voll Trennungsjammer und Heimiubel. ein jed-s lacht und weint zu Zeiten wie ein Mensch. Und du lebst mit all diesen zierlichen Geschöpfen zusammen, kannst in ihre Geschichte eingreifen und all die Wunder betrachten. Mit deinen Händen säest du die spärlichen Samenkörnlein aus. und Gott vermehrt sie tausend fach und speist damit viele Menschen. Nicht blotz die Brotver mehrung. sondern auch viele andere Wunder in der Natur wirkt der liebe Herrgott durch deine Hände. Wenn du recht tief hincinguckst, wirst du noch tausend an dere und viel schönere Dinge in dem Buch finden, und eine him melhelle, jauchzende Freude an deinem Stand, eine warme Liebe zu de'-em Bauernberuf wird dir im Herzen aufgehen. Will es dir manchmal in der Stille und Einsamkeit lang weilig werden, sehnst du dich nach Gesellschaft und Unterhaltung, sck-au. du brauchst nur die Augen weit aufzumachen und in Got tes Natur hineinzublicken, dann wird alles um dich herum le bendig und laut. Du stehst mitten drinnen in einen» grotzartigen Theater. Die ragenden Berge, die schwarzen Wände, die schim mernden Schneekupven, der strahl-'nde Himmelsboaen bas Mie- sengriin bilden seine»» mächtigen Rahmen. Und ein Schaustück nach dein anderen entrollt sich auf dieser qewaltigen Bühne. Im geheimnisvollen Wachstun» der Kräuter, im Vergehe»» und Auferstehen, im Spiel der Lichter und Schatte»» auf den Bergen, im wogende»» Kornfeld, in» brausende»» Wald, in den murmelnden, klingenden Wässern, im rollenden Wettcrwagen, in den Flainmengarben des Blitzes, im rauschende»» Regen, in den wandernde»» Farbenwolken, überall zeigt sich der Herr... Und du mit deiner Arbeit bist immer mitten drinnen in dieser Weite Gottes, kannst tcilnehmen und mitwirken an all den Schauspielen. — Mutz dich das nicht mit einem Hochgefühl für dein schönes Los crsüllcn und mit Lust und Liebe sür deine Arbeit in Gottes freier Natur? Willst du Musik haben, brauchst du nur die Ohren zu spitze». Der Fink und die Lerche, die Grasmücke und die Schwalbe und »Vie sonst noch all die Federinusikanten heissen, die spielen lag- Ave im Naien Blühende Stenglein tragen die Englein, Geben der heiligen Jungfrau Geleit, Wann sie am Abend wundersam labend Wandelt durch unsere Maienzeit. Neigt sich zu kleinen traumichten Blumen, Zeigt sich den Steinen und Wurzeln und Krumen. Ave Maria, ave Maria. Neig dich zu uns! Alle die zarte»» Knospe»» in» Garten Bettet Maria zu lieblicher Ruh Und einem Kinde singend iin Winde Lächelt sie lange mütterlich zu. Alle Gcschöpfchen, welche ihr »allen, Haben eil» Tröpfchen der Gnade einpfahen. Ave Maria, ave Maria. Segne auch uns! Mutter, wir führe»» dich zu den Türen. Wo eine Wunde in» Dunkel verquillt, Wo eine schwere heimliche Zähre. Wo eine Klage, die niemand stillt. Wundersam labend, Mutter, bleib stellen! Latz noch an» Abend ein Liebes gesck>ehen! Ave Maria, ave Maria. Bleibe bei uns! Paula Grogger. aus, tage»» extra für dich auf — und viel schöner spielen sie als eine stolze Regimentskapelle mit ihren verschnörkelte»» Trom peten und Posaunen, mit den löcherigen Pfeisenstäben und dem surrenden .Hummelkasten. — Wer's versteht, der sagt, datz der tausendstimmige Zapfenstreich und Tagrebell, den die gefiederten Musikanten in Busch und Baum und Feld ununterbrock)en spie len, wunderbar und aufs Haar genau stimme, und wer ein ganz feines Gehör hat, der vernimmt auch den Text, will sagen die Worte zum Lied; es klingt wie ein rauschender Lobgesang: „Be- nedicit« omnia opera Domini Domino, laudate et supererultate eum in saecula — Preiset dei» Herrn, ihr alle Werke des Herrn, lobet und hocherhebt ihn in Ewigkeit."... Mein lieber Bauer, du »virst nicht irre gehen, wenn du dir «änbildcst, datz auf dei nen, Grund und Feld die ganze Sommerszeit hindurch jeden Tag feierliches Hochamt abgehalten wird, festlicher Gottesdienst. Mach deine Arbeit so, datz sie auch zum Gottesdienst wird. Und wie denn? Latz die Sense klingen, die Sichel schwirren, den Rechen flie gen, dabei sing aber in» Herzen mit. will sagen, zieh hin und »nieder aus tiefster Seele ein Gebetlein heraus, einen Dank, ein Lob. eine herzinnige Freude, ein Gottzulieb: brauchst's nur ganz still zu denken. Du wirst sehen, »vie dir deine Arbeit dann dop pelt lieb und leicht »vird. Und nun schlicht meine Psingstlehr. Möge euch der Heilige Geist ein sonnenhelles Lickt ausstecken, damit ihr tief und klar sehet, wie viel Herzensglück und Freude, »vie viel Ehre und Lohn aus eurem gottgesegneten Stand herauswächst. Die gei stige Psingstsonne möge sck>eineu ckuf euer ganzes Leben! Amen. Hlu8eum vom „blauen Vun8t" Das erste Zigarren-Museum Deutschlands «rSfsnet In der bekannten Zigarren- und Tabakstadt Bünde in Westfalen wurde dieser Tage ein Zigarren- und Tabakmuseum erösfnet. Es ist dieses das erste derartige Haus in Deutschland und es soll demnächst mit einer Fachschule für di« Zigarren- und Tabakindustrie verbunden werden. Das Museum zeigt die gesamte Entwicklung der Tabak- und Zigarrenlndustrie unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Verhältnisse und bildet einen ausgezeichneten Anschau ungsstoss für jedermann. Selbstverständlich wird der „blaue Dunst" auch in einer besonderen kulturgeschichtlichen Abteilung behandelt, wo man von der Geschichte des Tabakgenusses im Wandel der Zeiten und Völker unterrichtet wird. Es stellt sich heraus, datz es schon immer Nikotingegner gegebei» hat, datz sich iin Endprinzip aber der Tabakgenutz immer wieder durchgeseht hat. Die verschiedenen gesundheitlich schädigenden Auswüchse des Tabakgenusses werden gleichfalls ausgezcigt. Eine weiters grotze Abteilung des sehenswerten Museums beschäftigt sich mit wirtschaftskundlichen Fragen der Tabakzucht, und Tabakverarbeitung, wobei in erster Linie die Anbaumöglich keiten des Tabaks in Deutschland und die besonderen Formen der Brauchbarkeit dieses einheimischen Tabaks behandelt werden. Das Museum voin „blauen Dunst", wie es in der ansässigen Be völkerung genannt wird, ist eine Originalität ersten Ranges und wird fortan einer der Hauptanziehungspunkte der grötzte« Tabakstadt Deutschlands sein. Von wegen Pking8toek86 ...! Plauderei am >Voekenen6e Von Msrsbu. „Morgen ist Pfingsten", dachte Leopold, „da mutzt du dich für Lene schön machen." Ging in einen Blumen laden, kaufte sich eine Narzisse und steckte sie ins Knopfloch. So sind die Männer? Sie kommen auf die kurio sesten Ideen. Hätte der gute Leopold einfach nicht eine Narzisse im Knopfloch, sondern einen Strautz Narzissen mitgebracht, der dann irgendwo in einer Vase langsam und unbeachtet verwelkt wäre — dann hätte er großen Eindruck bei Lene geschunden. Aber mit der einen schäbigen Narzisse? Na, das mutzte schief gehen. Lene hatte sich sowieso über die Hausgehilfin geärgert, und dann war die Schneiderin mit der Aenderung des Sportkostüms, die doch bestimmt Pfingsten geliefert sein sollte, nicht fertig geworden. Außerdem spürte Lene Kopfschmerzen. Und überhaupt... Für Scherze mit Narzissen war sie nicht aufgelegt... Als nun Leopold, fröhlich den Hut schwenkend, in der Tür erschien und zu singen versuchte: „Für dich, für dich hab' ich mich schön gemacht!" — da entlud sich Uber sein unschuldiges Haupt der angesammelte Ingrimm. „Wie hast du dich denn angeputzt?" fragte sie mit einem bitterbösen Blick auf die Narzisse. „Richtig wie ein Pfingstochse!" Leopolds gute Laune war »vie weggeblasen. Er sagte zunächst gar nichts, setzte sich schweigend zu Tisch und löffelte seine Suppe. Dann aber erhob er sich feier lich und begann eine Rede zu halten: „Wegen einer einzigen Narzisse", sprach er feier lich, „die ich mir an meinen schlichten Sakko gesteckt habe, gelte ich dir als Pfingstochse. Was aber soll man dann von euch Frauen sagen, die ihr, der neuen Mode folgend, ganze Blumenbüsche auf euren Hüten oder an der Brust tragt? Aber glücklicherweise hast du nicht recht, o Ver ehrteste. Das Bedürfnis zum Schmuck ist tief in der menschlichen Natur begründet. Ja, in der Natur über haupt. Prangt nicht der Garten draußen in einem Ge schmeide aus Sonnenglanz und funkelnden Tautropfen? Gold und Brillanten können nicht schöner sein. Mit einer verschwenderischen Fülle von Blüten ist die Welt überschüttet. Und ich soll noch nicht einmal eine Narzisse im Knopfloch tragen? Mir einen Vorwurf aus dieser Narzisse zu machen, ist geradezu ein Verstoß gegen die Spielregeln der Natur. Schau dir draußen den Pfau an! Er hat ein gan zes prächtiges Rad von Schmuckfedern zur Verfügung, um sein Weibchen zu erfreuen. Der Fasanhahn prangt in bunten Farben, der Löwe hat seine Mähne, der Pavian ist sogar an der Kehrseite seines Gesichts ge schmückt — und ich sollte noch nicht einmal eins Narzisse . . .!" » Hier versagte Leopold vor Empörung der Atem. Lene batte sich diese schöne Rede angehört, nicht weil sie nichts zu erwidern gewußt hätte, sondern weil ihr die Ansprache ganz überraschend kam. Sie hielt den Löffel in der Hand, den Mund offen und war zunächst' völlig platt. Jetzt aber, da Leopold schwieg, legte sie los: „So", sagte sie, „ich habe kein Verständnis für das natürliche Schmuckbedürfnis und so! Da muh ich leider lächeln, mein Lieder. Wer hat über meine Verschwen dungssucht gejammert, als ich beim Winterschlußverkauf mir so ein paar Kleinigkeiten gekauft hatte? Wer war dagegen, daß ich mir einen neuen Frühjahrshut zulege7 Meinen alten hätte ich mir umarbeiten lassen sollen! Als ob unser Kirschbaum im Garten sich jemals im Früh jahr die Blüten vom vorigen Jahr frisch appretieren ließe! Aber auf eine großartige Idee hast du mich ge bracht. Sofort nach Pfingsten gehe ich hin und kaufe mir ein entzückendes Kleid, das ich gesehen habe; ein Kleid mit einem schönen bunten Blumenbusch, wie du ihn so zu lieben scheinst . . ." „Das ist ja der Fehler", erwiderte Leopold, „du verstehst mich überhaupt nicht. Vor dem Kriege hatte man unverstandene Frauen, jetzt hat man unverstandene Männer ... Ich bin ja gar nicht dagegen, daß du dir schöne Sachen kaufst — immer zu, soweit der Vorrat an Zechinen reicht? Aber du sollst dir nicht einen neuen Hut kaufen, weil sich die Mode geändert hat. Du sollst dir nicht ein neues Kleid zulegen, weil du mich ärgern willst oder weil deine Freundin sich etwas Neues ge kauft hat. Sondern weil es dir Freude macht, weil es dich schmücken soll! Kleider sind die Fortsetzung des eigenen Ichs mit anderen Mitteln. Wir müssen die Klei der von uns aus gestalten, nicht aber uns von den Klei« dern gestalten lassen. . ." » „Man muß sich aber doch nach der Mode richten!" verteidigte sich Lene. „Kein Mensch muß müssen!" widersprach Leopold fröhlich. „Du selbst lieferst dafür den Beweis. Schau dir hier unsere Wohnung an: Plüschvorhänge, gedrechselte Möbel und andere Staubfänger — ist das vielleicht der letzte Schrei der Mode?" „Nein, das sind alte Möbel", gab Lene zu. „Aber du hängst doch auch an den alten Sachen. Das lvar bei Mutter so, und die hat sie teilweise von der Großmutter geerbt, und für uns ist es doch auch noch nett genug!" „Natürlich nett!" rief Leopold mit einer großen Gebärde voller Verzweiflung. „Solide alte Möbel sind sogar eine sehr feine Sache. Aber wenn wir noch echte alte Biedermeiermöbel hocken, dann brauchen wir uns deshalb nicht in Biedermeierfrack und mit der Krina-