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Eine Viermächte-Konferenz geplant Sir Simens Vorschlag Genf, 17. November. In Dölkerbundskreisen hat die Nachricht, daß der englische Außenminister Simon am nächsten Sonnabend nach Genf kommen will, großes Aufselzen erregt. Sie wird als erste Antwort der Druckversuche Hendersons auf die Großmächte bewertet, verantwortliche Kabinetts minister zu den Genfer Abrüstungsverhandlungen zu entsenden, andernfalls er sich gezwungen sehen würde, vom Vorsitz der Konferenz zurückzutreten. Es wird da mit gerechnet, daß Simon eine Woche ni Genf bleiben wird. Sir John Simon hatte am Donnerstag Vormittag eine längere telephonische Unterredung mit Genf, in der Henderson den englischen Außenminister dringend er suchte, nach Genf zu fahren und versprach, auch die Ver treter Frankreichs, Amerikas und Italiens zur Teilnah me an einer gemeinsamen Besprechung zu bewegen. Sir John Simon und Eden hatten hierauf eine so fortige Besprechung mit Macdonald, der stark unter der ultimativen Forderung Hendersons stand und ernste Be fürchtungen vor einem Rücktritt Hendersons hat. Es wurde beschlossen, die beiden engliscl-en Vertreter nach Genf zu senden. Der Präsident der Abrüstungskonferenz, Henderson, teilt in einer Auslassung mit, daß er von der Abreise des englischen Außenministers Simon Kenntnis erhalten habe. Der französische Außenminister Paul-Boncour habe nütge- teilt, daß er lehr bald nach Gens kommen werde. Der sow jetrussische Hauptdelegierte, Bolsci-after Domgalewski-Paris, der sich in Gens befindet, habe erklärt, daß er für die Fort setzung der Konferenzarbeiten zur Verfügung stehe. Hender son habe weiter die Berichterstatter für die Luft- und See sragen, Lange und Moresco, empfangen, die ihm mitteilten, unter welchen Bedingungen sie ihr vom Büro der Abrü stungskonferenz anvertrautes Mandat erfüllen könnten. Paul-Boncour wird, wie Havas meldet, Freitagabend nach Genf abreisen. Er wird denselben Zug benutzen, mit dem sich Sir John Simon nach Genf begibt. London, 17. Nov. In politischen Kreisen Londons rechnet man damit, daß Sir John Simon die Anwesenheit in Genf zur Ab gabe einer Erklärung benutzen werde, in der er das bis ¬ herige Verhalten Englands verteidigen und mitteilen wird, daß England sich noch nicht endgültig an eine vier jährige Probezeit gebunden fühle, vielmehr den ur sprünglichen englischen Abriistungsplan als die Grund lage für die Verhandlungen betrachten möchte. Dieser Abrüstungsentwurf sei so abgefaßt, daß man Abänderungen vornehmen könnte, falls sich das im Ver laufe der einzelnen Verhandlungen als notwendig er weisen sollte. Es wird Sir John Simon die Absicht zuge schoben, er wolle die anderen Mächte von der Auffassung der englischen Negierung unterrichten, daß alle Anstren gungen gemacht werden müßten, um die Abrüstungskon ferenz wieder zu beleben und damit das Ansehen des Völkerbundes zu stärken. Die englische Negierung lege Wert auf eine baldige Heranziehung Deutschlands zu den Verhandlungen, werde jedoch keine Halsstarrigkeit hinsichtlich der anzuwendcnden Methoden zeigen. Sollte es sich als angebracht erweisen, dieses im Rahmen einer Viermächtekonferenz, die vielleicht in Nom stattzusinden habe, zu tun, so werde England sich einem solchen Vor gehen nicht widersehen. Tatsächlich sei diese Möglichkeit von dem englischen Kabinett schon erwogen und nicht abgelchnt worden. Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß Sir John Simon vielleicht im Sinne der Macdonaldsären Gedan kengänge in Genf den Vorschlag für eine Viermächte zusammenkunft machen wird. Man glaubt aber, daß er mit einem solchen Vorschlag erst dann kommen wird, wenn der Gang der Besprechungen in Genf ihn als an gebracht und gerechtfertigt erscheinen lasse. Volle amerikanisch-russische Einigung Washington, 17. Nov. Präsident Roosevelt und Außcnkommissar Litwinow erzielten am Donnerstagabend ein Uebcreinkommcn, das nunmehr alle strittigen Fragen umfaßt. Die beiderseitigen Abordnungen arbeiten zurzeit einen Vertragsentwurf aus, der voraussichtlich von beiden Seiten gebilligt werden wird. Für den späten Abend war noch eine weitere Besprechung im Meißen Hause vorgesehen. Die Veröffentlichung einer amtlichen Mitteilung steht bevor. Schutz gegen Gewohnheitsverbrecher ZnAchaMrasen bi« 5Zahre slic Matter - Sicherungsverwahrung sür gefährliche SewohnheilSverdrecher Ser Reichsjufiizminister erläutert die neuen Maßnahmen Bcrlin, 17. Nov. Die Neichsregierung hat, wie gemeldet, am Dienstag ein vom Neichsjustizminister vorgeschlagenes Gesetz zur Be kämpfung gefährlicher Gewohnheitsverbrecher verabschiedet. Neichsjustizminister Dr. Gärtner nahm vor Vertretern der Presse Gelegenheit, die neuen Maßnahmen der Negierung zu erläutern. Dos Gesetz sieht vor neue Strafvorschriften und die Ein- fiihruug von Maßregeln der Sicherung und Besserung. Bon den Strofvorschriften sind drei besonders wichtig: sie drohen dem gefährlichen Gewohnheitsverbrecher Zuchthausstrafe bis zu fünfzehn Jahren an, erklären schon den Besitz von Die- besivcrkzeug in der Hand vorbestrafter Verbrecher und ihres Anhangs für strafbar und verschärfen die Strafen gegen Zu hälter. Nach dem neuen Gesetz ist schon der Besitz des Die- besmerkzeuges mit Gefängnis nicht unter drei Monaten zu bestrafen Für Zuhälter kannte das bisherige Recht nur die Gefängnisstrafe. Aus der Erkenntnis, daß die Gefängnis strafe sich gegen Zuhälter als unzureichend erwiesen hat, droht das neue Gesetz den Zuhältern Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren an. Geisteskranke und geistig Minderwertige, die eine mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungs fähigkeit oder der verminderten Zurechnungsfähigkeit be gangen haben, können durch Anordnung des Strafrichters künftig Luf unbegrenzte Zett in einer Leit- oder Megean- stall üntergevracyi weroen, wenn oie öffentliche Sicherheit es erfordert. Landstreicher, Bettler und ähnliche asoziale Elemente können im Arbeitshaus untergebracht werden, und zwar vom zweitenmal an aus unbestimmte Zeit. Gegen gefährlich Gewohnheitsverbrecher, von denen anzunehmen ist, daß sie wieder rückfällig werden, muß das Gericht künftig neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. Diese Verbrecher werden nach Verbüßung ihrer Strafe in einer Anstalt unter Arbeitszwang so lange festqehalten, als sie eine Gefahr für die öffentliche Sichrheit bilden, also unter Umständen auf Lebenszeit. Das neue Gesetz macht es den Staatsanwaltschaften und Strafanstaltsverwaltungen zur Pflicht, die Gewohnheits verbrecher, die zur Zeit die Strafanstalten bevölkern, darauf, hin durchzusiebcn, ob sie auch nach der Verbüßung der Strass eine Gesahr für die Allgemeinheit darstellen, bejahenden falls lie in Sicherungsverwahrung zu bringen. Als weitere Sicherungsmaßnahme führt das Gesetz die Untersagung der Berufsausübung ein. Der Strasrichter kann künftig Leute, die unter Mißbrauch ihres Berufes oder Gewerbes oder unter grober. Verletzung der ihnen krast ihres Berufes oder Gewerbes obliegenden Pflichten ein Verbre/Hen oder Vergehen begangen haben und deswegen zu Freiheits strafe von mindestens drei Monaten verurteilt worden sind, auf die Dauer von mindestens einem oder höchstens füns Jahren die Ausübung des Berufes oder Gewerbes unter sagen, wenn dies erforderlich ist. Gesetz gegen Ehemißbrauch Berlin, 16. November. Das von dem Neichsjustizminister Dr. Gärtner der Neichsregierung vorgelegte, vorgestern vom Kabinett verab schiedete Gesetz gegen Mißbräuche bei der Ehe und der Annahme a» Kindes Statt bekämpft Verfallserscheinungen aus samtlien- rcchNtchem Gebiete. Es war eine bekannte Erscheinung der Nachkriegszeit, daß Angehörige alter, angesehener Familien auf dem Wege über eine Eheschließung ihren Namen verkauften, d. h. sie verheirateten sich gegen Entgelt mit einer Frau, die einen klangvollen Namen haben wollte, um sich dann verab- redungsgemäß sofort oder bald danach wieder scheiden zu lassen. Ein dauerndes eheliches Zusammenleben war nicht beabsichtigt und fand nicht statt. Andere Mitglieder alter Geschlechter haben wohlsituierte Personen, die einen bekannten — am liebsten adligen — Namen erstrebten, gegen Entgelt an Kindes Statt angenommen, wobei gleichfalls verabredet wurde, daß irgendwelche famllienähnltche Beziehungen, wie sie zum Wesen der Adoption gehören, nicht be- gründet werden sollten. Dieser frivolen Herabwürdigung alter, ehrwürdiger Insti tutionen wie Ehe und Kindesannahme wird durch das Gesetz ein Riegel vorgeschoben. Künftig soll jede «h«, di« ausschließ- Pch oder vorwiegend zum Zweck« d«e Namensübertragung an di« Fra« geschloßen ist, ohne daß die eheliche Gemeinschaft begrün det werden soll, aus Klage des Staatsanwalts von dem Land gericht für nichtig erklärt werden. Einem Adoptiouovertrag muß die nach dem BGB. erforderliche gerichtliche Bestätigung schon dann versagt werden, wenn bloße Zweifel vorliegen, daß ein wahres, dein Eltern, und Kindcsverhältnis entsprechendes Familienband nicht begründet werden soll. Die Bestätigung soll übrigens auch in anderen Fällen im Interesse der Familie oder der Allgemeinheit versagt werden können, z. B. wegen rassischer Verschiedenheit zwischen dem Anuehmeudcu und dem Angenom menen. In allen Fällen muß jetzt die höhere Verwaltungs behörde l>n Preußen also der Regierungspräsident) gehört wer den, der sich zweckmäßig mit den Familieuvcrbänden kn Fühlung halten wird. Der Zweck des Gesetzes würde nur unvollkommen erreicht werden, wenn bereits bestehende sittenwidrige Ehen und Adop tionen unangetastet blieben. Es sollen deshalb auch frühere Ehen und Kindesannah m everhältnisse, soweit sie seit dem 6. November 1618 zustandegekommen sind, für nichtig erklärt werden, die Ehe durch Nichtigkeitsklage, die Adoption auf Antrag der höheren Verwaltungsbehörde in einem besonde ren amtsgerichtlichen Verfahren. Damit baldig« Klarheit über di« Rechtslage geschaffen wird, müßen di« Verfahren binnen sechs Monaten seit dem Inkrafttreten des Gesetzes «ingeleitet jein. Zum Tag des deutschen Kandels in Vraunfchwelg Burg Danknvartsrode mit dem Braunschweiger Löiven. In Braunschweig wird am 18. und 19. November der Tag des deutschen Handels gefeiert, bei dem die Nation ihren Dcknk an den Stand des ehrbaren Kaufmanns abstattet. Hundert tausend Händler aus allen Teilen des Reiches werden zu den Festlichkeiten in der Wclfenstadt erwartet. Straßensammlung für das Winierhilsswerk am IS. November! Die Landesführung Sachsen des Winterhilfswerks er läßt folgenden Aufruf: Deutsche BolksgenossenI Sie haben fick in der Wahl am 12. November in überwältigender Zahl zum national sozialistischen Staat bekannt. Jetzt gilt es, die andere groß« Aufgabe zu vollenden, die uns der Führer zur gemeinschaft lichen Arbeit gestellt hat: den Kampf gegen Hunger und Külte, die Hilje für unsere notleidenden Volksgenossen. Diese Ausgabe ist so gewaltig, daß sie den geschlossenen Einsatz aller verlangt. Am 19. November findet eine große Straßensammlung durch den Verkauf von Anstecknadeln kür das Winterhilfs werk statt, die ihre besondere Note in der gleichzeitigen Hilfs aktion der Jugend für die Jugend findet. Dieser Tag muß zu einem gewalkige« Ausbruch der nationalen Solidarikäk werden. Nicht Scherslein — Opfer verlangt das große Werk, wenn cs gelingen soll. Nur der ist seines Volkstums wert, der sich mit voller Kraft unter Einsatz seiner Person und mit seinem ganzen können für die großen Aufgaben einseht. Opfert! Gebt freudig! Der Kampf muß gewonnen wer den! Plakette des Winkerhilfswerks (Lpr ) Leider ist immer noch zu beobachten, daß nock an viel zu wenig Wohnungstüren die Plakette „Wir helfen" befestigt ist. Die Plakette, die jeder erwerben kann, der ein Opfer für das Winterhilfswerk bringt, gehört an alle Woh nungstüren, wo Volksgenossen wohnen, die noch in Lohn und Vrot stehen. Der Feslbesoldete, der Geschäftsmann, der Gewerbetreibende, der Handwerker, sie alle müssen es als selbstverständliche Pflicht betrachten, die Plakette zu besitzen. Wo die Plakette angebracht ist, werden weitere Geldsamm lungen für das Winterhilfswerk nicht stattfinden. Nur die Einziehung der Sparbeträge beim Eintopfgericht und die Durchführung der Lebensmittel - Psundsammlungen der Frauenschasten, die sich hauptsächlich an den Opseriinn der Hausfrauen wenden, find von keiner Einschränkung betrof fen. Evang. Landesbischof besucht Erzbischof Gröber Karlsruhe, 16. November. Der evangelische Vandesbischar 0. KUHlewein hat dem katho lischen Erzbischof Dr. Konrad Gröber in Freiburg einen Besuch abgestattet. Die beiden Kirchenführer haben sich über christlich« Eegenwartsjragen ausgesprocl-en. Vermehrung der farbigen Soldaten in Frankreich Zum Ausgleich der sinkenden Nckrutenzisfern. Die Reise des französischen Generals.Weygand nach Ma rokko dient dem Zweck, die Möglichkeit der Verringerung der Truppen in Marokko und ihrer teilweisen Verlegung nach Frankreich festzustellen. Die Verstärkung der farbigen Soldaten in Frankreich soll den Rückgang der zur Verfügung stehenden jährlichen Rekruten ausgleichen. Die Verlegung von zunächst drei marokkanischen Schützenbataillonen steht bereits unmittel bar bevor. * Der Vudgetentwurf des Kricgsministeriums für 1981 sieht bisher die Verlegung von 5600 Farbigen nach Frankreich vor. Es besteht die Möglichkeit, daß dem in der nächsten Zeit ein« noch wcitergchende Vermehrung der in Frankreich stehenden farbigen Truppenteile folgen wird. Nachstehend ist das Skekrutenkontingent Frankreichs in de« Jahren 1932—1910 ausgcsiihrt: 1932: 260906, 1933: 216696, 1931: 226 666, 1935: 150090, 1936: 116 066, 1937: 122 000, 1938: 110 000, 1939: 160 000, 1U4V, 210 000.