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— Iriedriclj Heorg Wiecks — Deutsche Muckr irte Oewerbereitung. Abonnements-Preis: Halbjährlich 3 Thlr. Herausgegeben von vr. A. Lach mann. Verlag von I. Derggold in Berlin, Links-Straße Nr. 10. Jnseraten-Preis: pro Zeile 2 Sgr. üierunöörelklljkee Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Sogen. Inhalt: Gewerbliche Berichte: Neber Selbstentzündung roher Baumwolle nnd turkischroth gefärbten Baumwolleugarnes.— Die neu gegründete Fachschule in Limbach für Strumvs- Wirkerei. — Neber die Benutzung der platinirten Gläser bei Darstellung von Spiegeln, Augengläsern und Telescopen. — Die Fabrikation des Annalin's in England. — Die Fort schritte des landwirthschaftlicheu Maschinenwesens im Jahre 1868. (Schluß.) — Die neuesten Fortschritte in den Gewerben und Künsten: Patente für den Monat Dezember. — Schmierung von Gebläsekolben. — Selfridge's patentirte neue Waschmaschine. —'Schienenwege mit eisernen Längsschwellen. — Dnne's Ständer-Spritzen. — Mon- lin's arsenikfreies Metallgrün. — Cotonisiren von Flachs nnd Hanf. — Wagenachsen mit veränderlicher Spurweite. -7- Feuilleton: Surrogat für thierische Kohle. — Chrifto- manoS, über einige Eigenschaften des chemisch reinen Silbers. — Neber Pfeffermünzöl und dessen Verfälschung. — Arbeitsmarkt für Gewerbe und Technik. Hewerbtiche Berichte. Neber Selbstentzündung roher Baumwolle und turkischroth gefärbten Baumwolleugarnes. „Kann rohe Baumwolle, welche längere Zeit hindurch in größeren, gewöhnlich stark comprimirten Ballen sich befand, jedoch entweder von Haus aus feucht verpackt oder unterwegs angenäßt wurde und vielleicht nur bis an die Compressen wieder trocknete, a) in diesem Zustande, oder b) später lediglich in Folge davon sich selbst entzünden, weil bei der Auspackung und der damit be wirkten Auflockerung derselben der Sauerstoff der atmosphärischen Luft freien Zutritt zu derselben erlangte und also reichlicher von ihr absorbirt wurde?" Die vegetabilische Faser (Cellulose), woraus alles pflanzliche Zellengewebe im Wesentlichen besteht, erleidet in reinem und trockenem Zustande an der Luft keine Veränderung, in feuchter Luft dagegen absorbirt sie langsam Sauerstoff und zerfällt end lich in Kohlensäure und Wasser. Letztere Umwandlung wird durch günstige Umstände, wie durch die gleichzeitige Gegenwart von fäulnißfähigen, stickstoffhaltigen Substanzen, welche dem pflanz lichen Zellengewebe in seinem natürlichen Vorkommen stets in geringerer oder größerer Menge einverleibt sind, und durch die Berührung mit alkalischen Körpern, außerordentlich begünstigt nnd beschleunigt. Mau bezeichnet diesen Entmischnngsvorgang ge wöhnlich mit dem Namen „Verwesung". Derselbe ist, wie jeder chemische Vorgang überhaupt, von Wärmeerzeugung begleitet. Weil aber die Verwesung stets nur sehr allmälig und bei verhältniß- mäßig großer Vertheilung der verwesenden Substanz vor sich geht, so kann dabei eine bedeutende Wärmeanhäufnng und hier durch bedingte hohe Steigerung der Temperatur nicht wohl ein treten, daher auch eine Entflammung der verwesenden Stoffe nicht stattfindcn. Findet sich bei einem in Verwesung begriffenen Körper der Zutritt der Luft durch Wasser zum Thcil abgeschlossen oder erschwert, so geht der Körper in Fäulniß über, d. h. die Entmischung geht mehr innerhalb des faulenden Körpers unter sehr geringer Theilnahme des atmosphärischen Sauerstoffs vor sich und cs werden dabei neben Kohlensäure und Wasser noch entzündliche Luftarten, Wasserstoffgas, Kohlenwasserstoffgas (Sumpf gas) erzeugt. Der Wärmeanhäufung wirkt die Menge des vor handenen Wassers entgegen, eine Entzündung tritt daher auch hier nicht ein. Ist aber der vegetabilische Körper nicht vom Wasser überdeckt, sondern im mäßig feuchten Zustande in größeren dichten Massen aufgehäuft, so geht im Innern dieser Massen eine eigentnümliche Veränderung vor sich; die stickstoffhaltigen Be- standthcile des vegetabilischen Körpers gerathcu in Gährung, die Temperatur im Innern des Haufens steigt, hierdurch wird der Gähruugsproceß beschleunigt, derselbe überträgt sich auf die übrigen stickstofffreien Bestandthcilc des vegetabilischen Körpers, es werden brennbare Gase erzeugt, es tritt eine Verkohlung des dem Gährungshecrde zunächst gelegenen TheileS des vegetabili schen Materials und endlich durch die Porosität der verkohlten Masse begünstigt, eine Entflammung ein. Zu den Erscheinungen dieser Art sind z. B. die Endzündungeu zu rechnen, welche nicht selten in aufgespeicherten Haufen feuchten Heues, Grummets, Strohes, Getreides u. dgl. m. beobachtet worden sind nnd denen am sichersten dadurch vorgebeugt wird, daß man im Jnnnern des Haufens einen guten Luftzug, welcher einer zu hohen Steigerung der Temperatur eutgegenwirkt, herstellt. Der eben beschriebene Gährungsvorgang wird, wie erwähnt, ganz besonders durch die stickstoffhaltigen Bestandthcilc des vege tabilischen Materials cingeleitct und begünstigt, findet daher bei Substanzen, welche, wie die Baumwolle und daS reine Lein, nur oder fast ausschließlich aus reiner vegetabilischer Faser (Cellulose) bestehen, nicht leicht statt. Weil aber die rohe Baumwolle zu weilen doch nicht ganz unerhebliche Mengen von gährungerregen- den Materien, z. B. Saamen, beigemengt enthält, so kann aller dings auch innerhalb dieser, unter hierzu besonders günstigen Verhältnissen, zu dem vor allem ein mäßig feuchter Zustand zu rechucu ist, ein ähnlicher Entmischungsproceß sich cinstcllcu. Im merhin wird cs aber nöthig sein, jede Angabe einer derartigen Selbstentzündung mit größter Vorsicht aufzuuehmen nnd alle äußeren Umstände, unter denen die Entzündung stattgefunden, einer sorgfältigen vornrtheilsfrcien Prüfung zu unterwerfen, be vor man jener Angabe Glauben schenkt, in dem, wie gesagt, die Selbstentzündung roher Baumwolle immer zu den seltneren Er scheinungen der Art gehören dürfte. 8. „Kann türkischroth gefärbtes Banmwollengarn in Folge der zur Erzeugung dieser Farbe angewandten Manipulationen sich selbst entzünden?" Es ist eine bekannte, durch Versuche außer allem Zweifel gestellte Thatsache, daß fette Oele (Baumöl, Rüböl, Mohnöl, Leinöl, Fischöl oder Thran) mit der Luft in Berührung Sauer- stoffgas aus dieser aufnchmcn und hierdurch gewisse Veränderun gen erfahren, welche aber nicht für alle Oele gleich sind. Ge wisse Oele werden dicker und trocknen zuletzt zu einer durchsichti gen, gelblichen und weichen Substanz ein, die gewöhnlich anfangs eine Haut auf der Oberfläche des Oels bildet und dadurch um 6