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»i Lchllldruch im Sälen. Roman von Ida Vock. (Nu »druck "erbolen.) Ohne ein Wort zu erwidern, lief Else die Treppe hinab in den Park. Hans ließ Annettes Arm los. Eine Weile stand er und starrt« vor sich hin, dann sagte er in entschiedenem Ton: „Das geht nicht, Anne! So darfst du mit diesem Mädchen nicht sprechen!" „Sie nimmst du in Schutz und setzest mich vor ihr herab!" „Wenn jemand dich herabsetzt, dann bist du es selbst!" Annette trommelte mit nervösen Fingern gegen die Tischplatte. „Glaubst du denn, ich wüßte nicht, warum du dich ihrer so eifrig annimmst — sechs Wochen sehe ich's jetzt mit an, wie deine Augen sie förmlich ver schlingen —" „So laß sie doch fort!" sagte Hans gewaltsam ruhig, „laß sie doch gehen! Glaubst du denn, daß es ihr ein Vergnügen machen kann, sich von dir brutali sieren zu lasten? Aber solange sie noch in meinem Hause ist —" „In deinem Hause?" sagte Annette höhnisch. Da trat er auf sie zu, faßte sie mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte sie mit funkelnden Augen. „Du — du —" keuchte er dabei. Da sah sie ihn mit einem jammervoll flehenden Blick an und sank in die Knie. „Verzeih' mir, Hans, verzeih' mir!" „Laß' mich — laß' mich! Und schweig'!" „Nein, nein. Du mußt mir verzeihen, Hans! Wie konnte ich nur — ich war ja wahnsinnig, ich wußte nicht, was ich sprach — Hans — Hans!" Sie faßte seine Hände und zog sich an ihm empor. „Hab' doch Geduld, hab' Mitleid mit mir!" Sie preßte ihr Gesicht an seine Schulter und stammelte unter Tränen: „Und sie ist so jung, so frisch —" Hans atmete tief auf. Sein Gesicht war blaß, und seine Lippen zitterten nervös. Er kämpfte schwer, aber er bezwang sich und strich der weinenden Frau leise über das wellige Haar. „So, und jetzt wollen wir vernünftig miteinander reden. Zunächst wirst du dich bei Fräulein Else ent schuldigen!" „Darauf legst du so großen Wert?" fragte sie lauernd. „Den allergrößten! — Du willst doch vernünftig sein, nicht? Also — und dann" — er stockte und biß sich aus die Lippen — „wirst du sie mit ein paar guten Worten verabschieden!" „Nein, das nicht — sie muß bleiben!" „Bleiben? Damit sich solche Szenen wie die heu tige wiederholen — das — das dulde ich nicht!" Annette fuhr auf, bezwang sich aber und sagte trotzig: „Sie soll nicht glauben — daß ich auf sie eifersüchtig bin!" „Anne — wenn dir doch die Ueberlegung immer zur richtigen Zeit käme! Wieviel Peinliches würdest du dir, mir — und Dritten ersparen!" sagte Hans seufzend. „Ich verspreche dir, Hans, ich will vernünftiger werden!"' „Nun tst's gut, nun bist du wieder vernünftig, nicht wahr? Komm' — leg' dich noch ein bißchen nieder und versuche weiterzuschlafen!" Er bettete sie mit sanfter Gewalt wieder auf das Ruhebett und stahl sich auf den Zehenspitzen in den Speisesaal und dann hinaus. Draußen auf dem Korridor blieb Hans stehen und lehnte sich wie in einer Anwandlung von Schwäche an den Türpfosten. „Herrgott im Himmel!" — Wie ein Schütteln ging's durch seinen Körper, er be deckte das Gesicht mit beiden Händen und breitete dann plötzlich die Arme aus. „Ich ertrag's nicht — ich halt's nicht aus!" stöhnte er leise, fuhr aber erschrocken zusammen bei dem eigen tümlich schlürfenden Geräusch, das aus dem Vestibül heraufklang. Er ging zur Stiegenrampe und sah hinab. Else von Lutter schloß eben die Tür einer kleinen Kam mer, die sich unterhalb der Treppe befand und in der alles mögliche aufbewahrt wurde. Sie zog einen Reisekorb hinter sich her, hinüber in das um Ende des Vestibüles liegende Dartenzimmer, Vas Annette ihr bei ihrer Ankunft in Stramitz angewiesrn hatte. Mit ein paar Sätzen war Hans hinuntergchastet und stand nun neben dem erschrocken zufahrenden Mädchen. Else war sehr blaß. Ein finsterer, energischer Zug lag um ihren herb geschlossenen Mund. „Was tun Sie, Else?" Mit einem abweisenden Blick erwiderte sie kurz: „Ich mache mich reisefertig — selbstverständlich!" „Else — Sie dürfen nicht fort!" Er hatte plötzlich mit seinen beiden Händen ihren Arm umklammert. Dabei fühlte er, wie sie zusammenschrak. Aber ihre Stimme klang ganz ruhig, als sie mit stolz erhobenem Kopfe sagte: „Wer sollte mich hindern — beleidigen laste ich mich nicht!" Sie suchte ihren Arm frei zu mackzen. „Bitte, Herr Baron — was soll man denken?" Er ließ sie sofort los, aber sein Gesicht dem ihren nähernd, sagte Hans ganz leise in einem unsagbar qualvollen Ton: „Gehen Sie nicht, Else — ich bitte Sie!" „Sie sollen mich nicht halten, Herr Baron!" „Und wenn ich Sie dennoch bitte — anslehe — lassen Sie mich nicht allein — bleiben Sie — helfen Sie mir!" „Ihnen ist nicht zu helfen!" Und hart setzte sie hinzu: „Fühlen Sie nicht, daß es Sie entwürdigt, mir das zu sagen?" „Kann mich denn noch etwas in Ihren Augen tieserstellen? Glauben Sie, ich wüßte nicht, daß Sie mich verachten?" Else zog die Augenbrauen zusammen. „Herr Baron, mein Denken und Fühlen gehört mir allein. Ich möchte Sie nur bitten, davon Kennt nis zu nehmen, daß ich Ihr Haus lieber heute als morgen verlassen möchte. Ich muß fort!" Else sprach hastig, so, als hätte sie sich die Worte vorher durch öfteres Wiederholen eingeprägt. Hans stand vor ihr mit tiefgesenktem Kopfe. Ein Strahl der untergehenden Sonne spielte in seinem Haar. Else sah zum erstenmal die Silberfäden, die sich darein gestohlen, sah plötzlich, wie eingefallen und müde sein Gesicht geworden. Tiefes Mitleid überkam sie, ihr war, als müßte sie die Arme um d«n Mann legen und ihm sagen: „Du armer, schwacher Mensch, du, hast du denn gar keine Kraft, dir selbst herauszuhelfen aus all dem Elend?" Aber sie preßte die Lippen fest zusammen und, unruhig an dem Korb zerrend, sagte sie dann leise: „Ich — möchte nun in mein Zimmer — Herr Baron!" Hans schrak auf und sah Else an. Es lag etwas in dem Blick seiner Augen, etwas — das ihr den Atem raubte. Sie wich zurück, langsam, wortlos, wie unbewußt, aber den Blick nicht von ihm lastend. Wie gebannt hingen ihre Augen an den seinen, sie ging nach rückwärts, Schritt für Schritt, und er folgte ihr — Schritt für Schritt. Totenstill war's. Von draußen klang das Zwitschern der Vögel herein, ab und zu drang ein lautes Wort aus der im Unter geschoß liegenden Küche heraus. Nun stand Else mit dem Rücken gegen die Tür ihres Zimmers gelehnt, neben dem Reisekorb, den sie mechanisch mitgezogen hatte. Mit einem plötzlichen Griff stieß Hans die Tür auf, so daß Else, leicht taumelnd, zurückwich. Von einem Fußtritt vorwärts geschleudert, flog der Korb gegen die gegenüberliegende Wand des kleinen, dämmerigen Zimmers. Mit einem hastigen, bitten den Blick faßte er Elses Arm, zog sie hinter sich hinein und schloß die Tür. Im nächsten Augenblick riß er das betäubte, fassungslose Mädchen in seine Arme. Aber plötzlich, mit einer Kraft, die er ihr nicht zu getraut, stieß sie ihn von sich, daß er zurücktaumclte. Hochaufgerichtet stand sie da, mit flammenden Augen, die aus dem weißen Gesicht leuchteten, die Arme weit von sich gestreckt. „Nein — nein — nein!" Wie ein jammervolles Stöhnen war es — und dann plötzlich glitt sie in die Knie, und das Gesicht in den Händen verbergend, drang, halberstickt von heftigem Schluchzen, immer nur das eine Wort über ihre Lippen: „Nein, nein, nein!" Wie wenn ein Kind in trostlosem Jammer weint, so klang das Schluchzen des jungen Mädchens in dem kleinen, dämmerigen Raum. Wie ein Verzweifelter stürzte Hans auf sie zu und riß sie in die Höh«. „Nicht — Else — um Gottes willen nicht — so — verzeihen Sie mir — verzeihen Sie mir!" Sie strich sich die Haare aus der Stirn und be mühte sich gewaltsam, das Schluchzen zu unterdrücken, das sie schüttelte. „Sie Armer!" sagte sie tonlos. Er tastete nach ihrer Hand und umkrampfte die eiskalten Finger mit fieberhaftem Drucke. „Verzeihen? Es — es ist ein Unglück geschehen, das gutgemacht werden muß, ehe eine Dritte davon berührt wird! Die unseligen Verhältnisse hier, die auf Ihnen lasten, und die Sie schwerer nehmen, als Sie sollten — aber — nun muß ich erst recht fort — sogleich — das sehen Sie doch ein, Herr Baron!" „Else — nein —" „Ich hätte nie Herkommen dürfen — aber — es war ja gut gemeint! Ich wollte stark sein — so stark —" „Else — stark bleiben wollten Sie? Das ist — das heißt, daß Sie Angst hatten — Sie könnten — schwach werden?" Zitternde Freude klang aus seiner Stimme, und da, ganz plötzlich, riß sie ihn wild, wie überwältigt, an sich. „Ja, ja, ja — einmal will ich's aussprechen, ja, ich war schwach! Ich habe mich geschämt vor mir selbst, mich gequält und gepeinigt — aber — ich konnte nicht fertig werden mit dem unseligen Gefühl — es triumphierte — und blieb!" Hans wollte sie an sich reißen, aber sie wehrte ab. „O nein! Beichten will ich einmal: aber dann — ich bin keine, die sich wie ein Dieb ins Haus schleicht, nein! Ich muß den Kopf aufrecht tragen dürfen!" „Aber, Else — Else —" Sic schüttelte den Kopf. «Lasten Sie mich jetzt alles sagen. Als Sie mich baten, zu Ihrer Frau zu kommen, da saate ich mir: Tue es! Vielleicht ist das di« Ruhe! Gehe hin, lebe mit ihm unrer einem Dache, lerne es, dabeislehen, wenn er die andere küßt — um ihres Geldes willen, wenn er sich seine Liebe mit Sorglosigkeit, seine Zärtlichkeit mit Uederfluß bezahlen läßt, wenn er untergeht und erbärmlich wird — um des Geldes willen! Sieh' nur zu! Dann mußt du ihn verachten, mußt! Und dann lachst du auch bald über deine dumme Liebe!" „Else!" Sie hatte erschöpft innegehalten. Jetzt schüttelte sie den Kopf. „Ich bin noch nicht zu Ende! Es ist das einzige Mal — da sollen Sie alles wissen, sollen wissen, wie meine Sehnsucht lauerte, die nicht von Ihnen lassen wollte, die ausjauchzt« — als Sie mich Laten — die Sonne in Ihr Haus zu bringen. Die rasendes Mitleid mit Ihnen hatte — und nicht die Kräfte fand, nein zu sagen! Ich bin gekommen — und nur ich weiß, was ich litt!" „Mädel — liebes — süßes —!" „Ja, weil ich dich nicht hasten konnte, weil du elend warst und unselig, und sie dich zugrunde richtet mit ihrer furchtbaren Liebe — weil ich sie Hesse — hasse -!" Sic warf sich wild in seine Arme und warf den Kopf wie verzweifelt an seine Brust. „Alles habe ich von ihr ertragen, habe mich quälen lasten, weil ich dich ihr nicht allein lasten wollte, weil ich immer hoffte: vielleicht findet er doch selbst die Kraft, diesem unwürdigen Leben, zu dem sie ihn zwingt, dieser ewigen Lüge und Komödie ein Ende zu machen, ihr alles vor die Füße zu werfen! Hundertmal hab' ich dir zuschreien wollen: „Mache dich frei — sei ein Mann — ah, ah — die Qual, die Qual!" Sie schwieg und ließ willenlos seine stürmischen Liebkosungen über sich ergehen. „Du Liebe — du Süße — wie ich dir danke! Nun ist alles gut, nun habe ich dich!" „Nein!" sagte Else, wie plötzlich zu sich kommend, und sah ihn verstört an. „Du gehörst ja ihr!" (Fortsetzung folgt.) ons^ F§oenneckei,.> vsuei*- Kontenbückier (l-oss apsrsn r«It uns Seiet Verl.nxeo 81« dir »ZI X r. itbt ssel.de»«d,»«ev . sonn VLlii-IN n, r.udro»!,. »S-I8 rripria, >ilie, u. »Nüsse»., sv-68, Nu« ä« ?«»« di-uk <> uuä 6.—. vio üdriaoll OorUeko oer ro. Drei«: Voilekev 4.- u. 8.- ZVisrnria 3.50 uock?.—. In sllsn «laki'ssrsidsn clsn I^üsdlLoksdsn Vlüdsnclukd. Mütvnli-opfen ostnv ^ütostol im ^vuvstliurm. Liu ^tom genügt! TLusekeud« Haturtreue. örü888l M: KlMä krix. EIL? II. H iiitkiM-Mx m «liv 8kli«ei2 M'08-8t. »lmlrs ?rei8 FI Ii. i r«> — eivoeki. llaterkuukt, Verpüecuve, llartaren. ^eklitteokLUrtell, Trinkgelder. LuskUkrl. Lrogramm d. koieebursuo: Ir. I^8ssvkop L 6o, 6 m. d. tt. Llaillr 32 Soeben erschienen: oic M8I 8iMi.iMl»i AuS dem Inhalt; Welche Papiere gewählt weiden fällten. Wir »an Gewinne erziele« kann, Wie et» Verlust in emen Gewinn verwandelt werden kann, Amerikanische Papiere, -tngerzetge für Spekulanten, Winke für kaptia» tfteu re. »c. 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