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!4 31 »4 79 « 93 03 ! >9 i 30 fibenö-Ausgabe öLAUaSvrelsL* UN» voeon« »urch unser« TrSaer * "''^ «peolteure -maltäglich in« hau« ,,bracht, m«natltch l.rr M., vlerteyührllch ,.7S M. Sri Ser «rschüst-strUr, un^rn Zilialru un- stn,,ab«st«U»n adgeholt! monatlich, M.,virrt»Iiahriich r M. vur^ »i« Post: tnnrrhald Vrutschlanü« und der deutschen «olonirn monatlich 1^S M., »irrtrilährlich «.50 M., auoschilrßltch postdrstrllgel». vaitripzlgrr Tageblatt «rschrint werktags rmal.Sonn.u.Zeiertogotmat. Nachbarort»» und Sen Orten mit rigrnrn Zilialrn wird »i< Mbruoausgabr noch am stbend de» erscheinen» in« hau» griirsrrt. Seriiner Nrüaktton: Sn den Zelten 17. Lernsprech-Nnschluß: Moabit Nr. »»7. - ^curdelsFeituns /lrrrtsblcUt desRates und despokseüuntes der Stadt Lerpzis NeLaktlon und Srschaft«st»U«: ?»haa»i»goss« Nr.«, a Zernsprech-stnschluA Nr.I»»«, 1«»4Z und ,«644. ISS. Jahrgang für Inserat« au» trip,ig un» Umgebung »i« /lUAstlAkllfIkklfst. ,fpaltigepetit,eile2S pf.. S!e Neklam<-,eil«l M.. von au«w»rt, S» Pf., Nrklomen ,.2dM„ «leine Anzeigen »iepetit,eile nur 2» pf.d.wteSerkol.Nad., Inserate von Sehvrden im amtlichen Teil die Petit» zeit« S» Pf. Seschiiftoan-eigen mit ploNoorschrift im Preise erhöht. Nadott »ach Tarif, veilagen: Sesamtaufl.SM.Sa»TausenS au»fchl.Postgebühr. Mnzrigen-hnnahme: ?»hannisgasse», bei sämtlichen Filialen Se» Leipziger Tageblatt»» unä allen hnnoncen-ExprSitionen de» In- und siuslandr«. S«schäft»st»lle für Serlin u.die pr. KranSenburg: virektionwalterflieget, Vertin w. io, Margaretbenstrahe 5. jernsprech-hnlchluh: tühow »«71. Ar. 254. MUtwmy, ürn 20. Msi. 1Sl4. « 53 6 03 1000.- 1000.- 3000.- z 494.62 )000.- ; 912 31 > 406.93 l» .-techn. b zu be- kaust w. g. Lirs» sV,,»s rz. ich, üugusta- ersragen »xlvr. »8 «<" 33081 § »enn »I» n. -SL- »«t 8rasr nge nie bei te irg.I, ik. re, u. Gar. r. 8rrr» , liefert A.1281 Die Vovgänge in Albanien. Der Hochverräter Eya- pasiha. Unsere gestrige Wiener Meldung, die von einer Auflehnung Essad Paschas sprach, ist noch in der Nacht durch weitere Nachrichten bestätigt worden. Fürst Wilhelm hat Essad Pascha verhaften lassen, nachdem er ihn persönlich zur Rede gestellt und den bestimmten Verdacht ge atzt hatte, das; Essad darauf aus sei, entgegen einen ost wiederholten Treueversicherungen eine eigenen Pläne zu verfolgen. Ganz klar ist der Sachverhalt indes auch heute noch nicht zu erkennen. Namentlich lieg, insofern ein Wider spruch vor, als die aufständischen Bauern als Freunde des Fürsten und Gegner Essad Paschas bezeichnet werden, während gleichzeitig gemeldet wird, sie seien einem Nnfe Essads ge folgt und er sei im Begriffe gewesen, sich an ihre Spitze zu setzen. Vielleicht ist die Erklärung in dem Umstande zn suchen, das; Essad Pascha dem Fürsten versprochen hatte, ihm in kurzem eine schlagfertige Truppe zur Niederwerfung des Aufstandes im Süden zur Verfügung zu stellen, . ein Versprechen, das er nicht halten konnte, weil die Bewohner sich einer Aushebung wider setzten. Hierauf wird Essad Pascha erkannt haben, das; sein Verhältnis zum Fürsten un haltbar geworden war. Um sich selbst zu retten, gab er den Fürsten preis, und nur die Ver haftung hinderte ihn an einem Gewaltstreich. Der Enlschlns; des Fürsten, sich von diesem Manne zn befreien, wäre also wohl zu verstehen, die Frage ist nur, ob er sich ohne ihn wirb halten können. Denn einerlei, wie man Essad Pascha bewerten mag: er war doch der Führer einer starken Macht im Lande, mit der der Fürst von vornherein rechnen mutzte. Zur Wahl des Fürsten Wilhelm wäre es überhaupt ohne das Einverständnis Essad Paschas nicht gekom men. Er stand an der Spitze der albanesischen Abordnung, die dem Prinzen zu Wied den Herrschertitel antrug, und sein Auftreten, seine Berufung als Äriegsminister galten als die sicherste Gewähr für die Möglichkeit einer leid lichen Ordnung der Dinge. Gerade dieses An sehen des Mannes mutzte aber auf der andern Seite dem Fürsten schaden, denn dieser stand in seinem Schatten. Fürst Wilhelm mag bald genug gefühlt haben, das; dieses Nebeneinander ans die Dauer unerträglich war. Dazu war Ver deutsche Prinz nicht auf den heißen Boden Al baniens gekommen, nm als eine Figur in der Hand eines Mächtigeren ein zweifelhaftes Da sein zu führen. Uebrigens darf nicht vergessen werden, daß Essad Pascha auch nicht etwa ganz Albanien in der Hand hatte. So viele Anhänger, so viele Gegner! Der Fürst konnte sich unmöglich Essad Pascha zuliebe abhalten lassen, mit dessen persönlichen Gegnern zu verkehren. So traf wohl vieles zusammen, um das Ereignis herbei zuführen, das auf den ersten Blick so unver ständlich schien. Nun steht freilich alles auf dem Spiel, und es ist schwer zu sagen, ob der Fürst mit Hilfe der nächstbetoiligten Mächte imstande seil? wird, Land und Volk zur Ruhe zu bringen. Alles, was ihm Schönes und Gutes über das romantische Albanien gesagt wurde, zerstiebt vor der rauhen Wirklichkeit. * * * Es liegen uns folgende Drahtmeldungen vor: Durazzo, 20. Mai. Der Anmarsch der be waffneten Bauernbanden, die noch bei Basar Schijak stehen, hat in Durazzo große Erregung hervorgerufen. Die albanische Artillerie Hält die Zugänge zu der Stadt besetzt. Man rechnet mit der Möglichkeit, daß es zu einem Zusammenstoß mit den Aufrührern kommen wird. Wien. 20. Mai. Die aus Durazzo hier ein laufenden Nachrichten lauten sehr ernst und besorg niserregend. Oesterreichisch-ungarische und italienische Kriegsschiffe haben in Durazzo Truppen gelandet, um die Fürstenfamilie zu schützen. Die Verhaftung und Gesangennahme Essad Paschas hat nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in den Kreisen der Beys großen Eindruck gemacht. In letzter Zeit wurde in der öffentlichen Meinung gegen Essad Pascha wieder holt der Vorwurf erhoben, daß er mit türkischen Agenten Verbindungen unterhalte und daß er an ver schiedenen Treibereien gegen den albanischen Staat beteiligt sei, insbesondere wurde behauptet, daß er mit dem jungtürkischen Agenten Arif Figment gemeinsame Sache gemacht und dessen Hetzereien gegen den albanischen Staat unterstützt habe. In der Verhaftung Essad Paschas sieht man besonders den Beweis, daß Fürst Wilhelm die Machenschaften Essad Paschas durchschaut habe. Essad Pascha hatte in den letzten Tagen Gerüchte verbreiten lassen, daß die Be völkerung von Skutari aus Anlaß des bevor stehenden Besuches des Fürsten feindliche Kundgebun gen plane. Tatsache ist jedoch, daß die Bevölkerung von Skutari ganz auf der Seite des Fürsten steht und von ihm die Entsetzung Essads verlangte. Wien, 20. Mai. Der albanische Mini st er- Präsident Turkhan Pascha hatte mit dem Grafen Berchtold eine lange Unterredung. — Graf Harr ach veranstaltete zu Ehren des Minister präsidenten ein Abendfest. Turkhan Pascha war über die Nachrichten aus Durazzo äußerst bestürzt, zumal da er noch dieser Tage Essad Pascha als zuverlässigste Stütze des Fürsten gerühmt hatte. Graf Berchtold gab in der österreichischen Delegation eine beruhi gende Erklärung ab und versicherte nachher in Pri vatgesprächen, der Fürst stehe unter dem Schutze der österreichischen Flagge. — Turkhan Pascha wird heute nach Albanien zurückreisen. Wien, 20. Mai. Eine österreichisch ungarische Schiffsdioision, bestehend aus 4 Schlachtkreuzern, ist nach Durazzo abgegangen. Die Kriegsschiffe werden in Durazzo weitere Truppen landen. Rom, 20. Mai. Die „Agenzia Stefani" meldet aus Durazzo: Sofort nach seiner Ankunft empfing Admiral Trifari den Besuch der Kommandanten des italienischen und des österreichisch-ungarischen Sta tionsschiffes, die ihn über die Lage aufklärten und ihm mitteilten, sie hätten eine Abteilung italienischer und österreichischer Matrosen, die der Fürst der Sicher heit seiner Familie wegen erbeten habe, gelandet. Während des Besuches hörte man Kanonenschüsse und sah, daß vom Palast des Fürsten Hilfssignale gegeben wurden. Nach einer unter dem Vorsitz des Fürsten abgohaltenen Beratung gab der Fürst persönlich dem Admiral Trifari Weisungen. Schließlich wurde Essad Pascha, den man als den Organisator der aufständischen Bewegung betrachtete, durch eine von einem italienischen Offizier befehligte Abteilung österreichischer und italienischer Matrosen zur Lan dungsbrücke und auf das österreichische Schiff ge bracht. Rom, 28. Mai. Die Morgenblätter melden aus Durazzo die sofortige Eröffnung des gerichtlichen Hochverratsverfahrens gegen Essad Pascha. Scha-ow und Goethe. Zum 15V. Geburtstage Gottfried schadows, 2V. Mai. Der „alte Schadow" — unter diesem Namen wird er in der Kunstgeschichte geführt, schon um ihn von seinem Sohne, dem Düsseldorfer Schadow, zu unterscheiden — der alte Schaoow war ein Voll- und Prachtmensch. Ein alter Berliner von echtem Schrot und Korn: gescheit, derb, geradezu, Kops und Herz am rechten Flecke, und nie um ein kräftig Wörtlein und um einen schlagenden Witz verlegen. Er ließ sich nicht verblüffen, und er ließ sich nicht den Mund ver bieten. Er liebte und verehrte Goethe in hohem Maße, aber auch von ihm nahm er den Ausfall gegen Kunst und Künstler Berlins, den Goethe im Fahre 1800 in den „Propyläen" veröffentlichte, nicht stillschweigend hin. Damals hatte Goethe geschrie ben: „Zn Berlin scheint außer dem individuellen Ver dienst bekannter Meister der Naturalismus mit der Wirklichkeits- und Nützlichkeitssorderung zu Hause zu jein und der prosaische Zeitgeist sich am meisten zu offenbaren." Schadow hatte den Mut, auf dies Ur teil Goethes in einem Aufsatze, den er in der „E u n o- m i a" veröffentlichte, zu antworten. Zn diesem Auf sätze sprach er aus: „Mich sollte cs freuen, wenn wir einen charakteristischen Kunstsinn besäßen, und ob wohl dieser in den „Propyläen" als ein solcher be trachtet wird, der auf die niedrigste Stufe gehört, jo ist es doch der einzige, durch welchen wir Deutschen dahin kommen, Kunstwerke hervorzubringen, in wel chen man uns selbst sähe." Was da der Berliner Meister sagte, war nicht mehr und nicht weniger als eine offene Kriegscrklä rung an Len weimartfchen Klassizismus. Erfrischend ist cs, wie der kernige Künstler sich überall für das Ursprüngliche und gegen jede Nachahmung erklärt. „Seit anderthalbhundert Zähren schon find wir Nach ahmer der Welschen und Franzosen, oder Graecun; anstatt zu geben und auszubilden, was in uns ist, quälen wir uns, etwas hcroorzubringen. was dem von diesen Fremden gemachten ähnlich ist." Der so schrieb, war der Mann, der im Berliner Zietcndcnk- mal zuerst es gewagt hatte, einen preußischen Kriegs helden in preußischer Uniform darzustellcn, und durch weg seiner Auffassung treu batte er die — im Sinne Goethes gesprochen — Kühnheit, den national-eng lischen Hogarth und feine Arbeiien allen Schöpfungen der englischen Pseudoklassizisten vorzuziehen. Schadows Aufsatz hat seinerzeit viel Aufsehen er regt, und er wird von der heutigen Kunstgeschichte mit Recht als eine höchst wertvolle Urkunde für die Auflehnung natürlichen Kunstempfindens gegen die Herrschaft des Dogmas in der Kunst geschätzt. Wie hat nun aber Schadows freimütige Erklärung auf Goethe gewirkt? Persönlich konnte sich der Dichter nicht gut verletzt fühlen, da Schadow in seinem Auf sätze von ihm mit wärmster Verehrung und höchster Schätzung gesprochen hatte; aber er fühlte sich miß verständen, und er war jedenfalls tief verstimmt. Schadow hat sich wohl nicht so ganz Rechenschaft dar über gegeben, wie empfindlich der Olympier gegen solchen offenen Widerspruch war, und wie großes Gewicht er gerade auf die Anerkennung seiner Grund gedanken über Kunst legte. Er nahm darum keinen Anstand, als er im Fahre 1802 nach Weimar kam, auch Goethe seinen Besuch abzustatten. Der Emp fang war stetf-sormell. Vielleicht wären die beiden sich nun im Gespräche doch näher getreten, als Scha dow eine Ungeschicklichkeit beging, durch die er Goethe ganz vor den Kopf stieß. Er fragte ihn nämlich, ob er ihm erlauben würde, mit dem Zirkel die Ma'se nehmend, seinen Kopf zu zeichnen. Da hatte er an die falsche Türe gepocht. Steif erklärte Goethe das für bedenklich: er argwöhnte, daß sein Kopf zur Demonstration der Gallschen Schädellohre benutzt werden sollte, und lehnte ab. Das Gespräch wurde unterbrochen, und am Ende entließ Goethe seinen Berliner Gast mit einem frostigen Abschiede. Er hatte gegen ihn noch etwas anderes aus dem Her zen: er hatte ihn im Verdacht, daß er zu Kotzebue halte Wirklich hat Schadow in Weimar mit Kotzebue verkehrt, und dieser hat sich damals auch zu Schadow feindlich über Goethe ausgesprochen: „Wenn wir ihn machen ließen", so jagte er damals zu dem Künstler, „müßten wir eine Erlaubnis haben von ihm zu jedem Vorhaben." Wie dem auch sei, Schadow und Goethe standen von Stund an auf gespanntem Fuße, und Goethe hat sich über seinen Besucher damals sehr unverblümt ausgesprochen. Schadow habe ihn, so sagte er voller Unmut, wie der Oberon den Sultan, osteich um ein paar Backzähne und Haare aus seinem Bart gebeten. Und er ließ cs nicht bei Worten bewenden, sondern arbeitete zu Schadows aroßem Verdruss« eifrig da gegen, daß der Berliner Meister den Au trag zu einer Büste Wielands erhielt. Ueber e n Jahrzehnt haben sich die beiden Männer dann fremd und kühl aegenübcrgestanden: und wenn sich das Verhältnis später geändert und gebessert hat, so war cs ein ge meinsames Wirten, das sie zusammenführte. Dabei handelte cs sich um das bekannte Blücherdcnk- m a l für Rostock. Der Auftrag war Schadow erteilt, Goethe aber war um Rat für den Entwurf gefragt worden. Seinem Gefchmacke getreu, schlug er für den Helden von Wablstatt eine „antikische" Tracht vor, und Schadow sah sich genötigt, auf diesen Ge danken cinzugehen. Damit wurde er seinen eigenen künstlcrisckzen Ucberzcugungen untreu; hatte er doch einst das gute Wort ausgesprochen: „Zedc fremde Tracht ist eine Verstellung und dient nur dazu, die Sache unkenntlich zn machen"; das Gewand eines Helden, „mochte es sein, wie cs wollte, wird durch ihn geheiligt'. Uno jetzt warf er seinem Blücher Kunst UN- Wissenschaft. * Ein Jubiläum im Schauspielhaus. Das fröh liche Spiel „Als ich noch im Flügelkleide" begeht am kommenden Sonntag sein Jubiläum der 50. Aufführung. Die beiden Autoren werden dieser Jubiläumsaufführung voraussichtlich beiwohnen. Das Stück ist bereits von 175 deutschen Bühnen er worben worden. Gleich zu Beginn der Winterspiel zeit wird das Stück in 25 großen deutschen Städten gegeben, das somit Aussicht hat, eins der meist gespielten Stücke des nächsten Winters zu werden. * Das Oybiner Waldtheater, die Gründung des Zittauer Redakteurs Ferdinand Hesse, wird am ersten Pfingstfeiertage seine vierte Spielzeit mit der Aufführung des neuesten dramatischen Werkes von EerhartHauptmann„D erBogendesOdysseus" eröffnen. Der Spielplan für diesen Sommer sieht u. a. die Wiedergabe von Schillers „W ilhelm Tell" in großem Stile vor. Als künstlerischer Leiter ist von dem Unternehmen wieder Herr Fritz Klötzel gewonnen worden. * Max Bernstein hat mit Oskar Blumenthal eine neue Komödie geschrieben, die den Titel führt „Die große Pause". Sie wird voraussichtlich nn Münchner Schauspielhaus ihre Uraufführung erleben. * Briefe van Goghs an seinen Bruder. Eine interessante Publikation bereitet der Verlag Paul Lafsirer, Berlin, mit einer Ausgabe der „Briefe Vincent van Goghs an seinen Bruder Theo" vor. Herausgeberin ist die Schwägerin Vincent van Goghs, Frau I. van Gogh-Bonger, die dem Bande eine ausführliche Biographie oor- doch den phantastisch-antiken Mantel über! Es hat dem Werke nicht zum Vorteile gereicht: der charakter volle Porträtkopf steht zu den, theatralischen Kostüme in empfindlichem Widerspruche. Aber um diesen Preis hatte sich denn doch Scha dow wenigstens die Schätzung und das Wohlwollen Goethes erworben. Seit jener Zeit entspann sich zwischen den beiden ein Briefwechsel, der von feiten Goethes mit steigendem Interesse und Wohlwollen geführt wurde, und es kam zum Austausche freunü- licher Gesinnungen und freundlicher Spenden zwischen dem Dichter und dem Bildhauer. Es hat Len An schein, als ob sich Schadow in älteren Tagen auch mit Goethes Kunstanschauungen mehr befreundet hat. Zn seiner wunderlichspröden Weise hat er in seinen „Kunstansichten" den Tod Goetbes folgendermaßen verzeichnet: „Einen herben Verlust erlitt die ganze zivilisierte Welt am 22. März 1832 durch den Tod des Herrn von Goethe. Seine Erzeugnisse als Dilettant in der Kunst, mehr noch freilich seine Schrif ten werden ihn auch dem ausübenden Künstler un vergeßlich und unentbehrlich machen." k>oliMetie Uederlielll Eine neue „Enthüllung" Karl Liebknechts. Die im „Vorwärts" veröffentlichten Mitteilungen des Reichstagsabgeordneten Karl Liebknecht über einen Ordens- und Titelschacher des verstorbenen Generals von Lindenau Haden rechtsstehende Blätter zu der Bemerkung veran laßt, man solle, so peinlich dieser Fall auch sei, doch den Toten in Ruhe lassen, der sich ja nicht mehr rechtfertigen könne. Lieb knecht geht auf diesen Wunsch ein und wendet sich nunmehr gegen einen Lebenden, den er in gleicher Weise beschuldigt. Er veröffentlicht im „Vorwärts" ein Schreiben, worin einem liielsüchtigen Menschen die finanziellen Bedingungen für die Erlangung des preußischen Pro fessortitels mitgeteilt werden. Die entscheidende Stelle in diesem Schreiben lautet: An eine gewisse S t e l l e (Wer ist das? Die Red.) sind zu zahlen 40 000 Mark und 1500 Mark V e r m i t t e l u n g s s p e s e n. Der Betrag verfällt nur dann, wenn Sie bas amtliche Ernennungsdekret vom Kultusminister in der Hand haben. Sollte trotzdem durch irgendeine Zufällig keit, was nicht wahrscheinlich ist, die Ernennung scheitern, so haben Eie keinen Pfennig zu zahlen. Es ist also ein Bar- oder Zug-um-Zug- Geschäft. Das Nähere über dre Einzahlung bei einem eingeweihten Notar wird erst mit geteilt, sobald Ähr Entschluß vorliegt. Irgendein Risiko laufen Sie nicht. Die strengste Diskretion wird garantiert. Der Brief ist Unterzeichner: „Ihr ergebener D r. Ludwig." Dieie Unterschrift ist im „Vor wärts" faksimiliert. Am Kopfe des Briefbogens steht gedruckt: „Dr. Franz Ludwig, staatswißemchaft- licher Schriftsteller." Der „Vorwärts" oder vielmehr genauer Liebknecht stellt an der Hand von Degeners Lexikon: „Wer ist's?" fest, daß diejerDr.Fran; Ludwig seit 1907 zweiter Hauptgeschäftsführer des Reichsverbandes gegen dicSozial- demokratieist! Das sozialdemokratische Blatt gießt natürlich eine volle Schale von Hohn und Spott über Dr. Ludwig und den Reichsverband aus und brandmarkt den Unterzeichner des Briefes als einen ganz gewöhnlichen „Schieber" in Titelgefchäften. Wir hatten s. Zt. von der Veröffentlichung Lieb knechts über den Fall Lindenau nur kurz Notiz ge nommen, weil wir geneigt waren, die arge Ent gleisung des Herrn von Lindenau als Einzelfall anzusehen. Nachdem nun aber eine weitere Urkunde über Titelgeschäfte, an deren Echtheit nicht gezweifelt werben kann, zur öffentlichen Kenntnis gelangt, und da Liebknecht weitere „Enthüllungen" über derartige Manipulationen ankündigt, erscheint es uns dringend an der Zeit, daß hier alle Stellen, die es angeht, einmal gründlich nach dem Rechten sehen, damit solche sonderbare Geschäfte ein für allemal ver hindert werden. anstellt. Sie faßt darin alles bisher Bekannte über den Künstler zusammen und erzählt auch eine Reihe noch unbekannter persönlicher Züge, die das Bild van Goghs abrunden. * 8250 Mark für eine Lutherbibel. Gestern vor mittag fand bei Lepke, Berlin, die Auktion der Lutherbibel statt. Ueber das hervorragende und seltene Werk berichteten wir schon früher. Es brachte den stattlichen Preis von 6250 * Ein unbegreifliches Zensurverbot. Zn den Münchner Kammerspielen sollte nächster Tage die Komödie „Die nä rrische Wel t" von Otto Hinnert aufgeführt werden (die in Berlin, Wien, Frankfurt und in anderen Städten schon vor Jahren erfolgreich gegeben wurde). Die Vor stellung kann nun nicht stattfinden, da die Münchner Polizeibehörde eine öffentliche Aufführung vorerst nicht gestattet hat. * Zur Feier des 200. Geburtstags Christoph Willibald Glucks am 2. Zuli wird von feiner Heimat Hammer bei Brür in Böhmen eine Reihe großer Jubiläumsfestlichkeiten geplant, die am 26. Juni mit der Enthüllung einer Bronzeporträttafel des Kompo nisten beginnen werden. Der Geburtsort Glucks ist zwar nicht Hammer, sondern Weidenwang in Mittelfranken. Gluck hat aber stets Deutschböhmen seine Heimat und dessen Bewohner seine Landsleute genannt, da er schon als dreijähriges Kind mit seinen Eltern nach Hammer kam. * Akademische Nachrichten. Auf den Lehrstuhl für landwirtschaftliches Bauwesen an der Technischen Hochschule in München wurde als Nachfolger von Prof. F. Jummerspach der Dauamtsassessor am Münchner Landdauamte, Hermann Buche rt be rufen. — Zn der medizinischen Fakultät von Halle habilitierte sich Dr. A. Zimmerman n mit einer Antrittsvorlesung über „Subjektive Gehörsempfin dungen".—Der o. Honorarprofessor für alte Geschichte in Königsberg. Dr. Rudolph Schubert begeht am 21. Mai seinen 70. Geburtstag. Er promovierte 1868 in Königsberg, habilitierte sich ebenda 1879 — Der Leiter des Luzerner Staatsarchivs, Dr. Theodor von Liebenau, ein bekannter Historiker, ist 74 Zahre alt, gestorben — Der Professor am Mohammedan Anglo-Orien!al College in Aligarh (Indien) Dr. Joseph Horovitz hat einen Ruf auf den Lehrstuhl der semitischen Sprachen an der Universität Frankfurt a. M. erhalten. — Ebenso hat Professor Dr. Eduard Hermann an der Universität Kiel einen Ruf als o. Professor für vergleichende Sprachforschung an der Frankfurter Universität erhalten Amtliche Nachrichten o«n der Universität Leipzig. Der ordentliche Professor der Pharmakologie Geheimer Medninalrat Dr. med. Boehm ist aus Anlaß seines 70. Geburtstages wegen seiner Verdienste um die Naturwissenschaften zum Ehrendoktor der biefioen nbiloloohtichen Fakultät ernannt woeb«-